Bernd Leitenbergers Blog

Mein Senf zu Franks Blogeintrag

Etwas spät (was primär daran liegt, dass ich die Blogs für mehrere Tage im Voraus schreibe, wenn mir was einfällt). Heute mein Kommentar zum Eintrag von Frank. (Nebenbei: bald wird es lustig wenn Doppelnamen auftauchen: Wir haben nur unter den Dauerkommentierern schon drei Franks und zwei Arne, allerdings nur je einer nicht unter Pseudonym).

Also das Thema bemannte Raumfahrt hat viele Aspekte. Ich halte wenig davon, grundsätzliche philosophische Aspekte da rein zu bringen wie das Zitat von St. Exupery (beliebt ist auch das von Ziolkowski mit der Wiege der Menschheit). Mal abgesehen davon, dass auch Prominente nicht immer recht haben bleibt ja noch die Übertragbarkeit der Zitate auf die Raumfahrt. Genauso wenig macht es Sinn Forschungsreisen oder Eroberungszüge früherer Jahrhunderte auf die heutige Situation zu übertragen, wobei ich aber wette das in den Diskussionen jemand diese Argumente bringen wird und es dann schnell off-toipic wird.

Ich will die Situation der Raumfahrt und der bemannten Raumfahrt heute beleuchten. Heute wird die Raumfahrt aus mehreren Budgets finanziert. Vor allem aus dem Forschungsbudget, darüber hinaus aber bei volkswirtschaftlichen Anwendungen auch aus anderen Ressorts, so in Deutschland das Galileosystem vom Ministerium für Verkehr und die Beteiligung an den Wettersatelliten aus dem Umweltministerium. In den USA und Russland entfallen wahrscheinlich mehr Mittel für die militärische Raumfahrt als füpr die Zivile.

Unbemannte Raumfahrt ist Großforschung, vor allem weil sie so kostenintensiv ist. Das CERN  hat einen Jahresetat von 1,1 Milliarden Euro, die ESA einen von 3 Milliarden. Dabei ist das CERN schon eines der größten internationalen Projekte. Mit dem Jahresetat der ESO von 135 Millionen Euro kann man nicht mal einen Astronomiesatelliten betrieben. Die ESO hat dagegen vier große 8 m Teleskope und rund ein Dutzend kleinere Instrumente. Auch CERN finanziert mit seinem Jahresetat rund 8.000 Wissenschaftler, während es bei der ESA bei allen Forschungssatelliten zusammen wahrscheinlich nicht mal 1.000 sind.

Damit ist klar: Raumfahrt ist teuer. Die Investitionen müssen also gut begründet werden und es gab auch zahlreiche Projekte die eingestellt wurden, weil sie zu teuer wurden. Ein prominentes Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist Exomars. Beim James Webb Teleskop wird schon vor dem Start gefragt, ob das Teleskop die mehrere Milliarden Dollar wert ist, schließlich werden nun auf der Erde schon die nächsten Teleskope der 20-30 m Generation geplant und Riesen von 60 bis 100 m erscheinen auch technisch umsetzbar. Viele plädieren dafür die Gelder in diese Instrumente zu investieren.

Bei uns ist die Forschung im All auch bei der Wissenschaft akzeptiert, vor allem weil bestimmte Dinge nur im All studiert werden können – astronomische Forschung in Strahlungsbereichen, die vom Boden aus nicht zugänglich sind. Die Partikelumgebung der Erde oder ihr Schwerefeld. Bestimmte Bereiche haben schon die Forschung verlassen. Wettersatelliten und Erderkundungssatelliten sowie Navigationssysteme haben volkswirtschaftlichen Nutzen und Kommunikationssatelliten werden schon seit den siebziger Jahren kommerziell genutzt. Doch das ist nur bei uns so. China und Indien haben bisher kaum Forschungssatelliten gestartet, Russland hat dies nach dem Zusammenbruch der GUS weitgehend eingestellt. Es ist also durchaus nicht selbstverständlich Weltraumforschung zu betreiben.

Etwas anders sieht es bei der bemannten Raumfahrt aus. Sie ist politisch motiviert. Es ging los mit dem Wettlauf den ersten Mann ins All zu bringen. Als dieser von den USA verloren wurde setzten sie als neues Ziel den Wettlauf zum Mond, wohl wissend, dass der Vorsprung der UdSSR dabei belanglos war und das enorme Mittel erfordert, welche deren Wirtschaft stark belasten. Die Idee ging auf und wurde von Ronald Reagan bei einem Rüstungswettlauf Anfang der achtziger Jahre neu aufgegriffen und bewährte sich auch dort.

Danach taten sich auch die USA schwer mit einem Nachfolgeprojekt. Das Shuttle wurde als billiges Transportmittel verkauft und konnte sich nur dank der Unterstützung des Militärs durchsetzen. Als es einsatzbereit war, hatte aber auch das Militär keine Verwendung mehr – zumindest nicht mehr für bemannte Einsätze. Auch die Sowjetunion stellte ihr militärisches bemanntes Programm Ende der siebziger Jahre ein. Heute kommt das Militär wie die Forschung ohne bemannte Raumfahrt aus.

Warum ich nicht an eine Marslandung oder auch nur ein Apollo 2.0 glaube ist, das heute die politische Motivation wegfällt. Sicherlich werden die USA und Russland weiter bemannte Raumfahrt in den Erdorbit betreiben. Das ist noch für beiden Nationen finanzierbar und beide wollen ja auch zeigen, dass sie es sich leisten können. Doch es fehlt das Motiv jemanden schlagen zu wollen, vor allem einen Gegner wie Russland. Wenn ich höre, das die Motivation für eine Marslandung wäre, weil man sehen will wie Menschen einen fremden Planeten erkunden oder „erobern“, dann ist das wie wenn Bayern München 100 Millionen für neue Spieler ausgibt und das mit der Begründung „Wir wollen sehen wie schön sie spielen“. Nein die Bayern geben das Geld aus, um andere Mannschaften zu schlagen.

Der zweite Grund, der gerne vergessen wird, ist das wir heute eine andere wirtschaftliche Lage hatten als zur Zeit des Apolloprogrammes. Damals gab es in fast allen westlichen Staaten als Folge des Nachholbedarfes nach dem zweiten Weltkrieg Vollbeschäftigung. 1961 gab es in der BRD mehr freie Stellen als Arbeitslose, aber auch in den USA florierte die Wirtschaft. Das Diagramm links zeigt die Staatsverschuldung der USA im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. Sehr deutlich zeigt sich, dass das Apolloprogramm unter anderen Umständen durchgeführt wurde.

Nun gibt es immer das Argument „Man braucht ja nur einen Teil der Rüstungskosten umzuleiten“. Ja, aber so funktioniert eben das Leben nicht. genauso wenig wie Jesco von Puttkamers Argumentation, dass man mit 10% der Mittel für den Aufbau Ost ein Marsprogramm durchführen könnte. Nicht nur beim Militär bzw. den Ossis wäre der Aufschrei groß. Wenn eingespart wird gibt es dann immer zig andere Dinge die dringlicher wären. Höhere Harz-IV Sätze, Schließung der Rentenlücke, Finanzierung des maroden Gesundheitssystems, beschleunigte Umstellung auf regenerativen Energien oder eben Abbau der Staatsverschuldung. Genauso werden sich auch in den USA andere melden, die die Gelder des Militärs brauchen können.

Vielleicht gibt es mal ein Marsprogramm – wenn die reichen Nationen auf der Erde keine anderen Probleme mehr haben und Geld für ein P&R Programm sprich eine Marsmission übrig haben als Unterhaltungsprogramm für die Bevölkerung. Aber das werde ich nicht mehr erleben. Eher kommt es zum globalen Kollaps und Verteilungskämpfen um die letzten verbliebenen Ressourcen….

Die mobile Version verlassen