Bernd Leitenbergers Blog

MarsOne – die Selbstversorgung

Also da Thierry schon einiges aufgenommen hat, noch mein Senf nur zu einem klitzekleinen Problem. Wer das ganze Konzept genauer ansieht wird noch mehr entdecken (so sollen die Dragons 50 m² Raum bieten, die derzeitigen haben aber nur 10 m² Basisfläche….Ich will mich nur mit der Fragestellung beschäftigen ob ich auf dem Mars Pflanzen anbauen kann.

Nehmen wir mal zuerst die heutigen Tatsachen: Der Mars ist zwischen 206 und 249 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt, das sind 56-100 Mill. Kilometer mehr als die Erde. Dadurch erhält er weniger Sonnenstrahlung. Bedingt durch die dünne Luft schwanken die Temperaturen stark. Am Äquator maß Curiosity -90 bis -5°C am Boden und in der Luft -70 bis +10°C. Bedingt durch die dünne Luft (kaum Wärmekapazität) kühlen Atmosphäre und Boden rasch in der Nacht aus. Wenn man zu den Polen geht werden die Temperaturextreme noch größer. Doch eine Siedlung wird wahrscheinlich am Äquator entstehen, wenn sie Pflanzen anbauen muss. Es ist der günstigste Punkt dafür.

Nur ist die heutige Marsatmosphäre kein guter Vergleichsmaßstab. Die Pflanzen werden in einem Gewächshaus angebaut werden. Dieses liefert einen Treibhauseffekt, man kann es ohne Sauerstoffmaske begehen wenn die Atmosphäre entsprechend ausgelegt ist, und eine dichtere Atmosphäre kühlt nicht so schnell aus. Trotzdem wird das Treibhaus bei Nacht stärker als auf der Erde auskühlen denn die umgebende Atmosphäre wird die -70°C haben und daher viel Wärme aufnehmen.

Also wenn wir uns an Temperaturen orientieren, dann eher an den Bodentemperaturen, aber die sind ja noch niedriger. Selbst mit einem Treibhauseffekt von +18°C wie bei der Erde, kommen wir nur einige Stunden auf mehr als +10°C und nachts wird es noch ziemlich kalt. Diese Temperaturen übersteht keine Pflanze

Versuchen wir daher einen anderen Ansatz: Welche Sonneneinstrahlung erreicht der Mars und welche Gegend auf der Erde weist eine ähnliche Einstrahlung auf? Nun unsere Siedler müssen ja dauerhaft mit Nahrung versorgt werden, auch wenn der Mars sein Aphel erreicht. Dann sinkt die Sonneneinstrahlung auf 500 W/m². Wie bei der Erde geht davon noch etwas ab weil die Atmosphäre es absorbiert, Nehmen wir mal 450 W/m² an. Dann schaue ich mal in die Seiten für Photovoltaikinteressenten und stelle fest, dass bei uns im Winter die Sonneneinstrahlung 300 – 500 W/m² beträgt. Also bei uns steht die Landwirtschaft im Winter. Zugegeben, der untere Wert ist noch etwas niedriger als die 450 W/m² und im Gewächshaus hat man einen Treibhauseffekt (allerdings auch Abkühlungseffekte durch die Umgebung), so wird anspruchsloses sicher wachsen wie Kohl oder Feldsalat, denn man auch bei uns im Winter erst ernten kann. Doch was unsere Siedler brauchen, sind die typischen stärkelieferenden Pflanzen wie Getreide, Kartoffeln, Reis und davon wächst nichts mehr im Winter.

Nun könnte man auf die Idee kommen, mit Spiegeln mehr Licht und damit mehr Wärme zur Verfügung zu stellen. Doch woher soll die Ausrüstung kommen? Nach dem Plan landen da einige Habitate wahrscheinlich vorher voll beladen mit Ausrüstung, doch das reicht nicht um die Siedlung zu versorgen. Mais als leistungsfähigstes Getreide liefert 50 Dezitonnen (5000 kg pro Hektar). Angenommen die Siedler essen nichts anderes und halten auch keine Tiere, würden 4 Personen eine Fläche von 18 Ar benötigen um den Mais zu erhalten: Nur das ist die Situation auf der Erde. Wenn ich mit Spiegeln die gleiche Strahlungsintensität wie auf der Erde erreichen will brauche ich die zweifache Fläche die ich mit Spiegeln abdecke, das sind dann 54 Ar, rund 54 x 100 m davon 36 x 100 m Spiegel. Das ist ein ziemlicher Materialaufwand. Zumal 18 m² dann luftdichtes Gewächshaus sein müssen. Da draußen nur ein 1/160 des Innendrucks herrscht. Also mit einer dünnen Plane geht das nicht, eher mit dreischichtigem Isolierglas. Okay und das Isolierglas für 1800 m² wiegt wie viel? Also die Glaser mussten ziemlich viel heben als sie bei mir nur mal die Fenster von 1-2 m² Fläche auswechseln mussten….

In der Praxis wird man aber wahrscheinlich Winterroggen einsetzen. Winterroggen verträgt bis zu -25°c und ist nach 1800 °C (Tage x Temperaturmittel), z.B. 360 Tage x 5 °C oder 180 Tage x 10 °C erntereif. Nur liefert der nur rund 20 dt/ha, braucht also die zweieinhalbfache Fläche.

Doch wächst da auch was? Also eines darf man nicht erwarten: Humus, Bodenbakterien, Mikroorganismen, Pilze. Sie sind wichtig, fast keine Pflanze könnte ohne Pilze auskommen, welche Mineralstoffe erst verfügbar machen. Also sollte man vielleicht erst mal auf der Erde Versuche mit sterilisiertem Sand machen, auch weil es keinen Humus gibt, sondern eben nur nackten Felsen, Sand und Staub. Ansonsten wird man Humusboden mit den Mikroeben, Pilzen etc. in größerer Menge mitführen müssen.

Ach ja noch ein kleines Problem gibt es auch noch: Nach den Viking und Phoenix-Untersuchungen ist die oberste Bodenschicht stark angereichert mit Peroxiden und anderen oxidierend wirkenden Substanzen wie Chloraten. Also sollte man zum sterilisierten Sand noch etwas Kloreiniger zugeben und feststellen ob dann auch noch was auskeimt….

Ach ja man hat dann nur die Getreidekörner, es kommen da noch ein paar kleinere Probleme dazu, Mahlen, Backen, und eventuell wollen die Siedler auch was anderes essen als nur Roggenbrot und Roggenflocken….

Die mobile Version verlassen