Bernd Leitenbergers Blog

Die Mainachlese 2023 von SpaceX – erster Teil

Die Mainachlese zu SpaceX gibt es, weil sie doch etwas arg lang wurde, weil es so viele Neuigkeiten gibt in zwei Teilen. In diesem ersten Teil beschäftige ich mich nochmals mit dem Teststart und im zweiten Teil komme ich dann zu weiteren Neuigkeiten zu SpaceX.

Durch den so grandios gescheiterten Teststart des ersten Super Heavy / Starship Gespanns gibt es wieder genügend Material um eine Nachlese zu rechtfertigen. Ich bleibe auch beim ersten Punkt beim Teststart vom April. Nach dem Teststart habe ich einen Beitrag über die Technik des Gespanns geschrieben und mich dabei ernsthaft damit beschäftigt. Vorher macht dies meiner Einsicht nach wegen der dauernden Revision des Konzeptes bei SpaceX keinen Sinn. Für die Website die ja anders als der Blog auch dauerhafter sein soll wäre ich sonst dauernd am korrigieren. Dabei fiel mir etwas auf: ich bin bisher davon ausgegangen, dass die Drehung des Starships am Ende der Brennzeit der ersten Stufe eine Folge des Steuerverlustes ist. Das ist auch eine sinnvolle Erklärung. Aber beim Schreiben des Artikels wurde ich erstmals auf die „neue“ Methode der Stufentrennung aufmerksam. Aber da ich davon ausgehen kann, dass sich wieder etliche SpassX Fans hier einfinden, also Leute die keine Ahnung von Raumfahrt jenseits von SpaceX haben, erkläre ich erst mal ein bisschen.

Eine Stufentrennung ist nicht trivial. Sie hat zwei Aufgaben. Sie soll die beiden Stufen separieren, damit diese nicht zusammenstoßen. Die zweite Aufgabe ist, dass sie die Zündung der oberen Stufe vorbereiten soll. Dazu gibt es zwei eingeführte Methoden. Bei beiden muss als vorbereitenden Schritt aber die Verbindung durchtrennt werden, meist durch kleine Sprengladungen. Bei kleinen Oberstufen oder wenn die Abtrennung noch bei einer arbeitenden Stufe erfolgt, wie bei angeflanschten Boostern, kann man Federn nehmen, die werden vor dem Start gespannt, und die Federkraft drückt die Booster/Stufe weg. Diese Federn können bei Boostern relativ groß sein. Die Federkraft ist eine eher kleine Kraft. Für große Stufen nimmt man daher eigene Raketen, als Retroraketen bekannt. Das sind üblicherweise Feststofftriebwerke, da man diese so konstruieren kann das sie einen hohen Schub über kurze Zeit abgeben. Retroraketen heißen sie, weil man sie zuerst in die untere Stufe montierte, damit sie diese abbremsen. Später baute man sie auch in obere Stufe ein. Dann haben sie zwei Vorteile: Sie beschleunigen die Stufe etwas und sie sammeln durch die Beschleunigung den Treibstoff am Boden, das erleichtert die Zündung. Bei den Saturn IB wurde die Stufentrennung gefilmt und man sieht die drei Raketen deutlich vor dem Haupttriebwerk zünden.

SpaceX setzt bisher bei der Falcon 1 und 9 jeweils Federn ein. Ein Falcon 1 Start scheiterte, weil deren Kraft zu gering war. Seitdem vergehen einige Sekunden zwischen Brennschluss der ersten Stufe und Abtrennung, in der restliche Gase in den Leitungen noch expandieren können und der Restschub abklingt. Die Falcon 9 ist schon soweit ich weiß, die größte Rakete die diese Methode einsetzt. So hätte ich erwartet, dass SpaceX nun bei der Super Heavy Raketen einsetzt. Sie haben mit den Super-Dracos auch Triebwerke im Sortiment, die sehr schnell ihren Schub aufbauen und für die Abtrennung der Dragon von einer explodierenden Rakete dienen. Also ideal für den Zweck geeignet, anders als Feststofftriebwerke leicht wiederverwendbar. Doch SpaceX setzt ein neues Konzept ein, dass so vermute ich garantiert vom Chef-Ingenieur Elon Musk stammt. (Ja so heißt der dort tatsächlich). Verbunden sind die Stufen durch Riegel, die durch eine Drehung gelöst werden. Zum Brennschlussende drehen sich nach Plan die 13 zentralen Raptor-Triebwerke, sodass die Rakete in eine Drehung gerät und sich neigt. Die Drehung löst die Riegel zwischen beiden Stufen und sie trennen sich. So eine mechanische Trennung kenne ich nur bei den Außenblöcken der R-7 die bei Brennschluss keinen Schub mehr haben und dadurch eine Drehverbindung zum Zentralblock gelöst wird. Dort klappt das – meistens, aber nicht immer, so löste sich bei Sojus MS-10 einer der Booster nicht ab und der Fluchtturm löste aus. Der funktionierte wie man sieht, obwohl er auf der Technik der Sechziger Jahre basiert, während das Flugterminationssystem von SpaceX offensichtlich beim Teststart nicht funktionierte.

Da der Kommentator die Stufentrennung zum selben Zeitpunkt ankündigt, kann diese Drehung auch die vorgesehene Drehung zur Stufentrennung gewesen sein. Nach Musks Angaben hat SpaceX dann nicht versucht die Stufen zu trennen. Das kann man glauben, muss man aber nicht. Jede Rakete ist nach dem Abheben autonom, wird von ihrem eigenen Bordcomputer gesteuert. Denn es kann ja die Verbindung zur Bodenstation verlorengehen, bzw. bei langen Missionen ist das in jedem Fall so. Das einzige was nach dem Abheben noch möglich ist, ist das Senden des Selbstzerstörungssignals, falls das bordeigene System nicht selbst auslöst. Noch nie in der Raumfahrt wurden Stufen per Bodenkommando getrennt. Bei der Beschreibung dieses Mechanischen Systems sehe ich auch keine Möglichkeit dies zu tun. Entweder die Vereieglung löst sich oder sie tut es nicht. Vielmehr scheiterte die Trennung und die weiter gehende Rotation beweist das das System noch lange Zeit versuchte die Trennung zu initieren. Ebenso habe ich berechtigte Zweifel an der Aussage von Musk, dass man bei der Missionskontrolle die Selbstzerstörung initiiert hat, aber diese erst 40 Sekunden später auslöste. Also wenn SpaceX dieses Kommando über Schallwellen sendet, dann würde das noch durchgehen, aber man kann davon ausgehen das es wie bei allen anderen Raketen ein besonders gut kodiertes Funkkommando ist. Das wird empfangen und ausgeführt oder eben nicht empfangen. Aber in keinem Falle wird es empfangen und löst nach 40 Sekunden aus. Vielmehr haben Beobachter den Kurs der Rakete rekonstruiert und herausgefunden das die Sprengung am Rande des Korridors erfolgte, der bei der FAA beantragt wurde. Das bedeutet das bordeigene Flugterminsationssystem hat ausgelöst, aber erst als die Raketen den Sicherheitskorridor verließ, nicht weil es vorher schon feststellte das Kurs, Geschwindigkeit oder Lage nicht stimmten. Das passt dazu, dass SpaceX ursprünglich gar kein Selbstzerstörungssystem installieren wollte, es erst als eine Forderung der FAA tat. Meiner Meinung nach hat SpaceX in diesem System das sie ja nicht haben wollten genau das implementiert was die FAA forderte, nämlich eine Sprengung wenn die Rakete den Flugkorridor verlässt. Woanders wird die Rakete auch gesprengt, wenn etwas an Bord total falsch läuft wie beim Ariane 5 Jungfernflug. Meiner Ansicht nach lässt dies tief in das Sicherheitsverständnis und das allgemeine Vorgehen bei SpaceX blicken. Aber wie sagte Elon Musk, bei den Testflügen sei „Unterhaltung garantiert“, ich wusste das schon vor Jahren und habe die Firma in SpassX umbenannt.

Eine zweite Sache die mir auffiel als ich die Zusammenfassung eines Chat von Elon Musk durchlas war die Wortwahl bei seienr Beschreibung der Triebwerke. Triebwerke wurden abgeschaltet weil sie nicht für „healthy“ gehalten wurden, aber man „lost communication with another engine“. Beide Aussagen lassen den Schluss zu das ein Triebwerkscontroller wie ihn auch das Space Shuttle hatte eingesetzt wird. Der schaltet ein Triebwerk ab bevor es außer Kontrolle gerät. Doch selbst dann hat man noch Messwerte von ihm. Verliert man die Kommunikation dann sind die Leitungen zum Triebwerk oder dem Controller getrennt, kurz es ist explodiert. Auf Aufnahmen sieht man zu diesem Zeitpunkt (T+30 Sekunden) auch einen Blitz oberhalb der Düsen. Das ist von Bedeutung. Zum einen weil ein Triebwerkskontroller je genau das verhindern sollte. Zum anderen weil die Super Heavy wegen der vielen Triebwerke durchaus mit einem Ausfall einzelner Triebwerke leben kann, aber eine Explosion eben auch umliegende Systeme beschädigt, das können andere Triebwerke sein, oder wie Beobachter meinen, die Hydraulik zum Schwenken der Triebwerke.

Inzwischen hat die Firma bei der FAA die Genehmigung für einen weiteren Teststart zwischen dem 15. Juni und 15. Dezember 2023 beantragt. Ich würde die Erwartungen nicht zu hoch hängen, dass in diesem Sechsmonatsfenster auch der Start erfolgt. Zum einen hat SpaceX ja schon mal so einen Antrag für diesen Teststart gestellt und der Zeitraum begann am 1. Juli 2021. Zudem hat die FAA eine Untersuchung angestellt, weil die Zerstörungen am Boden nun nicht gerade damit verträglich ist, was die FAA mit ihren Auflagen erreichen soll, nämlich dem Schutz Dritter. Betroffen waren auch Anwohner des 9 km entfernten Port Isabel. Daneben wurde die FAA selbst verklagt, von Umwelt- und Naturschutzverbänden weil sie zu leichtfertig den Start freigab. Beides dürfte dazu führen dass die FAA genauer hinsieht und SpaceX erst mal viel nachbessern muss, bis die Firma eine neue Startgenehmigung erhält.

Hier noch eine kleine Zusammenfassung des bisherigen Textes durch Bing AI:

Der Text beschreibt den gescheiterten Teststart des ersten Super Heavy / Starship Gespanns von SpaceX. Der Autor, der bekannte Raumfahrtkenner, Bernd Leitenberger geht auf die Technik des Gespanns ein und erklärt die Methode der Stufentrennung. Er beschreibt, dass SpaceX ein neues Konzept einsetzt, bei dem die Stufen durch Riegel verbunden sind, die durch eine Drehung gelöst werden. Der Autor äußert Zweifel an der Aussage von Elon Musk, dass man bei der Missionskontrolle die Selbstzerstörung initiiert hat. Er vermutet, dass das bordeigene Flugterminsationssystem ausgelöst hat. Der Autor geht auch auf einen Chat von Elon Musk ein und beschreibt die Wortwahl bei der Beschreibung der Triebwerke. Er vermutet, dass ein Triebwerkscontroller eingesetzt wird und dass eine Explosion eines Triebwerks umliegende Systeme beschädigt haben könnte. Schließlich erwähnt der Autor, dass SpaceX bei der FAA die Genehmigung für einen weiteren Teststart beantragt hat und dass es Untersuchungen und Klagen im Zusammenhang mit dem gescheiterten Teststart gibt.

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