Bernd Leitenbergers Blog

Eine russische Standardoberstufe

Sieht man sich die drei großen russischen Träger Zenith, Sojus und Proton an, so fällt sofort auf, dass diese vier komplett unterschiedliche Oberstufen mit unterschiedlichen Triebwerken verwenden. Deswegen habe ich mir Gedanken gemacht, wie man da eine Vereinheitlichung erreichen könnte und bin auf das Expander-Cycle Rd 0146 Triebwerk (http://www.russianspaceweb.com/rd0146.html) mit etwa 10t Schub gestoßen. Wer noch mehr Infos möchte: http://www.lpre.de/resources/articles/AIAA-2006-4904_RD0146.pdf, ich habe es allerdings selbst noch nicht durchgelesen.

Die Anforderungen aller drei Raketen an ihre Oberstufen unterscheiden sich leicht. Zenith und Proton benötigen nur eine Oberstufe mit wenig Schub, schließlich sind Block DM und erst recht die Breeze M selbst schubschwach. Die Sojus-Oberstufe hingegen wird bei einer geringeren Geschwindigkeit gezündet. Um alle Forderungen unter einen Hut zu bringen, sollte die Oberstufe ähnlich der Centaur mit einem oder zwei Triebwerken ausgestattet werden können.

Es gab in Russland bereits Vorschläge für eine O2/H2-Oberstufen, doch waren diese meist recht schwer, so hat der geplante Block „KVRB“ eine etwa um eine Tonne höhere Leermasse als die Centaur auf der Atlas 4/5. Man sollte also noch einmal von vorne anfangen und eine leichtgewichtige Stufe konstruieren. Wenn die Tanks anders als bei der Centaur aus Aluminium statt aus Stahl gefertigt werden, ist es für die von mir angenommene Leermasse nicht einmal nötig, immer ans technische Limit zu gehen, zumal die Oberstufe nicht die Vibrationen von Feststoffboostern aushalten muss. Ob die Oberstufe von der Nutzlastverkleidung umschlossen werden sollte, kann ich nicht beurteilen. Ich bin davon ausgegangen, dass das nicht der Fall ist.

RD 0146
Schub in kN

98,1

Isp. In m/s

4542

Brennkammerdruck in bar

79,00

Flussrate in kg

21,60

Mischungsverhältnis

6,00

Entspannungsverhältnis

210,00

Halsdurchmesser in m

0,086

Enddurchmesser in m

1,250

Masse in t

0,24

Höhe in m

2,37

Stufe F23-1 F23-2
Vollmasse in t

23,24

23,48

Leermasse in t

2,74

2,98

Höhe in m

11,02

11,02

Isp in m/s

4542,00

4542,00

Brenndauer in s

949,14

474,57

Schub in kN

98,10

196,2

Durchmesser in m

3,50

3,50

Tanklänge in m

8,45

8,45

Treibstoff/Oxidator

H2/O2

H2/O2

Dichte Treibstoff in t/m3

0,07

0,07

Dichte Oxidator in t/m3

1,14

1,14

Mischungsverhältnis

6,00

6,00

Höhe Triebwerk+   Schubgerüst

2,57

2,57

Noch etwas zu meiner Berechnungsmethode: Ich habe für die bekannte Maximalnutzlast der jeweiligen Trägerrakete die erreichbare Geschwindigkeit berechnet. Danach habe ich die Oberstufe ausgetauscht und solange herumprobiert, bis die neue mit der alten Geschwindigkeit etwa übereinstimmte. Diese Methode müsste recht genau sein, da sich die Aufstiegsbahn durch die nur geringfügig schwerere/leichtere Oberstufe kaum verändert.

Sojus:

Für die Sojus habe ich die F23-2 genommen, da die Abtrennungsgeschwindigkeit nicht so groß ist. Die Kostenersparnis ist hier recht groß, da man zwei Triebwerke (davon ein sehr hochgezüchtetes) und zwei Stufen ersetzen kann.

Alt neu
Masse ohne Nutzlast

311,25

300,88

Nutzlast LEO

8,25

Baikonur

10,4

Baikonur
Nutzlast GTO

3,24

Kourou

4,3

Kourou
Fairing Maße 11,4*4,11 11,4*4,11
Fairing Masse

1,7

1,7

delta v LEO

10121

delta v GTO

12401,19

voll in t leer in t Isp. In m/s Schub in kN voll in t leer in t Isp. In t Schub in kN
Booster

177,668

15,136

3130

4084

177,668

15,136

3130

4084

Stufe 1

99,725

6,545

3130

992,2

99,725

6,545

3130

992,2

Stufe 2

27,555

2,255

3520

294

23,484

2,984

4542

196,2

Stufe 3

6,3

0,95

3207

19,6

 

Zenith:

Mit Sealaunch ging es in letzter Zeit ziemlich bergab, ich habe die Zenith 3SL trotzdem mit einbezogen. Zum Einsatz kommt die F23-1. Der Nutzlastgewinn ist extrem groß, was neben dem höheren Isp. vor allem an dem katastrophalen v/l-Verhältnis des Block DM liegt. Die neue Nutzlast ist groß genug, um Doppelstarts durchführen zu können. Für LEO-Starts wird die Oberstufe weggelassen.

 

alt neu
Masse

465,15

468,58

LEO

15,7

Sealaunch

15,7

Sealaunch
GTO

6

Sealaunch

11,7

Sealaunch
Fairing Maße 11,39*4,15 11,39*4,15
delta V GTO

11278,00

voll in t leer in t Isp. in m /s Schub in kN voll in t leer in t Isp. in m /s Schub in kN
Stufe 1

354,582

32,302

3308

8354

354,582

32,302

3308

8354

Stufe 2

90,757

9,017

3432

891,4

90,757

9,017

3432

891,4

Stufe 3

19,811

3,861

3452

80

23,242

2,742

4542

98,1

 

 

Proton:

Bei der Proton wird ebenfalls die F23-1 verwendet. Der Nutzlastgewinn ist gegenüber der Zenith geringer, es sind aber Doppelstarts mittelschwerer Satelliten möglich. Wie bei der Zenith wird die Oberstufe auch hier bei LEO-Starts weggelassen.

alt neu
Masse

690,76

693,03

LEO

21,6

21,6

GTO

5,645

9,5

Fairing Maße 15,22*5,1 15,22*5,1
delta V GTO

13055,03

voll in t leer in t Isp. In m/s Schub kN voll in t leer in t Isp. In m/s Schub kN
Stufe 1

450,01

30,7

3109

10700

450,01

30,7

3109

10700

Stufe 2

167,513

11,4

3206

2322

167,513

11,4

3206

2322

Stufe 3

52,262

3,7

3187

583

52,262

3,7

3187

583

Stufe 4

15,25

0,65

3192

19,62

23,24

2,74

4542

98,10

Stufe 5

5,72

1,72

3192

19,62

 

Weitere Anwendungen:

Weiterhin sind einige mehr oder weniger sinnvolle weitere Anwendungen denkbar, die ich aber nicht durchgerechnet habe. Denkbar ist der Einsatz auf der Zyklon 4, wodurch sich die Nutzlast in den GTO mehr als verdoppeln sollte. Mit dem Programm geht es, wenn ich richtig informiert bin, in letzter Zeit jedoch nicht voran.  Ein weiterer Kandidat ist die Rockot, allerdings passen die Stufendurchmesser nicht zusammen und die Oberstufe wäre wohl für eine ausgemusterte und sehr billige ICBM ein ziemlicher Kostentreiber. Zu guter Letzt bleibt die Dnjepr, hier hat Bernd das mit der Centaur und der H10 schon berechnet: http://www.bernd-leitenberger.de/dnepr-oberstufe.shtml

 

Alles in allem ergibt das eine gute Nutzlaststeigerung kombiniert mit Serienproduktion. Natürlich muss die Wasserstoffinfrastruktur gebaut werden. Für die Sojus und die Proton ist das kein Problem. Sealaunch hat derzeit einige Probleme, und Umbauten auf dem begrenzten Raum einer schwimmenden Plattform erfordern sicher einen immensen Aufwand

Weiter zum Folgeartikel: http://www.bernd-leitenberger.de/blog/2013/08/14/macht-mehr-aus-der-angara/

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