Bernd Leitenbergers Blog

Die Falcon 9 Bergung Teil 2

So, wie versprochen heute der zweite Teil über die Bergung und Wiederverwendung der Falcon 9. Morgen gehts dann weiter mit den SSME (über die es weitaus mehr Informationen als über alle Projekte von SpaceX gibt. Na ja die NASA, Rocketdyne und Boeing haben auch nichts zu verbergen.

Bergung der zweiten Stufe

In einem späteren Ausbau soll die zweite Stufe auch geborgen werden. Hier ist das Flugprofil ein anderes. Diese Stufe braucht selbst für eine Landung auf dem Land nur wenig Treibstoff. Sie braucht nur so viel um den Orbit abzubremsen und wieder in die Atmosphäre einzutreten. Diesen Eintritt muss sie ohne größere Übertragung von Hitze und Druck überstehen. Sie landet dann wie die erste Stufe auf Landebeinen nahe des Startortes.

Doch es gibt hier andere Probleme. Das erste ist das sich die Erde unter dem Orbit dreht. In Vielfachen von 12 Stunden (der Orbit führt ja einmal um die Erde herum, das bedeutet er kreuzt z.B. beim Start den 0 und 180 Längengrad bei einem Umlauf. Nach 12 Stunden hat sich die Erde um die Hälfte einer 460 Grad Drehung gedreht und der 180 Längengrad liegt unter dem Orbit, der raumfest ist) passiert die Stufe den Startort. Das bedeutet dass der Treibstoff über 12 Stunden nicht verdampft, was vor allem beim flüchtigen Sauerstoff ein Problem ist. Das macht eine Isolierung der Stufe nötig. Elon Musk spricht sogar von 24 Stunden bis zur Rückkehr. Während erdnahe Bahnen so beschaffen sind, dass der erdnächste Punkt so liegt dass man dann abbremsen kann ist dies bei GTO-Bahnen nicht der Fall. Hier beträgt die Umlaufdauer 10 h 30 Minuten. Nach 21 Stunden sind also zwei Bahnen durchlaufen. Die 3 Stunden Unterschied bedeuten entweder, dass die Abbremsung erst in 19.000 km Höhe erfolgt, was sehr viel Treibstoff kostet oder die Landung 3 Stunden (nach zwei Umläufen) bzw. eineinhalb Stunden (bei einem Durchlauf) vor Erreichen des optimalen Zeitpunktes erfolgen muss. Bei einer Neigung von 27 Grad wie sie GTO-Bahnen vom Cape aus haben, entspricht dies einem Landeort 2230 km westlich von Cape Canaveral oder 4460 km westlich. Das sind 22,5 bzw. 45 Längengrade. Der erste Ort liegt über Mexiko, südlich von Tucson Arizona, das erreichbar scheint, doch dazu müsste die Inklination um 5,5 Grad erhöht werden oder die Stufe die Fähigkeit haben rund 500 km in der Atmosphäre zu gleiten. Das erste kostet Treibstoff (über 150 m/s Geschwindigkeitsänderung wenn dies im Apogäum erfolgt), das zweite macht Flügel nötig. Der zweite Punkt liegt mitten auf dem Pazifik, etwa zwei Drittel der Distanz zwischen der kalifornischen Küste und Hawaii.

In sonnensynchronen Bahnen muss man mehr Abbremsen, als bei geostationären und LEO Bahnen, da das Perigäum höher liegt. Bei einem niedrigen Perigäum in 200 km Höhe wie bei einer ISS-Transferbahn oder GTO Bahn muss die Geschwindigkeit um 150 m/s erniedrigt werden, bei einer  200 x 400 km ISS Transferbahn sind es 80 m/s, bei einer 800 km hohen SSO Bahn aber 700 m/s.

Dazu kommt der Hitzeschutzschild. Sinnvollerweise wird man nicht die ganze Stufe damit belegen. Videos zeigen, dass nur das der Bug belegt ist, also dort wo der Adapter zum Satelliten ist (der natürlich vorher abgetrennt werden muss. Da der Schwerpunkt bei den Triebwerken liegt wird man die Stufe aber während des Abstiegs stabilisieren müssen, damit sie sich nicht dreht, was weiteren Treibstoff kostet. Basierend auf dem Hitzeschutzschild von Curiosity, der aus demselben Material PICA (von der NASA entwickelt) besteht und der Eintrittsgeschwindigkeit sollte der Hitzeschutzschild etwa 380 kg Masse addieren, was recht wenig ist, das lässt es zu auch noch einen Teil hinter dem Heck zu isolieren zu dem auch Plasma gelangen kann. Vermieden muss ein Erhitzen des Sauerstoffs, der schob bei -183°C siedet und in den gasförmigen Zustand übergeht.

Nach der Abbremsung ähnelt die Landung der Erststufe, mit dem kleinen Unterschied, dass das Schub/Gewichtsverhältnis noch ungünstiger ist. Das bedeutet der Impuls ist noch stärker. Selbst bei er einer sehr schweren Oberstufe wird der Schub des Triebwerks mindestens eine Beschleunigung von 50 m/s ergeben. Man muss also noch mehr als bei der erststufe auf dem Punkt abbremsen. Eine Zehntelsekunde zu spät und die Stufe landet mit 18 km/h zu hoher Geschwindigkeit (entspricht einem Fall aus 1,25 m Höhe), eine Zehntelsekunde zu früh und die Stufe erreicht nur 5 m Höhe und hebt dann wieder ab.

Gemäß Elon Musk soll die Bergung der zweiten Stufe weitere 10% Nutzlast kosten (40%), das ist allerdings ein Wert ohne Nutzlastangabe. Da die Oberstufe mit in den Orbit gelangt und der Treibstoffbedarf wie oben erläutert vom Orbit abhängig ist. Es ist anzunehmen, dass dies der Wert für einen LEO ist. Das entspricht 1315 kg Zusatzmasse. Bei polaren Orbits dürften es schon weitere 1300 kg sein wegen des höheren Treibstoffverbrauchs. Gelichzeitig sinkt die Nutzlast für polare Orbits ab und dürfte bei der nicht wiederverwendbaren Version nur noch 9000 kg betragen. Das bedeutet sie sinkt hier um insgesamt 2600 kg oder 19% ab. Bei GTO Bahnen braucht man nur wenig mehr Treibstoff, etwa 150 kg. Doch da hier die „normale“ Nutzlast nur 4850 kg beträgt wäre hier eine Einbuße von 1450 kg schon 30% weniger Nutzlast. Entscheidender ist, dass es kaum noch so leichte Satelliten (3,4 t) mehr gibt. Daher dürfte die Option der Bergung der Zweitstufe eher sinn bei der Falcon Heavy machen.

Da irhe Kosten nur weniger als 25% der Rakete betragen, zum Nutzlastverlust auch Kosten für den Hitzeschutzschild, Bergung und Inspektion / Erneuerung von Teilen kommen, ist der wirtschaftliche Nutzen eher zweifelhaft.

Grasshopper

Grasshopper wird in zwei Stufen die Bergung erproben. In der derzeitigen Form (Grasshopper 1.0) verwendet er nicht mal das Merkin 1D Triebwerk und die verlängerte Stufe. Hier ist die Treibstoffzuladung so gewählt, dass bei Schubreduktion ein Schub/Gewichtsverhältnis von 1 unterschreitet. Das ist bei der Stufe nicht so, dort wird es immer größer als 1 sein. Damit ähnelt die Landung von Grasshopper 1.0 nicht sehr der späteren Landung.

Das senkrechte Aufsteigen und Schweben ist zwar schön anzusehen und spektakulär, aber technisch sehr einfach zu realisieren. Für eine weiche Landung braucht man nur Daten über Höhe und Geschwindigkeit. Wenn man aus der Luft kommt können diese Daten Radar und Beschleunigungsmesser liefern. Eine moderne Variante wäre GPS, das Geschwindigkeits und Höhendaten liefert. Wenn man wie Grasshopper vom Boden startet braucht man nur Beschleunigungsmesser, da man über die Integration der Beschleunigung die Höhe ermitteln kann.  Das sinken mit einer konstanten Geschwindigkeit erfolgt nun so, dass man den Schub einfach so über eine Feedbacksteuerung steuert, dass die Beschleunigung auf einen festgelegten konstanten Wert abnimmt. Das Schweben das die Beschleunigung 0 beträgt. Dazu braucht man keine ausgeklügelte Tehnik, dieses Prinzip setzten schon die Surveyor Mondsonden, die beiden Viking Lander, Phoenix und Curiosity ein. Die Surveyors starteten 1967 und bewerkstelligten das mit einfachen analoigen Feedbacksystemen.

Grasshoper 1.1 soll dann die derzeitige Erststufe einsetzen und vom SpacePort in USA der Mohave Wüste starten. Erst er wird realitätsnah die Manöver erproben und dazu auch bis in 90 km Höhe aufsteigen. Dazu gehört auch dass er nicht senkrecht aufsteigt und landet sondern auch die Neigung und vertikale Bewegung erprobt. Eine der Herausforderungen ist auch, dass die Steuerung viel feiner sein muss. Die Falcon 9 Erststufe wird bei der nicht wiederverwendbaren Version zum Brennschluss noch etwa 130 t Masse beschleunigen, bei der Landung sind es weniger als 40 t, alle Steuerbewegungen wirken sich also dreimal stärker aus und beim Flug ist keine Punktlandung gefrpdert und der Schwerpunkt liegt höher, da immer eine vollbetankte Oberstufe auf der Erststufe sitzt. Er wird wenn er Erfolg hat größere Teile des Konzepts unter realen Bedingungen erproben.

Resümee

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Wasserung technisch umsetzbar wäre, im Detail hängt das natürlich von dem Aufbau der Stufe, den anliegenden Kräften und den Belastungsgrenzen ab. Die Frage ist nur, ob es sich finanziell lohnt. Nach Musks Angaben korrespondiert dies mit einer Kostenreduktion von 25%. Zieht man die 15% Nutzlasteinbuße ab, so sind es 10% – aber nur im Mittel. Denn 15% weniger Nutzlast senkt die GTO Nutzlast auf 4,1 t ab, was den Kreis der Nutzlasten noch weiter einschränkt. Wenn sich die Angabe auf LEO bezieht, so wären es im GTO sogar nur 3,8 t. Man wird also darauf verzichten, wenn die Nutzlast zu schwer ist, was in vielen Fällen der Fall sein dürfte. Selbst wenn nicht. so ist nicht gesagt, dass sie klappt. Wenn sie klappt, hat man dann 10% der Kosten der Rakete zurückgewonnen, wenn der Kunde vom Preisnachlas partizipiert, sonst 25%.

Ob die Landung am Land möglich ist, ist unwahrscheinlicher. Der Aufwand ist höher, das Risiko größer und nach dem was die Stufe bei der Abtrennung bei 30% Nutzlasteinbuße wiegen darf erscheinen die Treibstoffvorräte zu klein. Es gibt auch keinen Spielraum für Abweichungen vom Landeplatz, der bei der Wasserung unkritisch ist. Landeellipsen für die Shuttle SRB waren 9,63 x 14,44 km groß. In diesem Gebiet gingen sie mit 99% Wahrscheinlichkeit nieder. Das bedeutet, das System muss fähig sein mit einer starken Abweichung von der Sollposition zurechtzukommen und trotzdem eine kleine Landeplattform nach einem Flug von über 1000 km zu treffen.

Wie immer bei SpaceX ist dies mangels genauer Daten reine Spekulation. Daran hat sich leider nicht viel geändert. So habe ich gestern versucht aus den Zeichnungen auf der Website die Abmessungen der Stufen zu rekonstruieren und komme auf unterschiedliche Längen bei Falcon 9 und Falcon Heavy. Die Trockenmassen sind nach wie vor unbekannt und natürlich auch wie das ganze ablaufen soll.

Links:

http://shitelonsays.com/transcript/spacex-press-conference-september-29-2013-2013-09-29
http://www.popularmechanics.com/science/space/rockets/elon-musk-on-spacexs-reusable-rocket-plans-6653023

SpaceX

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