Bernd Leitenbergers Blog

China und die Menschen

Offensichtlich hat Präjudix in seinem Kommentar etwas falsch verstanden. Es geht nicht um die Sicherheit von chinesischen Trägerraketen. Es geht bei einem kommerziellen Unternehmen sicher auch um Geld in Form von Startkosten, es geht aber auch um Vertrauen und Offenheit. Es ist in der Raumfahrt im Westen Usus, dass ein Fehlstart aufgeklärt wird und das Ergebnis veröffentlicht wird. Mag sein, das die Hersteller des Satelliten (die heute auch als Komplettanbieter auftreten und so Kunde der "China Great Wall Launch Services" (CGWLS) sind von dem Ergebnis informiert wurden. Die Öffentlichkeit wurde es nicht. Das isst nicht vertrauenserweckend. Weder für die Allgemeinheit, noch für andere Kunden.

Bei mindestens einem Satelliten gab es damals keine Aufklärung der Ursache, in der ersten Stellungnahme behauptete China den Satelliten ordnungsgemäß in den Orbit gebracht zu haben. Wenn er nicht funktioniere so läge es nicht an Ihnen. Spätere Auswertungen zeigten, dass die Oberstufe explodiert war und nie einen Orbit erreichte.

Beim Fehlstart von Intelsat 708 am 14.2.1996 starben nach offiziellen Angaben 6 Personen, 52 wurden schwer verletzt. Ingenieure die für die Startvorbereitungen anwesend haben, schätzten angesichts der Zerstörung des Dorfes in dem die Rakete einschlug die tatsächliche Zahl an Toten auf mehr als 100 bis etwa 500. Das Video das dabei gedreht wurde, scheint dies eher zu belegen, denn das Dorf sieht aus wie Dresden nach einem Bombenangriff.

Die Übertragung des chinesischen Fernsehens wurde abgebrochen als die Rakete sich zu neigen begann. Die Videoaufnahmen nach einigen Sekunden stammen von den Ingenieuren und die aufnahmen des Dorfes gingen nur aus dem Autos aus. Austeigen war verboten. Heute erfolgen alle Übertragungen von Starts wie die von Chang E‘-1 mit einigen Minuten Zeitverzögerung. ein System, das man auch bei der Ankunft des olympischen Fackellaufs in Peking anwendete.

Dies widerspricht unseren Vorstellungen von Offenheit und Umgang miteinander. Kunden wollen wissen was passiert. Vor allem aber hinterlässt es einen sehr negativen Eindruck über den Geschäftspartner. Die Öffentlichkeit kann man gerne beeindrucken indem man nachgebaute Sojus Raumschiffe startet und erst nachdem sie den Orbit erreicht haben den Start bekannt gibt, wer sich auskennt, den kann man nicht damit beeindrucken. Für mich als Berichterstatter fällt mehr auf, dass es kaum Daten über die Satelliten gibt. Ich habe das bemerkt als ich nach Daten über Chang E‘-1 suchte. Welchen Sinn macht eine Forschungsmission wenn man nichts über sie veröffentlicht? Sammeln die KP Vorsitzenden denn Mondbilder?

Doch das ist ein Randproblem was wichtig ist für Raumfahrt interessierte ist. Das grundlegende Problem ist, das ein Menschenleben in China nichts gilt. Das Startgelände Xichang liegt in einem landwirtschaftlich genutzten Gelände, mit Dörfern rund um die Startrampen. Deswegen gab es ja auch so viele Tote beim Fehlstart von INTELSAT 708. Selbst in der Sowjetunion liegen die Weltraumbahnhöfe in weitestgehend unbewohnten Gebieten, trotzdem sind z.B. In Baikonur nur bestimmte Azimute möglich.

Raumfahrer nehmen bewusst Risiken auf sich, sie mit Opfern unter Zivilisten zu vergleichen ist sollte man eigentlich wissen. wer trotzdem anfängt die toten Zivilisten gegen tote Astronauten aufzurechnen handelt im besten Fall unwissend. Das ganze hat auch nichts mit der Zivilisation an und für sich zu tun, sondern viel mehr mit der Regierung, der ihre eigenen Bürger nicht viel bedeuten. In China gibt es in vielen Bereichen nicht einmal grundlegende Sicherheitsmaßnahmen für Leib und Leben.  80 % der tödlichen Unfälle im kohlebergbau geschehen in China, mindestens 20.000 Tote pro Jahr. Für den Dreischluchten-Staudamm, der wahrscheinlich eine ökologische Katastrophe für die ganze Region ist wurden Hundertausende Zwangsumgesiedelt. Das sind alles aktuelle Ereignisse. Nur weil China derzeit ein hofierter Handelspartner ist,. bin ich nicht bereit beide Augen zuzudrücken und dieses menschenverachtende, diktatorische Regime von der Kritik auszunehmen. Präjudix  kann sich schon einmal auf meine Kommentare zu Olympia 2008 freuen. Anders als in China, wo Zensur herscht und sogar die Suchergebnisse von Google gefiltert werden, herrscht bei uns ja noch Meinungsfreiheit. (Auch wenn Schäuble einen Überwachungsstaat einführen will. Er kann sich ja mal in China erkundigen wie man das am besten macht).

Kann mir eigentlich Präjudix erklären, warum die Booster der Langen Marsch 2E und 2F dieselben technischen Daten wie die der Ariane 4 haben? Auch dies mag ein Grund für ausbleibende Aufträge sein. Deutsche Unternehmen die in China produziert haben sind nicht umsonst bald wieder zurück gekommen, denn nach kurzer Zeit fanden sich ihre Produkte als Billigplagiate auf dem Markt wieder. Das in China Raubkopien von Software die Regel sind und nicht durch die Legislative verfolgt werden, ist inzwischen auch vielen bekannt.

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