Bernd Leitenbergers Blog

Mars One – Meine Meinung

Heute ein Gastbeitrag von Thierry Gschwindt:

Ihr habt sicher alle vom Mars One Projekt gehört: http://mars-one.com/en/

Ich habe lange darüber nachgedacht, ob das Ding durchzuziehen ist.

Das Konzept ist es, eine Marsmission zustarten, bei dem die Astronauten auf dem Mars bleiben. Bei jedem Fenster werden zusätzliche Leute hingeschickt. Finanziert soll das ganze, mit dem als die grösste Realityshow aller Zeiten verkauft wird. Es wird dann eine Realityshow, bei dem man nie mehr aus dem Container, und bei dem die Teilnehmer auch sterben können. Findet man Leute dafür? Ohne Zweifel. Bei einem Erfolg haben die ersten einen Platz in der Weltgeschichte neben Kolumbus, Magellan, Roald Amundsen und Neil Amstrong. Geht man drauf, ist man auch ein Held (erster Mensch, der nicht auf der Erde starb) Auf einem Aspekt anderer Realityshow sollte man aber tunlichst vermeiden, dass sich die Teilnehmer hassen und dauernd die Fetzen fliegen. Braucht es auch nicht, ein Superteam bringt auch die Quoten.

Findet man Sponsoren? Momentan noch nicht, die Idee ist noch genug konkret, damit sie die Kassen öffnen, aber wenn man bedenkt welche Summen ausgeben werden, damit man an einem Grosssportanlass präsent ist, dann sieht es gut aus. Auch für die jetzigen Partner und Zulieferer kann es schon interssant, z.B. SpaceX. Für Elon Musks Ego kann es nicht gross genug geben. Schliesslich würde seine Firma, die ersten Menschen auf dem Mars bringen. Und der Name SpaceX würde allen bekannt sein, die könnten dann ihren Slogan ändern: „SpaceX – We brought the first man to Mars.“ Oder so ähnlich.

Wenn dann die Astronauten auf dem Mars in ihren Anzügen rumspazieren, werden diese vermutlich mit allerlei Logos von Sponsoren bedeckt sein. Die ersten Bilder werden bis in alle Ewigkeit präsent sein, und da tut man gut, dass das Logo drauf sein wird. Beim ersten Schritt auf dem Mars muss etwas gesagt werden, das bis in alle Ewigkeiten in den Geschichtsbücher sein wird. Da wird der Hauptsponsor schon seine Finger im Spiel haben, damit dieser spätestens im zweiten Satz erwähnt wird.

Man muss nicht vergessen, dass alle grosse Entdeckungsreisen in erster Linie kommerziell waren (Gewürze finden). Da man auf dem Mars nicht seines gleiches hat, muss die Ressource etwas anders sein: Werbung und PR.

Schauen wir uns die Technik an, angeblich soll alles schon erhältlich sein, oder bedarf nur wenig Entwicklung

Als Träger sollen Falcon Heavy verwendet werden. SpaceX arbeitet ja schon dran, und der Jungfernflug ist nächstes Jahr, nach offiziellen Angaben.

Kritisch wird es nur, wenn sie die Vorgaben nicht erreichen können, dann scheitert der ganze Plan. Auf einem anderen Träger kann man kaum weichen, es sei den die NASA stellt ihr SLS zu Verfügung (falls es gebaut wird)

Zuerst soll 2014 ein Kommunikationssatellit gestartet, der dann in einem Marsstationären Orbit platziert wird. Dieser Satellit muss zwei Antennen haben, eine für die Kommunikation zur Basis auf dem Mars und eine zu Erde. Man könnte ein Design ähnlich eines TRD behilflich sein. Wenn möglich könnte man das Ding auch mit Laserkommunikationsanlagen ausstatten, damit die übertragen in HD und 3D in Echtzeit möglich ist. Bis die Mission startet, könnte man den Geld machen, in dem man die Kommunikationsdienste an die NASA vermietet.

Als Antrieb wären am besten Ionentriebwerke, da man den Orbit um Mars nach der Ankunft erreichen muss. Und bei der Höhe die notwendig ist geht es nicht mit Aerobraking.

Gesamthaft ist dieser Punkt ziemlich leicht zu bewerkstelligen

Das nächste was folgt, ist ein Lander mit Versorgungsgütern. Der Lander ist die berüchtigte Red Dragon, also eine modifizierte Dragon Kapsel mit verstärktem Hitzeschild. Wegen der dünnen Atmosphäre wird auf einem Fallschirm verzichtet, und nur mittels Raketentriebwerke gebremst.

Bis jetzt ist die Landung das einzige was bei SpaceX immer geklappt hat. (gab ja auch nur zwei Versuche)

Als nächstes folgt ein Rover. Im Vergleich zu den NASA Robotern, soll es eher ein Arbeitstier sein, das graben kann, sowie schwere Lasten transportieren kann. Später sollen die Astronauten auf diesem sitzen, um dann über die Marsoberfläche zu fahren, ähnlich wie dem Mondauto. Ob ein Rover alles machen kann, ist aus den offiziellen Dokumenten nicht ersichtlich. Sicher ist, dass mehrere Rovers gebraucht werden.

Von handgesteuert soll einen Geschwindigkeit von 10 km/h erreicht werden, mit einer Reichweite von 80 km.

Technisch gesehen ist das nicht viel neues. Einen schweren Rover kann man auf dem Mars landen.

Das heikle wird eher sein, das Ausrüstung in einem nicht allzu grossen Umkreis zu landen.

Vielleicht können die Lander Leitstrahlen aussenden, so dass die ankommenden Fahrzeuge orientieren können.

Danach sollen noch mehrere Lander folgen, die als Behausung, Lebenserhaltung und Aufbereitung folgen. Bei den Wohneinheiten, gibt es einen aufblasbare Einheit, die dann mit Marssand überdeckt wird. Dort wird dann auch pflanzen angebaut, damit die Bewohner auch frisches haben.

Hier sehe ich viele offnene Fragen, vor allem soll das Wasser aus dem Marsboden extrahiert werden. Auch die Luft soll aus Ressourcen vom Mars hergestellt werden. Dazu muss die Basis über eine wasserhaltige Schicht gebaut werden.

Schliesslich kommt der Tag X, an dem sich die Bewohner auf dem Weg machen. Dazu wird ein Transitsschiff gebaut. Es soll auf einem ISS Modul basieren, an dem eine Antriebsektion andockt. Anschliessend komme die Astronauten, docken ihr Schiff an, und wechseln in das Wohmodul. Dann geht’s los.

Nach sieben Monate kommen sie beim Mars an. Sie wechseln in den Lander, koppeln ab. Das Schiff fliegt weiter. Die Astronauten laden in der Nähe der Basis. Für die ersten wird es jetzt hart. Nach den Photos und Feier des ersten Mensches auf dem Mars, müssen sie die Basis vollenden, d.h. die Module verbinden (das konnte der Rover nicht machen), alles in Betrieb nehmen, und sich damit abfinden, für den Rest ihres Leben hier zu bleiben.

Für die nachfolgenden Crews wird einfacher, da alles schon bereit ist, und ein Empfangskomitee da sein wird, wenn beim Aussteigen aus der Kapsel schwierig sein wird.

Ein weiteres Problem, dass bis jetzt noch nicht wirklich behandelt worden, ist man das Planetary Protection Programm handhabt, also dass der Mars nicht durch Erdleben kontaminiert wird. Dies kann leicht passieren. Der Marsbewohner geht auf die Toilette, aus irgendeinem Grund wäscht er oder sie nicht die Hände. Mit seinen dreckigen Händen bereitet er seinen Anzug vor. Beim Spazieren fällt er dann hin, so dass einige Bakterien auf dem Boden bleiben. Oder beim Anziehen hustet er mal auf seine Handschuhe, und berührt draussen massenweise Steine.

Es wird gemunkelt, dass man gar keinen Menschen wegen dem auf dem Mars schicken kann. Aber es ist nicht so, dass die Gesetze in Stein gemeisselt sind und verbindlich sind, sie wurde ja von einer amerikanischen Institution erlassen. Die Leute von Mars-One könnten sich darüber hinwegsetzen (Die Organisation ist in Holland basiert). Man muss halt dann in Kauf nehmen, dass die Umgebung um die Basis kontaminiert ist.

Interessant wird sein, wie lange die Leute in einer so sterilen Umgebung gesund bleiben können, und nicht auf alles Mögliche allergisch werden. Vielleicht müssen dann irgendwelche Schnupfen und Erkältungen importiert werden.

Das ganze soll angeblich mit 6 Milliarden finanzierbar sein. Da habe ich meine Zweifel. Machen wir die Rechung, also grob geschätzt. Eine Falcon Heavy soll 100 Mio $ kosten. Da Musk das ganze als Imageaufwertung sieht, könnte er diese zum Selbstkostenpreis verkaufen, sagen wir 80 Mio $.

Dann brauchst zwei Kommunikations Satelliten (einen für den Mars, und beim L4 oder L5, damit man auch während der solaren Konjuktion kommunizieren kann), Kostenpunkt 250 Mio $ (Preis für Venus Express). Dann braucht es drei bis vier Rover. Die MER haben zusammen 800 Mio $ gekostet. Ich glaube 100 Mio pro Rover sind liege sicher drin. Dan braucht es die Lander, das sollen 5-6 Stück sein zu anfangs. Setzen wir die bei 150 Mio das Stück. Dann braucht es das Transferschiff das kostet sicher 500 Mio. Und schliesslich die ganze Ausrüstung für die Astronauten setzten wir da auch 500 Mio.

Das macht total 3.8 Mrd $ für das Material und die Starts. Weil man jetzt wissen sollte, das alles immer doppelt so teuer wird und noch extra Marge braucht, wird am Schluss eher gegen 8 Mrd gehen. Dann noch die zusätzliche kosten, die sonst noch so anfallen werden, dann landet man schnell bei 10-12 Mrd.

Auch wenn sich das Geld zusammen kratzen lässt, steht dann das nächste Problem. Alle zwei Jahren werden zusätzliche Astronauten zum Mars geschickt. Allerdings werden nach der dritten Landung die Quoten der Realityshow garantiert sinken, die wir dann schon 7-8 Jahre am laufen sein. Und so spannend kann man über Jahre nicht halten. Der Normalzuschauer wird dann umschalten: Die Marsbewohner haben sich einen weiteren Stein angeschaut. Zusätzlich läuft der Plan nur bis 2033. Was passiert dann? Es ist nicht so, dass die Kolonie dann vollständig autark ist, sondern man wird Jahrzehnte lang jedes zweite Jahr Nachschub schicken müssen. Vermutlich keine Nahrung, aber das neuste an Ausrüstung und Ersatzteile. Bis man Computerchips auf dem Mars herstellen kann wird es eine Weile dauern. Das kann eine 20 Mann starke Kolonie nicht.

Und was passiert, falls Mars-One pleite geht und es schon Astronauten auf dem Mars hat? Oder ist es das Ziel die Raumfahrt Agenturen zum Handeln zu zwingen, in dem man dann heisse Kartoffel ihnen gibt. So in der Art: Leider können wir unsere Basis nicht mehr versorgen, aber das könnt ihr sicher für uns besorgen (und es mit Steuerngelder finanzieren).

Den Geldhahn zudrehen bedeutet, die Leute zum Tode zu verurteilen, weil früher oder später die Lebenserhaltung ausfallen wird, weil sie schlicht und einfach nicht mehr repariert werden kann.

Nehmen wir an, dass alles klappt: Was machen dann die Astronauten den ganzen Tag? In den ersten Jahren muss die Basis aufbaut und unterhalten werden, und da nur wenige Leute anwesend sein werden. Dann muss das Essen erzeugt werden. Viel Zeit für Forschung wird da nicht bleiben. Aber nach mehreren Jahren soll irgendwann mal 20 Leute dort sein. Da ist mehr als die ISS jemals hatte. Was könnte die Leute machen?

Eine Möglichkeit wäre alle Sonden zu steuern, durch die Nähe könnten sie quasi in Echtzeit gesteuert werden. Somit wäre die wissenschaftliche Ausbeute bedeutend höher, und könnten Notfälle rascher behoben werden.

Natürlich können die Astronauten selber in der Umgebung forschen, aber je nachdem wo diese aufgebaut ist, könnte die Umgebung ziemlich langweilig sein, und keine besonderen wissenschaftlichen Erkenntnisse bringen. Zusätzlich sind die Quoten wichtig für die Sendung, deshalb braucht es Panoramen von besonders spektakulären Orten, von denen die Zuschauer gehört haben. Dazu bräuchte es ein Fahrzeug mit dem tausende Kilometer zurücklegen kann. Momentan kann ein solches laut FAQ nicht auf dem Mars gelandet werden. Später könnte man ein solches in Einzelteile schicken. Und es wird auf dem Mars zusammengebaut.

Zusammenfassend gesehen, gibt es für mich nur ein grosses technische Risiko: Die Lebenserhaltung die auf Basis von Marsressourcen Wasser und Luft bereitstellen soll. Das wurde bis jetzt noch nie gemacht. Alles andere wurde irgendwann ähnlich gemacht: Grosse Rakete, Sonde zum Mars, Rover auf dem Mars, grosse Lasten au einem Himmelskörper laden und grosse Massen auf Fluchtgeschwindigkeit beschleunigen. Man weiss, dass es geht: Man braucht nur genug Geld, dann ist es möglich.

Jetzt mal schauen, was Mars-One bis jetzt so macht, denn in zwei Jahren ist der Kommunikationssatellit fällig. Hat man ihren Newsfeed abonniert, dann sieht man, dass in letzter Zeit nur irgendwelche Berater und weitere Ratsmitglieder ernannt werden. Das ist nett, aber bis in zwei Jahren sind mind. 300-400 Mio $ nötig, damit der Zeitplan eingehalten werden kann. Entweder wollen sich die Sponsoren noch nicht erkannt geben, oder es gibt keine.

Am skeptischsten sehe ich die Finanzierung mittels Realityshow, das wird gehen, bis ersten Bewohner sich gemütlich eingerichtet haben, doch irgendwann sinken die Quoten und somit die Einnahmen. Aber das ist ein Langzeitprojekt, das über Jahrzehnten Gelder braucht und das ist nicht durchdacht.

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