Bernd Leitenbergers Blog

Kostenverschleierung

Mit nichts sind Raumfahrtbehörden so knauserig wie mit dem Veröffentlichung einer Zahl: Was kostet eine Raumfahrtmission? Hier hört die Freizügigkeit bei Daten auf, wie sicher jeder Raumfahrtinteressierte schon bemerkt hat. Eine Ausnahme ist nur gegeben, wenn man es geschafft hat, etwas besonders preiswert durchzuführen, wie dies bei Mars und Venus Express gelang. Bei der ESA ist es besonders schlimm. Hier ist man sehr zurückhaltend mit Angaben. Bei der NASA ist es besser. Üblicherweise enthalten die bei größeren Missionen veröffentlichten Presseinformationen Informationen über die Kosten.

Naturgemäß noch schwieriger ist es, die Kosten von Großprojekten zu ermitteln, vor allem wenn diese über lange Zeit laufen. Stunden der Recherche für die Ermittlung der Kosten der ISS und Ariane 5 über die Gesamtlaufzeit für meine Bücher zeigten mir aber System, das gerne durchgeführt wird: Das Töpfchensystem. Ich will es mal bei der ISS zeigen. Offiziell kostet die ISS rund 30 Milliarden Dollar. Das geht doch, wenn man bedenkt, das diese Summe seit 1985 also 25 Jahren aufgebracht wird. So sind das nur etwas mehr als 1 Milliarden pro Jahr. Nur einmal entschlüpfte der NASA bei einem Text in dem Budget für 2006 die Angabe von 100 Milliarden Dollar, die seitdem immer wieder zitiert wird. Doch selbst die Augustine Kommission gab 2009 noch die Kosten mit 31,5 Milliarden Dollar an. Wie kommt es zu solch großen Diskrepanzen? Nun ganz einfach: Man teilt die Ausgaben in Budgets ein und zählt bestimmte Budgets dazu oder nicht. Bei der ISS z.B. gibt es folgende Töpfchen:

In meinem neuen Artikel Kosten der ISS habe ich das mal genauer auseinander genommen. Er ist entnommen aus meinem Buch über die ISS, das zu Jahresende, nach Fertigstellung dieser erscheinen wird. Das System ist aber übertragbar. Bei der ESA werden für Ariane 5 z.B. nicht die kosten für Rettungsmaßnahmen nach dem Fehlstart der ersten Ariane 5 ECA aufgeführt und auch das ARTA Programm (Entwicklung, Tests und Optimierungen der Produktion) wird weggelassen. Dasselbe gilt für das EGAS Programm zur Subventionierung der Ariane 5.Im Jahr 2005 gab die ESA so die Gesamtkosten mit 6.840 Millionen Euro an. Ein ESA Referent in einem Papier im August 2008 etwas ehrlicher mit 8 Milliarden Euro. Ich bin durch Zusammenzählen nur der mir bei der Recherche bekannten Ziffern (es fehlt das ARTA Programm von 2007-2010) auf 12.564 Millionen Euro gekommen.

Noch schwieriger ist dies beim Space Shuttle, insbesondere weil hier die Aufteilung des NASA Budgets sich im Laufe der Jahre geändert hat. Anfangs liefen die Kosten unter „Research and Development“, dann kamen „Flight Operation“ und „Performance Upgrades“ aus. Später die Aufteilung in Operationskosten und Fixkosten und verschiedene kleine Budgets für Leistungssteigerungen und Upgrades. Das macht es einem nicht leicht die Gesamtkosten des Space Shuttles zu berechnen, doch das werde ich auch noch tun, wenn es außer Dienst gestellt ist.

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht den Sinn solcher Maßnahmen: Zum einen gibt es das Bedürfnis und den Anspruch der Öffentlichkeit die realen Kosten eines Raumfahrtprojektes zu erfahren. Zum andern ist es in Zeiten des Internets so, dass wenn einer sich mal die Mühe macht die Zahlen durchzurechnen und zu veröffentlichen, diese sich verselbstständigen. Jemand schreibt es in die Wikipedia und fügt einen Link ein, andere lesen die Wikipedia und kopieren die Angaben und Schwupps ist jede Mogelei sinnlos geworden. Ein ehrlicher Umgang wäre sinnvoller, auch wenn einem das Ergebnis nicht unbedingt in den Kram passt.

Ich möchte an der Stelle auch mal auf eine neue Rubrik von mir hinweisen über die ISS. Ich werde diese nach und nach füllen mit Ausschnitten aus den Büchern über die ISS und das ATV. was haltet ihr davon? Eignen sich die Artikel aus dem Zusammenhang gerissen dafür?

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