Bernd Leitenbergers Blog

Die Lösung für ein überflüssiges Problem: Reisen im Sonnensystem

Heute geht es um die Machbarkeit von Reisen im Sonnensystem in Science Fiction. Science Fiction ist eher Fiction und hat meiner Ansicht eigentlich nichts mit Science zu tun. Wissenschaft hat da nichts zu suchen. In allen Science Fiction Formaten, die ich kenne, tauchen Dinge auf die physikalisch unmöglich sind. Wenn man die Wissenschaftlichkeit ansieht, dann schneiden diese nicht besser ab als Grimms Märchen. Manchmal sogar schlechter: Heute wäre, mit Googles Sprachsuche und dem Hang jedermanns Selfies zu publizieren, sogar Schneewittchen weitestgehend möglich.

Heute will ich mich einem ganz trivialen Problem widmen. In allen Science Fiction Formaten, die ich kenne, gibt es praktisch keine Reisezeiten. Mittlerweile hat sich wohl rumgesprochen, dass das Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit nicht möglich ist, aber selbst im Sonnensystem gibt es schon Probleme.

Wenn es mal Kolonien auf anderen Himmelskörpern gibt. Wie lange wird man Wohl dahin reisen müssen? Ich denke die meisten werden subjektiv als Obergrenze wohl einen Tag ansetzen, so lange ist man auch heute im Flugzeug maximal unterwegs. Alles, was zeitlich darüber hinaus geht, braucht die Möglichkeit zu schlafen und man will mehr Privatsphäre haben, Schiffe haben deswegen Kabinen. Klar, das ist zeitabhängig. Vor 100 Jahren war man eine Woche unterwegs um nur den Atlantik. Entdeckungsreisen dauerten Monate oder Jahre. Aber ich glaube nicht, dass man das Rad zurückdrehen kann. Es gibt nur wenige die heute per Schiff woanders hin reisen also nicht als Kreuzfahrt sondern als Überfahrt.

Wie lange ist man im günstigsten Fall im Sonnensystem unterwegs?

Zuerst mal hängt das von der Geschwindigkeit ab und die muss man erst erreichen, man beschleunigt also. Physikalisch vorgegeben bekommt man die kürzeste Reisezeit für eine Strecke, wenn man zuerst beschleunigt, bis man die Hälfte der Strecke erreicht hat, dann dreht und dann wieder abbremst. Am Ziel kommt man dann wieder mit Geschwindigkeit Null an. Nach der einfachen Gleichung:

S = ½ a

folgt für die halbe Strecke

S = a

Für normale Passagiere dürfte die einzige Beschleunigung sein die dauerhaft tolerierbar ist die Erdbeschleunigung sein, mehr halten Astronauten aus, doch die sind dem auch nur Minuten ausgesetzt. Hier reden wir, wie sich bald zeigen wird von Tagen. 1 g hat auch den Vorteil, das man dann Erdbedingungen hat. Die Leute können sich also normal bewegen. Nur wenn man in der Mitte der Strecke kurz stoppt, müssen sie sich anschnallen, dass sie nicht schwerelos herumschweben.

Wie weit ist die Strecke? Marssonden legen für die minmal 56 bis 100 Millionen km zum Mars ohne Probleme 300 Millionen km zurück, sie durchfliegen einen Kreisbogen. Doch mit 1 g erreicht man von einer Erdbahn aus in 900 s schon die Fluchtgeschwindigkeit aus dem Sonnensystem. Dann fliegt man gerade und man kann als Strecke die Entfernung zum Planeten nehmen. Bei Mars sind das je nach Position relativ zur Erde 56 bis 400 Millionen km. Mit a = 10 m/s (etwas über 1 g) kommt man dann auf 41,6 bzw. 111,2 Stunden also mehr als einen und bis zu fünf Tage.

Für die Kolonie auf Ganymed (630 bzw. 930 Millionen km) sind es dann 139,5 bzw. 169,5 Stunden und wenn man bis zum Neptun will, sind es rund 373 Stunden oder über 15 Tage. Das sind also keine kurzen Trips. Entsprechend dürften die Transporter auch nicht Flugzeugen ähneln also mit vielen Sitzreihen, sondern eher Schiffen, mit kleinen Kabinen. Aber das Zusatzgewicht spielt bei solchen Trips keine große Rolle, denn es gilt ja auch:

E = ½ m

v = a t

Da ich dauernd beschleunige wird v bis zum Mittelpunkt immer größer, dann vernichte ich Energie, da ich wieder Geschwindigkeit abbaue. Mit dem obigen Zusammenhang wird dann

E = 2 S a m

Kurzum: Die Energie steigt mit der Distanz an, weshalb man zumindest bei den inneren Planeten schnelle Routinen bevorzugen wird. Das steht allerdings im Widerspruch der Science Fiction, die ich kenne, da wartet man nicht, bis alle zwei Jahre der Mars nahe kommt. So ein kurzer Konferenzbesuch ist ja dann eh nicht möglich und wegen der Zeitverzögerung auch keine Videokonferenz.

Wenn man heute bei einem Passagierflugzeug die Masse des Flugzeugs ohne Treibstoff auf den Passagier umlegt, kommt man auf rund 500 kg pro Person, bei einem Auto sieht es ähnlich aus. Nehmen wir mal in ferner Zukunft gelte das auch so nur gäbe es da mehr Komfort, sodass in den 500 kg eine Kabine drin wäre, dann bräuchte man zu Mars pro Passagier (600 kg mit dem Raumschiffanteil) eine Energie von 6,7×10^14 bis 4,8×10^15 . Für Jupiter im Mittel 9,36×10^15 und Neptun von 5,4×10^16 J.

Das ist eine Menge. Ein Kraftwerk mit 1 GW Leistung liefert am Tag 8,64×10^13 J. Für einen Passagier und geringste Marsdistanz müsste es 8 Tage lang laufen, was bei heutigen Strompreisen (Produktionskosten ohne Zuschläge 6 ct/kW, 1 kW = 3,6 MJ) 11,2 Millionen Euro kosten würde.

In einem Kernfusionsreaktor als beste Energiequelle, die derzeit denkbar ist, erfolgt die Fusion von Deuterium mit Tritium unter der Abgabe von 17,6 MeV Energie pro Reaktion, das sind 1,7×10^12 J pro Mol. Man müsste also je nach Distanz zwischen 395 und 31800 Molen oder rund 2,37 bis 190,8 kg nuklearer Treibstoff pro Person rechnen. Allerdings nur, wenn man 100 % Wirkungsgrad erreicht, was ebenfalls aus physikalischen Gründen nicht möglich ist.

Eine andere Rechnung. Bei der Klimaschutzkonferenz kam ja wieder mal zur Sprache, das, wenn jeder auf dem Planeten so viel Ressourcen verbraucht, wie ein Bundesbürger man davon zweieinhalb benötigte. Nehmen wir mal an Ressourcenverbrauch und Energieverbrauch wären dasselbe dann kann man folgende Rechnung anstellen:

Der Primärenergieverbrauch der GRD beträgt 13.500 PJ oder 40.000 kW pro Person. Für den günstigsten Fall (56 Millionen km Marsreise) ist der Energieverbrauch 5.600-mal so groß wie der heutige durchschnittliche Energieverbrauch. Wir bräuchten also, wenn jeder pro Jahr nur eine Reise macht, schon einige Erden mehr, um die ganze Energie bereitzustellen.

Immerhin, würde man nur den Strompreis für die Energie zahlen, Reisen wären billiger als heute eine Marsmission, außer natürlich bei Elon Musk, aber bei dem sind sie genauso real wie Science Fiction …

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