In weniger als zwei Wochen ist Bundestagswahl. Wie seit einigen Wahlperioden gibt es dafür den Wahl-o-mat der Bundeszentrale für Politische Bildung. Wie in den letzten Jahren habe ich ihn besucht, weniger weil ich mir unsicher bin, was ich wähle, als vielmehr, ob ich in meinen Positionen noch mit der Partei übereinstimme, die ich wähle.
Diesmal habe ich ihn sogar zweimal besucht. Einmal bin ich ihn einfach durchgegangen und dann ein zweites Mal für den Blog. Verbessert gegenüber seinen Vorgängern wurde, dass man nun seine Standpunkte, mit denen der Parteien abgleichen kann, also nachlesen was in den Wahlprogrammen steht. Das ist recht interessant.
Das erste Ergebnis hat mich dann doch sehr überrascht. Die erste Partei mit hoher Überstimmung, die im Bundestag vertreten ist und deren Programm ich in etwa kenne, sind die Linken auf Platz 9, dicht gefolgt von der SPD auf dem nächsten Platz. Die Grünen liegen auf Platz 13 und das Bündnis Sahra Wagenknecht auf Platz 15. CDU/CSU, FDP und AFD liegen weiter unten, da der Wahlomat keine Exportfunktion als PDF oder Bild kennt, konnte ich bei 38 Parteien leider keinen Screenshot aller Ergebnisse machen.
Platz 1 ist „Die Partei“ die ich als Spaßpartei verstehe. Als sie ins EU-Parlament einzogen, wo es ja keine Fünfprozenthürde gibt, kündigte man an, das man abwechselnd – egal worum es geht – mit „Ja“ oder „Nein“ stimmen würde. Entsprechend liest sich auch das Parteiprogramm. Wer sich mal amüsieren will, kann dort nachschauen, interessanterweise fand ich keine Programm für diese Bundestagswahl. Ich vermute die hohe Übereinstimmung rührt daher das dieses Programm sich gar nicht um die Thesen kümmert und so als „neutral“ bei den Punkten bewertet wird. Kleine Kostprobe:
„13 Grüner Punkt für Atommüll
AKW werden ins Duale System aufgenommen. Betreiber werden verpflichtet, Brennstäbe und Verpackungen zurückzunehmen und für die Entsorgung des produzierten Mülls aufzukommen.“
Mein Tipp: wenn ihr eine Protestwahl machen wollt, dann wählt diese Partei, dann muss man selbst, wenn sie im Bundestags ankommen, wenigstens nicht befürchten, dass sie das Land ruinieren wie das der Fall wäre, wenn das Parteiprogramm von AfD oder BSW umgesetzt wird. Bei den letzten beiden Wahlen erreichte „die Partei“ jeweils 1,0 Prozent. Wenn also nur 4 Prozent derer die bisher aus Protest die Alternative für Deppen gewählt haben, wäre sie im Bundestag. Der Debattenkultur würde das sicher gut tun.
Bei den anderen Parteien auf den vorderen Plätzen weiß ich zu wenig über das Programm. Das an dem Wahlomat aber etwas nicht stimmt, fand ich bei Platz 8, der MLDP. Die kenne ich schon seit meiner Jugend und das ist eine ultrakommunistische, an Russland angebundene Splitterpartei, mit deren Ideologie ich rein gar nichts gemein habe.
Ich habe dann den Wahlomat nochmals durchgegangen, nun mit einem anderen Ansatz: ich dachte mir, das dieser Thesen bei der Beurteilung ausklammert, wenn ich auf „These überspringen“ klicke. Denn vieles ist für mich nicht wirklich wichtig, bzw. ich habe vielleicht eine Meinung dazu, aber wenn es anders kommt, ist es mir egal. Der Grundgedanke dahinter ist der: Man kann zwar gewichten, aber für die Entscheidung werden dann doch alle 38 Thesen herangezogen, auch wenn ich zu einer größeren Anzahl an Thesen gar keine Präferenz habe. Nach diesem Durchgang sieht es deutlich anders aus, ich möchte fast sagen: „es sieht besser aus“. Die SPD rückt nun an die Spitzenposition der etablierten Parteien. Die Grünen rutschen auf Platz 7, nur noch die Linken tauchen von den im Bundestag sitzenden Parteien noch in der Spitzengruppe auf. Vor allem ist die Übereinstimmung besser geworden, um 10 Prozent mehr bei den Grünen und nur noch 4 Prozent anstatt 14 Anstand zum Spitzenreiter. Ganz unten von den im Bundestag sitzenden Parteien sind FDP (achtletzter), CDU/CSU (sechstletzter) und AfD (vorletzter). Den letzten Platz belegt die Bayernpartei, kein Wunder, wenn eine Partei eigentlich nur ein Programm für ein Bundesland hat. Was bei einer solchen Partei im Bundestag rauskommt, hat man ja in den letzten Jahrzehnten gesehen, als die CSU den Verkehrsminister gestellt hat und Milliarden an Steuergeldern des Bundes nach Bayern gepumpt hat.
Ebenso wäre es für mich ein No-Go, wenn man meint, man könnte Klimaabkommen einfach aufkündigen und damit auch alle Klimaziele ad acta legen. Das zeigt nur das diese Parteien eine populistische Meinung vertreten. Klar das Klima wird global verändert und wenn Deutschland da aussteigt oder Vorreiter ist, es ändert an den globalen Emissionen wenig. Aber zum einen wird bei unserer Klimabilanz nicht berücksichtigt, dass wir vieles nur verarbeiten. Die meisten Rohstoffe und Halbprodukte die unsere Industrie verarbeitet importieren wir und berücksichtigt man dies, dann steigert sich unser „Fußabdruck“ doch deutlich. Letzten Endes wird man auch darauf achten müssen wie die Rohstoffe gewonnen werden, bzw. die anderen Ländern müssen auch ihre Klimabilanz einhalten und die Importe werden so teurer.
Vor allem aber sind wir Bestandteil der EU und wenn wir meinen die EU-Vorgaben nicht einhalten zu müssen dann sind Strafzahlungen fällig so lange bis wir dem nachkommen. In der Summe sparen wir also nichts ein, es wird nur teurer.
Zurück zur Wahl. Ich habe diesmal nachgedacht. Ich habe seit 1990 bei den meisten Wahlen Grün gewählt. Die einzigen beiden Ausnahmen waren bei einer Bürgermeisterwahl, wo es keinen grünen Kandidaten gab und bei der letzten Europawahl, wo ich ÖDP gewählt habe, da es dort keine 5-Prozent-Hürde gibt. Die Grünen von heute sind ja schon lange nicht mehr die Partei, die primär den Umweltschutz als Programm hat. Sie ist mehr in die Mitte gerutscht, mit einem radikalen auf Klima- und Umweltschutz ausgerichteten Programm gewinnt man keine 14 Prozent, da liegt sie derzeit bei den Umfragen, nur wenig unter dem Ergebnis von 2021, das schon das Beste in der Parteigeschichte war.
Ich habe mir überlegt, ob ich SPD wählen soll. Aber das Grundübel der Partei bleibt der Scholz. Er erklärt nichts, ich würde schon wissen, warum welche Entscheidung fiel und wenn man es genauer betrachtet gibt es im SPD-Programm auch einiges was mich stört, wie das man nicht der Ukraine alle Waffen liefern will, die sie braucht.
Etwas intensiver habe ich überlegt, ob ich die Linken wählen soll. Das wäre eine strategische Wahl. Der Grund ist relativ einfach: BSW, FDP und die Linken liegen nach den Umfragen um die 5 Prozent, könnten also ins Parlament einziehen oder auch nicht. Würden alle drei scheitern, so würden mindestens 15 Prozent der Wählerstimmen nicht berücksichtigt (es gibt ja auch noch andere Parteien, die nichts diese Hürde schaffen). Eine Mehrheit erreicht man dann schon mit 42,5 Prozent, denn das ist die Hälfte der verbliebenen 85 Prozent. Würden alle drei ins Parlament einziehen, so würde es nach dem Stand der Meinungsumfragen nicht mehr für eine Regierung CDU-SPD oder CDU-Grüne reichen, von den einzigen Zweiparteienregierungen wäre nur noch CDU-AfD möglich.
- Wer Protestwählen will, sollte „die Partei“ wählen. Viele Stimmen für die AfD können zu österreichischen Verhältnissen führen. Bei der Partei ist auch vom Programm her offensichtlich, dass es eine reine Protestpartei ist und nicht eine rechtsextremistische Partei.
- Wer staatliche Sozialleistungen bezieht, ein niedriges Einkommen oder Rente bezieht, für den bringt das SPD-Wahlprogramm (wenn es, aber das gilt für alle Programme – auch umsetzte wird) am meisten.
- Wer ein größeres Unternehmen hat, der sollte CDU wählen. Ihr Programm ist voller Wahlgeschenke für die Wirtschaft, die dafür benötigten 100 Milliarden Euro dürften dann von den Sozialabgaben eingespart werden.
- Selbstständige, Freiberufler, Besserverdienende finden traditionsgemäß im FDP-Programm die meisten Vorteile: Abschaffung des Soli auf Kapitalerträge, geringere Steuern für Spitzenverdienende. Da steht aber wenigstens drin, dass man diese Steuerbeträge dann bei den Zuschüssen zur Rentenversicherung und beim Bürgergeld einspart.
- Wer einen Staat will, der sich massiv in die Wirtschaft einmischt, gerne wieder in eine Abhängigkeit von Russland kommen will für den ist die Linke etwas. Sie will neue Gesetze um Mieten zu regulieren, Nahrungsmittelpreise etc.
- Wer eine Ein-Person-Partei wählen will, bei der diese das komplette Parteiprogramm bestimmt, man nicht einfach so in der Partei Mitglied werden kann und bei dem es bei Kapitulationsverhandlungen wie schon gesehen keine Kompromisse gibt aber ansonsten wenig Unterschiede zu AfD und Linke im Programm hat, der sollte BSW wählen.
- Wem es zu gut geht, er gerne 20 Millionen Menschen, die nicht von Geburt an Deutsche sind, deportiert sehen will, dafür durch einen Austritt aus der EU und eine nationale Währung einen wirtschaftlichen Niedergang haben möchte, der sollte AfD wählen.
- Wer weder zu den ganz Reichen noch dem unteren Drittel der Einkommenspyramide gehört, also dem typischen Mittelstand, für den hat komischerweise inzwischen die Grünen das wirtschaftliche beste Programm. Das liegt weniger an den Grünen, als vielmehr daran, dass sich die Programme von CDU und FDP so verschoben haben, das immer reichere Bevölkerungsgruppen am meisten davon haben.
- Immerhin: Die Leute lernen dazu, meist, aber wenn es zu spät ist. Nun hat sich ja Elon Musk radikalisiert und ist nun Chef des neuen Ministeriums D.O.G.E. Musks größtes Vermögen liegt in seinem auf 13 bis 15 % geschätzten Anteil an Tesla, deren CEO er ist. Teslas enormer Börsenwert beruht zum größten Teil auf dem Image von Elon Musk, der bisher als den Demokraten zugehöriger Visionär galt der die Welt retten will. Das Image ist nun kaputt und aus den Marsvisionen werden Spinnereien eines exzentrischen Millionärs, oder noch Schlimmer zu Visionen von jemanden der mit seinem Reichtum auf den Mars auswandern will und die Erde ihrem Schicksal überlassen.
Dem Absatz von Tesla tat diese Richtungsänderung nicht gut. Im Januar konnte die Firma gerade mal 1.277 Autos in ganz Deutschland absetzen. Der Umsatz brach um 60 Prozent ein. Der Absatz von batteriebetriebenen Fahrzeugen stieg in Deutschland aber um 53,5 Prozent im Januar. Nicht nur bei uns: In Frankreich brach der Absatz von Tesla im Januar um 63 Prozent ein, in Schweden und Norwegen um 44 Prozent beziehungsweise 38 Prozent und in den Niederlanden um 42 Prozent. In den USA wo er mehr im Fokus steht, sank der Absatz schon 2024. Tesla hat schon 2024 weniger Autos als 2023 verkauft.
Teslas Kurs ist so in einem Jahr von 488 auf 325 Dollar gesunken und das dürfte ihm weh tun, denn das hat sein Vermögen um rund 60 Milliarden Dollar verringert.
Allerdings kann es dann zu spät sein. Wenn eine Regierung mit der AfD aus der EU austritt und eine nationale Währung einführt, dann ist das unumkehrbar wie wir beim Brexit gesehen haben. Auch bei Wahlen gilt: Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber.