Bernd Leitenbergers Blog

Panzer im zweiten Weltkrieg

Die Artikel von Niels Harksen über skurrile Panzer bracht mich auf die Idee mal etwas über Panzerkonzepte im zweiten Weltkrieg zu schreiben. Wei sie sich entwickelten, konnte sicher keiner erahnen, aber die Ausrüstung der Länder im Hinblick auf das was erwartet wurde, waren sehr unterschiedlich. (Da Niels den Artikel seit einigen Tagen auf dem Entwurfstatus hat, funktioniert der Link wahrscheinlich erst in einigen Tagen, aber dann lohnt es sich den Artikel zu lesen).

Frankreich und England hatten noch die Vorstellung das die Panzer im zweiten Weltkrieg so eingesetzt werden würden wie im ersten Weltkrieg. Dort dienten sie dazu den Stellungskrieg aufzubrechen. Jahrelang stand man im Westen sich in Gräben gegenüber, beschoss sich mit Artillerie und stürmte gegen gegnerische Stellungen. Die Generäle bewiesen erstaunlich wenig Lernfähigkeit denn die ganzen Jahre hindurch gab es das einfache Schema: Artillerie Dauerfeuer –  Sturmangriff – Stellung erobern. Obwohl sich bald zeigte dass der Gegner sich durch tiefliegende Bunker gegen Artilleriefeuer schützen konnte und ein Angriff von Soldaten ohne Deckung und ohne Schutz gegen Gegner die in Gräben geschützt waren und über Maschinengewehre verfügten enorme Verluste mit sich brachten.

Die ersten Panzer waren dagegen immerhin so gut gepanzert, dass ihnen Infantriewaffen nichts anhaben konnten und obwohl langsam doch beweglich genug um nicht von der Artillerie getroffen zu werden. Verwundbar waren sie primär durch direkten Beschuss durch Artillerie, allerdings hatten sie dann schon einen großen Teil der Strecke zurückgelegt und sie hatten ja auch eigene Bordwaffen.

Beide Nationen entwickelten daher Panzer welche die Infanterie beim vorrücken unterstützen sollten. Dazu mussten diese nicht schnell sein. um gegnerische Infanterie und Geschütze zu bekämpfen brauchte man auch keine großkalibrigen Kanonen, aber sie mussten gut gepanzert sein, weil ihre langsame Geschwindigkeit sie sonst verwundbar machte. Auf der französischen Seite waren das der Panzer Char B1, und auf englischer Seite die Mathilda II. Der Char B1 war sehr gut gepanzert und hatte zwei Kanonen – eine bewegliche 47 mm Kanone im Turm und eine nur gering schwenkbare in der Wanne mit 75 mm Durchmesser. Deutsche Panzer mussten ihn ausmanövrieren, denn die Frontpanzerung war für ihre Waffen undurchdringlich. (der Panzer III hatte eine 37 mm Kanone, und der Panzer IV zwar eine 75 mm Kanone, aber eine sehr kurze mit geringer Geschossgeschwindigkeit, da auch er als Infantrieunterstützungspanzer entworfen war)

Durch die Langsamkeit war der Char B1 aber ein Ziel von Luftangriffen. Die Mathilda II war noch langsamer (ein Infanterist konnte sie im Gelände mühelos überholen) noch stärker gepanzert, aber mit nur einer kleinen Kanone mit 40 mm Kaliber ausgestattet. Der Vorgänger Mathilda I hatte sogar nur ein Maschinengewehre als Bewaffnung. Während er gegen die italienischen Panzter sehr erfolgreich war und auch gegen die deutschen Panzer III und IV als sie im März 1941 in Afrika auftauchten, zeigte sich bald, dass beim Einsatz von großkalibriger Artillerie das die Langsamkeit des Panzers ein großer Nachteil war. Die Flugabwehrkanone Flak 18 wurde zweckentfremdet zur Panzerabwehr eingesetzt und schaltete einen Mathilda auf 1,8 km Entfernung aus. Dieser musste aber bis auf 500 m an die Flak herankommen um sie zu beschießen zu können. Bei 9 km/h Geschwindigkeit im Gelände waren das über 8 Minuten, in denen der Gegner feuern konnte ohne selbst gefährdet zu sein – im Krieg eine halbe Ewigkeit.

Der Erfolg dieser Waffe führte dazu dass man zum einen den Tiger mit dieser Kanone ausstattete, zum anderen die Kanone auch in ältere Fahrgestelle einbaute, auch wenn dann der Schutz abgespeckt werden musste oder die Kanone nicht mehr voll bewegt werden konnte. So entstand die Hornisse/Nashorn auf dem Fahrgestell des Panzers IV und der Jagdpanther ebenfalls mit einer 8,8 cm Kanone.

Es gab auch das gegenteilige Konzept, die eines sehr leichten, schnellen Panzers. Interessanterweise resultierte dieses aus derselben Überlegung: Wenn ich die Infanterie und Artillerie als Gegner ansehe, dann reichen zur Bekämpfung der Infanterie schon Maschinengewehre und gegenüber der Artillerie schützt dann eine hohe Beweglichkeit bei geringer Panzerung, In Russland war dies z.B. die BT-Serie, in Amerika warn bei Kriegsbeginn alle Panzer leichte Panzer, wie der Typ M2. Diese wurden dann ziemlich eilig in den M3 Lee umgebaut indem man in die Wanne eine 75 mm Kanone einbaute. Bedingt durch den geringen Schwenkbereich und die niedrige Position war dies allerdings nicht die Kampfwertsteigerung die man sich von ihr erwartete. Leichte Panzer kamen dann vor allem im Pazifik zum Einsatz, weil dort die Geographie anders war: es fehlten die freien Flächen mit dem Schussfeld für großkalibrige Kanonen und durch das „Inselspringen“, das Landen an Inseln bei denen man schweres Gerät nur mit großem Aufwand von einem Landungsboot absetzen kann waren die schweren Panzer dort nicht von Vorteil.

Auch in Deutschland waren die ersten Panzer leichte Panzer wie der Panzer I mit nur zwei Maschinengewehren oder der Panzer II mit einer 20 mm Kanone. Die deutschen Panzer III mit einer langen 37 mm Kanone oder der IV mit einer kurzen 75 mm Kanone waren bei Kriegsbeginn sicher nicht die besten Panzer (dafür würde ich den T-34 halten, auch vom einfachen Aufbau und der Robustheit her), aber sie waren beweglicher als ihre westalliierten Gegenstücke. Damit konnte man viele Nachteile ausgleichen und Gegner ausmanövrieren und an der Seite oder von hinten angreifen.

Heute erscheint die Überlegung der Westalliierten, dass der zweite Weltkrieg ähnlich wie der erste verläuft als falsch, aber ganz falsch war sie nicht. Denn der Großteil der Armeen war eben noch nicht motorisiert. Die Infanterie marschierte den Panzertruppen hinterher und sie musste die Gebiete sichern. Im Frankreichfeldzug hielt Hitler die Panzerdivisionen mehrfach an, weil er befürchtete ein Angriff hinter den Linien würde sie von der Versorgung abschneiden – sie hatten längst die Verbindung zu der nachmarschierenden Infanterie verloren. Im Russlandfeldzug erreichte er auch nicht Moskau früher als Napoleon – noch immer kam die Infanterie im Marschtempo vielleicht 20 km pro Tag vorwärts.

Vor allem in Deutschland entwickelte man dann auch Panzer zur Unterstützung der Infanterie die nicht so beweglich war wie Stumgeschütze als Offensivwaffe und Jagdpanzer als Defensivwaffe. So richtig erfolgreich waren sie wohl nicht, denn man setzte diese Waffengattungen nicht mehr nach dem Krieg fort. Es war oft aber auch nur eine Zwecklösung, um veraltete Panzer bzw.. deren vorhandene Produktionsstätten, weiter nutzen zu können wie die Panzer III und IV, indem man großkalibrige Waffen einbaute, da diese in die Türme nicht mehr passten wurden sie in die Wanne oder einen Wannenaufbau eingebaut wodurch man die freie Schwenkbarkeit verlor. Manche der Lösungen waren oben nicht mal geschützt und hatten nur dünne Panzerplatten als Aufbau wie die Marder Reihe oder der Jagdpanzer I

Als einzige neue Waffengattung die sich aus Panzern entwickelten und die bis heute Bestand hat, sind dies die Selbstfahrlafetten: mit ihnen wurden war die Artillerie beweglich. Bis heute gibt es das, z.B. hat die Bundeswehr gerade erst ihre Panzerhaubitze 2000 in Dienst gestellt, die in Afghanistan wesentlich wirksamer gegen die Taliban als die Panzer war.

Es zeigte sich, dass über den Krieg hinweg eines galt: der beste Panzer war ein guter Kompromiss aus Beweglichkeit, Mobilität, Feuerkraft und Panzerung. Panzer die zwar schnell, aber nur leicht gepanzert und leicht bewaffnet waren, waren im direkten Duell anderen Panzern unterlegen. Sie eigneten sich für Erkundungen oder Landeoperationen wenn schweres Gerät erst bei einem vorhandenen Hafen oder zumindest gehaltenem Frontabschnitt abgesetzt werden konnte. Fast alle schweren Panzer litten unter Problemen durch das Gewicht. Die Maschinen mit hoher Leistung waren anfällig, ihr Einsatzradius war durch den hohen treibstoffverbrauch begrenzt. Deutschland verlor mehr Tiger durch Ausfälle aufgrund technischer Schäden als durch Feineinwirkung. Ähnlich erging es schon Jahre vorher dem russischen KW-1. Trotzdem wurden beide Modelle weiterentwickelt, der Tiger zum Tiger II, der KW-1 zum Josef Stalin (JS-1 und JS-2). Als bester Panzer des zweiten Weltkriegs wird der Panther angesehen. Zumindest für Deutschland spielten auch die Herstellungskosten eine Rolle die einher gingen mit dem Aufwand. Da war ein Tiger mehr als doppelt so teuer wie ein Panther oder vier Panzer IV.

Zu Kriegsende wurde erkannt, das auch Panzer sehr verwundbar sind, selbst die am besten gepanzerten. Flugzeuge können sie von oben beschießen oder bombardieren. Oben ist die Panzerung meist schwach. Weiterhin ist die Abwehr gegen ein sich schnell bewegendes Flugzeug fast nicht möglich. Das war die Bedrohung auf dem freien Feld. Amerikanische Jagdflieger waren im Westen eine ständige Bedrohung. Im Osten schoss Oberst Rudel mit Ju-87 und später FW-190 über 500 Panzer ab. Es gab auch umgebaute Flugzeuge die unten eine Panzerkanone oder Maschinenkanone trugen, wie auf Deutscher Seite die Ju-87G und HS-129, auf englischer Seite die Mosquito.

Mit Panzerfäusten und Hohlladungssprengladungen war selbst ein Infanterist der sich leicht verstecken konnte eine Bedrohung. sein. Im zweiten Weltkrieg musste ein Infanterist bei den Reichweiten einer Panzerfaust von wenigen Dutzend Metern noch gute Nerven hatten und war in Lebensgefahr wenn der Panzer nach dem Treffer noch manövrierbar war. Doch Verbesserungen in den Triebsätzen erhöhten die Reichweite schnell. Das war die Gefahr in den Städten wo es genügend Unterschlupfmöglichkeiten gab.

Unverständlich ist, dass in Ost und West nach dem Krieg trotzdem Panzer in Massen produziert wurden. Es schien als hätte man keine Lehren daraus gezogen. Dabei zeigte sich in den vergangenen Jahrzehnten das ihre Zeit abgelaufen war. In unwirtlichen Gebieten wie in Vietnam war er nutzlos. er war ein Gerät für die Ebene ohne Bäume und auch nicht für den Kampf in Städten. Das ohne Luftüberlegenheit der Panzer nur noch eine Todesfalle war, bewiesen der Golfkrieg 1990 und die Invasion des Irak, noch deutlicher weil ganz ohne eingreifen von Bodentruppen zeigt dies die NATO Intervention in Mazedonien und Libyen. Deutschland hat als Folge die meisten ihrer Leopard 2 außer Dienst gestellt oder verkauft (z.b. an Griechenland: die haben die größte Panzerstreitmacht in Europa).

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