Es gibt tatsächlich SpaceX-Themen die habe ich vollständig ignoriert. Eines ist das Firmenziel: Die Firma will zum Mars, wie genau darüber gibt es verschiedene Angaben, aber in jedem Fall bemannt. Immer wenn ich etwas lese, was nach kurzem Nachdenken nahezu unmöglich ist schaltet dann mein Gehirn auf Durchzug, egal wie oft ich es lese. So habe ich dieses Thema in die gleiche Kategorie eingeordnet, wie wenn die NASA von Leben auf Europa oder Enceladus spricht und man doch deswegen bald eine Mission dorthin starten sollte.
Wie ich an den letzten Pro-SpaceX Kommentare entnehme, gibt es Leute, die glauben das wirklich.
Da gäbe es eine Menge zu schrieben, aber machen wir es mal systematisch. Die Kosten einer Marsmission wurden von der NASA 1989 auf 400 Milliarden Dollar geschätzt, Constellation das nur zum Mond ging, hatte auch ein Budget von >150 Milliarden. Auf der anderen Seite sind Minimalkonzepte wie das von Zubrin auch schon bei 10 Milliarden Dollar.
Nehmen wir mal optimistisch an, nur die 10 Milliarden müssten zusammengebracht werden. SpaceX verdient Geld durch kommerzielle Satellitenstarts. Sind wir optimistisch und nehmen einen Marktanteil von 50% bei den GTO-Starts und 50% bei den US-Regierungsstarts an, dann sind dass 6 nationale und rund 12 kommerzielle Starts pro Jahr. Beim Einsatz der Falcon 9 entspricht das einem Umsatz von 1080 Millionen Dollar pro Jahr. Bei einem Reingewinn von 20 % (und das ist optimistisch angesetzt, wenn man sich mal Umsatz und Gewinn bei verschiedenen Unternehmen ansieht) sind das 216 Millionen Dollar pro Jahr. So braucht man knapp 50 Jahre um die 10 Milliarden zusammen zu bringen. Die Falcon Heavy bringt da übrigens keine Steigerung, weil die Nutzlasten nicht mehr werden. Die Firma muss nur weniger Starts durchführen. Derzeit könnte sie mit der Falcon 9 gar nicht 50% der Starts durchführen, weil sie für viele Missionen zu klein ist.
Aber SpaceX ist nicht Alleineigentum von Elon Musk. Es gibt auch Investoren und gerade gibt es eine neue Runde die 50 bis 200 Millionen Dollar einbringen soll. Bis jetzt gab es mehrere Runden, die 245,5 Millionen Dollar einbrachten. Davon nur 100 Millionen von Elon Musk. Wenn die neue Runde 200 Millionen einbringt, dann ist Musks Anteil auf unter 25% geschrumpft. Im Allgemeinen wollen Investoren Rendite sehen. Entweder in Form von Dividenden oder in Form eines steigenden Aktienkurses. Beides ist nicht zu erwarten wenn die Firma keinen Gewinn machen will sondern ihre Gelder in Entwicklungen steckt, um Menschen zum Mars zu bringen. Man könnte SpaceX in geschäftlicher Hinsicht als eine Firma mit mindestens 10 Milliarden Dollar Schulden sehen – erst wenn die Marspläne umgesetzt sind, sehen die Investoren ihr Geld. Glaubt wirklich jemand das die da mitmachen? Sie werden darauf bestehen dass SpaceX an die Börse geht, schließlich haben Analysten schon jetzt den Börsenwert auf mehrere Milliarden geschätzt. An der Börse will man aber auch positive Bilanzen sehen und Dividenden, sonst stürzt der Kurs ins Bodenlose. So würde aus dem Modell nur etwas, wenn Elon Musk viele Jünger motivieren kann Aktien zu kaufen von denen sie niemals Geld sehen werden. Jeder der an das Marsprojekt glaubt, soll sich mal an die eigene Nase fassen und überlegen wie viel ihm das persönlich wert ist. So viele Leute gibt es nicht, die so uneigennützig sind.
Schlussendlich wäre es, wenn nur Mars das Ziel wäre, viel einfacher das Geld zusammenzubringen und das weiß Musk selbst. Er hat zweimal enorm viel Glück gehabt als er zwei Firmen besaß in denen seine Angestellte etwas entwickelten, was anderen Firmen so viel Geld wert war dass sie die Firmen für Millionen bzw. Milliarden kauften. Daraus stammte das Geld um SpaceX und Tesla zu gründen. Im Softwarebereich kann eine Firma mit einem angesagten Produkt innerhalb von wenigen Jahren Milliarden wert sein. Facebook wurde von Mark Zuckerberg 2006 gegründet, vier Jahre nach SpaceX. Heute (25.4,2014) ist es 99,3 Milliarden Euro wert – bei 7% Anteil wäre schon die Marsexpedition finanziert! Also wenn Musk zum Mars ist, warum bringt er nicht zuerst im Computerbereich das Geld auf und macht sich dann an die Raketen anstatt mit denen das Geld zu verdienen?
Bevor jemand mit Wernher von Braun kommt, der auch als Visionär zum Mond wollte: von Braun wusste genau, dass dies viel Geld kostet und das er dies nicht privat finanzieren kann. Er gründete auch keine Firma um zum Mond zu fliegen. Er wusste dass die Technologie dafür nur von der öffentlichen Hand finanziert werden kann. Zuerst durch das Militär und dann durch die NASA. Dabei hatte er viel Glück. Ich wage zu behaupten, dass wenn es keinen Wettlauf im All gab (z.b. indem die USA die ersten im Weltraum gewesen wären, was möglich gewesen wäre) wir bis heute noch nicht zum Mond aufgebrochen wären. Und von Braun entwickelte verlässliche Hardware, gab nichts frei, dass nicht ausreichend getestet war. Und er wusste, dass die Öffentlichkeit wichtig ist. Die gewinnt man auch durch Offenheit. Über das Mondprogramm konnte man erfahren was man wollte. Wer nur bunte Bilder sehen wollte, bekam die, wer eine ausführlichen technischen Einblick bekommen wollte, bekam ihn auch. Das unterscheidet ihn wesentlich von der Vorgehensweise bei SpaceX.
Als letztes würde ich einfach den normalen Menschenverstand einschalten. Es gibt zahlreiche Unternehmer, die nicht nur Geld verdient haben, sondern von dem Einkommen auch viel an die Allgemeinheit zurückgegeben haben. Entweder in soziale Projekte, Kunst oder seltener in wissenschaftliche. Bei letzteren fällt mir Carnegie ein. Aber keiner von ihnen hat dafür den ganzen Gewinn seines Unternehmens eingesetzt und keiner hat etwas angegangen für das das Einkommen des Unternehmens über Jahrzehnte erforderlich ist. Ich sehe auch nicht was Musk jetzt schon für seinen Traum tut. Wie wäre es mit einem kostelosen Start des seit langem geplanten Mars Satelliten von Amsat? Oder die Beteilligung an irgendeiner Marsmission? Warum gibt es das nicht, wenn er doch zum Mars will?
Wenn so viele so leichtgläubig sind, sollte ich mal bei meinen Büchern eine neue Vermarktungsstrategie einschlagen. Also ich schreibe nicht die Bücher wegen der Raumfahrt oder um Geld zu verdienen. Ich mache dies um eine internetgesteuerte Sternwarte zu bauen! Also kauft die Bücher, ALLE, am besten mehrere Exemplare jedes Bandes! Nein Scherz beiseite. Ich bin eher bei der Geisteshaltung von Wernher von Braun: ich will gute Bücher schreiben um die Raumfahrt voranzubringen, auch wenn mein Beitrag viel kleiner ist. Hätte ich die SpaceX Haltung so würde ich wohl schnell was zusammenkopieren, etwas umschreiben, nicht korrekturlesen und dann veröffentlichen. Trotzdem liegt ein kleinereer Faktor zwichen dem Verdienst durch die Bücher und dem Bau einer Startwarte als dem Umsatz von SpaceX und einer Marsexpedition.
Aber ich bin nicht SpaceX und meine Ankündigungen sind auch ernst zu nehmen. Also an dieser Stelle mal eine Ankündigung. Das nächste Buch erscheint am 25.6. Es ist eine Neuauflage des ersten Bandes über Europäische Trägerraketen. Vielleicht sollte ich ihn „Europäische Trägerraketen v1.1“ nennen….