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Das OTRAG Konzept – kann es funktionieren?

Derzeit habe ich so eine gewisse Unlust, größere Dinge zu machen und so fange ich einiges an und darunter eine Neuauflage des Buchs über europäische Trägerraketen (Band 1). Dessen Vertrag läuft Ende Juni aus und ich will dann eine Neuauflage veröffentlichen. Ein neuer Vertrag ist seltsamerweise günstiger, als eine normale Neuauflage mit dem alten Vertrag. Wie immer, versuche ich etwas zu verbessern. Während sich die Änderungen bei den schon existierenden Kapiteln in Grenzen halten und ich vor allem die Sprache etwas verbessere, entfällt das erste Kapitel in der Einführung über Raketen und dafür kommt neu eines über die OTRAG hinzu, das auf der Website basiert. Ein eigenständiges Buch würde sich dafür nicht lohnen und es passt auch irgendwie in den Themenkomplex.

Ich greife das heute mal als Blogthema auf und setzte als benannt voraus, das ihr euch die beiden Artikel auf der Website anschaut, wenn das nicht schon erfolgt ist. Es gab einige Nachteile, die anscheinend zum Teil bei Interorbital korrigiert werden. So waren bei der OTRAG die Stufen ineinander geschachtelt. Bei der Trennung musste die innere über eine Länge von 24 m aus der äußeren herausgezogen werden – schwer vorstellbar, das das ohne Verkanten oder Kollision geht. nun sitzen sie als Booster neben der Zentralstufe.

Daneben waren die Triebwerke recht schubschwach. 15 bis 35 kN Schub, daher brauchte man für eine größere Rakete Hunderte von Triebwerken. Nun strebt Interorbital 34 bis 67 kN Schub an, was die Zahl schon deutlich reduziert. Dafür haben die Triebwerke auch richtige Expansionsdüsen. Bis zu deren Entwicklung kam die OTRAG nicht, dort gab es nur einen Ring als „Düsenenghals“ am Ende der Brennkammer.

Doch was bleibt, ist das man sehr dünne und dafür lange Tanks einsetzt, nun braucht eben ein Triebwerk vier davon. Und diese Schwachstelle hat man nicht behoben. Bei den von der OTRAG eingesetzten Modulen wog ein Tank von 3 m Länge und 27 cm Durchmesser 43,2 kg. Das Volumen beträgt 171 l, er wurde aber nur zu zwei Dritteln gefüllt weil ohne Turbopumpe die Druckluft die Treibstoffförderung übernimmt. In der Summe hat man ein miserables Voll/Leergewichtsverhältnis. Die Module sollten später dünnere Hüllen haben, doch ich habe meine Zweifel ob die geringen Dicken von einem halben Millimeter einem Druck von 40 Bar wiederstehen. Heute haben Drucktanks für Satelliten aus Titan eine Dicke von 8 mm bei fast demselben Betriebsdruck.

Sinnvoller wäre daher ein größerer, kugelförmiger Tank, der dann mehrere Triebwerke mit Treibstoff versorgt. Wenn man vier Triebwerke mit einem Tank versorgt, dann kann man den Strukturanteil der Tanks auf ein Drittel senken. Was man dann eben braucht ist eine Spinne, die den Triebstoff an vier Triebwerke verteilt. Das hat auch den Vorteil, dass nicht Tanks mit Resttreibstoff verbleiben, wenn die Rakete sich neigt und ein Triebwerk im Schub heruntergefahren wird.

Interessant wird es auch das nur Ablativ gekühlte Triebwerk nicht nur mit kleinen Modulen maximal 20 s lang zu betreiben, sondern über die Dauer die später vorgesehen ist also rund 120 s. Die Frage ist ob dann noch was von der Brennkammer übrig ist. Wahrscheinlich ist das ein lösbares Problem, wenn man eine Filmkühlung einführt, also eine doppelwandige Brennkammer, durch die durch Löcher etwas Brennstoff austritt der verdampft und kühlt.

Ich sehe auch heute noch große Bedenken, zumal auch Interorbital noch nicht weiter als die OTRAG ist. Sprich: es ist ein Unterschied ob man eines der Module senkrecht abschießt, mit kurzen Tanks und nur teilweise mit Treibstoff gefüllt, oder man dutzende bis Hunderte der Module synchronisieren muss, mit langen Tanks (24 anstatt 6 m) und längerer Brennzeit. Dann muss man die Rakete steuern und die Module abtrennen. Das alles sind ziemlich große Herausforderungen und anscheinend kommt man nicht weiter. Die Firma ist heute nicht weiter als die OTRAG (die hat wenigstens ja mal ein Modul in die Luft gebracht). Dabei sollten schon vor drei Jahren die ersten Tests erfolgen.

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