Bernd Leitenbergers Blog

Verkehrsvision

So, nachdem der Fahrradblog so gut ankam, mal ein Blog von mir zu einem ähnlichen Thema: Kann man bei uns mit dem Fahrrad zum Geschäft fahren? Meiner Erfahrung nach nur wenn es nicht so weit weg ist. Hier meine bisherigen Erfahrungen:

Als ich in der Uni Stuttgart studierte, bin ich dort einige Male per Pedes hingefahren. Ein paar Mal um es auszuprobieren, dann aber nur noch weil mal die OTV den Nahverkehr bestreikte und wir ein Praktikum in einer Versuchkläranlage hatten, die nochmals eine halbe stunde Fußweg weit weg war. Nach Google Maps sind es knapp 13,9 km per Fahrrad. Doch es ist nicht die Entfernung, sondern der Tatbestand, dass die Strecke vorwiegend über Landstraßen die zu den Hauptverkehrsstraßen zu Stuttgart zählen führen, dazu noch durch 5 Orte führt. Per Auto sind es über die Autobahn übrigens nur 10,9 km.

Bei meinem letzten Studienort und Arbeitsplatz in Esslingen greift neben demselben Argument, dass man auf einer Hauptverkehrsstraße unterwegs ist, ohne Fahrradweg auch noch der Höhenunterschied von 200 m zwischen den Fildern und dem Neckartal. Was ich jahrelang gemacht habe, ist bis zum 2,5 km entfernten Nachbarort zu fahren – bis dorthin gab es Feld- und Fahrradwege und ich war genauso schnell wie mit dem Bus und sparte eine Zone beim Verbundpass. Trotzdem war auch das nicht ohne Probleme: Im Winter weren eben Feldwege nicht geräumt und das macht das Fahren schwierig oder man muss doch auf die Hauptstraße ausweichen. Derzeit fahre ich drei bis viermal pro Woche in den 3,5 km entfernten Nachbarort zum Schwimmen und natürlich alle Wege zum einkaufen. Lidl & ALDI sind nun im Industriegebiet oder im Nachbardorf. auch 1-2 km von der Wohnung entfernt.

Daneben gibt es noch ein Kontraargument: Je nach Wetter und Streckenlänge kann es sein dass man verschwitzt im Geschäft ankommt – kein guter Start für den Arbeitstag.

Dabei halte ich das Fahrrad für eine gute Lösung für alle die es nicht so weit zur Arbeit haben. Ein Fahrrad kommt mit 1/3 PS aus, es wiegt weitaus weniger als die Person die es befördert. Ganz im Gegensatz zum Automobil. Man muss es sich mal vergegenwärtigen: Um eine oder zwei Personen zu befördern, benutzen wir ein Gerät das mit 800 bis 1000 kg mindestens fünfmal so viel wiegt wie seine „Nutzlast“.

Aber es fehlt an allen Ecken und Enden. Das Hauptproblem ist das es praktisch keine Fahrradwege gibt. Es ist zu riskant zusammen mit dem Autoverkehr auf derselben Fahrbahn, zumindest Außerorts wenn die Autos mit 80 km/h dahin brettern. Mal von der Abgasfahne zu schweigen, die man einatmet. Das nächste ist die körperliche Anstrengung. Sobald es über weitere Strecken geht, bei Gegenwind (in meinem Urlaubsort habe ich z.B. immer Gegenwind, weil der an den Bergen entlang kanalisiert wird) und bei Höhenunterschieden ist es fast unausweichlich dass man ins Schwitzen gerät. Da wohl nicht alle Arbeitgeber Duschen einführen werden muss man das Problem anders lösen. (Obwohl das sicher ganz gut auch sonst bei der Arbeit wäre z.B. im Sommer).

Mir fielen durch einen ALDI Prospekt die Elektrofahrräder auf. Das sind normale Fahrräder mit einem zusätzlichen Elektromotor, der als Zusatz- oder Alleinantrieb fungiert. Das Problem der Schaltungen hat sich dabei auch erledigt – durch den zusätzlichen Motor ist die nicht nötig, er springt stufenlos ein, wenn man zu stark in die Pedale steigt. Eigentlich eine ideale Lösung. Nur zwei Dinge halte ich für verbesserungswürdig: Die Akkus sind Lithiumakkus. Meinen Erfahrungen nach von Notebooks altern die innerhalb von drei Jahren und vertragen weitaus weniger Ladezyklen als Nickelmetallhydridakkus. Da bei  mir ein Fahrrad etwa 10 Jahre in Benutzung ist ist das ein absolutes No-Go: Dabei würde es nichts ausmachen: Die meisten Geräte haben eine Reichweite von 50 km und eine Leistung von 200-250 W bei einer Spitzengeschwindigkeit von 25 km/h. Daraus kann man in etwa die Kapazität zu 500 Wh errechnen. Ein Akku wiegt also 3-5 kg, je nach Technologie – viel vielleicht für ein Rennrad, doch schon bei einem Citybike verkraftbar (wenn ich einkaufe lade ich ohne Problem 10 kg zu und trete auch nicht viel mehr in die Pedale).

Das zweite ist das ich keine Infos gefunden habe ob die Akkus standardisiert sind. Meinen Erfahrungen mit Notebooksakkus nach eher nicht. Es sollte so sein wie bei Reifen. Da kaufe ich auch einfach einen 28″ Reifen und muss nicht drauf achten welches Fahrradmodell ich habe. (Bevor Einwände kommen: Ich weiß bei Rennrädern ist es anders, aber wer vierstellige Summen ausgibt um alles speziell und leicht zu haben, kann ja dann auch spezielle Reifen kaufen).

Für bequeme hat mein Stromversorger das e-Bike. Das ist eine Art Motorroller mit Elektroantrieb. Schneller (45 km/h) etwas größere Reichweite (60 km) und man muss nicht treten, braucht aber einen Führerschein. Er hebt hervor, das er günstig ist (61 ct/100 km/h Stromkosten). Aber er kostet 3.950 Euro. Ich weiß nicht was ein Motorroller kostet aber ich halte das für teuer. So muss man schon viel fahren bis man alleine durch die gesparten Spritkosten das Ding sich rentiert.

Dabei halte ich das Grundkonzept mit einem Elektromotor den Menschen zu unterstützen für ideal und anders als beim Auto, wo viel Masse bewegt wird auch gut umsetzbar. Man könnte sogar dran denken die Akkus wieder aufzuladen, wenn es z.B. bergab geht analog zur Motorbremse beim Auto. Aber es scheint so als müsste diese Technologie noch reifen.

Fehlt nur etwas Hilfe von den Städten. Mein Vorschlag der sich immer wieder beim Durchfahren von zugeparkten Nebenstraßen in unserem Ort (teilweise so schlimm, dass nicht mal Fahrrad und Auto nebeneinander Platz haben): Absolutes Haltverbot auf Straßen. Nix mit Parken. Hausbesitzer müssen wenn sie trotzdem einen brauchen diesen mieten z.B. für 50 Euro/Monat. Die einnahmen müssten alleine in unserem Ort dann reichlich fließen. Diese nutzt man um das Fahrradwegenetz auszubauen. Mit der Zeit werden dann wohl zuerst die Zweitwagen verschwinden – sie kosten nun 600 Euro Stellplatzgebühren pro Jahre mehr und bei ausgebauten Fahrradwegen gibt es weniger Gründe für die kleinsten Wege ein Auto zu benutzen. Den Videotip für heute kann man sich wahrscheinlich denken:

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