Da Niels sich ja mit dem Thema beschäftigt hat und es auch durch Jewgeni-7 hier angesprochen wurde und nun auch SpaceX ein LOX/Methan Triebwerk am Stennis Test Center testen will, will ich mich mit dem Thema auch mal beschäftigen. Ich hatte ja Methan schon mal verglichen mit Wasserstoff. Mit diesem hat er auch einiges gemeinsam, er ist eine kryogene Flüssigkeit und er hat ein geringe Dichte. Noch mehr Gemeinsamkeiten gibt es mit Kerosin und bei allen Projekten ist es ja ein Ersatz oder eine Nachfolgetechnologie für LOX/Kerosin. Fangen wir also mal an mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu Kerosin:
Gemeinsamkeiten:
- Beides sind Kohlenwasserstoffe. Die chemischen Eigenschaften und physikalischen sind ähnlich
- Die spezifischen Impulse sind ähnlich wenn auch Methan hier deutlich höher liegt.
- Trotz unterschiedlicher Dichte ist das Gesamtvolumen für eine gegebene Treibstoffmenge fast gleich
Unterschiede
- Methan ist kryogen, es schmilzt bei -182°C und siedet bei -162°C
- Die Dichte ist geringer und liegt bei 0,42 g/l anstatt 0,81-0,85 g/l
- Die Mischung ist sauerstoffreicher
Deutlich höher sind die unterschiede zu Wasserstoff
- Die dichte ist nochmals deutlich niedriger (0,07 g/l)
- Wasserstoff ist nur bei tieferen Temperaturen und nur zwischen -259 und -252°C flüssig
- Das Mischungsverhältnis zu Sauerstoff ist viel höher, dadurch resultieren sehr starke Unterschiede in den geförderten Treibstoffmengen, durch den Volumenunterschied auch in den Volumen
- Durch die niedrige Temperatur gibt es bei Wasserstoff wenige Alternativen bei Schmierung und Druckbeaufschlagung.
- Die physikalischen und chemischen Eigenschaften unterscheiden sich deutlich
Fangen wir am besten an, was bei Wasserstoff die technischen Herausforderungen sind:
Durch den geringen Bereich in dem der Wasserstoff flüssig ist und das hohe Volumen sind die Anforderungen an die Isolation viel höher als bei LOX, die Tanks sind zudem sehr voluminös. Das macht, wenn man nicht hohe Strukturmassen tolerieren will, eine Leichtbauweise notwendig. Das große Volumen setzt hohe Anforderungen an die Turbopumpe, die meist extrem hohe Drehzahlen erreichen müssen. Das ist mit einer kombinierten Turbopumpe nicht möglich, daher gibt es getrennte Systeme für die Förderung von LOX und LH2. Für die Druckbeaufschlagung wird meist Helium eingesetzt, das in eigenen Druckgasflaschen mitgeführt wird, das Leergewicht weiter steigert und nicht gerade billig ist. Die Schmierung von Teilen geht dann auch meist nur mit Wasserstoff, was angesichts dessen, dass er durch alle Metalle diffundieren kann und deren Materialeigenschaften verändert, den Aufwand erhöht. Bei der Kühlung der Brennkammer verdampft der Treibstoff fast sofort, als Gas transportiert er weniger Wärme und es steht weniger Treibstoff für die Kühlung zur Verfügung. Umgekehrt erfolgt die vollständige Reaktion viel schneller als bei Kohlenwasserstoffen, wodurch die Brennkammern kleiner sein können und mehr Hitze abgeführt wird.
Kurzum: Wasserstoff liefert deutlich mehr Nutzlast, macht die Konstruktion aber deutlich aufwendiger.
Methan ist nun zwar eine kryogene Flüssigkeit, aber wie LOX in einem größeren Temperaturintervall von 20 (anstatt 7) Kelvin flüssig und dies sogar bei höherer Temperatur (LOX: Schmelzpunkt -222°C, Siedepunkt: -182°C). Durch die geringe Dichte sind die Tanks größer, aber das Mischungsverhältnis ist auch größer, sodass im Endeffekt das Gesamtvolumen nicht viel größer ist. So sind auch Fördervolumen in der gleichen Größenordnung. Turbopumpen haben ähnliche Drehzahlen und können mit einem gemeinsamen Schaft betrieben werden. Das vereinfacht die Konstruktion.
Die Brennkammern haben dieselbe Größe wie bei LOX/Kerosin und die Kühlung ist nicht ganz so kritisch wie bei LH2, aber nicht so einfach wie bei Kerosin, dass sich über 200° erhitzen kann bis es verdampft (je nach gewählter Fraktion). Als Schmierstoffe können dieselben wie bei LOX eingesetzt werden.
In der Summe sind die Anforderungen höher als bei Kerosin, aber nicht um Größenordnungen wie bei LH2. Der Gewinn (in Form der Nutzlast) ist in etwa der gleiche wie bei LOX/Kerosin beim Übergang vom Nebenstrom zum Hauptstromverfahren (der spezifische Impuls ist zwar im Verhältnis höher, aber das Tankvolumen auch, was dann wieder etwas Performance wegfrisst. Beim Wechsel des Antriebsverfahrens dürfte der Technologiesprung aber deutlich höher sein als nur beim Wechseln des Verbennungsträgers.
Das Diagramm zeigt die Simulation mit freiem chemischen Gleichgewicht, diese Werte sind immer besser als die realen, man sieht dies bei dem höchsten spezifischen Impuls von 3700 bei LOX/RP1. Die Simulation ging von einem Brennkammerdruck von 60, unendlich großer Brennkammer und Expansionsverhältnis von 15 (spez. Impuls Meereshöhe) und 150 (spezifischer Impuls Vakuum) aus. (RP1: Blautöne, LNG: Orange/Violett
)
Die Kurven sind recht nahe beieinander. Der Unterschied liegt meist bei 100-120 m/s. Das Maximum verschiebt sich bei Methan, da es wasserstoffreicher ist. Je nach Annahme der Technologie (Hauptstromverfahren / Nebenstromverfahren, niedrige Strukturfaktoren oder hohe) ist der Gewinn an Nutzlast minimal oder leicht bis mittel. Das muss abgewogen werden gegenüber dem Aufwand für die Technologie. gibt es schon Erfahrungen damit so wird man sicher darauf setzen. Das kann man in der Sowjetunion als gegeben ansehen, nachdem man dort über Jahrzehnte LOX//RP1 Triebwerke entwickelt hat und auch Experimentaltriebwerke für LOX/LNG. Wenn man, wie zumindest Rocketdyne, das letzte LOXC/RP1 Triebwerk in den Sechzigern entwickelt hat, wird der Sprung weitaus höher sein.