Bernd Leitenbergers Blog

Freifahrtschein für Raser

Gestern scheiterte ein Antrag der Grünen auf deutschen Autobahnen ein generelles Tempolimit von 130 km/h einzuführen. Das Ergebnis:

Für mich zeigt das sehr deutlich, wie es um unsere Regierung bestellt ist. Klimaschutz predigen, aber dann mit drei Flugzeugen zum Klimagipfel anreisen. Ein „Klimapaket“ verabschieden, das die Leute weg vom Individualverkehr und Fliegen zum Bahn- und Busfahren bringen will, aber kein Tempolimit einführen.

Natürlich bringt ein Tempolimit für den Klimaschutz wenig, das ist logisch. Aber zu hohes Tempo ist eine Hauptursache für zahlreiche Auffahrunfälle und es ist die Ursache das der Verkehr Immer wieder ins Stocken kommt. Wenn nämlich alle gleich schnell fahren, kommen auch alle gleichmäßig schnell voran, wenn aber einer dauernd beschleunigt und bremst dann bilden sich gerne Staus oder zumindest wird es zäh. Und Staus in denen Autos stehen, und der Motor weiter läuft verursachen definitiv Klimagase.

Bei einer Fraktionsstärke von 67 für die Grünen kann man davon ausgehen dass sie von anderen Fraktionen nur wenig Zustimmung bekommen haben, vielleicht ein paar Sozialdemokraten und Linke. Von Vorneherein total dagegen waren AFD und FDP, die beide ein Tempolimit als „Eingriff in die persönliche Freiheit“ ansahen. Für mich klingt das (noch dazu im fast selben Wortlaut) wie die Argumente der NRA beim Verbot von Schnellfeuergewehren und so ein bisschen ähnelt es auch der Diskussion dort. Ebenso blind sind diese beiden Parteien für das einfache Gegenargument das es nicht nur genügend Untersuchungen gibt, das durch ein generelles Tempolimit nicht nur die Unfallzahlen um 27 % sinken würden sondern auch alle schneller vorwärts kämen als mit „freier Fahrt für freie Bürger“. Und auch der Hinweis, das es in den Industriestaaten kein einziges andres Land gibt außer Deutschland in dem es kein Tempolimit gibt und die dort oft sogar noch niedriger als die 130 km/h sind und bei den meisten Nachbarn bei 100 bis 120 km/h liegen. Dort beschwert sich auch kein Bürger über mangelnde Freiheiten, geht bei vielen Parlamentariern zum einen Ohr rein und zum anderen Ohr raus.

Neben dem Vorteil für die Fahrer – ja es ist ein Vorteil wenn die Überlebenschance steigt und es weniger „spontane Staus“ also ohne Ursache wie Unfälle oder Baustellen gibt – würde ein Tempolimit auch ein Signal für die Klimapolitik sein. Nicht durch den eingesparten Sprit, sondern die Lenkungswirkung. Wenn es ein Tempolimit von 130 km/h gibt ist es völlig unsinnig ein Auto zu bauen das 200 oder gar 250 km/h Spitze hat. Denn man darf ja dann nicht so schnell fahren. Volvo setzt dies ja heute schon um. Allerdings begründet mit der Sicherheitstechnologie die oberhalb von 180 km/h auch nicht mehr schnell genug reagieren kann. Ich glaube allerdings auch das Menschen bei der Geschwindigkeit nicht schnell genug reagieren, zumindest bei den bei uns üblichen Abständen zwischen den Fahrzeugen. Und die Begrenzung auf 180 km/h ist auch nicht so dolle, vor allem wenn man weiß das in Schweden auf Landstraßen ein Tempolimit von 70 km/h und auf Autobahnen eines von 120 km/h gilt – das sind also immer noch 60 km/h mehr als erlaubt. Aber immer noch besser als 200+ km/h. Die Rechnung ist einfach: Ein Auto mit niedriger Motorisierung braucht auch wegen des geringeren Hubraums bei anderen Zyklen weniger Sprit und ist in jedem Falle leichter, was den Rollwiderstand senkt und damit den Spritverbrauch. In den Siebzigern hatten Autos typisch eine Höchstgeschwindigkeit von 130 bis 150 km/h und seltsamerweise braucht der Urgolf immer noch weniger Sprit als der heutige Golf.

Die Bevölkerung ist weiter – nach einer Umfrage sind 56,6 % für ein Tempolimit. Besonders enttäuscht hat mich dabei die SPD – denn die hatte schon 2007 auf einem Parteitag ein generelles Tempolimit beschlossen. Seitdem ist sie zweimal in der Regierung gewesen und hat es nicht umgesetzt. Auch jetzt wäre klar, das der Vorschlag wenn CDU, AFD und FDP dagegen sind scheitert, aber man hätte dann wenigstens zu diesem Beschluss stehen können, und trotzdem wäre der Koalitionsfrieden gewahrt gewesen, denn das Tempolimit käme ja nicht durch. Das unser Verkehrsminister kategorisch dagegen ist wundert nicht, denn er heißt ja nicht um sonst (be)scheuer(t).

So langsam glaube ich Markus war schon 1982 prophetisch. In seinem einzigen Hit „Ich will Spaß“ findet man vieles was heute selbstverständlich ist:

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