Bernd Leitenbergers Blog

Warum es meiner Ansicht nach kein Leben auf Siliziumbasis geben kann

Im Anschluss an die letzte Buchkritik meinte Sven Piper, dass nach Ansicht eines Autors man doch nicht Leben auf Siliziumbasis ausschließen kann. Nun ist Sven Piper nicht gerade Experte auf dem Gebiet der Chemie, wie auch einige falsche Übersetzungen chemischer Namen im Buch zeigen. Zeit für ihn und einige andere für eine neue Nachhilfestunde in Sachen Chemie. Warum bin ich der Meinung. Nun man kann es sich recht einfach machen und die Siliziumverbindungen ansehen, doch wir wollen hier mal den Dickbrettbohrerweg beschreiten.

Warum besteht das Leben bei uns auf der Basis von Kohlenstoff? Neben der Möglichkeit vier Bindungen einzugehen spielen auch zwei weitere Faktoren eine Rolle: Kohlenstoff ist ein Nichtmetall und seine Elektronegativität beträgt 2,5. Fangen wir mit dem ersten an. Wir kennen im Periodensystem Metalle und Nichtmetalle sowie einige wenige Verbindungen die dazwischen sind, die Halbleiter. Metalle bilden untereinander Metallbindungen aus, in denen die Elektronen mobil sind. Es gibt keine diskreten Verbindungen, wie sie bei Biomolekülen vorliegen. Mit Nichtmetallen bilden Metalle dagegen ionische Bindungen, dabei verlieren sie eines oder mehrere Elektronen und das Nichtmetall nimmt diese auf. Es entstehen kristalline Bindungen mit Elementarzellen die geometrische Formen haben, wie z.B. der Würfel beim Kochsalz.

Beide Verbindungstypen erlauben den Aufbau hochmolekularer Verbindungen wie Metalle oder Gesteine, aber beide Verbindungstypen sind nicht dafür bekannt, dass die Moleküle sich verzweigen, aktive Zentren und komplexe Strukturen wie die Helix der DNA ausbilden.

Zwar gibt es auch ionogene Bindungen bei Nichtmetallen, aber nur wenn der Elektronegativitätsunterschied recht groß ist. So etwa bei 1,8 spricht man von hohen ionogenen Bindungsanteilen. Die hohe Elektronegativität von Kohlenstoff bedeutet, dass die Verbindung zu den wichtigsten Nichtmetallen nur geringe Differenzen aufweist:

Bindung zu welchem Element Wasserstoff Sauerstoff Stickstoff Phosphor Schwefel
Elektronegativitätsdifferenz 0,3 0,9 0,5 0,3 0,1

Das bedeutet, dass die Bindungen weitgehend gleichberechtigt zu der Kohlenstoff-Kohlenstoffbindung sind. Die polaren Anteile führen dazu, dass bestimmte Bindungen eine erhöhte Reaktivität aufweisen. Kohlenstoff-Sauerstoffbindungen sind zum Beispiel wegen der hohen Differenz reaktiver als Kohlenstoff-Stickstoffbindungen.

Silizium ist dagegen ein Halbleiter, manchmal auch als Habmetall bezeichnet weil es Eigenschaften beider Gruppen hat. Es kann zwar wie Kohlenstoff Kettenmoleküle mit Wasserstoff bilden (anders als Metalle, bei denen diese Hydride kristallin sind). Aber die Elektronegativität beträgt 1,9. Da bis auf den Wasserstoff alle obigen Moleküle eine höhere Elekronegativität als der Kohlenstoff aufweisen ist die Differenz um 0,6 höher, (der Wasserstoff bildet die Ausnahme, hier beträgt sie auch nur 0,3). Das bedeutet das sich Silizium mit fast allen Nichtmetallen schon ionogen verbindet. Silizium-Sauerstoffverbindungen sind Bestandteile fast aller Gesteine auf der Erde. In Reinform ist das Oxid des Silizium der Quarz. Das sind hochfeste, kristalline Bindungen. Dasselbe trifft auf Siliziumnitridverbindungen zu, die extrem hart sind und die Verbindungen werden als Bohrmeiselmaterial eingesetzt. Mit Wasserstoff gibt es Silane (Siliziumwasserstoffverbindungen. Sie sind jedoch selbst unter Luftabschluss instabil und zersetzen sich spontan. Während Kohlenwasserstoffe mit Sauerstoff und Stickstoff zu Alkoholen, Aldehyde, Säuren und Aminen umgesetzt werden können verbrennen Silane mit Sauerstoff und auch Stickstoff spontan. Sie laufen eher unter der Rubrik exotischer Treibstoff als unter der Rubrik Grundstoffe des Lebens.

Die Frage ist wie solche Verbindungen dann Basis von Leben sein können, zumal Silizium wegen seiner hohen Elektronegativität auch nicht elementar vor. Auch das ist ein Unterschied zum Kohlenstoff, der in reiner Forma als Graphit oder Diamant zu finden ist und auch beim Verkohlen von organischem Material entsteht. Silizium wurde in unreiner Form erstmals im Jahre 1800 synthetisiert und in reiner Form erst 1854. Beim Verbrennen von Silanen entsteht kein Silizium, sondern es reagiert sofort weiter. Es ist viel zu reaktiv. Kurzum: für komplexe Moleküle ist es denkbar ungeeignet vor allem weil es mit dem Sauerstoff, einem der häufigsten Elemente im Universum Gesteine bildet. Sie hohe Reaktivität vor allem gegenüber diesem Elemente aber auch Stickstoff ist ein Problem. Kohlenwasserstoffe verbrennen auch, aber sie sind metastabil und benötigen Energiezufuhr zur Entzündung. Wie sollte sich Leben bilden wenn schon der Kontakt mit reinem Stickstoff (der Feuer hier löscht) oder gar Sauerstoff zur Spontanentzündung führt?

Lediglich reines Silizium ist auch in einer Sauerstoffatmosphäre stabil. Doch das teilt das Element auch mit anderen Elementen, die sehr reaktiv sind wie Aluminium oder Eisen. Neben der nötigen Aktivierungsenergie ist es vor allem auch das Vorliegen als massive Substanz. Wenn man Eisen z.B. fein verteilt z.B. als Späne oder Stahlwolle kann man sie mit einem Feuerzeug anzünden. Oder denken sie an die Wunderkerzen, in denen Eisenstaub drin steckt – brennt doch gut. Das eine Substanz also in einer Sauerstoffatmosphäre stabil ist, ist kein Indiz für mangelnde Reaktivität.

Passned zum Thema gab es in den vergangenen Wochen bei ARTE eine gute Serie die sich mit Chemiegeschichte beschäftigte. (Faszination Chemie). Hier die Links zu den Videos

Teil 1

Teil 2

Teil 3

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