Bernd Leitenbergers Blog

Steuern, Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit

Etwas verspätet mal mein Senf zu der Steueraffäre um Uli Hoeneß. Da das in meiner internetfreien Woche war, erst jetzt mein Kommentar. Das wurde zumindest in Talkshows recht kontrovers diskutiert. Zum einen wendeten sich viele gegen die Verharmlosung „Steuersünder“, das wäre ein Delikt wie Betrug oder Diebstahl. Zum anderen wurde bemängelt, dass man sich nun auf Hoeneß konzentriert, aber nichts zu den Deutschen sagt die ihren Wohnsitz gleich ins Ausland verlegt haben wie Beckenbauer, Schumacher und Vettel, die sich aber gerne als „Deutsche“ feiern lassen.

Die meisten Debatten gab es um das gescheiterte Abkommen mit der Schweiz. Je nach Parteibuch hätte jemand wenn das Abkommen zustanden gekommen wäre Geld gespart oder mehr gezahlt. Ich denke die Rechnung hängt wie immer von den Annahmen ab. Nämlich dem Steuersatz und ob die Zinsen abgehoben werden oder nicht. Meine Meinung ist da recht klar: es ist gut, dass das Gesetz gescheitert ist, denn was es für den „Steuerflüchtling“ bringt ist Anonymität. Während er sonst bei einer dieser Daten-CD der Finanzbehörde bekannt ist und damit rechnen muss ab einer bestimmten Summe nicht nur ins Gefängnis zu wandern, sondern auch das seine restlichen Finanzen genauer unter die Lupe genommen werden – und da ist sicher auch nicht alles koscher. Nach dem Abkommen müsste er damit nicht rechnen.

Was mich am Steuerrecht ärgert, ist nicht das es Steuerflüchtlinge oder solche Transfers ins Ausland gibt. Die wird es immer geben, außer der Staat setzt seine Steuersätze so niedrig ein, dass es in Deutschland günstiger als in allen Ländern ist – und damit ist dann eben das Allgemeinwesen nicht zu finanzieren. Was mich viel mehr ärgert ist, dass unser Steuerrecht so komplex ist und unzählige Sonderregelungen und Schlupflöcher hat. Von denen profitiert nur wer selbstständig ist oder andere Einkommen als aus nichtselbständiger Arbeit hat. Bei letzteren wird die Steuer gleich vom Arbeitslohn abgezogen und es gibt den Arbeitnehmerpauschalbetrag. Damit hat es sich dann auch. Selbst wenn man wie ich nun als Programmierer selbstständig ist, kann man fast nichts absetzen, wie ich leidvoll bei den letzten beiden Steuererklärungen erfahren habe.

Es gibt zwei Gründe, warum unser Steuerrecht so kompliziert ist. Das eine ist es allen Recht zu machen. So setzen Berufsgruppen mit ausgeprägten Nachtschichten durch, dass diese steuerlich anders behandelt werden, oder man kann lange Anfahrtswege über die Pendlerpauschale hinaus absetzen, von den Sonderreglungen für richtig wohlhabende Klientels (Stichwort: Mehrwertsteuer bei Hotels und FDP) mal ganz zu schweigen.

Meine Meinung: wir brauchen ein neues Steuerrecht. Zwei Vorschläge: entweder man macht eine komplette Bilanz also alle Einnahmen, alle Ausgaben und daraus wird die Steuer berechnet – wie schon heute, nur eben ohne Sonderregelungen wie Sonderabgaben, Riesterbefreiung etc. mit dann angepassten Steuersätzen, da ja zahlreiche Schlupflöcher wegfallen. Oder, mein Vorschlag: es gibt Pauschalen für alles und die Steuererklärung reduziert sich auf die Einnahmen und die Abzüge der Pauschalen. Liegt man trotzdem mal drüber, z.B. bei einer Gebäudesanierung es einmalig hohe Ausgaben gibt, so kann man dann zur Einzelabrechnung übergehen. So was haben wir ja schon bei Arbeitnehmern und Kapitalerträgen. Das kann man auf andere Teile übertragen. Bei einer vermieteten Wohnung kann man einen Durchschnittswert für Rücklagen für Sanierung, Versicherungen, Kosten für Beleuchtung, Wartung etc. bilden und als Pauschale festlegen, bei selbstständigen Tätigkeiten genauso.

Das hätte einen Vorteil: man hat weniger mit der Steuererklärung zu tun. Auch die Finanzämter haben weniger zu tun. Es ist vielleicht nicht für jeden Einzelfall gerechter, aber damit habe ich eh zwei Probleme. Das eine ist, das unser Steuerrecht nicht verantwortlich ist mangelnde Tarifabsprachen wie eine zu schlechte Bezahlung von Nachtarbeit abzufedern, noch dafür verantwortlich ist, wenn jemand 200 km zur Arbeit fährt, anstatt umzuziehen. Erst recht nicht ist es für den Spekulationen mit Immobilien verantwortlich. Das zweite ist, das ich bei dem derzeitigen Steuerrecht immer das Gefühl habe, ich schenke dem Finanzamt etwas, weil ich gar nicht weis, was ich alles absetzen kann oder worin ich investieren könnte um Steuern zu sparen. Wenn das wegfällt, weil es einfacher ist und nicht so viele Regelungen gibt wäre wohl nicht nur mir gedient.

Aber die berühmte Steueerrklärung auf dem Bierdeckel à la Merck wird wohl nicht kommen. Ganz einfach deswegen weil die Politik bestimmt ist von den Interessenvertretern von Industrie und anderen Gruppen. Nur mal ein Beispiel: Gewerbesteuer müssen nur Betriebe zahlen. In Baden-Württemberg waren das 454 Euro pro Einwohner. Ich bin mir aber recht sicher, dass die durchschnittliche Steuerbelastung selbst unter Einbeziehung von Kindern und nicht arbeitenden viel höher ist. Teile ich nur die Steuereinnahmen des Bundes durch die Einwohnerzahl, so komme ich auf 3000 Euro. Betriebe werden also heute schon enorm bevorzugt. Der Arbeitnehmer hat keine Lobby, das ist das Problem.

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