Seit den Koalitionsverhandlungen wissen wir ja was das „V-Wort“ ist. Nein nicht das was ähnlich wie gefiederte Tiere klingt, sondern „Verzicht“. Wer sich mal den Kohlendioxidausstoß eines Durchschnittsdeutschen anschaut, wird feststellen, dass der größte Brocken der Konsum ist. Nach Angaben des Bundesumweltamtes entfallen 3,79 t Kohlendioxid des jährlichen Ausstoßes von 11,17 t also rund ein Drittel auf die Konsumausgaben. Der Rest entfällt aus Strom & Heizung, Mobilität, Ernährung und öffentliche Emissionen.
Und nun die tolle gute Nachricht – anders als bei allen anderen Maßnahmen etwas für das Klima zu tun kostet eine Reduktion des Ausstiegs nichts, sondern bringt sogar noch Geld ein. Denn die einfachste Maßnahme ist – Verzicht. (das böse V-Wort) Einfach weniger kaufen. Dinge länger benutzen, Reparieren anstatt Neu kaufen. Ganz so einfach ist die Sache aber nicht. Konsumverzicht geht natürlich. Etwa ein Drittel der Kleidung wird ungetragen wieder entsorgt. Gerade an Weihnachten sind Geschäfte voller Dinge die man je nach Einstallung als „Deko“ „Nippes“ oder „Unnütz“ bezeichnet. Ich denke, wenn man sich nur das kauft, was wirklich gebraucht wird, dann kann man nicht nur einiges an Geld sparen, sondern auch seinen Kohlendioxid-Fußabdruck verringern. Das geht dann sogar in andere Gebiete wie z.B. Verkehr weiter, wenn es z. B. anstatt dem Straßenpanzer (SUV) ein Wagen ist, der genauso so groß ist, wie man ihn braucht. Oder man mal den Urlaub in der Nähe verbringt anstatt um die halbe Welt zu reisen.
Aber es ist nur ein Aspekt. Ein grundsätzliches Problem ist die Obsoleszenz, also die geplante Einschränkung der Haltbarkeit. Dinge werden so konstruiert, dass sie nicht lange halten. Das sind nicht nur Elektronikgeräte, das betrifft alle Sektoren. Paradebeispiel sind Handmixer. Ein Zahnradgetriebe treibt die Besen an und die Zahnräder waren früher aus Metall. Heute sind sie aus Kunststoff, sie erwärmen sich und verformen sich und das Gerät geht kaputt. Ich habe einen Mixer, den ich Anfang der Neunziger gekauft habe. Schwer durch das verbaute Metall, ich habe mir einmal wegen des Gewichts einen Neuen, leichteren gekauft doch der hielt gerade mal ein Jahr. Seitdem ist der alte Handmixer wieder dauernd in Betrieb. Ähnliches höre ich von Hochdruckreinigern, wo auch Kunststoffteile Metall ersetzt haben und die Hochdruckereingier nach relativ kurzer Zeit dann an Leistung verlieren.
Das Schlimme daran: früher konnte man sich verlassen, das, wenn man „Marke“ kauft, man etwas qualitativ hochwertiges, langlebiges, reparaturfähiges kauft. Dias ist heute schon lange nicht mehr so. Die Hochdruckreiniger von Kärcher leben auch nicht länger als die Eigenmarken in einer ähnlichen (zumeist etwas geringeren) Preisregion von Discountern und Baumärkten. Eine Baumknecht-Waschmaschine in meinem Ferienhaus (wo es nicht mal die Hälfte des Jahres belegt ist und dann auch entsprechend weniger gewaschen wird) hat gerade mal fünf Jahre gehalten. Ich glaube nicht, das die Hersteller sich damit einen Gefallen tun. Den der Anspruch den die Marke hat, ist ja, dass sie für Qualität steht. Wenn die Markenhersteller, nun um mit im Billigsegment mitbieten zu können, genauso minderwertig wie die anderen Hersteller dort produzieren, dann rächt sich dies. Denn man erwartet eben von der Marke mehr und wenn die Qualität nicht stimmt, dann trägt man das der Firma mehr nach als einer No-Name-Firma. Ich sehe natürlich den Spannungsbogen, dass der Hersteller in jedem Preissteigernd beteiligt sein will. Im Prinzip geht es ja um die Erwartungshaltung des Käufers und darum zu erkennen welche Qualität man kauft. Mein Vorschlag: führt definierte Begriffe ein, mit definierten Anforderungen an die Qualität, aber auch die Möglichkeit und Aufwand für eine Reparatur (Kosten, Zugänglichkeit) und die zeitliche Garantie der Verfügbarkeit von Ersatzteilen. Woanders gibt es ja so was. Netzteile werden seit Jahren nach ihrer Wirksamkeit in „Bronze“, „Silber“ und „Gold“ eingeteilt. Für Energieeffizienz gibt es den Zifferncode der Europäischen Union. Mein Vorschlag: Führt bei allen Geräten, die langlebig sind oder zumindest sein sollen so was ein. Von mir vorgeschlagene Begriffe wären z. B. „Basic“, „Standard“, „Premium“. Basic – heißt zum Beispiel auf die Lebensdauer bezogen – mittlere Lebensdauer liegt im Bereich der Herstellergarantie, Standard dann fünf Jahre Lebensdauer und Premium zehn Jahre. Analoge Anforderungen muss es natürlich für die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und die Zugänglichkeit für Reparaturen geben. Insbesondere hochpreisige Apple-Geräte haben z. B. Akkus die nicht auswechselbar sind.
Zur Reduktion des Kohlendioxidgehaltes von Konsumgütern gehört aber natürlich auch, die Wiederverwertung zumindest des Materials. Dazu gehört es möglichst wenige verschiedene Materialien zu verwenden und eine leichte Trennung dieser. Noch besser wäre wenn man Teile direkt wiederverwenden könnte. Gerade bei der Weiterverwertung sind wir noch am Anfang. Nach Gesetz darf man elektronische Kleingeräte beim Kauf eines neuen wieder ins Geschäft zum Recycling abgeben. Nur nehmen viele Geschäfte diese „Rückgaben“ nicht an und der Online Handel ist sogar ganz außen vor. Elektrogroßgeräte wie eine Waschmaschine oder Kühlschrank kann ich beim Kauf eines neues Gerätes abholen lassen oder von dem Abfallwirtschaftsamt entsorgen lassen. Beides mal gegen Gebühr, aber das ist in Ordnung. Da klappt es wenigstens mit der Entsorgung. Richtig schlimm ist es mit allen Geräten zwischen Klein und Groß. Die soll man dann als Bürger zur Recyclingstation bringen. Dort wird sie in einen Container geworfen, geht dabei meistens kaputt oder ist zumindest so beschädigt das auch das einfache auseinandernehmen zur Trennung erschwert ist. Also für mich sieht Verwertung anders aus. Vor allem ist das ein System für Autofahrer. Meine Recyclingstation ist 3,5 km entfernt zwischen zwei Ortschaften. Noch habe ich das Glück das, wenn ich was habe ich mich bei meinem Bruder mit einhängen kann, um es abzugeben. Wenn das mal nicht mehr geht, werde ich es wohl mit einem Bollerwagen über die Distanz transportieren müssen. Ob ich das noch mache? Ich glaube eher nicht. Ein sinnvolles System sieht bei mir anders aus. Mein Vorschlag: ein bis zweimal pro Jahr gibt es einen Sammeltermin für einen bestimmten Stadtteil, wo wie beim Sperrmüll alles mitgenommen wird. Dann können Wägen jeweils ausgelegt für ein Gut nacheinander die Straßen abklappern und sortenrein Fernseher, Staubsauger etc. separat sammeln.
Nun zu meinem zweiten Thema das aber meiner Ansicht nach gut zum Thema passt. Nämlich Corona. Was hat Corona mit Klima zu tun? Vieles. Das Klima betrifft wie Corona alle Menschen weltweit. Es wird immer schlimmer, wenn man nichts unternimmt, und die negativen Veränderungen sind nicht linear. Im Prinzip ist die Coronapandemie die Klimakatastrophe im Zeitraffer (oder die Klimakatastrophe die Coronapandemie in der Zeitlupe). Weitere Gemeinsamkeiten: Je früher man etwas tut und je mehr man tut, desto geringer sind die negativen Folgen bzw. desto mehr kann man mit den Maßnahmen ausrichten. Ebenso wichtig und in beiden Fällen komplett unterschätzt – es ist ein weltweites Phänomen. Wir müssen nicht nur bei uns etwas fürs Klima tun, sondern auch andere Staaten unterstützen, die nicht das Geld haben und noch viel ineffizienter Energie nutzen. Ebenso müssen wir auch dafür sorgen der Entwicklungsländer möglichst schnell ein hohes Impfniveau bekommen. Ich halte es für keinen Zufall, dass die Delta Variante in Indien zuerst auftauchte und die Omikron Variante in Südafrika. Beim Klima gibt es ja das grundsätzliche Problem, das Maßnahmen heute Geld kosten, aber erst in Jahrzehnten wirken, noch bedeutsamer – die BRD alleine wird auch das Klima nicht retten können. Eben sowenig wie Corona keine Gefahr mehr ist solange sie noch in einem Land auf der Welt grassiert, denn wie wir ja bei der Pandemie und allen „Varianten“ gesehen haben, sie verbreiten sich durch Reisen selbst aus entlegensten Gebieten in Südafrika oder chinesischen Provinzen innerhalb von Tagen über die ganze Welt.
Bei Corona kann die Politik anders als bei Klimaveränderungen auf kleinen Zeitskalen reagieren und aus Nachlässigkeiten oder Fehlentscheidungen lernen. Fehler äußern sich innerhalb von sieben Tagen in steigenden Inzidenzzahlen und in 14 Tagen kommen dann die ersten Patienten auf den Intensivstationen an. Das sollten Zeiträume sein, mit denen auch Politiker nachkommen, die ja sonst in Zeiträumen von maximal vier Jahren denken. Aber nun sind wir in der vierten! Welle. Wieder einmal hat man im Sommer sich auf (angeblichen) Erfolgen ausgeruht, die letztendlich aber nur der Witterung geschuldet waren und wieder einmal ist wieder die Rede von demselben Katalog an Maßnahmen. Und da unterscheidet sich die neue Ampel nicht von der alten Regierung – übrigens auch beim Klima nicht, denn da haben FDP (von der war es zu erwarten) und SPD (die sich anders als die FDP ja auch als Klimaretter aufgespielt hat) die Forderungen der Grünen zusammengestrichen. Wenn sogar Andreas Scheuer sagt, was im Koalitionsvertrag über Verkehrspolitik drinsteht hätte er auch aushandeln können, dann ist eigentlich schon alles gesagt.
Wer den Blog regelmäßig besucht weiß, ich halte wenig von Politikern und Politik. Aber sie schafft es regelmäßig meine eh schon geringen Erwartungen noch negativ zu unterbieten.
Passender Song zum ersten Teil des Blogs: Mit leichtem Gepäck von Silbermond.