Da wir ja nun alles Geld für das deutsche Mondprogramm brauchen, müssen wir an der eigenen Trägerrakete sparen, das sieht der Blogautor ein, schließlich muss unsere Regierung ja Konzerne wie EADS subventionieren. Zudem kam die Frage beim gestrigen Blog auf. Also wie bekommen wir am billigsten zu einer Rakete? Nun da fällt mir spontan das OTRAG Konzept mit seinen Modulen ein – nicht effizient aber spotbillig. Die nötigen Komponenten bekommt man auch heute ohne Probleme, ohne sie selbst zu entwickeln (Röhren aus der Pipeline Industrie als Tanks, Scheibenwischermotoren um Ventile zu steuern, Ventile aus der chemischen Industrie, einen Stahlring mit Löchern als Injektor und ein Epoxidharz/Astbestblock als Brennkammerdüse).
Ich nehme mal die von Lutz Kayser übermittelten Daten für die Module, allerdings korrigiert auf niedrigere spezifische Impulse von 2400 m/s (Boden) und 2600 m/s Vakuum, mit denen auch damals intern gerechnet wurde, wie mir übermittelte Dokumente aufzeigen.
Die kleinste Rakete die man damit entwickeln kann hat 12 Module in der ersten, 3 in der zweiten und eines in der dritten Stufe. Das Datenblatt dieser Rakete finden sie am Ende des Artikels. Eine derartige Rakete wiegt etwas über 21 t und hat eine Nutzlast von 110 kg (mit Steuersystem) – immerhin mehr als Irans Safir mit rund 27 kg und 26 t Startmasse.
Wie würde die Steuerung erfolgen? Nun, auch diese muss Hinterhof-kompatibel sein. Wir verzichten also auf eine aktive Steuerung. Es geht praktisch recht einfach: Eine der Düsen der Erststufe wird so eingebaut, das sie nicht senkrecht nach unten schaut, sondern leicht zu Seite. Der Winkel muss so bemessen sein, dass nach Ausbrennen die Rakete von einem Winkel von 90 Grad zum Horizont auf 0 Grad gesunken ist, sie sich also parallel zur Erdoberfläche bewegt (oder in einem kleinen Restwinkel, aber auf jeden Fall größer 0 Grad). Die Brennzeit muss daher so bemessen sein, dass die Rakete dabei eine möglichst große Höhe erreicht hat.
Bei 25 kN Schub pro Triebwerk in der ersten Stufe beträgt die Startbeschleunigung 1.4 G und die Brenndauer dann rund 120 Sekunden. Bei den Oberstufen kann man einen kleineren Graphitring als Düsenhals einsetzen und eine Brenndauer von 150 Sekunden anstreben (Schub: 20 kN pro Modul).
Wie macht man die Stufentrennung? Das halte ich für am schwierigsten. Das OTRAG System mit einer aus der Unterstufe herausrollenden Stufe (die Stufen sind ineinander verschachtelt) wurde nie erprobt und ich halte es für riskant. Die Steuerung kann recht einfach durch einen Beschleunigungssensor erfolgen: Er muss nur ein Signal auslösen, wenn er unter einen Grenzwert fällt, z.B. weil mindestens zwei Module ihren Treibstoff verbraucht haben. Sinnvoll ist es auch hier noch in einigen Modulen für einige Sekunden Resttreibstoff vorrätig zu halten, denn diese heiße Stufentrennung kann nur gelingen, wenn die Rakete weiter stabil fliegt, dazu müssen zumindest einige Module weiter arbeiten. Am sinnvollsten die vier Module in den Ecken. Bei dieser kleinen Trägerrakete gibt es aber noch eine zweite Möglichkeit: Erste und zweite Stufe werden nur an den vier Ecken verbunden und diese Verbindungen werden nach Zündung der zweiten Stufe gesprengt.
Die Trennung von zweiter und dritter Stufe ist noch einfacher, weil diese in einer Ecke der zweiten Stufe steht (siehe folgende Tabelle)
1 | 1 | 1 | 1 |
1 | 2 | 2 | 1 |
1 | 2 | 3 | 1 |
1 | 1 | 1 | 1 |
Eine komplexe Elektronik brauchen wir nicht, nur einfache Beschleunigungssensoren und vielleicht einen Zeitgeber. Ein Mikrocontroller kann das ganze Programm ablaufen lassen- Der Satellit wird abgetrennt wenn auch die dritte Stufe ausgebrannt ist. Durch die hypergole Zündung mit Furanol am Tankboden müssen alle Stufen unter Beschleunigung gezündet werden.
So das wäre die Hinterhof Rakete und was kostet sie? Nun Lutz Kayser gibt als Herstellungskosten für vier Module 33.200 Dollar an. Für diese Version brauchen wir 16 Module, also rund 132.800 Dollar oder rund 94.000 Euro. Rechnen wir noch 6.000 Euro für die Steuerung und eine Nutzlastverkleidung (die man bei Zündung der zweiten Stufe abtrennen kann), so haben wir für 100.000 Euro eine 100 kg Trägerrakete – rund 13 mal billiger als eine Falcon 1 von SpaceX. Also Hinterhof-Raumfahrer ran an die Rakete.
Mich verwundert nur, warum die OTRAG rund 150 Millionen DM ausgab und damit nur einige Starts mit einem oder vier Modulen durchgeführt hat. Vielleicht gibt es da noch etwas Optimierungspotential….
Datenblatt „Hinterhof Rakete“ |
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Starts: Zuverlässigkeit: Abmessungen: Startgewicht: Max. Nutzlast: Nutzlasthülle: |
– – 21,00 m Höhe, 1,20 m Durchmesser 22.000 kg 100 kg in einen LEO-Orbit 3,00 m Länge, 1,20 m Durchmesser, 100 kg Gewicht |
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Stufe 1 | Stufe 2 |
Stufe 3 |
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Länge |
18,00 m |
18,00 m |
18,00 m |
Durchmesser: |
1,20 m |
0,60 m |
0,27 m |
Startgewicht: |
12 × 1.361 kg |
3 × 1.361 kg |
1 × 1.361 kg |
Trockengewicht: |
12 × 172 kg |
3 × 172 kg |
1 × 172 kg |
Schub Meereshöhe: |
12 × 25 kN |
3 × 20 kN |
1 × 20 kN |
Schub Vakuum: |
12 × 30 kN |
3 × 25 kN |
1 × 25 kN |
Triebwerke: |
12 × OTRAG |
3 × OTRAG |
1 × OTRAG |
Spezifischer Impuls |
2400 m/s |
– |
– |
Spezifischer Impuls |
2600 m/s |
2600m/s |
2600m/s |
Brenndauer: |
120 s |
150 s |
150 s |
Treibstoff: |
Salpetersäure/Heizöl |
Salpetersäure/Heizöl |
Salpetersäure/Heizöl |