Bernd Leitenbergers Blog

Die SpaceX-Fragen von Peter K.

So, am heutigen Sonntag komme ich mal wieder zu einem Blog. Ich habe wir kurz angekündigt einen Programmierauftrag kurz vor Jahresende rein bekommen. Ich hätte eigentlich bis Anfang Dezember Zeit, will ihn aber möglichst bald abgeschlossen haben, auch weil im Dezember einige feste Zahlungen anstehen und da etwas mehr Geld auf dem Konto schon entspannend ist. Ich hoffe ich bekomme heute auch noch den zweiten Teil der Marskolonisation fertig, denn ich dann mittwochs veröffentlichen will.

Heute nehme ich mir mal die SpaceX-Fragen von Peter vor. Er meint ich sollte einige Artikel dazu schrieben, doch so viel kann man da gar nicht schreiben, außer man will viel spekulieren, was mir nicht liegt.

Hier der Text der SpaceX-Fragen

  1. Wird die Falcon9 jemals für den Mannschafts-Transport eingesetzt werden dürfen?
  2. Wird die Falcon Heavy jemals fliegen oder ist das reine Vaporware?
  3. Wird Elon Musk es wenigstens schaffen einen unbemannten Lander auf dem Mars zu landen oder wird er selbst daran scheitern?
  4. Wie will Musk den ganzen Laden finanzieren ohne Steuergelder?
  5. Glaubst Du, Musk bekommt wenigstens seine bemannte Dragon V2 irgendwann fertig oder wird die auch floppen?Ok, wäre cool wenn Du das mal in deine Artikel einbaust oder mal so kurz beantworten könntest, würde ich spannend finden wie Du so in etwa die obigen Punkte bewertest als Raumfahrt – Experte.

Als Erstes: Ich bezeichne mich nicht als Raumfahrtexperte, das tun andere. Ich weiß genau was ich weiß und auch wo meine Grenzen liegen. Gut auskennen tu ich mich eigentlich nur auf zwei Gebieten: Raumsonden und Trägerraketen. Ein Raumfahrtexperte muss da deutlich mehr können. Aber Peter kann die Fragen ja noch auch an einen Raumfahrtexperten stellen, davon gibt es ja noch andere. Aber gehen wir mal an die SpaceX-Fragen.

Wird die Falcon 9 jemals für den Mannschafts-Transport eingesetzt werden dürfen?

Natürlich.

Das hat damit zu tun, wie die Verträge nun aussehen. Bei CCDev, CRS und COTS vergibt die NASA nur Aufträge für Dienstleistungen. Zwar müssen die Firmen Fortschritte bei Milestones und Dokumente vorweisen. Jedoch ist die NASA nicht so eng involviert wie bei ihren eigenen Programmen wo, wenn es einen Fehlstart gibt, man alles umdreht, auch wenn es Jahre dauert. Sie hat auch keinen Einfluss auf die Firmen, wie diese ihr Sicherheitskonzept umsetzen. Wenn SpaceX nachweisen kann, dass ihr Rettungsturm bei beiden Explosionen die Kapsel in Sicherheit bringt, dann kann die NASA gar nichts machen. Und wenn kann sie nur Aufträge an andere Firmen vergeben, die schon gebuchten, die bis 2020 gehen, kann sie nicht kündigen.

Andere Firmen denken zuerst einmal an den Kunden. Als Orbital eine Antares nach dem Start verlor, haben sie die Triebwerke ausgewechselt und in der Zwischenzeit zwei Atlas-Starts gebucht. Aber die Transporte gingen weiter. So was wäre bei SpaceX undenkbar. Schließlich ist man nach eigener Vorstellung besser als alle anderen und es würde wohl an Musks Ego rütteln.

Wird die Falcon Heavy jemals fliegen oder ist das reine Vaporware?

Natürlich wird die Falcon Heavy fliegen. Würde sie nicht eingesetzt werden, der Imageschaden wäre enorm und SpaceX würde nicht nur die wenigen gebuchten Falcon heavy Kunden verlieren, sondern jede Glaubwürdigkeit, die ja nach zwei Explosionen schon schwer gelitten hat.

Die Falcon Heavy ist ja eigentlich nur eine um zwei Booster erweiterte Falcon 9. Daher sollte sie ja auch ein Jahr nach der Falcon 9 starten. Inzwischen sieht man es bei SpaceX anders. Auch wenn Gwen Shotwell sich über die eigenen Leute lustig macht „Man sollte meinen es ist nicht so schwer, drei Cores zusammenzuschweißen …“. Eigentlich ist es ja nichts Besonderes. Andere Träger nutzen das Konzept auch. Die Delta Heavy ist auch nichts anderes und die Angara 5 ist ja auch schon erfolgreich geflogen. Warum sie also schon über drei Jahre hinterherhinkt, (obwohl sie nach der Ankündigung in 2 Jahren fliegen sollte) weiß wohl nur SpaceX. Die interessantere Frage ist, wie zuverlässig sie ist. Jede Stufe ist eine weitere, die ausfallen kann und die Falcon 9 hat bei zwei Stufen eine Zuverlässigkeit von 27/29 = 93 %. Mit zwei weiteren Stufen ist man dann bei 25/29 = 86% und damit auf einem miserablen Wert. Dabei kann die Falcon Heavy nur einen Satelliten transportieren. Die Nutzlast wird also nicht richtig ausgenutzt und der Startpreis ist höher als nötig. Die Frage ist eigentlich, wofür SpaceX die Falcon heavy braucht. Es gibt nur wenige gebuchte Starts, und nachdem die Falcon 9 durch Magie ihre Nutzlast von 4,85 auf 8,2 t GTO steigern konnte, reicht die auch für jeden gebuchten Start aus.

Wird Elon Musk es wenigstens schaffen einen unbemannten Lander auf dem Mars zu landen oder wird er selbst daran scheitern?

Also, bis vor einer Woche hätte ich gesagt, dass das relativ einfach ist. Nicht so einfach wie bei der Erde, aber wenn man genügend Treibstoff mitführt, kann man auch auf dem Mars sicher landen. Viking hat das schon 1976 (vor 50 Jahren!) mit einfachen Mitteln wie einer Feedbacksteuerung des Radarhöhenmessers geschafft (die Höhen- oder Geschwindigkeitsangabe des Radarmessers steuert den Schub der Triebwerke).

Aber nachdem nun nicht mal die ESA schafft bekomme ich doch Zweifel. Entweder bekommt man es dort nicht hin die Software richtig zu qualifizieren oder die neueren Systeme mit mehreren Radarkeulen sind wohl zu anspruchsvoll in der Steuerung. Aber wenn SpaceX nicht ganz so sehr auf den Treibstoffverbrauch achtet und es ihnen egal ist, wo sie runterkommen, dann sollte es klappen.

Die Herausforderung dürfte eher sein, das Ding erst mal zum Mars zu bekommen. Bisher hat SpaceX nur Dragons in den Erdorbit gebracht. Die sind so gebaut, dass sie die Mission gerade aushalten. Die Bordcomputer haben strahlungstolerante aber nicht resistente Elektronik (die auch in Flugzeugen eingesetzte) und können ausfallen, was sie auch schon taten. Die Solarpanels degradieren auch rasch, weil es normale Solarzellen sind, die im All stark überhitzen und durch UV Strahlung geschädigt werden. Sie müssen die Dragon auch zum Mars bringen, wobei wahrscheinlich die NASA helfen wird, denn die entsprechenden Antennen haben sie nicht. Aber eigentlich ist das nichts Problematisches. Indien schafft das ja auch. Problematisch dürfte eher sein, die Gewichtsbeschränkungen einzuhalten, denn mit der Falcon 9 bekommen sie gerade mal 4 t zum Mars und die Dragon wiegt ja heute schon 4,9 t leer. Man wird sie also umbauen müssen. Oder man nimmt die Falcon Heavy, doch ob die bis 2018 einsatzbereit ist? Erstmal müssen sie ja noch mindestens 10 Aufträge nachholen, die dieses und letztes Jahr nicht gestartet werden konnten. Außerdem kosten diese Red Dragon Missionen nur Geld und bringen keines ein. Siehe nächster Punkt.

Wie will Musk den ganzen Laden finanzieren ohne Steuergelder?

Gar nicht. SpaceX ist nach meiner letzten Durchsicht des Launchmanifests und den von der NASA veröffentlichten Geldern zu 70% staatsfinanziert. Das Problem ist, das die immer hochfliegenderen Pläne wie Red Dragons nur Geld kosten, das man woanders reinbekommen muss. Mehr Aufträge bei kommerziellen Starts kann man nicht erwarten. Letztes Jahr verlor schon SpaceX gegenüber Arianespace, nachdem sie 2014 noch gleichauf waren, dieses Jahr findet man auf der Webseite nur drei neue kommerzielle Startverträge. Bei der ISS ist auch nicht mehr zu erwarten. Nach dem Auslaufen von CCDev gibt es nur Beförderungsaufträge, die vom Umfang her kleiner sind und hier gibt es vitale Konkurrenz. Allerdings gibt es auch andere Investoren: Google hat 1 Milliarde in den Laden gesteckt. Doch auch die wollen sicher irgendwann einmal Erfolge und keine überflüssigen Unternehmen wie Red Dragons sehen. Gerade für solches Risikokapital sind explodierende Raketen eine schlechte Werbung,

Glaubst Du, Musk bekommt wenigstens seine bemannte Dragon V2 irgendwann fertig oder wird die auch floppen?

Sicher wird die fertig, wahrscheinlich später als geplant, doch Boeing hinkt auch hinterher. Der ganze Zeitplan von CCDev ist eng gestrickt und die Finanzierung erfolgte auch immer zu spät. Wie bei anderen Projekten auch stellt sich SpaceX selbst Beine, indem sie alles dauernd ummodeln. So sollte die Dragon V2 mal auf dem Land landen, inzwischen wird sie wieder für eine Wasserlandung umgebaut. Eigentlich war ja schon die Dragon 1 für bemannte Einsätze ausgelegt. So hat sie auch Fenster, die dann bei den Frachtversionen verschlossen werden. Doch irgendwie war sie es wohl nicht und nun baut man sie als V2 neu. Das ist typisch SpaceX – nichts ist von Dauer dauernd wird das Konzept geändert. So gibt es nach Musk ja inzwischen 5 Versionen der Falcon 9 (Block I bis 5), derzeit scheint wohl Block 3 / 4 im Einsatz zu sein.

Im Prinzip ist eine bemannte Kapsel einfacher zu entwickeln als eine Rakete. Es reicht, einen aerodynamischen Körper zu entwickeln. Er ist selbststabilisierend muss also nicht korrekt ausgerichtet werden. Dann braucht man noch ein paar Bremsraketen und einige Lageregelungstriebwerke. Für die kurzen Missionen zur ISS reichen Druckgasflaschen für die Atmosphäre aus, Lithiumhydroxid bindet Kohlendioxid. So konnten Russland und die USA ihre Wostok bzw. Mercury Kapseln 1961/62 erfolgreich starten, obwohl ihre Trägerraketen noch nicht ausgereift waren und die Systeme steckten auch Fehlschläge weg (Nicht-Abtrennen des Servicemoduls bei Wostok 1, zu späte Zündung der Bremsraketen bei Scott Carpenters Flug. Für eine sich selbst stabilisierende Kapsel ist die Landung kein Problem, eher das die Rakete beim Start oder vorher explodiert. Technisch anspruchsvoller ist vielmehr die Konstellation mit 4000 Satelliten, von der man gar nichts mehr hört…

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