Bernd Leitenbergers Blog

Alles sehr mysteriös

In den letzten Tagen gab es wieder Neuigkeiten von SpaceX. Zuerst mal hat die Firma schon ihren Hot-Fire Test verschieben müssen, als es Probleme beim Auftanken gab. Es ist ja nicht die erste Verschiebung, Ich weiß, die SpaceX Fans sehen das anders, aber diese dauernden Verschiebungen, Probleme, Startabbrüche sind ein Symptom. Es tauchen eben noch Probleme kurz vor dem Start auf, die man offenbar vorher nicht erkannt hat. Ob es alle sind oder welche noch im Flug auftreten?  Ich glaube das weiß auch SpaceX nicht. Interessanterweise erfährt man davon zuerst von Orbcomm. Erst später gibt SpaceX wortgetreu den gleichen Textschnipsel von sich, der wohl kopiert ist. Mist wenn die Kunden so gesprächig sind….

Aber darum geht es nicht, sondern um den Prozess SpaceX gegen Regierung. Der wurde kurz nach dem letzten Start angestoßen. Für alle die die Nachrichten nicht verfolgen, hier kurz die Chronik der Ereignisse:

Ich beziehe mich im folgenden Artikel, in dem auch nichts so ganz klar ist was Fakt ist – zumindest haben Air Force und SpaceX sehr unterschiedliche Sichtweisen. Das fängt schon an mit den Formalien. SpaceX bezieht sich auf ein Memo in dem Frank Kendall schrieb, sobald sie die Daten von drei Starts an die Air Force übergeben haben, können sie an der Ausschreibung teilnehmen. Dagegen sagt die Air Force, dann bekommen sie die Unterlagen für die Ausschreibung. Teilnehmen können sie erst, wenn sie auch zertifiziert sind und das sei nicht der Fall gewesen: “When we signed that contract for those 36 cores, there was no entrant that was certified, SpaceX had not even launched its three rockets yet.”. Das ganze scheint längere Zeit zu dauern. So meint SpaceX ihre Falcon 9 wäre im Januar 2014 zertifiziert, die USAF rechnet nicht vor März 2015 und hat 100 Personen an dem Projekt, das den Steuerzahler 60 Millionen Dollar kostet. Das wird knapp, denn wenn die Zertifikation nicht vor April-May 2015 erfolgt entgehen SpaceX auch die Aufträge des extra für sie vergebenen Startauftrags für 14 Cores. Da beschwert sich übrigens SpaceX nicht darüber, das es hier keine anderen Mitbewerber gibt.

Soweit die Fakten einiges ist aber sehr mysteriös. So sollte man annehmen, dass bei einem Auftrag über mehrere Milliarden Dollar man sich nicht auf die Angeben in einem Memo verlässt sondern die formalen Unterlagen für die Auftragsvergabe anfordert in denen das Procedere genau beschrieben ist. denn eines können Bürokratien und die sind ja mit diesen Vorgängen betraut, hervorragend: Vorschriften und Verfahrensweisen ausarbeiten. Das Anfordern der Ausschreibungsunterlagen und die Teilnahme an der Ausschreibung sind doch schon zwei verschiedene Dinge, zumal man ja bei einer Teilnahme sicher wertere Unterlagen nachreichen muss (Kostenaufstellungen / Zeitpläne) und wenn keiner die anfragt, es keine Eingangsbestätigung oder Nachfragen gibt, muss bei SpaceX doch was klingeln warum da keine Resonanz folgt. Es scheint so, als hätten sie aber nicht mal die Ausschreibungsunterlagen, denn als die Klage eingereicht wurde, mussten sie ja beziffern, wo sie hätten mitbieten können. und da mussten sie das aufgrund öffentlicher Quellen rekonstruieren (selbst heute wäre die Falcon 9 für die schwereren Nutzlasten zu klein). Wenn ich also nicht mal die Ausschreibungsunterlagen bekomme, warum lasse ich mir dann so viel Zeit mit einem Protest? Wie will ich gegen was protestieren, dessen Regelungen und Anforderungen ich nicht mal kenne? Nach dem Artikel wurden die Daten erst am 22.3. dieses Jahres übergeben. Die Ausschreibung lief aber ab November 2012 und die letzten Abschlüsse gab es im Dezember 2013 letzten Jahres.

Es wird also immer mysteriöser. Da übergibt die Firma drei Monate nach Ende der Ausschreibung die Daten, die sie berechtigen die Ausschreibungsunterlagen anzufordern. Sie wollen Aufträge haben, nachdem die Auftragsvergabe längst abgeschlossen ist. Mit Terminen hat es die Firma nicht so, nicht nur bei Starts. Sie haben auch die 90-tägige Einspruchsfrist gegen den Auftrag versäumt, was wohl dazu führen wird, dass die klage abgewiesen wird.

Die Zeitlinie ist eines der ungeklärten Dinge. Selbst ich kann mir nicht denken, dass die Firma solche Volltrottel hat, dass sie nicht merken dass sie gar nicht an einer Ausschreibung teilnehmen und so die Fristen verpassen. Der Widerspruch löst sich vielleicht auf wenn man drei für die Zertifikation nötige Starts von drei erfolgreichen Starts trennt. Denn bis zum 22.3. startete SpaceX die Falcon 9 siebenmal nicht dreimal. Drei Starts mit ihrer Definition von „100% Mission Success“ erreichten sie am 22.5.2012, also rechtzeitig vor Beginn der Ausschreibung. Da der Air Force General aber davon spricht, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal dreimal gestartet hatten, kann er sich nur auf das Nachfolgemodell Falcon 9 „1.1“ handeln. Anders als SpaceX sonst behauptet, ist das eben doch eine neue Rakete. Wenn das die Fima weiß, dann macht es gar keinen Sinn sich zu bewerben, wenn man bis Ende der Vergabe gerade mal einen Start absolviert hat und somit erklärt sich auch das SpaceX noch nicht mal die Ausschreibungsunterlagen hat. Damit macht auch das Herumreiten auf dem Memo keinen Sinn.

Das zweite ist warum man dann dagegen Protest einlegt. Das ist dann noch aussichtsloser und dann versäumt man auch noch die Einspruchsfrist. Der Protest liegt aber sehr nahe beim vierten Start de Falcon 9. Ein Zufall? Wohl eher Absicht. Wenn man davon ausgeht dass die fehlende Wiederzündung beim ersten Falcon 9 v1.1 Start verhindert, dass man diesen Start zu den drei gelungen zählen kann (für alle GTO und NAVStar Missionen essentiell notwendig) dann hat man erst  nach dem 18,4. die drei Starts zusammen, Erst dann hat man eine Chance, wenn tatsächlich dem Protest Folge geleistet wird auch die für die Zertifikation nötigen Starts zu haben (und auch dann erst wird das Memo und seine unterschiedliche Interpretation von Bedeutung).

Trotzdem so bekommt man bei so vielen Versäumnissen und einer so wenig erfolgversprechenden Lage den Eindruck das die Firma echt verzweifelt sein muss, wenn sie schon zum letzten Strohhalm greift den es gibt. Da ich seit der Diskussion um das Transatlantische Freihandelsabkommen weiß, das US-Konzerne ihre Regierung wegen entgangener potentieller Gewinne verklagen können, kann ich mir schon denken was dann als nächstes folgt. Mein Tipp für Charles Davis, der bei der USAF für die Vergabe zuständig ist: wenn so eine Firma kommt, dann würde ich mal die gesetzlich verordneten Kürzungen umsetzen und an dem Budget und Mitarbeiterstamm für die Zertifizierung sparen. Wenn dann die Zertifizierung erst nach April bis Mai 2015 erfolgt hat man die Firma etwas länger weg von der Backe. Ich würde nicht mit jemand Geschäfte machen, der mich verklagt.

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