Bernd Leitenbergers Blog

Die Energiewende

Die Energiewende ist beschlossene Sache. Bis 2050 will die Bundesregierung die BRD vollständig auf regenerative Energien umgestellt haben. Ich empfand das Vorhaben als ambitioniert. Und es liefert mit die Vorlage zu diesem Blog: ist das schaffen und was wird es kosten?

Der Status bei der „Energiewende“

Wenn wir heute von erneuerbaren Energien reden, dann denkt fast jeder erst mal an den Strom. Das ist auch augenfällig. In Norddeutschland sind die Windkrafträder allenthalben zu sehen und hier im Süden sind es die Photovoltaikanlagen auf den Hausdächern und im Allgäu habe ich ganze Wiesen gesehen, die zur Solarfarm umfunktioniert wurden. Dazu kommt die Diskussion über die Elektroautos bzw. warum die nicht in die Gänge kommen.

Was man aber vergisst: der Strom macht beim Gesamtenergieverbrauch in Deutschland nur einen kleinen Teil aus. Jeder kann sich das selbst ausrechnen. 10 kWh entspricht in etwa dem Energiegehalt von 1 l Benzin oder Heizöl. Nun muss jeder nur mal seinen Stromverbrauch mit dem Heizölverbrauch und Benzinverbrauch des Wagens vergleichen, dann wird klar, das der Strom auf den bisher der Großteil der Anstrengungen beim Umstieg entfällt, nur ein kleiner Teil des Energieverbrauchs darstellt. Nach einem offiziellen Excel-sheet des BMWI sind es 1873 von 8877 PJ Gesamtenergieverbrauch, also weniger als ein Fünftel. Bei den anderen vier Fünftel wird aber kaum erneuerbare Energien eingesetzt. Das bedeutet: der Großteil der Energiewende liegt noch vor und während wir bei Strom zumindest eine Alternative haben sieht es bei den anderen Energieträgern schlecht aus.

Was haben wir an Ressourcen?

Vor allem steht eine Bestandsaufnahme welche erneuerbaren Energien wir zur Verfügung haben. Es gibt sehr viele Quellen. Doch wenn man an die Energiemenge denkt, die wir verbrauchen, reduziert es sich auf drei große Quellen: Solarenergie, Windenergie und Biomasse. Mit letzterem fange ich mal an. Biomasse klingt zuerst einmal toll. Man braucht keine teuren Anlagen, sondern kann einfach was Aussähen und im Herbst ernten. Vor allem entfällt von unserem Energieverbrauch fast die Hälfte auf Wärmeenergie für die Heizung, in der Industrie vor allem aber auf Prozesswärme. Die aus Strom zu gewinnen geht, aber während wir den Strom nur mit geringem Wirkungsgrad aus anderen Energien gewinnen können, kann man Biomasse zu fast 100 % in Wärme umsetzen.

Das Hauptproblem von Biomasse ist die Effizienz von Pflanzen. Riesen-Chinaschilf ist in unseren Breiten die effizienteste Pflanze. Sie bildet 15-25 t Biomasse pro Hektar mit einem Heizwert von 18-18,4 MJ/kg. Das klingt nach viel sind pro Quadratmeter aber gerade einmal 45 MJ. Ein Quadratmeter polykristalline Solarzellen liefert etwa 120 kWh pro Jahr, das entspricht 432 MJ. Pro MJ Sonnenstrahlung bildet Chinaschilf 2,5 g Trockenmasse das entspricht einer Effizienz von 4,5% bezogen auf die einfallende Strahlung. Solarzellen liegen deutlich drüber und sie liefern auch Strom wenn Chinaschilf nicht mehr wächst weil es zu kalt ist. Würde man nur den Wärmeenergiebedarf Deutschlands durch Chinaschilf decken, man bräuchte eine Fläche von 117.000 km² bei 20 t ertrag pro Jahr, das wäre ein Großteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche Deutschlands oder etwa ein Drittel der Gesamtfläche.So kann Biomasse nur ein kleiner Bestandteil des Mixes sein.

Windenergie

Windkraftanlagen sind schwer abzuschätzen. An Land sind die guten Standorte weitestgehend ausgereizt und es gibt auch immer mehr Widerstand gegen immer mehr Windkraftanlagen. Auf See ist das Potenzial größer. Nach Untersuchungen großer Parks aber auch begrenzt. Bei einer 100.000 km² großen Region kamen Forscher auf eine Leistung von 1,1 W/m². Würde man ganz Deutschland so zupflastern dann wären das 371,7 GW Peakleistung. In Deutschland ist die tatsächliche Durchschnittsleistung aber nur 16% der installierten Leistung. Dann sind das 61 GW im Mittel.

Über das Jahr hochgerechnet ergibt das 1925 PJ oder 21,7 % des Gesamtenergieverbrauchs. Ich vermute aber es wird weniger sein, denn wie schon geschrieben an Land sind die besten Plätze bereits weg und so viel Platz gibt es auf der See auch nicht, zumindest nicht innerhalb der zu der BRD gehörenden Küstenzone. Was den Wind attraktiv im Energiemix macht ist das er zumindest auf See dauernd weht und auch sonst unabhängiger von der Sonne als Biomasse und Solarzellen ist. Wind gibt es auch bei Nacht und im Winter. Daher wird er wohl, wenn man den Umstieg schafft die Grundlast abdecken.

Sonnenenergie?

Das Größte Potenzial hat sie Sonnenenergie. Im Sommer fällt über 1 KW Leistung auf einen Quadratmeter. Handelsübliche polykristalline Solarzellen gewinnen 120 kWh übers Jahr gerechnet, aber mit großen Schwankungen. Immerhin: um den gesamten heutigen Primärenergieverbrauch durch Solarzellen zu decken bräuchte man eine Fläche von rund 21.000 km². Das klingt nach viel, doch die Fläche haben wir ohne Probleme zur Verfügung. Nach Wikipedia ist unser Straßennetz 644.000 km lang. Ein Streifen muss mindestens 2,75 m breit sein, es können bis zu 3,75 m sein. Dazu kommen noch Randstreifen und bei Autobahnen auch Mittelstreifen.

Nimmt man zwei Spuren an, also eine einfache Straße und eine Breite von 7 m, so sind das insgesamt 4.600 km². Dazu kommen die ganzen Häuser. Würde man einfach nur die sowieso schon bebaute Fläche (8 % nach EU-Statistik) mit Solarzellen belegen, so hätte man mit 28.500 km² mehr Fläche als man bräuchte und es gibt ja noch den Strom aus Wind.

Problem Variabilität

Sowohl Wind wie Sonnenenergie sind leider zeitlich variabel. Bei der Sonnenenergie kommt noch hinzu das sie im Winter am geringsten ist, wir dann aber wegen der Heizung den größten Energieverbrauch haben. Leider können wir Deutschland nicht an den Äquator verschieben, das würde das Problem lösen und wäre auch sonst sehr angenehm. Daher wird man die Energie speichern müssen. Wenn man tatsächlich alle Autos auf Elektroautos umstellt dann hat man zumindest ein Problem gelöst: das des Kurzzeitspeichers. Ein Elektroauto hat eine Batterie mit einer Kapazität von 50-100 kWh, nehmen wir mal 75 kWh an. Es gibt 44 Millionen PKW in Deutschland, wenn man es hinbekommt das zwei Drittel (alle werden es nie sein) Elektroautos sind, dann entsprechen die 30 Millionen PKW zusammengenommen einer Batteriekapazität von 8.1 PJ oder 1 Promille des Gesamtenergiebedarfs.

Das klingt nach wenig. Doch es geht auch nicht darum die gesamte Energie aufzunehmen, sondern Spitzen abzupuffern. Da Autos meistens nur rumstehen könnte man sie als Kurzzeitspeicher nutzen. Zudem sind sie ein Speicher der täglich aufgeladen wird und der dann teilweise wieder entleert wird indem gefahren wird. Sie sind so ohne Problem ein Speicher für die täglichen Überschüsse.

Trotzdem wird man im Sommer dreimal so viel Solarstrom erzeugen wie im Winter und genau dann wird man Energie zum Heizen brauchen. Das bedeutet man muss noch andere Speichermöglichkeiten haben. Denkbar wäre es den Überschuss als Wärme zu speichern. Doch ich sehe dem kritisch gegenüber. Nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik ist der maximale Wirkungsgrad beschränkt auf 1-Tkalt/Twarm. Da Tkalt immer mindestens Umgebungstemperatur ist, wird man bei 298 K (25° C) bei einer Erhitzung auf 596 K (323 °C) also einer recht hohen Temperatur nur einen Wirkungsgrad von 50 % erreichen. Für 80 % müssten es 1217 °C sein, eine Temperatur bei der viele Metalle schmelzen. Das Problem: Je höher die Temperatur, um so schneller geben Substanzen Energie ab.

Nach dem Stefan Bolzmann Gesetz mit der vierten Potenz der Temperatur. Selbst wenn man dann sehr große speicher baut um die Oberfläche zu verkleinern und diese gut isoliert taugt das Konzept nicht für die Speicherung von Energie über Monate. Allenfalls für Kurzzeitspeicher. Zumindest bei der Heizung könnte man aber die Sonnenenergie direkt nutzen als Solarkollektoren die Warmwasser herstellen. Das wäre effizienter als erst Strom zu erzeugen und dann diesen zur Heizung zu nutzen. Trotzdem wird man im Winter nicht ohne gespeicherte Energie auskommen, dafür ist einfach die Differenz zwischen Energiegewinn und bedarf zu hoch.

Das sinnvollste ist es, die Energie chemisch zu speichern. Schlussendlich nutzen wir heute schon vor allem chemisch gespeicherte Energie. Vorgeschlagen wird die Elektrolyse von Wasser. Den Wasserstoff kann man emissionsarm verbrennen. Der Wirkungsgrad ist mit 60-70 % relativ hoch. Das Hauptproblem ist das gasförmiger Wasserstoff ein großes Volumen braucht, achtmal mehr als Erdgas. Zudem diffundiert er leicht durch Metalle. In der Menge, die man braucht um wirklich jahreszeitliche Schwankungen abzufedern, braucht man extrem große Mengen. Erdgas wird bei 200 bis 250 bar gespeichert. Würde man weil man im Winter am meisten Energie braucht 25 % des Gesamtenergiebedarfs speichern, so bräuchte man bei Wasserstoff und 250 Bar Druck rund 5,8×1013 m³ Volumen. Das sind rund 2100 kugelförmige Hochdruckbehälter von 100 m Durchmesser.

Ich halte zumindest am Anfang die Spaltung von Erdgas für sinnvoller. Aus Erdgas kann man Wasserstoff und Ethylen bilden. Ethylen ist als ungesättigter Kohlenwasserstoff der ideale Ausgangsstoff für die Petrochemie, die nach wie vor für Kunststoffe braucht. Über Polymerisation kann man aus ihm auch Benzin für die noch verliebenden Fahrzeuge erzeugen. Von Nachteil ist, das das Erdgas endlich ist. Man könnte es wieder regenerieren, indem man mit dem Wasserstoff Kohlendioxid zu Methan reduziert. Doch der Wirkungsgrad sinkt dann stark ab. Ganz verzichten wird man auf diesen Prozess nicht, erzeugt er doch Kohlenwasserstoffe die man nach wie vor braucht. Zum einen für die verbliebenen Fahrzeuge wie eben auch für die gesamte auf Kohlenwasserstoffen basierende Industrie, von Kunststoffen über Farben, bis hin zu Arzneimitteln.

Erzeugung im Ausland

Immer wieder kommt die Idee das ganze doch zu verlagern. Schon in Europa gibt es in Spanien und Italien weitaus höhere Erträge und wenn man dann noch weiter in Richtung Süden geht hat man in der Sahara riesige Flächen mit deutlich höherer Sonneneinstrahlung und noch wichtiger – weniger starken jahreszeitlichen Schwankungen. Immer wieder gibt es Vorschläge Strom in der Sahara zu erzeugen. Ich sehe hier durchaus Chancen. Aber nicht so sehr darin den Strom aus dieser Entfernung zu uns zu befördern. Vielmehr könnte man dort einen Großteil der Speicherenergie produzieren die wir im Winter benötigen, also gleich Wasser in Wasserstoff spalten. Dort würde auch Bioenergie mehr Sinn machen.

In der Sahara kann man nichts anbauen, aber an den Küsten könnte man geschlossene Systeme erreichten in denen man Algen züchtet. Die Algen werden geerntet und durch die Sonnenenergie getrocknet und dann zu uns verschifft. Man wird eine Wirtschaftlichkeitsrechnung aufstellen müssen ob es sich lohnt. Denn auf der anderen Seite kommen Kosten für den Transport hinzu, der Aufbau wird teurer und die Länder dort wollen auch was verdienen . Zudem gibt es neue Risiken. Sand den es in der Sahara in rauen Mengen gibt verkratzt z.B. die Gläser über Solarzellen wodurch der Wirkungsgrad absinkt. Dazu braucht man keinen Sandsturm, dazu reicht schon ein kleiner Wind.

Was kostet die Energiewende?

Billig wird es nicht. Schon die Investition in die Solaranlagen wird teuer. Eine kleine Recherche im Internet brachte für 1,6 m² einen Preis von 720 Euro. Bei 75 % Deckung des gesamten Primärenergiebedarfs sind das 9,6 Milliarden dieser Module. Immerhin werden sie dann billiger werden, denn die Produktionszahlen werden dann rapide ansteigen. Ein Preis von 300 Euro bei dieser Stückzahl halte ich aufgrund des Gesetzes der Erfahrungskurve für realistisch. Doch das wäre dann immerhin noch eine Investition von fast 3000 Milliarden, wozu dann noch Kosten für die Installation und die speicher kämen. Die kosten kann man nur schätzen, doch ich würde den Gesamtkostenbedarf auf 5000 Milliarden Euro beziffern.

Doch eine Gegenrechnung: Bei 15 ct pro kWh (Strom ist relativ teuer, Benzin ebenso, Heizöl und Erdgas umgerechnet auf die Energie recht billig). Gibt man in der BRD rund 370 Milliarden Euro pro Jahr für nicht regenerative Energien (rund 4500 Euro pro Person, das enthält aber auch Industrie, Dienstleistungen und Verkehr, die den größten Anteil haben) aus. Wir haben 34 Jahre Zeit um auf 0 % zu kommen. Man müsste also rund 170 Milliarden pro Jahr oder 50 % dessen was wir heute schon für Energie ausgeben, zusätzlich aufwenden. Das erscheint mir machbar. Umsonst wird die Energie aber auch dann nicht sein. Solarmodule haben eine Lebensdauer von etwa 25 Jahren, lassen aber auch in der Leistung nach. Der Betrieb von Elektrolyseanlagen kostet Geld. Wahrscheinlich wird Energie nicht billiger sein als heute, eher noch teurer.

Wer macht die Energiewende?

Bisher läuft die Energiewende so, dass zum einen viele Privatpersonen ihre Solarmodule auf die Häuser packen und zum anderen große Firmen Windräder oder Windparks bauen. In der Größenordnung und vor allem wenn man meinem Vorschlag folgt, die sowieso überbauten Flächen zu nutzen wird das eine staatliche Aufgabe sein. Die staatliche Lenkung läuft bei uns aber komplett schief. Beim Strom müssen Verbraucher Zulagen zahlen, die dann den Betreibern von erneuerbaren Energien aus Subvention ausgezahlt werden die Industrie ist aber davon befreit. Warum eigentlich? Das sorgt doch nur dafür, das man dort keine Anstrengungen zum Energiesparen unternimmt (das Thema habe ich nicht vergessen, es ist nur nicht Bestandteil des Blogs, er wäre sonst einfach zu lang.

Aber natürlich ist die Senkung des Energieverbrauchs das erste, was man tun sollte bevor man umstellt). Meiner Ansicht nach sollte es anders laufen. Man sollte nichts subventionieren, aber auch keine Steuern erheben. Sprich: beim Strom eben keine Strom- und Mehrwertsteuer für Ökostrom. Für Biosprit keine Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer. Da die Steuern bei beiden Produkten heute schon den Großteil des Preises ausmachen wäre regenerative Energie mit einem Schlag schon heute konkurrenzfähig.

Eine Blüte haben z. B. seit einigen Jahren kleine Photovoltaikanlagen welche die Grundlast abdecken. Das sind keine großen Module, sondern kleine die man z.B. auf dem Balkon aufstellt. Experten warnen vor Kabelbrandgefahr wegen Überlastung des Hausnetzes doch das hält viele nicht davon ab, die zu kaufen, denn die Hersteller versprachen das schon nach 7 Jahren eine solche Anlage sich durch den eingesparten Strom rentiert hat. Auch wenn das sicher eine Idealrechnung ist, zeigt es doch, dass wegen der hohen Steuern die heute auf allen Energiearten liegen eigentlich Solarstrom schon konkurrenzfähig wäre, wenn er von der Steuerlast ausgenommen wäre.

Der Bund müsste auf Steuern verzichten, doch ich glaube das dann der finanzielle Anreiz so groß wäre, das wir wirklich die Energiewende hinbekommen würden. Es ginge, doch sicher nicht mit dieser Bundesregierung die von der Industrie gekauft ist. Das zeigt sich ja auch dem Plan der Klimawende der von den Ministerien soweit zurechtgestutzt wurde das fast nichts mehr übrig bleib.

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