Letzte Woche kam der Urteilsspruch des Bundesverwaltungsgerichts zum Thema Fahrverbote in Innenstädten und anscheinend hat sich jeder gerade das rausgesucht, was ihm in den Kram passt. Die für eine reinere Luft klagenden Umweltverbände, dass die Klage erfolgreich war, die Städte, dass die besonderen Umstände berücksichtigt werden müssen, Handwerker und Lieferanten, dass es Ausnahmegenehmigungen geben kann und die Bundespolitik, dass es ja eigentlich niemanden betrifft und man nichts machen muss. So Merkel. Denn es sind ja nur 66 Gemeinden, also so kleine Dörfer wie Berlin, Hamburg, München, Stuttgart, Dresden und die vielen kleinen Dörfer im Ruhrgebiet wie Düsseldorf, Köln, Duisburg … Kurzum: In den 66 Städten dürfte wohl ein größerer Anteil der Bevölkerung wohnen. Eigentlich auch logisch den der Dreck entsteht ja nun mal durch Autos und die findet man vor allem in großen Städten und nicht in kleinen Dörfern auf dem Land.
In den letzten Tagen gab es dann auch viel Berichterstattung zu dem Thema. Handwerker und Dienstleister fürchten darum, nicht mehr in die Innenstadt fahren zu können, weil viele Transporter und Kombis von Handwerkern Diesel sind. Verbraucher befürchten einen Wertverlust ihrer Dieselfahrzeuge und Autohändler berichten das schon vor dem Urteil, dass Euro-3 und Euro-4 Diesel unverkäuflich seien. Man bekäme sie für ein Appel und ein Ei. Weil sie aber niemand kauft, gehen sie nach Polen.
Nun sind alle überrascht. Diesel sind dreckig. Offensichtlich leiden Autofahrer unter Scheuklappenblindheit. Jeder der mal einen Autoauspuff bei laufendem Motor angesehen hat sieht, was da an Dreck raus kommt. Die Wolke ist unübersehbar und auch Benziner emittieren Feinstaub. Einfach mal ein Taschentuch an den Auspuff halten. Und das da NOx raus kommt weiß jeder Radfahrer, der hinter einer Dreckschleuder in der Schlange vor der Ampel wartet.
Nein ich will nichts mehr zur Automobilindustrie sagen, das habe ich schon zu genügend im Blog getan. So hier, und hier, Natürlich auch hier. Eine Analyse findet sich auch. Und das Grundproblem gab es schon 2009. Diese Industrie hat in Deutschland Narrenfreiheit. Sie kann machen was sie will, sie wird von der Politik nicht belangt, eher gefördert und beschützt. Nicht einmal jetzt, wo es Fahrverbote geben soll und die deutschen Automobilbauer Rekordgewinne aufweisen, die locker für die Umrüstung aller Diesel reichen würden setz sich die Regierung für die kostenlose Umrüstung der Diesel durch die Hersteller ein.
Nein es geht in diesem Blog um das Auto selbst und den Autofahrer. Meine Meinung: Es gibt Bürger zweiter Klasse und es gibt Autofahrer. Sie werden bevorzugt. Es werden laufend neue Straßen und Autobahnen gebaut, aber kaum Fahrradwege oder auch nur Bürgersteige. Im Neubaugebiet in der Nachbargemeinde gibt es nur an einer Straßenseite einen Bürgersteig. Ganz zu schweigen von der Breite. Selten sind Fahrradstreifen und Bürgersteige so breit, das zwei Fußgänger oder Fahrradfahrer nebeneinander fahren können ohne das einer ausweichen oder Absteigen muss. Bei Straßen für Autos ist das selbstverständlich – außer sie sind von beiden Seiten zugeparkt. Dabei sind sie naturgemäß viel breiter als die Wege für andere Verkehrsteilnehmer. Nicht mal den wenigen Platz den Fußgänger und Fahrradfahrer brauchen wollen ihnen also die Gemeinden zustehen.
Dafür ist trotz Neubaugebiet, also Einhaltung der neuen Vorschriften, dass pro Wohneinheit eine bestimmte Anzahl an Stellplätzen vorhanden sein muss, die Straße zugeparkt. Einfacher Grund: Die Häuser sind zweigeschossig und haben eine Garage. Pro Geschoss kann eine Familie einziehen, das bedeutet, dass man mindestens zwei Stellplätze braucht, wenn man den Bundesdurchschnitt nimmt, (es gibt mehr zugelassene Autos als Führerscheinbesitzer) müssten es sogar vier sein.
Ich rate keinem Fahrradfahrer, sich das gleiche Recht zu nehmen wie ein Autofahrer, also sein Fahrrad zu den Autos auf der Straße zu parken oder in der Mitte der Fahrbahn zu fahren. Obwohl nach der Straßenverkehrsverordnung alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind, empfinden das viele Autofahrer als Unverschämtheit und räumen das Fahrrad weg, um einzuparken. Nicht immer ohne Beschädigungen. Beim Fahren in der Mitte wird es sogar gefährlich. Autofahrer sind auch die Einzigen, die meinen Hupen zu müssen, übrigens immer erst dann, wenn das, weshalb sie hupen, eigentlich vorbei ist, also, nachdem sie überholt haben oder jemanden ausgewichen sind. Sinn würde es nur machen, wenn man das vorher tut, um jemanden zu warnen, wobei ich dabei nur zusammenzucke und das ist kontraproduktiv. Fahrradfahrer klingeln erheblich seltener und auch Fußgänger rufen nicht dauernd anderen hinterher. Daran sieht man schon die Eigenheit mancher Fahrzeugbesitzer.
Dem Autofahrer reicht es nicht, dass er bevorzugt wird gegenüber allen anderen, sowohl in überbauter Fläche wie exklusiv nutzbaren Straßen. Viele parken auch noch die Bürgersteige zu oder sind auf schmalen Feldwegen unterwegs, die für Autos eigentlich gesperrt sind, und belegen dann deren ganze Breite.
Deswegen muss man sich nicht wundern, wenn Städte sich so schwer tun mit Fahrverboten, obwohl es woanders doch geht. Es gibt in anderen Ländern Regelungen, nachdem man entweder für die Fahrt in Ballungsgebiete zahlen muss oder nicht jeder rein darf. z.B. abwechselnd nur gerade oder ungerade Endziffern der Nummer. Ich halte das auch für besser, anstatt Diesel zu verdammen. Denn ich glaube kaum, dass irgendein Autofahrer sich Gedanken um die Umwelt macht. Wenn das ein Gesichtspunkt beim Kauf wäre, dann würden sich Klein- und Kleinstwagen gut verkaufen und nicht wie in der Praxis SUV und Kombis.
Mein Vorschlag: Liebe Gemeinden erhebt eine Gebühr für die, die ins Stadtgebiet fahren. Das hat zwei positive Folgen. Zum einen fährt dann nicht mehr jeder in die Städte. Vielleicht kann man so die Grenzwerte einhalten. Zum Zweiten kann man das Geld nutzen, um den öffentlichen Nahverkehr zu verbessern. Das Problem dessen ist, dass er für die, welche nicht täglich zur Arbeit fahren müssen sehr teuer ist, die weichen dann lieber aufs Auto aus. Bei uns kostet ein Einzelticket oder eine Viererkarte zwei bis dreimal so viel wie die gleiche Fahrt anteilig bei einer Monatskarte (wenn man 20 Arbeitstage pro Monat annimmt). Wäre das billiger, so würden viele den OPNV nutzen, dann wären die Busse und Bahnen auch jenseits der Stoßzeiten zu Arbeitsbeginn und -ende voll – schon mal ein Vorteil, ohne dass es viel mehr Geld kostet. Man könnte aber mit dem Geld auch die Infrastruktur ausbauen oder zumindest die Taktung verkürzen. Oft stört ja nicht, dass die Fahrt zu lange dauert, sondern dass man viel Zeit mit dem warten auf den Anschluss verplempert.
Es muss nicht komplett kostenlos sein, obwohl ich denke das, das möglich wäre. Aber selbst wenn es komplett kostenlos wäre, fürchte ich wird es nicht viel ändern. Deutschland ist ein Autonarrenland. Anders kann ich es mir nicht erklären, warum es so viele Autos sind und für jede noch so kleine Strecke genutzt werden müssen. Warum die meisten so groß sind – oft größer als nützlich. Wenn bei uns in der Hauptstraße ein langer Kombi parken will dann muss der warten bis längere Zeit kein Auto kommt, weil er beim Ein-/Ausparken beide Spuren blockiert. Trotzdem sehe ich das jeden Tag und ich wohne in einer kleinen Gemeinde, da kommt niemand von außerorts zum einkaufen. Anstatt das jemand aus der Gemeinde also zu Fuß oder mit dem Fahrrad einkauft, nimmt er lieber einen sperrigen Kombi. Es geht ohne Auto, ich komme seit 53 Jahren ohne aus. Kleine Strecken gehe ich zu fuß, mittlere mit dem Fahrrad und wenn es weiter gehen muss dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich halte das Auto für einen Luxus, das ist es, auch wenn man mal zusammenrechnet, was es pro Jahr kostet. Doch den Luxus leisten sich eben zu viele, obwohl man schon lange nicht mehr flüssig unterwegs ist. Die Staumeldungen sind manchmal länger als die Hauptnachrichten. Ich weiß nicht, was passieren muss, damit sich was ändert. Vielleicht mal wieder autofreie Sonntage, idealerweise bei schönem Wetter. Ich glaube, wenn keiner fahren kann, dann würde sich etwas im Bewusstsein ändern, das es auch ohne Auto geht, ansonsten gibt es nur Neid auf die, die noch fahren dürfen.
Es ändert sich ja nicht mal was, wenn es teurer wird. Wie heiß es schon vor 35 Jahren „Und kostet das Benzin auch 3 Mark 10, scheißegal es wird schon gehen …“ Ja Markus, recht hast Du gehabt.