Bernd Leitenbergers Blog

Gibt es eine Pro-Elektroautos Verschwörung?

Das habe ich mal angesprochen als ich einen Beitrag bei Fernsehkritik.tv sah. Damals meinte ich noch das ist Unsinn, aber so langsam kommen mir doch Zweifel. Vielleicht nicht in dem Sinne, dass man eine Industrie fördern will, wie Fernsehkritik.tv es bei der Solarindustrie unterstellt, aber vielleicht indem man uns weis machen will, mit ein paar kleinen Änderungen könnten wir so weiter machen. In "Abenteuer Wissen" am Mittwoch Abend auf dem ZDF ging es um Elektroautos. Der ganze Beitrag strahlte nur so von Optimismus. Wenn es danach geht, dann könnten Elektroautos unsere herkömmlichen Fahrzeuge bald ersetzen. Die wichtigsten Kritikpunkte an dem Elektroauto seien prinzipiell gelöst. Hier nur einige ausschnitte:

  1. Ein Elektroauto kann bis zu 300 km weit fahren.
  2. Das "Auftanken" an der Steckdose geht in weniger als 30 Minuten
  3. Lithium-Ionen Akkus sind fast so leistungsfähig wie Benzin
  4. Man braucht nicht viel mehr Strom. Da man die Autos nachts auftankt, wenn Strom sonst verschwendet wird
  5. Nur 6 % mehr Strom würden ausreichen um alle Fahrzeuge die es heute gibt mit Energie zu versorgen (alle Benziner und diesel durch Elektroautos ersetzt)
  6. Einziger Kritikpunkt: Es gibt nur genügend Lithium für einige Millionen Fahrzeuge

Okay, willkommen in der Wirklichkeit. Hier meine Antwort:

  1. Fangen wir mal mit dem letzten an. Lithium ist ein recht seltenes Element auf der Erde. Das liegt daran, dass die meisten Sterne es bei der Fusion zerstören, während die anderen Elemente neu gebildet werden. (Weil es sich aus demselben Grund auch gut für Wasserstoffbomben eignet fand sich lange Zeit im Handel fast nur Lithium mit der Atommasse 7.0. Die Mischung der Isotope hat eigentlich Atommasse 6.941, aber das Lithium-6 wird für H-Bomben abgetrennt). Der Anteil an der Erdkruste beträgt nur 0,006 %. Zum Vergleich. Das Nickel aus dem die Nickelmetallhydridakkus bestehen, kommt in einer mittleren Konzentration von 0.01 % vor. Der Unterschied ist gering, aber wichtiger ist, dass Nickel meist in Erzen vorkommt, die man leicht ausbeuten kann. Lithium ist in allen Verbindungen leicht wasserlöslich. es gibt nur wenige Vorkommen die ergiebig sind. Das Metall ist daher auch sehr teuer. Ein Kilo kostete im Jahre 2005 etwa 550 Euro. Wie teuer wird da eine Batterie?
  2. Zur Reichweite: Diese ist natürlich abhängig von Geschwindigkeit und Gewicht des Fahrzeugs. Natürlich ist ein Elektromotor effizienter, als ein Dieselmotor und ein Benziner. Der Wirkungsgrad dürfte doppelt so hoch sein. Weiterhin wird die Leistung auch kleiner sein. Bei einem umgerüsteten Porsche in der Sendung waren es nur ein Drittel der normalen Leistung.  Trotzdem gibt es immer noch ein enormes Gefälle in der Leistung geben. Nur mal so zwei Zahlen in die Diskussion geworfen: Benzin hat eine Energiedichte von 13.06 kWh/kg. Ein Lithium-Polymerakku hat eine von 0.14 KWh/kg. Das ist ein Unterschied vom Faktor 100! Selbst wenn man also einen doppelten Wirkungsgrad annimmt und nur ein Drittel der Leistung eines Ottomotors einsetzt, so bleibt noch ein Faktor 16. Ein Auto müsste also weitgehend aus der Speicherbatterie bestehen und das macht es nicht gerade leichter.
  3. Zum Auftanken: Nehmen wir mal an, die Batterie wöge nur 200 kg. Jeder kennt den Effekt beim Laden von Akkus: Sie werden warm und zwar um so schneller, je schneller sie aufgeladen werden. Ein Teil des Stromes wird in Wärme umgewandelt. Der Ladewirkungsgrad beträgt üblicherweise zwischen 70-85 %. Nimmt man nur den höheren Wert, so werden bei der angegeben Batterie etwa 5 KWh in Form von Wärme abgegeben. Das ist eine ganze Menge. Bestände die Batterie aus Wasser so würde sie sich dabei um 21 Grad aufheizen. In der Praxis wird es mehr sein, da Wasser eine sehr hohe Wärmekapazität hat, höher als Metalle und Keramik die in der Batterie stecken. Da wird’s ordentlich warm. Die Nachtspeicheröfen in unserem Ferienhaus haben 10 KWh Kapazität und das reicht für ein ganzes Zimmer. Wo bringt man 5 KWh Energie im Auto unter (etwa die Wärme, die entsteht wenn sie 0.5 l Benzin verbrennen….)
  4. Besonders interessant fand ich die Anmerkung, dass Nachts Strom ungenutzt verbraucht wird. Hallo? Wie geht das? Wenn ein Kraftwerk laufend Strom ins Netz einspeist, ohne das er abgenommen wird, dann müssten Stromstärke und Spannung laufend ansteigen und die angeschlossenen Verbraucher würden damit Probleme bekommen. Soweit ich weiß wird der Strom zum einen europaweit verteilt und zum anderen genutzt um Wasser in Pumpspeicherkraftwerken wieder hochzupäppeln, die dann für kurzzeitige Spitzen eingesetzt werden. Ich habe noch nie gehört, dass bei uns Strom verpufft…
  5. Nun noch die letzte Zahl: 6 % des Stroms reichen aus um alle Autos auf Elektronantrieb umzustellen. Das ist eine nachprüfbare Zahl. Die Stromerzeugung in Deutschland betrug 2007 636.7 TWh. Der Verbrauch an Benzin betrug 2006 22.5 Millionen Tonnen und der von Diesel 29 Millionen Tonnen. Bei 13.06 und 11.8 KWh pro Kilo sind dies 342.2 TWh und 293.8 TWh zusammen 636.5 TWh. Hmmm, komisch, das ist genauso so viel wie die BRD derzeit an Strom erzeugt. Wie soll das mit den 6 % gehen? Wenn die Umwandlungsverluste beim Laden noch berücksichtigt werden, so müsste ein Auto mit 4-5 % der Leistung auskommen, die es heute hat. Selbst bei Annahme eines doppelt so Wirkungsgrads (er liegt beim Ottomotor und diesel ja nicht gerade brauschend hoch). ist dass dann etwa ein Zehntel der heutigen Leistung. klar, ein Zehntel das geht auch in eine Batterie rein. aber will ein Autofahrer von 70 auf 7 PS Leistung runter gehen? Ach ja und noch was zu den Preisen: Berücksichtigt man den Ladungswirkungsgrad von 85 % so müsste bei 20 ct/KWh ein Auto, dass 30 % der Leistung eines konventionellen Wagens hat etwa gleich teuer sein. (1.30 Euro/l, Dichte 0.8 kg/l, 13.06 KWh/kg). Billiger wirdsa also nur wenn man mit deutlich weniger PS zufrieden ist.

Entweder dies meinten die ZDF Redakteure oder die 6 % sind unrealistisch. Ich plädiere für das letztere. Was vollkommen unter den Tisch fiel: Auch der Strom muss ja erzeugt werden und da ist der durchschnittliche Wirkungsgrad insbesondere unter Berücksichtigung von Leistungsverlusten und Ladeverlusten weitaus schlechter als beim Ottomotor. Nur mal so nebenbei bemerkt. Aber unsere Politik ist ja Autofahrerfreundlich. Es gibt eine Abwrackprämie unabhängig von der Ökologie des Autos und dem Herstellungsland. Intelligenter wäre wohl eine Fahrradprämie gewesen oder eine Prämie für die Einführung von Regenerativen Energien oder der Sanierung von Gebäuden. Nun ja so geht das noch ein paar Jahre bis die Automobilindustrie vollends einbricht oder noch mehr Geld verlangt…..

And now to something competely different: Während ich das gerade schreibe läuft bei mir parallel die Aufzeichnung der Dsco Kultnacht vom Neujahr. Da ist mir der Spot mit den Rubettes aufgefallen. Nicht wegen der schlimmen Kostüme, sondern wegen des miserablen Playbacks. Wenn das heute einer der Web.-Karaoke Künstler so machen würde, der würde ziemlich Kritiken bekommen. Es ist so schlecht, dass es fast schon wieder sehenswert ist;

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