Bernd Leitenbergers Blog

Der Vierstufenplan für Ionentriebwerke

Wie wahrscheinlich die meisten Blogleser wissen, bin ich Fan von Ionentriebwerken – oder besser gesagt ich bin ein Fan von Effizienz. Maximale Nutzlast um die Kosten zu reduzieren. Ab dem Erdorbit benötigt man keinen chemischen Antrieb mehr und Ionentriebwerke können im erdnahen Sonnensystem die Nutzlast gravierend erhöhen. Man könnte sie auch für Fluchttrajektorien einsetzen. Nach dem derzeitigen Stand aber fehlt noch eine leistungsfähige Stromversorgung um bei den äußeren Planeten in einen Orbit einzuschwenken.

Was wurde seit den ersten Tests in den sechziger Jahren erreicht? Ionentriebwerke sind dem Labor entwachsen. Sie werden schon in Kommunikationssatelliten als Unterstützung der Lageregelung eingesetzt, mindestens drei Raumsonden nutzten sie als primären Antrieb. Fast alle größeren Raumfahrtfirmen haben mindestens einen Antrieb im Angebot und diese sind auch erprobt mit mehreren Tausend Stunden Testbetrieb.

Doch wohin könnte man kommen? Ionentriebwerke könnten chemische Antriebe nach und nach ergänzen und später ersetzen und die Nutzlast erhöhen. Später wäre mit Ihnen auch eine Mars- oder Mondexpedition mit einer deutlich kleineren und preiswerteren Trägerrakete möglich. Bei vertretbaren Reisezeiten kann ein Ionenantrieb zirka die Hälfte der Nutzlast des LEO Orbits in den GEO Orbit transportieren – verglichen mit weniger als einem Drittel bei einem chemischen Antrieb. Noch größer wird der Vorteil bei interplanetaren Bahnen, weil hier immer mehr Energie benötigt wird und so die Nutzlast beim chemischen Antrieb deutlich absinkt.

Doch es ist noch viel zu tun. Mal einige Einschränkungen oder Dinge die getestet werden müssen:

Das gleiche gilt für die Solarzellen. Inzwischen haben sie Kernreaktoren als effizienteste Energiequelle abgelöst: Die NASA hoffte im Projekt Prometheus bis auf 15 W/kg zu gelangen. Solarzellen offerieren heute 80 W/kg, Technologiedemonstrationen (Ultra-Flex 175 bei der Sonde ST-8) sollen 175 W/kg erreichen. Damit können vor allem die Reisezeiten reduziert werden oder alternativ die Nutzlast gesteigert. (Man darf nicht vergessen, dass selbst bei 175 W/kg die Solarzellen für die Energieversorgung eines Triebwerk noch viermal mehr wiegen als das Triebwerk selbst). Auch hier: Nicht nur die Effizienz zählt sondern auch das Handling – kann man Solarzellen mit Hunderten von kW Leistung gut im Raum entfalten? Wie arbeitet man mit dem Effekt des solaren Strahlungsdrucks, der dann einen Schub ausübt.

Kurz: Es gibt viel zu tun. Packen wir’s an. Hier mal einen Vorschlag wie man es angehen könnte. Dabei sollte die „Nutzlast“, sowohl die beförderte Endnutzlast (Raumsonde, Satellit) wie auch der Antrieb und seine Stromversorgung schrittweise größer werden. Als Beispiel nehme ich mal als Trägerraketen die Reihe Vega – Sojus – Ariane 5.

Wahrscheinlich wird es zuerst nicht billiger werden. Die Entwicklungskosten, die zusätzlichen Kosten für Solarzellen, Triebwerke dürften die Kostenersparnis bei der Trägerrakete auffressen, vielleicht sogar teurer werden. Doch wenn übergegangen wird zu standardisierten Modulen, mit wählbarer Anzahl an Triebwerken, variabler Füllung der Treibstofftanks und Leistung des Solargenerators, können wie bei anderen Projekten, die Kosten gesenkt werden durch Serienfertigung und Wegfall der Entwicklungskosten. Bedingt durch die hohe Treibstoffeffizienz wäre im Erdorbit auch eine mehrfache Verwendung einer Transferstufe denkbar. Bei Kommunikationssatelliten die heute schon 50-60% nur aus Treibstoff bestehen, könnte die verlängerte Nutzungsdauer und die viel höhere Nettonutzlast ebenfalls die Kostenrechnung deutlich günstiger machen.

Wahrscheinlich muss eben erst mal einer es vormachen. Vielleicht sollte die ESA es in Angriff nehmen. Wie wäre es Bepi-colombo nicht erst im Sonnenorbit mit einem Ionenantrieb zu beschleunigen, sondern schon im Erdorbit und dafür wieder auf die Sojus zurückzugreifen. Die ESA finanziert ja auch sonst technologische Weiterentwicklungen um die europäische Satellitenindustrie zu stärken wie OTS, Olympus, Artemis und nun Alphasat/Alphabus. Warum ist letzterer noch immer auf den chemischen Antrieb ausgelegt? Es ist Zeit für neue Ideen. Wiederholungen (Stichwort Constellation) gibt es schon genug!

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