Bernd Leitenbergers Blog

Neues von ULA, Stratolaunch und SpaceX

ULA hat nun einige neuen Details ihres Atlas-Nachfolgers vorgestellt. Sie wird nachdem man Namen gesammelt hat „Vulcan“ heißen. Genau die stra-Trekkies haben sich wieder durchgesetzt, genauso wie beim ersten Space Shuttle. Ich fand dass dieses flugunfähig ist symptomatisch für die Geisteshaltung einiger Trekkies die tatsächlich an die Umsetzbarkeit der Star-Tek Technologie glauben.

Die Oberstufe ACES (Advanced Cryogenic Evolved Stage) wird 1-4 Triebwerke einsetzen, wahrscheinlich RL-10C, doch eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Es gibt ja schon die Möglichkeit bei der Centaur eines oder zwei zu installieren,. bisher erfolgten alle Atlas Starts aber nur mit einem Triebwerk. Ein zweites braucht man nur für schwere LEO-Nutzlasten. Die Stufe soll sehr leichte Ballontanks einsetzen (innendruckstabilisiert also wie die Centaur, nicht die Delta IV Zweitstufe) und die dreifache Treibstoffkapazität haben (Vergleich nicht angegeben, doch wahrscheinlich die Centaur als Basis, die die kleinere Oberstufe bei Delta/Atlas ist). Daraus resultiert ein 75% Performancegewinn, mal sehen ob es auch 75% mehr Nutzlast sind, vielleicht für GEO-Missionen bei niedrigen Orbits wohl kaum mit einer größeren Stufe erreichbar.

Das Triebwerksunterstützung wird moderner sein und überschüssigen gasförmigen Treibstoff verbrennen können. Es soll durch verdampfenden Treibstoff die Tanks druckbeaufschlagen und die Lageregelung bewerkstelligen. Als Effekt wäre die Stufe fähig über Wochen anstatt Stunden zu operieren.

Vieles kommt bekannt vor. So wollte die USAF schon lange eine ähnliche Stufe für schwerere Nutzlasten aber auch um die Centaur abzulösen. Es kam aber nie zu einer Ausschreibung und das dazugehörige 250 kN Triebwerk geistert auch seit Ende der Neunziger durch die Gazetten. nun löst man es eben auf die einfache Art, den vier RL-10 haben auch über 400 kN Schub. Da die NASA ja anscheinend für die SLS auch eine Oberstufe mit vier RL-10 haben will und die J-2X Entwicklung nun nach Abschluss des bisherigen Testprogrammes abgeschlossen hat, darf man erwarten, dass ULA die gleiche stufe dann in der modularen Bestückung mit weniger Triebwerken auf der Vulkan einsetzen wird (dort wohl nie mit vier Triebwerken, nimmt man die bisherigen Erfahrung wird man wohl mit einem oder zwei auskommen). Offen ist ob man die Tanks dann nur teilbefüllt oder auch hier ein modulares System hat. Für bemannte Einsätze auf der SLS braucht man auch die Betriebszeit über mehrere Wochen, da dann die SLS zuerst unbemannt startet und dann erst die Besatzung auf einer zweiten Rakete. Um diese dann aus dem niedrigen Orbit herauszubringen braucht man die ACES. Die ACES liefert die zusätzliche Nutzlast für die Vulcan, die man braucht um die Delta 4 Heavy in Rente zu schicken. Sie soll ab 2023 eingesetzt werden. Bis dahin wird man die Centaur nutzen.

Das Schicksal der Delta 4 ist damit besiegelt. Schon in den nächsten Jahren soll die Atlas/Vulcan die „Medium“ Version ersetzen. Die Heavy Version wird bis 2022 im Einsatz bleiben, weil noch die Atlas/Vulkan deutlich weniger Nutzlast hat. Das Ausmustern ist in meinen Augen überflüssig, denn es war schon wirtschaftlicher Nonsense immer zwei Träger für den gleichen Nutzlastbereich verfügbar zu haben. Die Atlas flog deutlich häufiger und war billiger. Die USAF wird aber wohl von der Politik der zwei Träger nicht lasen, vielmehr dürfte die Falcon 9 dann die Delta 4 ersetzen.

Die Erststufe wird wie bekannt zwei BE-4 Triebwerke einsetzen. Diese sollen mit 4.800 kN Vakuumschub (2 x 2.400) deutlich schubkräftiger als die RD-180 mit etwas über 4000 kN sein. Sofern man die erste Stufe unverändert lässt liefert das auch die 20% Zusatzperformance die man für eine schwerere Oberstufe braucht. Sie wird auch Methan einsetzen, was wahrscheinlich auch ohne Hauptstromverfahren einen höheren spezifischen Impuls als die RD-180 verspricht. Von Blue Origin gibt es leider kaum Angaben zum Triebwerk. Die Vorgängerversion BE-3 ist nun qualifiziert. Die Firma geht mit 450 Tests und 30.000 s Betriebszeit einen konservativen Kurs. Bei SpaceX reichte ein Zehntel der Testdauer für die Qualifikation des Merlin 1D.

Dazu kommen bis zu sechs Booster, einer mehr als bei der Atlas V. Die kleinste Version soll 100 Millionen Dollar kosten, 64 Millionen weniger als eine Atlas 401 und die größte 200 Millionen verglichen mit 389 Millionen für eine Delta 4 Heavy.

Erstmals will auch ULA sich an die Bergung heranwagen. Die obigen Preise sind noch ohne Bergung. Die Vorgehensweise ist anders als bei SpaceX. Nach dem Start wird der Triebwerksblock abgetrennt, ein entfaltbarer Hitzeschutzschild aufgeblasen. sofern er in die Troposphäre ankommt werden Fallschirme entfaltet. Der Block wird dann im Flug von Helikoptern an den Fallschirmleinen gegriffen und zur Startbasis oder einem Schiff zurückgeschleppt. Dort alles geprüft und wieder in eine neue Rakete eingebaut, Damit sollen 90% der Kosten für den Antrieb eingespart werden, der wiederum 65% der Kosten der ersten Stufe ausmacht. Für mich ist das sinnvoller als der SpaceX Ansatz:

Neu wäre eigentlich nur der entfaltbare Schild. Es gibt solche schon seit langem in der Erprobung (für Marsmissionen) bisher waren sie dafür noch nicht leistungsfähig genug (halten die übertragene Energie beim Wiedereintritt durch die hohe Geschwindigkeit nicht aus), doch die Abtrennung bei einer Rakete findet bei kleineren Geschwindigkeiten statt sodass ich denke das man hier wenige Überraschungen erlebt. Vielleicht braucht man den Schild auch nur um eine definierte Ausrichtung zu erreichen – er gibt dem Blog die benötigte aerodynamische Form. Ein seitenhieb auf SpaceX dürfte natürlich nicht fehlen: “This allows us to avoid adding complex, expensive, heavy and performance-killing subsystems to a rocket in order to bring entire stages back that then experience complicated and expensive logistics to recover them. Instead, we took a systems engineering approach to what on the rocket is actually valuable.”

ULA geht auch schon jetzt an die Zertifikation, obwohl es die Rakete noch gar nicht gibt. Die Firma kennt eben die USAF und kennt ihre Prozeduren. Die USAF sieht die Zertifikation als einen Prozess in dem man alles in der Firma und der Rakete untersucht vom Design über die Entwicklung bis zur Produktion. Das dauert sehr lange und ist für beide Seiten kostenintensiv. SpaceX meinte ja es wäre mit der Übermittlung der Daten aller absolvierten Testflüge erledigt und hat nun bei der Zertifikation der Falcon 9 einige Verzögerungen hinnehmen müssen. Die Firma hat aber auch hinzugelernt und schon vor dem Jungfernflug mit der Zertifizierung der Falcon Heavy begonnen. Diese soll nach dem Testflug dieses Jahr, dreimal 2016 und drei bis fünfmal 2017 fliegen. Meiner Ansicht nach sehr optimistisch, da im Normalfall ein Start etwa 2 Jahre vorher gebucht wird. Für drei Starts gibt es Kunden, aber keine für die Starts die dann ab 2017 stattfinden. eventuell wird man auch Starts auf die Falcon Heavy verlegen wenn das möglich ist.

Neues gibt es auch von Stratolaunch. Dort will man zusätzlich nach der Verwendung der Rakete von Orbital nun auch nach anderen Trägern suchen die man mit dem Flugzeug starten könnte. Nachdem die Firma schon einmal den Lieferanten der Trägerrakete gewechselt hat mutet das seltsam an, zumal mir nichts in dieser Größenklasse einfällt was heute existieren würde. Neues gibt es nur vom Flugzeug auf das sich die Firma konzentriert – da kann man auch mit einem Flugzeug ohne Trägerrakete dastehen.

Mal sehen ob sich auch bei der ESA was tut, denn bei der Ariane 6 wird man ja wieder das teure Vulcain einsetzen – wie wäre es auch hier mal über eine Bergung nachzudenken?

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