Bernd Leitenbergers Blog

Der Ausbau der Ariane 5: Die Lösung

Am Montag habe ich davon berichtet, wie die Ariane 5 recht spezifisch für Hermes konstruiert wurde, Heute geht es darum, wie man den Ausbau der Ariane 5 wohl besser hätte machen können als die ESA. Zuerst einmal: Ich ermutige meiner Leser ja zum kritischen Lesen und dass sie nicht alles glauben, was sie woanders sehen (sehr wichtig z.B. bei den SpaceX Seiten). Doch gilt dies natürlich auch für mich. Also ein kleiner Beweis für die Behauptung, das die Ariane 5 optimiert wurde für Transporte in den niedrigen Orbit. Hier die Nutzlasten der Ariane 5 in verschiedenen Versionen für den LEO und GTO Orbit.

Bahn Ariane 5G Ariane 5 ECA Ariane 5 ECB
ISS Bahn 17910 kg 20600 kg 23000 kg
GTO Orbit 6820 kg 9600 kg 11500 kg

Wie man sieht, nimmt die LEO Nutzlast nur leicht zu um 28 %. Die GTO Nutzlast aber um 69 %. Nehmen wir die Ausgangslage. Die ESA hatte nun also die Ariane 5 konstruiert, eine Rakete mit einer sehr hohen LEO Nutzlast, doch einer eher bescheidenen GTO Nutzlast. Die Mängel sind bekannt: Der Schub der EPC ist zu gering für eine sehr schwere Oberstufe. (Bei Abtrennung der Booster fällt die Beschleunigung sogar auf 0.75 G zurück!). Es fehlt auch eine Oberstufe mit einem energiereichen Treibstoff, wie z.B. Wasserstoff und Sauerstoff. Die Booster könnte man optimieren, muss man aber nicht, weil sie als erste Stufe den geringsten Einfluss auf das Gesamtsystem haben (sowohl von den Kosten, wie auch den Möglichkeiten der Einsparung von Gewicht und der daraus resultierenden Nutzlaststeigerung).

Die ESA begegnete dem Mangel des zu riesigen Schubs der EPC mit dem Vulcain 2. Das Vulcain 2 hat 200 kN mehr Vakuumschub und resultiert aus dem Vulcain 1 durch einen höheren Brennkammerdruck und einer Änderung des Mischungsverhältnisses. Gedacht war es als einfache Adaption, doch wie der fehlgeschlagene Jungfernstart zeigte, war es nicht so. Die Entwicklung wurde teurer und dauerte länger als geplant. Besser wäre es wohl gleich gewesen zu einem deutlich größeren Triebwerk überzugehen. Die Anpassung des Mischungsverhältnisses vergrößerte die Treibstoffzuladung um 19 t. Das frisst den Schub fast wieder auf (es bleibt ein Plus von 7-8 t bei Abtrennung der Booster, bedingt durch den höheren Treibstoffverbrauch). so sind die Ausbaumöglichkeiten für eine Oberstufe begrenzt. z.B. müsste eine ESC-B bei ISS Missionen auf etwa 11 t Treibstoff verzichten.

Die zweite Änderung war die Einführung der ESC-A als Zwischenlösung. Aufgrund des schubschwachen HM-7 Triebwerks war hier die Treibstoffzuladung nicht viel größer als bei der EPS Oberstufe. Doch der hochenergetische Treibstoff steigert schon die Nutzlast auf 9.6 t. Eine deutlich höhere Nutzlast erreicht man mit einer zweiten Oberstufe, angetrieben mit dem Vinci Triebwerk. 180 kN Schub reichen für eine größere Treibstoffzuladung und so resultieren dann etwa 11.5 t Nutzlast.

Weitere Optimierungen welche die ESA derzeit untersucht sind:

Ale Änderungen sollen zusammen die Nutzlast auf 14-15 t steigern. (27 t in LEO Orbit). Das wäre ungefähr die maximale Ausbaugrenze der derzeitigen Ariane, ohne neue Stufen einzuführen. Und… ich gebe der ESA recht! Es ist in etwa das gleiche, was ich gemacht hätte, wobei ich natürlich nur die technische Seite beleuchten kann und nicht die kommerzielle. Hier mal eine kleine Begründung warum jeder Schritt notwendig ist.

Die Oberstufe. Aufgrund der Ziolkowski Gleichung kann man das Gewicht einer optimalen Oberstufe für die 188 t schwere EPC etwa zu 40 t bestimmen. Bei dieser erreicht die Nutzlast im Vergleich zur Oberstufe ein Optimum. Der Schub einer solchen Oberstufe liegt bei vielen etablierten Trägersystemen etwa bei einem Drittel der Startmasse (mit Nutzlast). Dieses läge bei 15 t Nutzlast und 1 t für die VEB bei 56 t, ein Drittel davon sind etwa 19 t oder etwa 190 kN — also genau den Schub den das Vinci aufweist. (das jedoch eine etwas kleinere Stufe mit etwa 33-34 t Startgewicht antreibt – eventuell geht die Vergrößerung um 200 kN auch mit einer Verlängerung der Stufe einher).

Die EPC muss leistungsfähig genug sein, diese schwerere Oberstufe auch anzuheben. optimal wäre ein Schub von 1 G bei Abtrennung der Booster, nach etwa 130 Sekunden Brennzeit. Zieht man den bis dahin verbrauchten Treibstoff ab, so errechnet sich ein Schub von 1900 kN. Das Vulcain 3 ist etwas kleiner, aber die ESC-B ist auch etwas leichter. Hier spielen natürlich auch die Kosten eine Rolle. Auf jeden Fall ist die ESA auf dem richtigen Weg, denn frühere Ideen für das Vulcain 3 gingen mehr in Richtung Kostenreduktion bei nur leicht gesteigertem Schub (1412-1500 kN). 1700 kN sind da schon ein größerer Sprung und bringen auch deutlich mehr Performance: 14-15 t in den GTO.

Was ich anders machen würde, ist das System der Booster. Wenn schon die Konstruktion gewechselt wird, dann sollte auch das System von nur zwei Boostern zu einem flexiblen System gewechselt werden. Zwar sind die Booster die preiswerteste Komponente einer Ariane 5. doch wenn die Nutzlast eben nur einen Teil der Maximalnutzlast ausnutzt, wie dies immer wieder der Fall sein wird, dann stellt das Weglassen von Boostern die einzige Möglichkeit dar den Preis zu senken.

Zwei Randbedingungen sollten eingehalten werden: Die Startbeschleunigung sollte nicht unter 1.2 g bei einer minimalen Konfiguration liegen und die Maximalbeschleunigung nicht über 5.0 g (heute 4.63 g). Nimmt man ein System von 2,4 und 6 Boostern an und den Maximalschub bei der Abtrennung an, so errechnet sich die Masse eines Boosters zu 145 t bei 14.3 t Leermasse und 2340 kN mittlerem Schub (Brennzeit 147 sec). Das ist eine erste Vorabschätzung, die man im Schubprofil und der Brennzeit noch optimieren kann. Sie würde aber 2, 4 oder 6 Booster zulassen. Die 4 Booster Lösung hätte dieselbe Nutzlast wie die Ariane 5 der ESA. Die 6 Booster Lösung etwas mehr. Im Vergleich zu den EAP Boostern ist der Schub geringer, dafür die Brennzeit länger. Das erlaubt es erst 6 Booster einzusetzen. Der höhere Schub des Vulcain 3 erlaubt es mit weniger Startschub auszukommen, so dass auch eine 2 Booster-Lösung bei geringer Anfangsbeschleunigung denkbar ist:

Kerndaten:

Nutzlast:

(Berechnet auf Basis der gleichen Endgeschwindigkeit wie bei der Ariane 5 ECA). Das ist sogar noch deutlich mehr als die ESA Schätzungen. Das liegt an der nochmals um ein Drittel größerere Oberstufe und der Möglichkeit die Booster zu variieren: Mit 11.4-19 t ist hier die Nutzlast um einen breiten Bereich variierbar. Das alles wäre in einem Schritt angehabt – ohne den Zwischenschritt über die ESC-A und das Vulcain 2. Schade, dass man bei der ESA nicht die Chance gesehen hat, und immer noch nicht sieht.

Was gibt es sonst neues? Das Gemini Buch verkauft sich plötzlich erstaunlich gut: Gestern war es das größte Kontingent: 25 Stück auf einmal (bei 149 Stück ein ziemlich großes Kontingent). Das ATV Buch liegt bei 32 Stück. Ich weiß inzwischen von ein paar Fehlern. Außerdem ärgert mich das vergessene "m" im online Katalog. Ich dacht eigentlich nie über eine Neuauflage nach. Aber vielleicht lohnt sich doch eine. Eine Erweiterung vor allem der Missionsbeschreibungen durch die Angaben die ich in einigen Astronautenbüchern gefunden habe wäre denkbar. Umgekehrt sah ich das Buch immer als ein Buch über die Technik von Gemini und nahm an, dass jemand, der an den Astronauten und den genauen Missionen interessiert ist doch gleich zu einem Buch greift in dem dies im Vordergrund steht. Was meinen Sie als Leser? Das LM-Buch macht langsame Fortschritte aber so langsam reicht es mir auch. Ich glaube bis zum nächsten gibt es eine Pause. Interesse hin oder her. Es ist viel mühsamer ein Buch zu schreiben als einen Aufsatz. Es dauert so ewig lange bis man fertig ist, immer wieder muss ich umstellen, oder doppeltes löschen und viel Recherche ist nötig. Das ermüdet und nimmt einem ein bisschen die motivation. Trotzdem behalte ich eine Veröffentlichung noch dieses Jahr im Aauge.

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