Bernd Leitenbergers Blog

Alle bauen größer, nur Europa kleiner

Auf diesen Nenner könnte man die jüngeren Raketenentwicklungen bringen. Wir haben ja derzeit eine Reihe von Raketen in der Entwicklung die ich mal in diesem Blog vergleichen will. Alle größeren Weltraumnationen planen neue Raketen, die USA sogar mehrere unterschiedliche Modelle.

Die Modelle


Fangen wir mal an mit der Aufzählung der neuen Varianten. In den USA sind es folgende:

Angara 5 Jungfernflug

Soviel zu den Modellen. Alle (bis auf eines) haben eine höhere Nutzlast als ihre Vorgängermodelle. Die einzige Ausnahme ist die Ariane 6 die in etwa die gleiche Nutzlast wie die Ariane 5 ECA beim größeren Modell erreicht. Um die geht es in diesem Blog.

Ist die Ariane 6 fit für die Zukunft?

Die Entwicklung der Ariane hat sich schon immer nach dem vorhandenen Markt oder Marktprognosen gerichtet. Ariane 1 wurde entwickelt um die Nutzlast der Atlas Centaur zu erreichen, für die Auslegung der Nutzlasthülle und Nutzlastmasse waren z.B. die Intelsat IVA Satelliten als Referenz vorgegeben. Sie waren die damals schwersten Satelliten. Die Weiterentwicklung zur Ariane 2 und 3 orientierte sich dann wiederum an der US-Konkurrenz. Die Ariane 2 sollte einen Einzelsatelliten der Intelsat VA Satelliten transportieren können und die Ariane 3 zwei Nutzlasten der Delta 3914, dem damals am häufigsten kommerziell eingesetzten Modells.

Ariane 4 sollte es ermöglichen nun eine der größeren und eine der leichtere Nutzlasten parallel zu transportieren sowie in mehreren Varianten auch schwere oder leichtere Nutzlasten dazwischen.

Ariane 5 entstand primär für das damals aktuelle bemannte Programm der ESA, jedoch hatte man auch Marktprognosen das die Satellitenmassen Mitte der Neunziger auf 3,5 bis 4,5 t ansteigen würden und so sollte sie dafür gerüstet sein. Die Weiterentwicklung sollte dann auch einen Doppelstart bei den größeren Satelliten ermöglichen die nun bis zu 6 t Masse erreichen.

Die ESC-B als weitere Oberstufe wurde mehrmals verschoben, als Anfang des Jahrtausends die Satellitenmassen langsamer anstiegen. Die Starts in den letzten zwei Jahren zeigen aber einen gegenläufigen Trend. Es gibt immer mehr Satelliten der 6 t Klasse, die vorher eher selten waren, dafür gepaart mit einem leichteren Satelliten der 3,5 t Klasse. Für einen 4,5 t Satelliten fehlt schon die Nutzlastkapazität. Die ESA hat zwar eine Small-Geo Plattform finanziell unterstützt, die um 3 t Startmasse hat, doch ob diese ein großes Marktsegment einnehmen wird, ist noch offen.

In den letzten Jahrzehnten war es so das sich die Startmassen von Satelliten an den verfügbaren Trägern orientierten. Ein Betreiber eines Satelliten hatte als Wunsch das er mit zwei unterschiedlichen Trägern gestartet werden kann. Das gab Sicherheit, wenn ein Träger „gegroundet“ ist auch wenn die Träger davon sehr unterschiedlich betroffen sind, z.B. Ariane 5 und Atlas seit über 10 Jahren nicht davon betroffen wurden, während das bei der Proton alle 1-2 Jahre passiert. Mit der Zenit, Proton und Ariane 5 als Standardträger in den letzten 15 Jahren lag die maximale Nutzlastmasse bei 6 t. 6 t das war die größte Nutzlast von Proton und Zenit. Wenn nun weitere Träger mit höherer Nutzlast verfügbar sind, so ist meiner Ansicht nach damit zu rechnen, dass die Nutzlast weiter ansteigt. Ein größerer Satellit ist meist effizienter bezogen auf den Transponder als ein leichterer. Wenn nun aber jetzt schon eine schwere Nutzlast nur mit einer leichten kombiniert werden kann, dann ist die Ariane 6, die ja erst in einigen Jahren zur Verfügung steht zu klein. Das kleinere Modell Ariane 62 mit 5,8 t in den GTO sogar zu klein für große Einzelsatelliten. Dabei wird diese Rakete ja dann für lange Zeit – Ariane 1-4 und Ariane 5 als letzte Familien werden waren/sind etwa 25 Jahre im Dienst alles starten müssen, was es gibt. Kurzum: Man wünscht sich eine größere Nutzlast. Entweder, indem man Marktprognosen macht oder, indem man sich an der Konkurrenz orientiert und das gibt, dann folgende Tabelle:

GSLV Mark III jungfernflug

 

Träger Nutzlast
Ariane 62 5,8 t
Ariane 64 10,9 t
GSLV 4,2 t
H-3 6,5 t
Falcon 9 8,3 t*
Falcon Heavy 22,2 t*
New Glenn 13 t
Angara 5 Breeze M 5,4 t
Angara 5 KTKV 7,5 t
Langer Marsch 5D 6,0 t
Langer Marsch 5E 10,0 t
Langer Marsch 5F 14,0 t
Vulkan Centaur 11,0 t
Vulkan ACES 17 t

Wenn man die GSLV herausnimmt, die bisher auch keinen kommerziellen Start hatte so liegt bei den anderen Modellen die Einzelstartnutzlast bei 6,5 bis 8.3 t. Die größeren Modelle die Doppelstarts zulassen zwischen 11 und 22,2 t, wobei die SpaceX Angaben für einen geneigten GTO Orbit ist mit 15-20% kleinerer Nutzlast für den Standard GTO. Wenn man die chinesischen Modelle wegen des Exportembargos ausnimmt, gäbe es bei 13 t GTO-Nutzlast mindestens zwei verfügbare Träger (New Glenn und Falcon heavy), bei Ausbau der Vulkan sogar drei. Man sollte die Nutzlast der Ariane 6 daher so auslegen, dass die Ariane 62 eine große Einzelstartnutzlast transportieren kann, also 7,5 bis 8,3 t Nutzlast aufweist und die Ariane 64 dann bei etwa 13-14 t liegt. Abzüglich der Verkleidung und des Adapters für den unteren Satelliten sind das dann 12,3 bis 13,2 t netto in den GTO oder heute zwei großen 6 t Satelliten mit Wachstumspotenzial das man in einigen Jahren dann einen schweren und einen mittleren und in fernerer Zukunft dann einen schwereren und einen leichten transportieren kann. Spätestens, wenn die Satelliten dann nur noch Einzelstarts zulassen, wird man die Ariane 7 fordern.

Meiner Ansicht nach hat die Ariane 6 auch diese Nutzlast, denn sie hat eine größere Startmasse als die Ariane 5, modernere und leichtere Booster und eine leistungsfähigere Oberstufe. Das man sie mit kleinerer Nutzlast projektiert kann ich mir nur mit gezielter Verschlechterung von Leistungsdaten erklären. Besser wäre es gleich so zu konstruieren, dass man die Nutzlast erreicht, auch wenn vielleicht die Investition in einige neue Technologien höher ist.

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