Der vergessene Planet
Das ist nicht Pluto, das ist mit Fug und Recht die Venus. Dabei gingen die ersten Raumsonden zur Venus. Bei der NASA gab es dann eine Wende, als man nach Mariner 5 wusste, dass es am Boden sehr heiß ist und wahrscheinlich auch ein hoher Druck herrschte. Seitdem gab es von US-Seite nur noch zwei Missionen die Venus als Primärziel hatten: Pionier Venus mit einem einfachen Orbiter und mehreren einfachen Atmosphärenkapseln und Magellan, eine Sonde mit einem Radargerät als einzigen Instrument. Auch sie zur Kostenersparnis vor allem aus anderen Sonden zusammengebaut. Im Westen wäre dann noch Venus Express zu nennen, der neun Jahre lang die Venus untersuchte und Akatsuki, die das einschwenken in den Orbit verpasste und nun eine zweite Chance hat. (Am 7.12.2015 soll der zweite Versuch stattfinden)
Auf russischer Seite sind es erheblich mehr Sonden. Wenn wir nur die erfolgreich gestarteten nehmen 18 Stück (Venera 1-16 und Vega 1+2). Bis auf Venera 15+16 standen vor allem Landesonden auf dem Programm. Das verwundert nicht. Denn bei einer kurzen Betriebszeit von maximal 127 Minuten auf der Oberfläche war Russland mit seinem technischen Ansatz im Vorteil: Die Sonden waren nie besonders ausgeklügelt, dagegen robust, das bewährte sich bei so hohen Temperaturen und Drücken. Es kam auch nicht auf eine ausgeklügelte Computersteuerung an, vielmehr mussten in kurzer Zeit die Instrumente automatisch nacheinander arbeiten, das konnte man auch mit einem Zeitschaltwerk erreichen.
Technisch gesehen ist die Venus ein genauso attraktives Ziel wie der Mars. Das Δv von der Erde aus ist etwas kleiner (etwa 200 m/s), dafür braucht man um in einen ersten Orbit einzuschwenken etwa 200 m/s mehr. In der Summe gleicht es sich aus. Auch bei der Landung hat man es einfacher. Bei der dicken Atmosphäre braucht man nicht mal einen Fallschirm (es bürgerte sich nachdem man von ihr wusste ein, den Fallschirm in 20-30 km Höhe abzuwerfen, selbst dann noch kommt eine Kapsel nicht langsamer auf dem Boden an als eine mit Fallschirm auf der Erde. Man braucht keine ausgeklügelte Sequenz beim Mars und Airbags oder Landetriebwerken. Noch nie ist eine Raumsonde auf der Venus gecrasht — anders als beim Mars. (Mars 6, Beagle 2, Mars Polar Lander)
Warum also gibt es nicht mehr Missionen zur Venus? Nun man kann nicht aus dem Orbit heraus die Oberfläche erfassen. Zumindest nicht im sichtbaren Licht (Venus Express entdeckte „Fenster“ im infraroten, doch die veröffentlichten Abbildungen sind sehr undeutlich. Ich halte angesichts der Atmosphäre von 90 Bar Druck es nicht für möglich ein scharfes Bild der Oberfläche zu bekommen. Wie wenn man durch Wasser den Meeresboden sehen will, wird das Bild verschwommen sein. Mit Radar kann man die Oberfläche erfassen und man hat mit Magellan diese auch auf 30 m genau kartiert. Aus dem Orbit kann man die Atmosphäre erkunden, allerdings auch nur die oberste Schicht. In 70 km Höhe beginnt eine Wolkenschicht die den Blick auf die tiefere Atmosphäre verwehrt. Bei den Bedingungen am Boden (etwa 90 bar Druck und 480 Grad Celsius) ist es wahrscheinlich auch in Zukunft ausgeschlossen, dass man länger als einige Stunden eine Sonde dort betrieben kann. Die USA haben bewusst nur einfache Sonden landen lassen, mit wenigen Experimenten, ohne Kamera. Die Überlegung war wahrscheinlich: „Warum 100 Millionen Dollar in eine Sonde stecken die nur wenige Stunden lebt?“.
Was viel wichtiger ist: Mit der Venus kann man kein Geld loseisen. Die NASA hat ja seit 1997 fast jedes Startfenster genutzt und 10 Sondern zum Mars gestartet. Das alles lief unter dem Motto „The Search for Water“, so nach dem Motto: Wo Wasser ist da könnte es Leben geben oder zumindest mal gegeben haben. Leben das es mal auf dem Mars gegeben haben könnte, damit bekommt man Gelder. Nicht aber mit einem Planeten gegen den Ein Backofen eine Kältekammer ist. Mit dieser Argumentation versucht man es auch bei Europa. Da gibt es unter der Kruste einen Ozean. Na und wenn da nicht auch Leben ist …
Meiner Ansicht nach ist die Venus trotzdem interessant. Zum einen wäre einmal die Frage zu klären wie diese Bedingungen zustande gekommen sind. Ein Treibhauseffekt ist ja sicher bei allen Uratmosphären gegeben, doch er muss nicht nur außer Kontrolle geraten sein sondern andere Prozesse angeschoben haben, denn eine Atmosphäre mit 90 Bar Druck und zu 95+% aus Kohlendioxyd ist einiges. Das wiegt 4,8 x 10^20 kg – zum Vergleich der gesamte Kohlenstoff auf der Erde, der zu 99,95% in Gesteinen sitzt macht nur 7,5 x 10^19 kg aus. Selbst wenn die Erde ihre gesamten Carbonatgesteine verloren hätte, sie hätte niemals eine so dichte Atmosphäre aufbauen können.
Die Oberfläche ist relativ jung, das weiß man von den Radaraufnahmen für wirklich große Asteroiden ist auch die Atmosphäre kein Hindernis und es gibt sehr wenige Einschlagskrater. Die Schätzungen gehen von einem Alter zwischen 500 und 800 Millionen Jahren aus. Wir kennen das von der Erde, doch alle anderen Himmelskörper haben sich seit Milliarden nicht verändert.
Offen ist ob es tätige Vulkane gibt. Aus dem Orbit kann man das schwer nachweisen, bis Gase in die hohe Schicht gekommen sind, haben sie sich stark verdünnt und thermische Hotspots kann man durch die Wolken auch schwer nachweisen. Es gibt von Pionier Venus und Venus Express Hinweise auf schwankende Schwefeldioxydkonzentrationen und heißere Gebiete am Boden, aber auch nicht mehr. Kurzum: es gäbe einiges zu erforschen.
Was könnte man machen? Nun natürlich viel, so wurde jüngst ein Flugzeug vorgeschlagen das aber Jahre von der technischen Möglichkeit entfernt ist. Bisher gibt es vom Flügel z.B. nur einen Prototyp mit 2 m Länge – sie müssten 55 m lang sein und die bisher verwendeten Materialen würden auf der Venus zerfallen.
Meiner Ansicht nach kann man die Venus weiter erforschen ohne Milliarden umzusetzen. Erste Raumsonde wäre ein Radarorbiter wie Magellan, nur mit einem höher auflösenden Radar. relativ kleine Radarsatelliten wie SAR Lupe schaffen eine Auflösung von 1 m. So viel braucht man nicht mal. Bedenkt man dass man bisher 30 m erreicht hat wären schon einige Meter ausreichend. Er würde in einer elliptischen Umlaufbahn bleiben. Das hat einen Grund – er dient auch noch als Relais.
Er könnte als weitere Instrumente Fernerkundungsinstrumente mitführen wie dies auch Venus Express und Akatsuki tun.
Die Erforschung der Atmosphäre und der Oberfläche würde dagegen mit „Gelegenheitsmissionen“ stattfinden. Damit ist folgendes Gemeint: Die Venus ist ein attraktives Sprungbrett. Sie ist in 4-5 Monaten erreichbar und kann eine Raumsonde um 3-4 km/s abbremsen und beschleunigen. So passierten seit 1989 die Raumsonden Galileo, Cassini und Messenger die Venus um Schwung zu holen. Einige sogar mehrmals. Theoretisch hätten andere Raumsonden sie auch nutzen können so Near, Juno, Stardust, welche die Erde als Sprungbrett nutzten. Würde jede dieser Sonde eine Atmosphärensonde mitführen so könnte man alle paar Jahre eine absetzen. Dabei denke ich nicht an die großen Kapseln die Russland absetzte, sondern eher die kleinen von Pionier Venus. Jede Sonde würde bei dem Anstieg die Atmosphäre untersuchen. Dazu reichen Thermometer, Barometer, Gaschromatograph/Massenspektrometer, ein Photometer zur Helligkeitsmessung. Eine Kamera könnte in den letzten Kilometern und an der Oberfläche Aufnahmen machen – schon wegen der begrenzten Zeit und der Sicht durch ein dickes Fenster braucht man da kein ausgeklügeltes Exemplar. Die Daten werden über den Orbiter geleitet, das erlaubt relativ hohe Datenraten, höhere als direkt zur Erde oder über die Vorbeiflugsonde.
Vor der Landung setzt die Sonde in der oberen Wolkenschicht einen Ballon ab. Ballone führten schon Vega 1+2 mit sich. Es gibt eine Zone die ist nicht zu heiß und der Luftdruck ist hoch genug. In 49,5 km Höhe herrscht der gleiche Luftdruck wie auf der erde am Boden und eine Temperatur von 66°C. In 52,5 km Höhe sind es 0,6 Bar und 37°C. Das bedeutet ein Ballon der auf der Erde schwebt würde auch dort schweben. Er würde sogar mehr tragen können, da die Venusatmosphäre aus Kohlendioxid besteht mit einer Atommasse von 44 hat es 50% mehr Auftrieb als unsere Atmosphäre. Ein Ballon könnte mit Solarzellen längere Zeit arbeiten, wenn auch nicht ewig (die Ballon von Vega platzten als sie auf der Tagseite ankamen und sich aufheizten, zudem waren die Hüllen nicht resistent gegen UV-Licht. Eine solche Sonde könne in Situ die Atmosphäre analysieren, die Verfolgung ihrer Bewegung gibt uns Hinweise über die Atmosphärenzirkulation.
Es gäbe viel zu tun – doch keiner packt es an.
Interessant zu diesem Thema ist folgendes Buch:
The Scientific Exploration of Venus
von Fredric W. Taylor
Die Ausführungen des Autors bestätigen wiederholt, dass man bisher relativ wenig über den Planeten Venus weiß.
Mein Eindruck nach Lektüre des Buches ist der, dass auch die Ergebnisse des Venus Express wohl eher bescheiden sind. Um bei der Erforschung der Venus Fortschritte zu erzielen, die über eine Radarkartierung hinaus gehen, muss wohl in grundlegend neue und teure Technologien investiert werden.
Dennoch könnte sich Deutschland, wenn es die Technik der SAR-Lupe Satelliten bei Venus zum Einsatz bringen würde, sicherlich mehr Prestige verschaffen, als mit der seit Jahren angestrebten Mondlandung.
(Außerdem liegt die Auflösung der bisherigen Radarkartierung meines Wissens bei ca. 120 m)
Magellan hat einen elliptischen Orbit gehabt. Die Auflösung betrug <75 m, am planetennächsten Punkt deutlich besser. Die NASA gibt für die gesamten 98% erfasste Oberfläche (better than 100 m) an. Ich bezog mich auf die besten Abdeckungen die es nur von einigen äquatornahen Gebieten gibt die mehrmals überflogen wurden und die sind bis auf 30 m gut. Sie decken natürlich nicht die ganze Oberfläche ab genau sowenig wie Hirise mit den 0,35 m Auflösung die ganze Marsoberfläche erfasst hat,
Gut, Venus liegt bei mir auf der Liste der Wunchziele für Sonden auf Platz 4 (Nach Neptun, Uranus und einer Probenrückführung eines Objektes aus dem Kuiper-Gürtel)
Aber mich mal wirklich zum Kopfschütteln brachte war der Vorschlag, bemannte Raumfahrt zur Venus zu betreiben, in einem Ballon. Weil es ja angeblich vergleichsweise einfach zu machen wäre.
Ich bin ja eher ein Anhänger der bemannten Raumfahrt. Aber ich kenne die die Argumente dagegen und verstehen kann ich sie auch. Generell sehe ich immer ein für- und wieder der Gründe, und man kommt halt zu unterschiedlicher Einschätzung welche in der Wichtigkeit dominieren.
Aber bei dem Venus-Vorschlag habe ich eines vermisst: Ein „für“-Argument. Mir fällt nicht ein einziges ein. Es ist ja nicht so, dass der Mensch dort vor Ort Proben geziehlt Problem aussuchen, entnehmen und analysieren könnte. Er wäre in oder über eine Wolkenschickt, wo alles (zumindest kleinräumig) alles gleich aussieht. Der Einzige Vorteil, den ich mir da aus der Nase ziehen könnte, wären Wartunsarbeiten an den Gerätschaften, aber das ist schon extrem weit hergeholt.
Ich sehe es genau so – es ist schade, dass die Venus nach der Entdeckung der „höllischenso schnell vergessen ging. Aber wie du sagst, dort gibts halt kein Leben und man kann sich auch nicht ohne weiteres eine Kolonisation durch den Menschen vorstellen (die auf absehbare Zeit auf die Atmosphäre beschränkt bleiben müsste).
Achtung beim Atmosphärenvergleich: nur die Gesamtmenge Kohlenstoff (nicht Kohlendioxid!) auf der Erde beträgt 75 Mio Gt. Da bei Kohlendioxid nur 12/56stel der Masse Kohlenstoff sind, hätte die „ausgegaste“ Erdatmosphäre eine Gesamtmasse von (56/12)*75 = 350 Mio Gt, was schon viel näher an die 480 Mio Gt der Venus heran kommt. Es ist bei beiden Planeten unklar, wie viel C jeweils im Mantel und Kern steckt, aber es ist sicher nicht abwegig zu denken, dass die jeweils totalen C-Anteile gleich gross sein könnten.
Da Menschen bis auf weiteres nicht zur Venus fliegen werden und es wohl auch kein Leben zu entdecken gibt (wobei…), muss eine neue Venus-Mission „science driven“ sein, dass heisst, man muss sich fragen, welche dringenden wissenschaftlichen Fragen könnten durch eine Mission zur Venus beantwortet werden? Da fallen mir die folgenden Fragen ein:
– Warum hat sich die Venus so unterschiedlich zur Erde entwickelt?
– Wann hat die Venus den gegenwärtigen Zustand erreicht? Gab es mal Ozeane, Kontinente?
– Wie ähnlich sind sich Erde und Venus was ihre Entstehungsgeschichte angeht?
– Warum hat die Venus kein Magnetfeld?
Zur Beantwortung dieser Fragen braucht man, denke ich, einen Orbiter, der wie von dir vorgeschlagen die Oberfläche mit Radar genauer vermisst (immerhin die grösste zusammenhängende Landoberfläche im Sonnensystem!). Man braucht aber auch eine Atmosphärensonde, die zumindest ein kleines Massenspektrometer mit sich führt, mit dem man die Isotopie von Wasserstoff, Sauerstoff (sehr wichtig), Stickstoff (Kohlenstoff ist nicht so interessant weil fast überall gleich im Sonnensystem, aber man kann ja mal mitmessen) und den Edelgasen sehr viel besser bestimmen kann als das bisher möglich war – am besten wohl auf einem Ballon, der am Ende der Mission auf den Boden sinkt und dort noch eine Zeit lang Bilder hochschickt. Auf dem Orbiter brauchts auch noch ein Infrarotspektrometer um die Suche nach bestimmten Gesteinsarten auf dem Boden zu ermöglichen und evtl. Vulkanismus direkt aufzuspüren. Schliesslich braucht man ein Magnetometer um zu sehen ob es noch eine lokal remanente Magnetisierung der Kruste gibt. Mit Hilfe des Sondenradars kann man auch (durch Laufzeitenvergleich mit der Erde) das Schwerefeld besser vermessen.
Und wenn wir schon bei der Wunschliste sind, sollte man einen super-robusten, kleinen Lander entwickeln der lange Zeit an der Oberfläche überleben kann (dh, nicht auf Druckhülle, Kühlung etc. angewiesen ist) und nichts anderes tut als seismische Bewegungen im Boden zu messen. Wenn man vielleicht zehn dieser Mini-Lander über die Oberfläche verteilt verstreuen könnte und diese den Orbiter als Relais benutzen könnten – das würde uns eine Menge über den inneren Aufbau der Venus, die Dicke der Kruste, des Mantels, die Grösse des Kerns, das Ausmass der vulkanischen Aktivität an der Oberfläche etc. lehren. Ich denke, diese Art von Lander wäre sehr geeignet, um bei jedem Vorbeiflug einer Planetensonde an der Venus (wie du vorschlägst) einen, zwei weitere davon abzusetzen. Als Energieversorgung könnte man sich evtl. Windenergie vorstellen – die Winde sind an der Oberfläche zwar extrem langsam, aber bei der Dichte und dem Druck könnte das vielleicht trotzdem ausreichen.
Ja die Entwicklung der Venus aufzuklären halte auch ich für wichtig insbesondere weil wir hier auch mit dem Treibhauseffekt hier zu kämpfen haben. Vom Treibhauseffekt hörte ich 1980 zuerst als ich mir ein Buch über die Planeten gekauft habe und da das ein zentrales Thema bei der Venus war. Erst viel später kam das bei der Erde zur Sprache.
Beim Lander bin ich skeptisch. Er wird in einer 480°C heißen Umgebung landen mit einem relativ dichten Medium (die Dichte liegt am Boden eher bei der von Wasser als von Luft. So wird viel Energie transferiert. Mann kann nicht verhindern dass die bei noch so guter Isolierung nach innen gelangt. Dann muss man sie abführen. Jede Kühlmaschine funktioniert aber nach dem Prinzip dass sie unter Energieverbrauch einem Medium Energie entzieht und ein anderes Medium dabei aufheizt (meistens verdampft). Spätestens wenn man das Medium regenerieren will muss man diese Energie wieder an die Außenwelt abgeben, auf der Rückseite eine Kühlschranks ist es deswegen warm . Ich keine kein technisch nutzbares Medium das man so weit herhitzen kann das es wärmer als die Umgebung ist – sonst kann es keine Energie abgeben.
Der Vergleich mit Raumsonden mit flüssigem Helium oder Messenger hinkt – die können die von einer Richtung kommende Sonnenstrahlung durch Schilde abblocken und die Umgebung ist extrem kalt, da kann also eine Kühlmaschine recht gut die Wärme abgeben. Ich glaube daher wird es eher keinen Langzeitlander geben.
Mangels Durchlässigkeit der Venusatmosphäre im sichtbaren Bereich wird ein Infrarotspektrometer auf dem Orbiter nichts nützen um Gesteine zu detektieren. Dazu muss man schon relativ nahe an die Oberfläche wie nahe ist in der Diskussion, da es keine direkten Messungen gibt sondern nur Helligkeitsmessungen um absteigende Kapseln. In jedem Falle aber unter die Wolkenuntergrenze.
Ich hab übrigens falsch gerechnet: Die Masse von CO2 ist natürlich 44, deshalb ist die Masse allen CO2s in irdischen Gesteinen (hier sind allerdings nur jene der Oberfläche gemeint, nicht etwa der Mantel) (44/12)*75 Mio Gt = 275 Gt (nicht 350). Das nur am Rande.
Beim Lander meinte ich, dass wir einen entwickeln sollten, der bei 480° normal arbeiten kann, also gar nicht auf Kühlung angewiesen ist. Sicher, da brauchts spezielle Elektronik-Komponenten, aber eine reine seismische Messtation braucht auch nicht viel Elektronik, oder? Ich stelle mir eine auf der flachen Seite liegende Halbkugel vor, mit einem kleinen Windrad oben drauf das gleich auch als Antenne fungiert. Im Inneren nichts anderes als robuste Keramik- oder Stahl-Komponenten und als einziges Instrument ein Seismometer.
PS: Wegen dem Infrarotspektrometer: Ja, die Atmosphäre ist undurchlässig im sichtbaren Bereich – aber eben nicht im Infrarotbereich. Ich meinte sowas wie das hier, einfach besser:
http://www.esa.int/Our_Activities/Space_Science/Venus_Express/New_map_hints_at_Venus_wet_volcanic_past
Das mit der Durchlässigkeit habe ich schon erwähnt, nur absorbieren Mineralien eben nicht im IR-Bereich, im Allgemeinen gilt: Je weniger stark die Bindungen zwischen Atomen sind desto niedriger der Absorptionsbereich. Mineralien absorbieren im sichtbaren bis nahem IR, und Du wolltest ja die Oberflächenzusammensetzung erkunden.
Ohne Kühlung funktioniert kein Lander längere Zeit, weil man nicht den Wärmefluss verhindern kann, nur verlangsamen. Es wird selbst bei einem Vakuum Kontaktstellen geben, es wird dann die Wärme durch Strahlung transferiert – langsamer als durch Leitung und Konvektion, aber nach den Gesetzen der Thermodynamik wird man eine Temperatuangleichung nicht verhindern können.
Irgendwann vor 20 oder mehr Jahren habe ich ma nen SiFi gelesen, bei dem ein Schiff sich innerhalb der oberen Sonnenatmosphäre aufhielt und die absobierte Energie mithilfe eines Lasers abstrahlte.
Dann hab ich letztens mal gelesen, dass diese Technik tatsächlich funktionieren könnte.
Die eindringende Energie also elektrisch umgesetzt würde und hochkonzentriert als Laserstrahl abgegeben.
Nun gehört zu einer Energieumwandlung immer ein Gradient. Wie schaffe ich es also, die eindringende Energie so effektiv in elektrizität umzusetzen, dass die Kühlleistung grösser als der Wirkungsgradverlust ist, ich also in Bilanz mehr Energie abgebe als aufnehme.
Irgeneiner da was näheres zu gehört?
Es geht nicht um Kühllaser, wie sie z.B. bei Gasen eingesetzt werden.
Der andere Bernd
Was meinst du mit Kühlleistung, Bernie? Die Hitze in ein Medium außerhalb von Sonne und Raumschiff abzugeben, oder die eindringende Wäre nur wieder in die Korona zurückzupumpen? Letzteres wird aufgrund des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik nie funktionieren können, ersteres aus einem anderen Grund nicht: Zum Thema Laser als Wärmeableiter habe ich zu wenig Wissen, aber ich stelle mit das ganze in der Venusatmosphäre als unmöglich vor: Die extrem dichte Atmosphäre wurde wohl alles wieder absorbieren.
Also:
Mit einem Laser Pumpe ich Ernergie aus der Sonde raus. Dabei ist es egal, ob in die Sonnencorona, die Venusatmosphäre oder den freien Weltraum.
Ein Laser ist in jedem Fall so hochenergetisch, daß es Energie nach aussen überträgt.
Gleichzeitig dringt natürlich Wärmeenergie in die Sonde ein.
Gelingt es mir nun, die so effizient in eine Energiequelle umzusetzen, daß ich sie über den Laser wieder rauskriege?
Richtig zitiert, nach dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik kann das nicht funktionieren, da es ja immer Verluste gibt. Selbst bei einem illusionistischen Wirkungsgrad von 99,9999 % bleibt Wärmeenergie in der Sonde zurück und es ist alles nur eine Frage der Zeit…
Jetzt nehme ich das ein paar Mails weiter unten beschriebene Windrad hinzu. Oder sonst eine Energiequelle die die Energie ausserhalb der Sonde erzeugt.
Jetzt habe ich Energie „übrig“ mit den ich den unvermeidlichen Wirkungsgradverlust innerhalb der Sonde nach aussen bewegen kann.
Und das war jetzt meine Frage: Ist das denkbar?
Bernd, du verstehst mich nicht: ich will den Lander weder passiv noch aktiv kühlen – ich will einen Lander, der eine ideale Betriebstemperatur von 470C hat und dafür aus entsprechend temperaturresistenten Materialien gebaut wurde.
Das mag ja für Strukturen und auch für Mechanik noch möglich sein….
Aber daß man dann eine komplett neue Halbleitertechnik entwickeln müsste, da bedingt durch den elektrischen Widerstand von Silicium o.ä. die Irdische Elektronik nicht funktionieren würde ist dir hoffentlich auch klar.
Und das nur für einen Venus-Lander?
Der andere Bernd.
Halbleiterbauelemente auf der Basis von Siliziumkarbid sollen bis zu 600°C aushalten. Das würde für einen Venuslander noch genug Reserven bieten, um die im Betrieb entstehende Wärme abzuführen. Für ein einfaches Seismometer und den Sender braucht man keinen Bordcomputer, das kann man auch aus einzelnen Bauteilen zusammensetzen.
Ich habe so meine Erfahrungen mit SiC Bauteilen gemacht; ich möchte da keine komplexere Elektronik damit aufbauen wollen. Integrierte Schaltungen auf der Basis? *grusel*
Abgesehen davon fängt es ja schon bei ganz einfachen Sachen an: Widerstände, Lötstellen, Platinen, Kabel…. um nur mal so ein paar vermeintlich triviale Bauteile zu nennen.
Klar sind die üblichen Bauteile für diese Temperaturen ungeeignet, sie müssen speziell dafür entwickelt werden. Plaste scheiden wohl aus, aber mit Keramik als Trägermaterial für Platten, Widerstände und Kondensatoren sollte es gehen. Als Kabel-Isolierung wären Glasfasern (eventuell aus Spezialglas mit etwas höherem Schmelzpunkt) möglich. Mit Verarbeitungstemperaturen im Bereich von 600 – 800 °C dürften Silberlote geeignet sein.
Mich würde auch mal eine seriöse Machbarkeitsstudie zu dem Thema interessieren.
Vor ein paar Jahren hätte ich noch „natürlich unmöglich“ gesagt, aber inzwischen bin ich mir da nicht mehr sicher wenn man bedenkt, wie viele Teilprobleme inzwischen als „theoretisch machbar“ gelten.
Hochtemperaturelektronik, Stand der Technik:
http://www.ims.fraunhofer.de/geschaeftsfelder/hochtemperatur-elektronik.html
Von einem Venus-Lander sind wir noch ein bisschen entfernt…..
Axso. Wenns um eine sehr primitiven Lander, nur mit analogem Seismometer und Sender geht, halte ich eine Ballonsonde plus Laser- und/oder Radarscanner für effektiver.
Der andere Bernd
Wundert mich nicht. Solche Wundermittel wie SiC bringen meist Leute ins Spiel die keine Ahnung haben was das für ein Material ist. SiC ist ein extrem harter Stoff, der als Diamantersatz genutzt wird es ist ein keramischer Werkstoff der auch für extrem beanspruchbare und trotzdem leichte Strukturen benutzt wird, z.B. der Hauptspiegel des Herscheltelskops besteht daraus. Sicher kann er ein Halbleiter sein, das ist Diamant bei hohen Temperaturen auch, nur kann man ihn eben nicht wie Halbleiter dotieren und verarbeiten weil die Materialeigenschaften nicht stimmen.
Das erinnert mich an die BaYCuO Supraleiter die man in den achtzigern entdeckte und aus denen die Stromleitungen der Zukunft entstehen sollten – supraleitend bei vergleichsweise hohen Temperaturen. Man hat dabei nur vergessen, dass es ein keramischer Werkstoff ist und kein Metall aus dem man also auch keine Drähte machen kann.
Chemie als Schulfach ist eben doch nicht so eine schelchte Wahl. Man braucht die Erkenntnisse im Leben dauernd.
@bernie: eine Ballonsonde wird nie ein Seismometer enthalten können, auch wenn da noch so viele Laser- und Radargeräte drauf sind…
Dass es mit integrierten Schaltungen noch nicht geht, darüber bin ich mir bewusst.
Aber wie sieht es mit nicht-integrierten Schaltungen aus? Ich gebe zu, ich kenne mich hier in der Physik nicht aus, aber ich habe oft den Eindruck, dass so etwas von vielen schon gar nicht mehr in Betracht gezogen wird, wenn es um die Abwägung von Machbarkeiten geht.
Aber man braucht doch nicht unbedingt integrierte Schaltungen für eine Raumsonde oder einen Lander.
Wenn der Vergleich das ausgebaute, vernetzte System auf der Erde ist, gebe ich dir Recht.
Wenn der vergleich analoge, schlecht lokalisierte (in Position wie Ausrichtung) Sensoren sind:
Guck dir mal das an:
http://www.nasa.gov/jpl/nasas-aria-project-provides-new-look-at-earth-surface-deformation-from-nepal-quake
Der andere Bernd
Kann eine einfache Sonde mit nur einem Seismometer in Analog- und Röhrentechnik aufgebaut werden, ohne das Halbleiter im Spiel sind? Funktioniert eher bei 480°C als Halbleitertechnik.
Für die erste Stunde nach der Landung kann eine gekühlte konventionelle Elektronik an Bord sein, die alles aus- und einrichtet.
@Bernd: Aus Hochtemperatur-Supraleitern baut man inzwischen sogar Generatoren: http://www.siemens.com/innovation/de/publikationen/zeitschriften_pictures_of_the_future/pof_fruehjahr_2006/elektromaschinen/supraleitender_generator.htm
Und auch erste HTSL-Kabel befinden sich im praktischen Einsatz: http://www.rwe.com/web/cms/mediablob/de/1892498/data/1301026/3/rwe-
deutschland-ag/energiewende/intelligente-netze/ampacity/Projektbroschuere.pdf
Nutzbare Supraleiter bei Raumtemperatur gibt es noch nicht, aber es ist möglich, YBaCuO so anzuregen, dass es für sehr kurze Zeiten bei Zimmertemperatur supraleitend wird: http://phys.org/news/2014-12-superconductivity-cooling.html
Warum soll es also keine Elektronik geben, die bei 480 °C noch funktioniert? Silizium hat einen Schmelzpunkt von 1400 °C. Dass Elektronik meist schon bei viel niedrigeren Temperaturen kaputt geht, hängt also nicht am Silizium, sondern den anderen verwendeten Stoffen, die unerwünscht miteinander reagieren. Und ja, Bedarf an Hochtemperatur-Elektronik gibt es auch auf der Erde. Man denke beispielsweise an Sensoren, die direkt in einer Brennkammer sitzen. Muss ja nicht unbedingt eine Rakete sein, sondern könnte auch der Zylinder eines gewöhnlichen Automotors sein…
Die Frage ist natürlich, ob es sich lohnt, solche temperaturfeste Spezialelektronik extra für einen Flug zur Venus zu entwickeln. Aber warum nicht?
@Andreas: „Röhrentechnik“ ist ein prima Stichwort! Um das kleine Signal einer Testmasse, die in einer Spule schwingt, in ein FM-moduliertes Funksignal zu übersetzen, sollten wenige Röhren reichen. Aber auch die von anderen genannten Halbleitermaterialien wie SiC sollten dafür ebenfalls reichen und mit weniger Strom auskommen. Wir reden ja wirklich von einigen wenigen Feldeffekt-Transistoren, die benötigt werden. Und FETs kann man auch mit nur n- oder nur p-Dotierung oder sogar ganz ohne Dotierung aufbauen. Letztere sind dann selbstsperrend, die Gate-Elektrode kann aber einen Kanal mit leitenden Löchern oder Elektronen im Halbleiter formieren, wenn die Spannungen hoch genug sind. So ein Bauteil – Silizium, Isolater, Metall – sollte sich aus Materialien bauen lassen, die auch bei 450 °C nicht wild herumdiffundieren und damit den Transistor zerstören. Und wenn man es doch nicht hinkriegt, dann nimmt man halt Elektronenröhren – die haben ja eine noch höhere Betriebstemperatur.
Hast du dir die Broschüren durchgelesen?
Das sind Technologie-Demonstrationen, von einer Markteinführung weit entfernt.
China lacht sich nen Ast, wenn wir das grosstechnisch einführen wollen und mal in aller Bescheidenheit nach seltenen Erden in der Größenordnung anfragen.
Nebenbei frage ich mich nach der Sinnhaftigkeit, wenn ich zwar 80 % Platz im Kabelkanal spare, aber dafür ein sündhaft teures und kompliziertes Kabel einbauen muss, das AKTIV flüssigstickstoffgekühlt werden muss.
Nee, nen bisschen dauert das noch.
Und mal ne Frage als Elektronik-Laie:
Das eine Elektronen-Röhre bei wesentlich höheren Temperaturen läuft, weis ich. Immerhin gibt es den Heizdraht, aus dem ja die Elektronen freigeschlagen werden müssen.
Aber ist das eine feste Temperatur, also ich heize, egal welche Umgebungstemperatur, den Heizdraht auf 800 – 900° C auf und dann läuft das oder geht es um einen T-Delta zwischen Emitter und Kollektor.
Und btw: Ich habe dann innerhalb der Sonde eine ziemlich starke Heizung an. Also entweder muss dann das ganze bei noch höheren Temperaturen funktionieren um eine Wärmeabfluss an die fast 500° Aussenumgebung zu gewährleisten oder ich habe das selbe Problem wie bei den herkömmlichen Sonden: Irgendwann ist die Grenztemperatur erreicht und die Elektrik raucht ab.
Der andere Bernd