Bernd Leitenbergers Blog

Festplatten

Der nächste Speicher nach den Magnetbändern, der heute noch in Gebrauch ist sind die Festplatten. Auch diese wurden von IBM eingeführt. Das IBM 350 RAMAC „Random Access Method of Accounting and Control.“ speicherte auf insgesamt 50 Plattenoberflächen 5 Millionen 6 Bit Buchstaben. Der Name zeigte die damals wichtigste Neuerung gegenüber Magnetbändern und Lochkarten an: auf die Information konnte direkt zugegriffen werden wie bei Arbeitsspeicher, ohne erst Stapeln von Karten einzulesen oder spulen zu müssen. Die Zugriffszeit wurde so um den Faktor 100 bis 1000 gesteigert. Ursprünglich nur für den Einsatz in Computern zur Realzeitdatenverarbeitung vorgesehen, setzen sie sich bald industrieweit durch.

Die frühen Festplatten waren enorm groß, die IBM 350 RAMAC z.B. so groß wie ein Kleiderschrank. Sie waren und sind isoliert von der Umgebung um das Eindringen von Luft zu verhindern. Dadurch konnte der Schreib/Lesekopf näher an die Platte und die Datendichte war höher. Wie bei Floppy Disk Laufwerken wurde eine Scheibe in Spuren und Sektoren unterteilt. Das konnte fest sein, doch da der Umfang jeder Spur von innen nach außen größer wurde, war dies unökonomisch und moderne Platten haben daher unterschiedlich viele Sektoren pro Spur. Innen weniger als außen. Da meistens beide Seiten eine Platte beschrieben wurden und es mehr als eine Platte in einem Laufwerk gab, sprach man von Zylindern. Ein Zylinder besteht aus den untereinander liegenden Spuren eines Plattenstapels

Festplattenlaufwerke waren in den sechziger bis achtziger Jahren groß und für Großrechner gedacht. Auch wenn die Nachfolgemodelle kleiner waren, so waren sie zumindest so groß wie Kühlschränke. Sie waren nichts für Minicomputer oder die „mittlere Datentechnik“. Bild links: IBM 2311 Einheit für das System /360. Jede Einheit hatte 6 Platten mit 10 Schreib/Leseköpfen. Jede Platte 200 Spuren. Die Gesamtkapazität lag bei nur 7,26 MByte. Die Datenübertragungsrate 156 Kbyte/s. Bildautor: Mikaël Restoux

Die Revolution kam mit dem IBM 3340. Dieses als „Winchester Drive“ bezeichnete Laufwerke für das IBM 370 System war hermetisch abgeschlossen und versiegelt. Die Versiegelung dürfte anders als bei frühen Laufwerken nicht gebrochen werden, (dort konnte man noch für Wartungsarbeiten an die Platten heran) denn die Köpfe setzten nicht wie frühere Laufwerke auf der Disk auf. Die dadurch bedingte Reibung senkte zum einen die Lebensdauer ab (ein IBM Angestellter im Ruhestand sprach gegenüber dem Autor von einer „spanabhobelnden“ Betriebsweise der Platten) und sie begrenzte die Geschwindigkeit einer Festplatte. Die revolutionäre Neuerung waren leichte Köpfe und eine hohe Rotationsgeschwindigkeit. Dadurch schwebten diese auf einem Luftpolster in geringem Abstand über der Platte. Ein Staubkorn würde dazu führen, dass der Kopf auf die Platte aufschlägt, der sogenannte Head-Crash. Dies hat bei den hohen Rotationsgeschwindigkeiten (üblich sind heute 5400, 7200 und sogar 10.000 U/min) katastrophale Wirkung und beschädigt Oberfläche und Kopf. Daher muss die Platte hermetisch versiegelt werden.

Die Datendichte konnte in der Folge gesteigert werden und vor allem konnten so auch kleine Laufwerke, wie sie für PC’s benötigt wurden hohe Datendichten erreichen.

Die ersten Heimcomputer waren nicht für den Anschluss an Festplatten vorgesehen. Das wäre angesichts der Rechenleistung und des verfügbaren Arbeitsspeicher auch nicht sinnvoll gewesen. Für die ersten 16 Bit Rechner wurden Festplatten eingeführt. Doch diese waren weitaus teurer als die gesamten Rechner. Die Situation änderte sich als Festplatten billiger wurden. Damit einher ging eine Reduktion der Größe. Für die PC’s erschwinglich wurden  Festplatten mit der Einführung der Seagate ST-506/412 im Jahre 1980, dem ersten Laufwerk in 5,25 Zoll-Formatfaktor. Vorher waren sie noch 8° groß. Es war mit 1.500 Dollar zwar teurer als PC’s zur gleichen Zeit, aber die Preise sanken rasch.

Der IBM PC erschien zuerst noch ohne Festplatte. Eine Erweiterungseinheit erlaubte ein Jahr später den Anschluss einer solchen. Doch diese war teuer als der IBM PC selbst. Zu der Festplatte war noch ein ein eigener Controller und ein eigenes Netzteil nötig, da der IBM PC nicht die Leistung hatte die Festplatte mit Strom zu versorgen. Erst beim 1983 erschienen IBM PC/XT war die Festplatte als Option einbaubar.

Das war die Situation Anfang bis Mitte der achtziger Jahre. Festplatten waren für professionelle Rechner (für den Büroeinsatz) als Option verfügbar, viele wurden aber noch mit zwei Diskettenlaufwerken verlauft. Bei den preiswerteren Heimcomputern wie dem Atari ST oder Amiga waren Festplatten anfangs gar nicht vorgesehen, es gab sie aber Ende der Achtziger Jahre als Option zu kaufen.

Mit der Einführung des 3,5 Zoll Formfaktors wurden 1986 Festplatten nochmals deutlich preiswerter. Es gab 1-2 Jahre lang sogar das Paradoxon, dass Aufrüstoptionen bestehend aus einer Controllerplatine für den IBM-Bus mit einer auf der Platine verschraubten 3,5 Zoll Platte billiger waren als ein Laufwerk ohne Controller im 5,25″ Format für einen internen Einbauschacht.

Ab etwa 1990 wurden zumindest alle IBM PC kompatiblen mit einer eingebauten Festplatte verkauft. Anfang der Neunziger Jahre wurde für den nun immer starker boomenden Notebook Markt die 2,5 Zoll große Festplatte auf den Markt gebracht, ihr folgte Ende der neunziger Jahre die 1,8 Zoll Platte für Kameras und MP3 Spieler. Sie passte auch in die größeren Slots für CF-Karten. Sie ist heute wieder vom Markt verschwunden, da die Speicherkapazität klein war (von dem Nettodurchmesser geht der Mittelteil mit Spindel ab, sodass nur wenig Platz für die Spuren blieb) und sie im Vergleich zu Flash-Speichern doch empfindlicher war. (Bild rechts: Größenvergleich einer 5,25 Zoll Platte in voller Bauhöhe mit einer 2,5 Zoll Platte für Notebooks. Die Notebookplatte fasst übrigens 6000 mal mehr Daten als ihr Pendant aus dem Jahr 1988.

Festplatten haben verglichen mit allen anderen PC-Komponenten aber auch den anderen hier vorgestellten Massenspeichern die größten Sprünge gemacht. Die betraf sowohl die Senkung des Preises wie auch die Steigerung der Kapazität. 1982 kostete eine Festplatte mehr als ein PC, heute macht sie bei einem Office-PC etwa ein Sechstel bis ein Siebtel des Gesamtpreises aus. 1982 war der Speicherplatz auf der Platte 15-mal so groß wie der Hauptspeicher, heute ist es das 500-fache. Zwischen 1990 und 2008 verdoppelte sich die Speicherkapazität pro Jahr zeitweise um 100%. Seitdem steigt sie aber nur noch langsam.

Was systembedingt nicht so anstieg waren die Datentransferraten und die Zugriffszeiten. Die 5 Megabyte fassende ST-507 von 1981 hatte eine mittlere Zugriffszeit von 95 ms und transferierte 625 kbyte/s. Eine heutige Festplatte erreicht eine Zugriffszeit von rund 9-12 ms und Datentransferraten von 120-150 MByte pro Sekunde. Das ist zwar in der Zugriffszeit um den Faktor 10 schneller und in der Datentransferrate um den Faktor 200, doch im selben Zeitraum wuchs die Kapazität von 5 MByte auf 3 Terabyte, also um den Faktor 600.000. Anders ausgedacht, ein Vollbackup dauerte (theoretisch) 1980 noch 8 Sekunden, heute 20.000 s.

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