Bernd Leitenbergers Blog

2,0 % des Bip für die Nato und Geldverschwendung

Jeder hat so seine Beispiele für Geldverschwendung und nun will man ja die Verteidigungsausgaben auf 2 % des BIP hochtreiben, das sind 24 Mill. Euro pro Jahr mehr. Das sieht mancher auch als Verschwendung an. Irgendwie gehören beide Punkte zusammen. Zeit, meine Meinung dazu zu schreiben.

Fangen wir mit dem Ersten an. Von Leyen hat ja zugesagt, die Verteidigungsausgaben von 1,2 auf 2,0 % zu erhöhen. Als erster Schritt wird die Personalstärke von 178 auf 198.000 Soldaten zu erhöhen. Das alleine würde bei gleichen „Kosten pro Person“ dann aber nur 1,34% des BIP ausmachen, bleiben also noch 0,66 % oder rund 20,68 Mill. Euro pro Jahr.

Nun sehe ich durchaus Nachholbedarf bei der Bundeswehr. Man hat nach dem Ende des Kalten Krieges zuerst mal abgerüstet, was bei über 580.000 Soldaten von Bundeswehr und NVA auch logisch war. Mit dem Jugoslawien-Einsatz begann dann aber eine Kehrtwende. War vorher die Bundeswehr per Grundgesetz auf die Landesverteidigung beschränkt, sollte sie nun auch in unternationalen Konflikten mitmischen und nicht nur in reinen Friedenssicherungsmissionen, die schon vorher im Rahmen der UN-Einsätze möglich waren. Meiner Ansicht nach hätte man das beibehalten können. Japan hat ja ein ähnliches Modell bis heute behalten. Innerhalb der NATO ist es aber wohl nicht möglich, zumal wir nun nicht mehr Frontstaat sind. Schon beim Golfkrieg 1990 zeigte sich dies. Damals war die Lösung, dass wir den Krieg weitestgehend finanzierten, was auch keine Lösung ist.

Für diese Konflikte, die sich heute nicht gegen reguläre Armeen mit schweren Waffen festen Einrichtungen wie Baracken, Hauptquartieren oder Radarstationen, sondern gegen Milizen mit vorwiegend leichten Waffen richtet, sowie Einsätze in Ländern, wo solche mehr Partisanen ähnliche Gruppen aktiv sind, war die Bundesrepublik aber schlecht gerüstet. Da nützen Leopard-2 Kampfpanzer wenig. Geändert hat sich zuerst wenig. Man schaffte zuerst noch Dinge an die im Kalten Krieg geplant wurden wie der Eurofighter oder U-Boote mit Brennstoffzellen. Wenn man mehr Geld für eine adäquate Ausrüstung der Bundeswehr für solche Konflikte investiert dann bin, ich dafür. Das wären meiner Ansicht nach:

Mehr stark gepanzerte, aber schnelle Fahrzeuge, anstatt klassischer Kampfpanzer, also Schützenpanzer. Da läuft schon eine Umrüstung: 350 Puma sollen 2187 Marder ersetzen – selbst wenn man dies auf die größere Personalstärke der Bundeswehr von 1990 bezieht, müsste man mindestens die doppelte Anzahl anschaffen.

Flugzeuge zur effizienten Bekämpfung von Bodenzielen. Dazu setzt die Bundeswehr derzeit auf Hubschrauber. Doch die sind nur beschränkt einsatzbereit. Sie waren angeschafft worden, weil sich bei den Planungen ein Konflikt sich ja auf unserem Boden abspielen würde. Da hat man nur kurze Wege zur Basis und es gibt in Deutschland viel Wald, wo man sich mit einem Hubschrauber „verstecken“ kann. Ich halte ein gut gepanzertes unterschallschnelles Kampfflugzeug mit größerem Einsatzradius, wie die A-10 für besser geeignet bei den Einsätzen die wir heute haben. Das Bombardieren aus großer Höhe wie es auch mit Kampfflugzeugen möglich ist hat den Nachteil, dass aus der Höhe man bei solchen Konflikten kaum noch zwischen Zivilisten und Milizen unterscheiden kann. Man ist dazu zu weit weg.

Eine größere Marine: Seit dem Ende des Kalten Krieges sind die Schifffahrtwege unsicher geworden. In Somalia ist es noch immer nicht sicher und im südostasiatischen Raum ist es auch nicht besser. Mehr Schiffe könnten die Routen sichern, aber auch Flüchtlinge im Mittelmeer aufsammeln. Da man es mit Schnellbooten als „Gegner“ zu tun hat, reichen die kleinsten hochseetauglichen Schiffe, dafür einige mehr. Bei der Summe, die wir pro Jahr ausgeben können, wäre auch einer oder zwei Flugzeugträger drin. Mit ihnen kann man ein größeres Gebiet überwachen und sie bieten Optionen bei Einsätzen, wo man nicht die Flugzeuge im Nachbarland stationieren kann. Die von England gerade angechaffte Queen Elisabeth Klasse kostet rund 2,5 Milliarden Pfund pro Schiff. Dazu kämen dann noch die Flugzeuge, die heute mehr kosten als das Schiff selbst. Doch bei 20 Milliarden Rüstungsausgaben pro Jahr zusätzlich sollten einige drin sein. Wie ich der Liste der Flugzeugträger entnehme, haben selbst kleine Länder einen Flugzeugträger so Australien, Ägypten, Spanien, Südkorea. Warum also nicht auch Deutschland.

Geeignete Transportflugzeuge. Ich habe die Anschaffung des Airbus 400 nicht verstanden. Das Flugzeug ist ein Militärtransporter wie die Transall. Gedacht für unbefestigte Landeplätze, die kurz sind, also im Prinzip für den Ersteinsatz, wenn man irgendwo landet, aber dort keine Flugplätze gesichert hat. So was hat man nicht mal im Afghanistan und Irakkrieg gebraucht. Dort wurde über die Nachbarländer die Invasion gestartet. Was man bräuchte, wäre ein Transporter, der eine viel größere Kapazität hat und einfacher schwerer Ausrüstung transportieren kann. Die USA haben so was schon immer gehab,t wie militärische Versionen von zivilen Flugzeugen wie der Boeing 707 aber auch große militärische Maschinen wie die Galaxy, Russland hat entsprechendes in Form der Antonow 124 und anderer Muster. Warum lässt man also nicht einige Airbus 340 oder 380 umbauen und anschaffen die dann wesentlich schneller Ausrüstung und Personal transferieren können. Zumindest fliegen die ja auch und stehen nicht nur am Boden. Ich habe das Gefühl man will das aber gar nicht, denn so kann man mit den Airbus 400 nicht so viele Truppen transferieren und andere müssen die risikoreicheren ersten Kämpfe bestreiten.

Trotzdem: Es ist offensichtlich, das man selbst mit Neuanschaffungen so nicht dauerhaft 2 % des BIP braucht. Aufrüstung wird vielleicht einige Jahre mehr Geld fordern, aber für 20 Milliarden Euro bekäme man 80 Korvetten der Braunschweigklasse, die pro Stück 240 Millionen Euro kosten und das jedes Jahr. Man wird, wenn man alle Optionen ausübt, vielleicht ein oder zwei Jahre diese Summe brauchen, doch danach bedeutend weniger. Um dauerhaft diese Summe zu „verbauchen“ müsste man die Stärke der Bundeswehr entsprechend erhöhen, was aber nicht geplant ist.

Was also könnte man mit dem Geld tun? Ich wäre dafür einen Krieg zu beginnen und neues Land zu erobern. Mit 20 Milliarden pro Jahr kann man z.B. einen Feldzug gegen den Mond starten. Ein Mondprogramm sollte unter Bush nach der Augustinekomission 145 Milliarden Dollar in 10 Jahren kosten. Das wären 13,7 Milliarden Euro pro Jahr, also weniger als die 20 Milliarden, was genügend für weitere Rüstung übrig lässt. Natürlich steht nach der Eroberung des Mondes der Bau einer permanenten Militärbasis an. Es ist nur eine Frage wie man solche Unternehmen deklariert 😉 Rückfinanzieren könnte man das mit Mautgebühren für SpaceX Weltraumtouristen und man könnte Mondgrünstücke verkaufen. Wenn mal die Amis landen sollten, müssen sie natürlich auch erst mal was zahlen: eine saftige strafe wegen illegaler Einwanderung und Umweltverschmutzung 🙂

Nun realistischerweise wird es nicht dazu kommen. Dann heißt es, bei der Berechnung der Militärausgaben kreativ zu sein. Schauen wir in die USA: dort finanziert das Militär ja nicht nur Soldaten und Tötungsgeräte. Wir entwickeln gerade die Ariane 6, das ist von der Zielsetzung das gleiche wie das EELV-Programm, also zählen wir die Ausgaben zu den Militärausgaben. Das gilt dann natürlich auch für Galileo (=GPS), Copernicus (=militärische Erderkundungssatelliten), Metop/Meteosat (=DMSP). Die Bundeswehr könnte auch einige Kommunikationssatelliten anschaffen und die nur im Ernstfall benötigte Kapazität (abzüglich der im Friedensfall benötigten) solange gewinnbringend vermieten. Leider wird man so sicher nicht mehr als 1-2 Milliarden Euro pro Jahr zusammenbekommen die man jetzt schon ausgibt nur eben unter anderem „Label“.

Doch es geht noch weiter. Das Militär forscht ja auch, und zwar viel Grundlagenforschung. So entstand das Internet. Ich würde sagen 50% des Forschungsetats sind eigentlich Grundlagenforschung, die auch vom Militär finanziert werden könnte. Das sind bei 17,6 Milliarden € für Forschung pro Jahr schon mal 8,8 Milliarden. Dann müssen wir natürlich noch für unsere Veteranen sorgen. Wenn ich davon ausgehe, dass 50.000 Soldaten pro Jahr aufhören, entspricht einer mittleren Dienstdauer von 3,3 Jahren, und man im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus für jeden Soldat/in eine 3-Zimmer Wohnung für 120.000 € baut, dann sind das 6 Milliarden Finanzbedarf pro Jahr. Die Wohnungen werden dann vergünstigt vermietet und nebenher senkt das die Wohnungsnot. Das entspricht mehr als einer Verdopplung der derzeit 3,56 Milliarden für den sozialen Wohnungsbau. Die Mittel wären dann zwar zusätzlich nötig, aber sie würden in weitaus sinnvolleres fließen als Rüstungsgüter und vielleicht sogar die Mietpreisexplosion senken. Davon hätten dann viele was. Kurzum: Bei geschickter Rechnung geben wir schon jetzt 10 Milliarden für Projekte aus, die man dem Militärhaushalt zurechnen kann. Mit dem sozialen Wohnungsbau schrumpft dann die Summe, die man für neue Rüstung über den Bedarf die die 30.000 neuen Soldaten hinaus generieren, auf rund 4,7 Milliarden Euro, und das könnte man ja in oben genante Projekte investieren.

Das Militär ist ja ein Paradebeispiel wie man Geld verschwenden kann. Es gibt so viele Rüstungsprojekte von zweifelhaftem Wert und enormen Kosten. Vor einigen Jahren gab es mal eine Dokumentation über die Raketenabwehrsysteme der USA. Damals war das Bushsche Raketenschild-System noch nicht dabei, trotzdem hatten die USA für zwei größere Systeme und eine Reihe von kleineren 125 Milliarden Dollar ausgegeben. Das Erste Nike-X unter Nixon, das immerhin einsatzbereit wurde – allerdings verhinderten Farmer die Umsetzung, weil die nuklearen Abwehrköpfe ihr Land radioaktiv versucht hätten und so vor Gericht siegten. Das Zweite war SDI, wo man schon wusste, als es verkündet wurde, dass es reine Utopie ist (es bekam auch den Namen „Star Wars“ nach dem Kommentar eines Senators: „Das ist so utopisch wie Star Wars“. Über 10 Jahre forschte man und verballerte Milliarden.

Selbst umgesetzte Waffensysteme sind enorm teuer. Ich verstehe nicht, wie man über 1 Milliarde Dollar für ein einzelnes Flugzeug ausgeben kann (dafür bekäme man 4 Korvetten…)Soviel kostet aber ein B-2 Bomber. Der einzig positive Effekt von solch teueren Projekten, wozu auch immer teurere „intelligente Waffen“ wie Bomben die per GPS oder Laser ins Ziel gelenkt werden, ist, dass Kriege immer teurer werden. Vergleicht man die Kosten pro Soldat im Zweiten Weltkrieg mit Vietnam und nun im Irakkrieg so fällt auf das die Aufwendungen immer höher wurden.

Mein absoluter Liebling bei Geldverschwendungen beim Militär sind die Kosten für Klimaanlagen beim US-Militär im Irak und Afghanistan. Dafür hat man jährlich 20 Milliarden Dollar ausgegeben, mehr als der ganze NASA Etat zu dieser Zeit! Der Grund: Die Soldaten waren in Zelten untergebracht mit miserabler Isolationswirkung. Alleine Isolationsschaum (einmalige Ausgabe!) für 95 Millionen Dollar würde 1 Milliarde pro Jahr sparen. Man könnte auch anders rechnen: Wenn es rund 300.000 Soldaten sind und man 5 Zimmer Wohnungen für jeweils 4 Personen baut und jede 100.000 $ kostet (bei Massenbauweise und geringen Bodenpreisen durchaus machbar) dann hat man mit einer einmaligen Investition von 7,5 Milliarden Dollar richtige Wohnungen anstatt Zelte. Wenn diese nur die Hälfte der Kosten einsparen spart man schon im ersten Jahr und dann jedes Jahr weitere 10 Milliarden – damit hätte man zum Mond fliegen können. Stattdessen hat man wertvolle fossile Treibstoffe verfeuert und das Klimaproblem verschärft. Noch mehr Einsparungen wäre mit dem Bau von Kraftwerken möglich, denn so teuer wurde es, weil man benzinbetriebene Generatoren einsetzte. Für die USA wichtiger: Es wurden über 1000 Soldaten gelötet, die den Treibstoff für die Generatoren transportiert haben. Bei der nachhaltigen Lösung hätten der Irak und Afghanistan einige Wohnungen mehr, als Ausgleich für die beim Krieg zerstörten und auch noch Kraftwerke für Elektrizität, aber über Logik kann man mit Militärs wohl nicht reden.

Wie schon gesagt. Jeder hat sein eigenes Beispiel für Geldverschwendung. Im Kleinen fällt mir die virtual Cave an unserer FH ein, die über 100.000 Euro kostete und so gut wie nie eingesetzt wurde. Der Hersteller lieh sie öfters aus als das sie genutzt wurde. Im Großen der Rummel über die Bundesliga. Da werden 3,24 Milliarden pro Jahr umgesetzt. Zusammen mit Fernsehrechten und zweiter Liga sind es 5,4 Milliarden. Das Geld bleibt aber nur in den ersten beiden Ligen. Das man auch nur den Fußball allgemein damit fördert scheint nicht vorgesehen zu sein. Dafür bekommen dann Fußballer am Ende ihrer Karriere wie Lukas Podolski für 1,5 Jahre 20 Millionen Euro. Und die Fans regen sich dann über Managergehälter auf… Dabei müssen die für ihr Geld mehr Arbeiten und nicht nur ein paar Mal in der Woche trainieren und einmal 90 Minuten spielen. Das Ganze ist sowieso nur noch ein Geschäft, einige Vereine sind ja schon an die Börse gegangen. Und die Medien spielen noch mit: Gestern kam in den Sportnachrichten der Rausschmiss von Grosskreutz vor der Goldmedaille bei der WM. Der Abgang eines Profis von 18 Vereinen, die 34-mal im Jahr spielen, ist also wichtiger als der Gewinn eines internationalen Titels in einer anderen Sportart bei einem nur alle 4 Jahre stattfindenden Wettkampf. In 10 Jahren werden die Nachrichten wohl mit Fußball beginnen. Dann kommt erst die zweite Meldung: „Nachdem Bayern nun überraschend gegen Freiburg verloren hat, kommen wir zur Politik. Überraschend begann heute der dritte Weltkrieg, weshalb die Siegesfeier von Freiburg auch abgesagt wurde …“

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