Bernd Leitenbergers Blog

Ionenantriebe als Apogäumsantrieb

Ich habe mich ja schon mehrfach mit Ionenantrieben beschäftigt. Wenn es um den Transfer in den GEO geht, dann habe ich mich immer für den vollen Weg, also vom LEO und in den GEO ausgesprochen. Nun scheint es so zu sein, dass die ersten Satelliten gebaut werden die Ionenantriebe als Ersatz für einen Apogäumsmotor einsetzen. Zeit sich mal damit zu beschäftigen. Zuerst einmal: warum habe ich mich bisher damit nicht beschäftigt. Die Antwort ist relativ einfach: Bei einem Ionenantrieb ist der Treibstoffverbrauch vernachlässigbar gering. Stattdessen werden größere Solarzellen benötigt und auch Triebwerke. Dieses Zusatzgewicht ist immer gegeben, egal ob man nun die halbe Stecke zurücklegt oder die ganze. Dagegen sinkt ja die Nutzlast schon auf ein Drittel ab, wenn man vom LEO in den GTO geht. Der Vorteil der Gewichtseinsparung ist also kleiner.

Fangen wir mal an es durchzurechnen. Hier folgende Basisdaten:

Das Trockengewicht habe ich vom aktuellen ESA Bulletin genommen. Es ist das vom Satelliten Hylas, der beim Start 2541 kg wiegt und trocken 1099 kg. Doch dieses Trockengewicht umfasst ja auch das leere Antriebssystem (Tanks, Druckgastanks, Triebwerke). Nimmt man für dies einen typischen Strukturanteil von 12,5 % an (Voll/Leermasse = 8), so erniedrigt sich die Trockenmasse um 206 kg.

Nun was brauche ich?

Eine kleine Simulation zeigt, dass zwei Triebwerke des Typs RIT-XT in 128 Tagen den Transfer durchführen können – oder eben noch mehr kleinere Triebwerke, mit denen dann auch die 180 Tage möglich sind.

Der Solargenerator muss dann 10 kW Leistung für die Triebwerke liefern. Selbst wenn ich annehme, dass ich sie zusätzlich zu den Solarzellen installieren muss (in der Praxis wahrscheinlich nicht nötig für einen Teil der Leistung, da die Sendern nicht aktiv sind. Wenn ich konservative 80 Watt/kg nehme sind das 125 kg mehr. Bei heute möglichen 180 W/kg sogar nur 56 kg.

Der Treibstoff macht dann recht wenig aus – es sind nur 52 kg. Selbst mit Tanks sind es dann weniger als 60 kg. Die Triebwerke wiegen einzeln 7 kg pro Stück, doch selbst mit Infrastruktur und zusätzlichem Treibstoff für die Lagereglung (die ja beim Vorbild auch dabei ist) kommt man so auf ein Gesamtgewicht von rund 1.350 kg, also 43% weniger als beim Vorbild.

Warum kommt es erst jetzt und in dieser Form? Nun es gibt sicher mehrere Gründe. Das eine ist, das bisher die Satelliten schwerer wurden und es immer genügend Träger gab um sie zu starten. Zuerst gab es immer neue, schubstärkere Modelle, dann kamen die russischen Modelle auf den Markt. Nun sieht es aber nicht so aus als würde dies in der Zukunft so weitergehen. Eine neue Oberstufe für die Proton ist seit Jahren angekündigt. Nicht passiert. Russland kassiert das Geld für die Starts investiert aber nichts. Auch die Angora lässt seit 10 Jahren auf sich warten. Derzeit ist das Maximum für den Start auf mehreren Trägern bei 6 t. Darüber hinaus kann nur noch die Ariane 5 die Satelliten transportieren wobei man in diesem recht konservativem Geschäft zurückschreckt, denn wenn dann mal Ariane 5 am Boden ist, betrifft dass dann alle Satelliten mit mehr als 6 t Masse.

Die Ionentriebwerke erlauben es nun größere Satelliten zu starten (Nettomasse) ohne die Bruttomasse von 6 t zu überschreiten.

Das zweite ist die immer größere Lebensdauer. Satelliten haben heute Betriebszeiten von 15 Jahren. Das Problem: In der geostationären Umlaufbahn ist der Satellit nicht wirklich stationär. Es müssen dauernd Positionskorrekturen erfolgen. Diese benötigen Treibstoff und der Anteil für diesen Lageregelungstreibstoff ist immer größer geworden. Bei Hylas beträgt der Anteil 56,7%. Wenn man die Trockenmasse hinzurechnet sind es sogar 64,8%. Ich sah in den Startmanifests auch schon Satelliten, die zu zwei Dritteln aus Triebstoff bestanden. Wenn die Lebensdauer weiter ansteigt wird dieser Anteil immer größer. Ionenantriebe brauchen viel weniger Treibstoff und damit ist eine längere Betriebsdauer möglich. Als weiterer Vorteil benötigten die Ionentriebwerke mehr Leistung als heute Solargeneratoren liefern. Während des Betriebs wird diese Leistung zwar auch benötigt, aber nur kurzzeitig für ein Triebwerk und nicht mehrere. Diese Leistung steht dann für den Betrieb der funktechnischen Nutzlast zur Verfügung. Damit sind leistungsstärkere Sender möglich mit höheren Datenraten.

Zum Glück für Arianespace plant man nicht den LEO -> GEO Transfer. Denn dieser würde Folgen haben. Es würden noch weitaus kleinere Träger ausreichen und der Hauptnachteil russischer Träger, dass durch die nördliche Startbasis die Nettonutzlast recht gering ist, spielt bei Ionenanantriebe nun praktisch keine Rolle mehr.

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