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Der kommerzielle Satellitenstartmarkt Teil 2

Dies ist der zweite Teil des Artikels über den kommerziellen Markt von Trägerraketen.

Teil 1

gab eine Einführung über die Bedeutung des Marktes und die Konkurrenten um GTO Starts. Dieser Teil 2 behandelt Trägerraketen für LEO Starts und die Vielzahl von neuen kleinern Trägerraketen die nach dem Start Abkommen aus Interkontinentalraketen entstanden sind.

Ein neuer Markt - Erdnahe Satelliten

Ariane wurde entwickelt um Europa unabhängig zu machen und günstig Satelliten in den geostationären Transferorbit zu befördern. Die Nutzlast wurde immer weiter gesteigert und nun ist Arianespace in diesem Marktsegment mit 60 % Anteil Marktführer. Seit 1996 taucht aber plötzlich ein neuer Markt auf.

Geostationäre Telekommunikationssatelliten wie sie Ariane startet, sind immer schwerer geworden. Ein solcher Satellit kann aus 36.000 km Höhe ein Land oder einen ganzen Kontinent mit 40.000 Telefonkanälen versorgen. Es sind theoretisch nur 3 für ein weltweites Netz nötig. Aber diese Satelliten sind auch weit vom Verbraucher weg. Zum Empfang benötigt man bei den leistungsfähigsten 60 cm Parabolantennen und zum Senden 1.5-2 m große Antennenschüsseln.

Für ein weltweites Mobilfunknetz sind derartige Satelliten nicht geeignet. Dafür muss man erheblich näher an die Erde. Es wurden zwei dieser Netze aufgebaut: Iridium und Globalstar. Ob weitere folgen werden ist ungewiss. Beide Pioniere haben sehr hohe Verluste eingefahren.

Die Satelliten sind aber andere als die geostationären Satelliten. Sie sind viel kleiner und wiegen unter 1000 kg. Sie werden in nur 800-2000 km Höhe abgeliefert. Dafür sind wesentlich mehr Satelliten nötig, denn der Sendebereich ist dadurch kleiner. Da die Bahnen viel erdnäher sind, transportieren die Raketen dorthin zudem etwa die doppelte Nutzlast im Vergleich zum GTO Orbit. Kurzum: Die geostationären Träger von heute sind dafür viel zu groß.

Das Iridiumnetz Satelliten wurde z.B. so gestartet:

Jeder Satellit wiegt nur 725 kg und gelangt in einen 780 km hohen SSO Orbit. Bei Globalstar wiegt jeder der 48 Satelliten nur 425 kg und gelangt in einen 1400 km hohen SSO Orbit, hinzu kommen 4 normale geostationäre Telekommunikationssatelliten.

Die relativ kleine Delta 2 kam so zu einer Renaissance. Auch die "lange Marsch 2C" mit nur 3.2 t LEO Nutzlast dies entspricht 1.0 t GTO Nutzlast kann so Nutzlasten verbuchen.

Weitere Konkurrenten können hinzu kommen. Für Iridium ist für einen Einzelstart nur eine Nutzlast von 725 km in den SSO Orbit notwendig. Für Globalstar ist die Nutzlastmasse von 425 kg sogar noch geringer, wenn auch dort der Orbit mit 1400 km höher ist. Andere Systeme mit 12- 288 Satelliten werden diesen beiden eventuell folgen.

Die Delta wird z.B. beim Iridium Projekt mit weniger Boostern ausgestattet (3 oder 4 anstatt 9) um die Nutzlastmasse zu senken, und die Delta ist schon der kleinste derzeit verfügbare GTO Träger. Für die russischen Proton Raketen die bei einem Iridium Start nur 4.9 anstatt ca. 14 t transportieren ist die Einnahme von Devisen wichtiger als die Auslastung der Rakete.

Im folgenden werden die wichtigsten Raketen vorgestellt, die mehr als 1 t in den SSO Orbit transportieren können, aber keine geostationären Nutzlasten starten.

So sind russische Träger auch beim Globalstar Projekt dabei: Die Zenit wird in 3 Starts je 12 Satelliten transportieren. (5.1 t in einen Orbit in den sie sonst 9-10 t transportiert), hinzu kommen 3 Sojus Starts mit je 4 Satelliten . Der erste Start einer Zenit am 12.9.98 mit 12 Globalstar Satelliten missglückte aber. Die Starts der Sojus (vertrieben durch Arianespace) glückten bisher.

Allerdings durchläuft dieser neue Markt schon jetzt eine Krise. Der Pionier Iridium, der gerade erst sein Netz fertig gestellt ist nach Zahlungsschwierigkeiten im März 2000 Konkurs gegangen, da nur 55.000 Kunden gewonnen wurden - Angesichts von Preisen von 6000 Mark für das Handy und 6-20 Mark für die Gesprächsminute nicht verwunderlich. Im Oktober 2001 erwischte es Globalstar - Einnahmen von 1.4 Mill. USD standen Ausgaben von 150 Mill. USD pro Quartal entgegen.

1-2 t Nutzlast weisen auch private Erdbeobachtungssatelliten auf, von denen in den letzten Jahren schon einige gestartet sind. Gegenüber den bekannten Systemen Landsat oder ERS setzen diese auf die Erfassung kleiner Gebiete mit hoher Auflösung. Kunden sollen Landwirte, Forstbehörden oder Firmen die nach Rohstoffen suchen sein. Auch diese Satelliten sind potentielle Nutzlasten für die vorgestellten Systeme.

Athena Die Athena mit ca. 1 t Nutzlastkapazität wird von Lockheed vermarktet, die Firma die auch die Titan und Atlas herstellt. Die Rakete besteht aus der ersten Stufe der MX Interkontinentalrakete mit einem ebenfalls festen Oberstufenmotor. (Athena 1). Diese transportiert bei 16 Mill. USD Startkosten nur 800 kg in den Orbit. Mit einer zweiten MX Stufe als Erststufe transportiert die Athena 2 1.9 t und mit 2 Castor Boostern (von der Delta übernommen) 3.6 t. Die Startkosten sollen nur unwesentlich ansteigen auf 22 und 27 Mill. USD.

Bisher hat nur die kleinste Version drei Starts absolviert, wovon einer misslang. Dasselbe gilt für die größere Version Athena 2. Die größte Version hat bisher keinen Start verbuchen können. Das Bild rechts zeigt eine Athena 1. Es stehen für die Athena mehrere Startplätze zur Verfügung, darunter auch einer in Alaska für polare Starts. Nach einem Boom zwischen 1996-2000 ist in den letzten 4 Jahren kein weiterer Start erfolgt.

Sojus Die Sojus ist der größte hier vorgestellte Träger mit zirka 7.7 t LEO Nutzlast und zudem als einziger in der Molnija Version mit zusätzlicher Oberstufe auch in der Lage exzentrische und höhere Umlaufbahnen zu erreichen. Die Sojus gilt als sehr zuverlässig und befördert auch bemannte Raumfahrzeuge.

Die Sojus konnte bislang einige Startaufträge verbuchen, ist jedoch nicht so erfolgreich wie die Proton, da sie keine größeren GTO Nutzlasten transportieren kann. Das Unternehmen STARSEM, an dem auch Arianespace beteiligt ist vermarktet die Sojus und hat bislang Aufträge für den Start von einigen Globalstar Satelliten sowie der ESA Satelliten Mars Express und Cluster 2.

Dazu wurde die Sojus modernisiert und verfügt über eine neue Oberstufe die auch höhere Orbits bedienen kann. Der Start einer Sojus ist mit 30-35 Mill. USD sehr preiswert.

Ab 2006/7 wird die Sojus auch vom europäischen Weltraumbahnhof aus starten. Das erlaubt es vor allem auch kleinere Satelliten in den geostationären Orbit (etwa 1.8-2 t) zu starten. Weiterhin beseitigt es die letzten Hindernisse der US Bestimmungen für die Ausfuhr von Hochtechnologie die bislang den Einsatz noch hemmten.

Taurus Die Taurus ist eine Weiterentwicklung der Pegasus Trägerrakete. Die Pegasus Trägerrakete wurde dabei auf die Erststufe der MX Interkontinentalrakete aufgesetzt. Dieses Modell ist wesentlich erfolgreicher als die Athena und konnte schon einige Startaufträge verbuchen. Bisher fanden 5 Starts statt die allesamt erfolgreich waren. Die Nutzlast beträgt 1300 kg, der Startpreis 20 Mill. Dollar. Es dürfte aber schwer sein die russischen und chinesischen Konkurrenten auszustechen, wenn diese weiterhin so billig Satelliten starten, zumal auch hier neue Raketen wie die Start, Rockot oder die alten Kosmos und Zyklon Trägerraketen angeboten werden. Derzeit flogen mit der Taurus vor allem NASA / DoD Nutzlasten.

Nach dem Erststart 1994 war es lange Zeit still um die Taurus, doch 1998 wie 1999 sind je zwei Starts erfolgt. Bisher verliefen alle fünf Starts erfolgreich - unter den neu eingeführten Trägern eine sehr gute Bilanz! Ein weiterer Start ist für 2004 geplant. Wie die Athena leidet die Rakete unter einem Rückgang bei den mittegroßen Nutzlasten in den letzten Jahren.

Eine etwas größere Variante - mit der Pegasus XL als obere Stufen - ist geplant, aber bisher noch nicht geflogen.

Die Pegasus Oberstufen werden auch mit einer Minuteman II Unterstufe eingesetzt. Diese als Minotaur bezeichnete Rakete (Nutzlast zirka 400-700 kg) steht aber nur für Satelliten der NASA und des DoD zur Verfügung.

Tsyklon (Zyklon) Die DASA hat ein Abkommen mit dem Hersteller der Zyklon geschlossen.. Sie konnte bislang allerdings noch keinen Startauftrag ergattern obwohl die Rakete mit 3.6 t LEO Nutzlast sehr gut einige der Iridium oder Globalstar Satelliten transportieren könnte. Die Zyklon wird zu dem recht günstigen Startpreis von 10-12 Mill. USD angeboten und hat eine hohe Zuverlässigkeit von 96.5 %. Es gab 1997 auch Verlautbarungen Zyklons von Kourou aus starten zu lassen und dafür ELA-1 den Startplatz der Ariane 1-3 wieder in Betrieb zu nehmen. Diese Pläne wurden aber bisher nicht umgesetzt. Dafür wird die Sojus von Kourou aus starten. Die Zyklon transportiert aber pro Jahr etwa 1-2 russische Satelliten in den Orbit.
Interkosmos Die Kosmos ist nach der Sojus eine der ältesten russischen Raketen. Mit 1.4 t Nutzlast können nur kleine Satelliten transportiert werden. Die Zuverlässigkeit ist mit 95.9 % hoch. Bisher hat die Kosmos einige Startaufträge für wissenschaftliche Satelliten verbuchen können, aber noch keine kommerziellen Starts getätigt. Die Startkosten liegen bei 10 Mill. USD. Gestartet wurde z.B. 1999 der deutsche Satellit ABRIXAS und 2001 Champ mit einer Kosmos. Die Kosmos wird im Westen von der deutschen Firma OHB vermarktet.

Der Bau der Rakete wurde 1995 eingestellt, damals standen aber noch 15 Exemplare zur Verfügung die nun sukzessive gestartet werden. Da Russland durch die Abrüstungsverhandlungen über genügend andere Raketen dieser Größenordnung verfügt (Dnepr, Rockot, Start) war die Einstellung der Produktion der Rakete keine Überraschung,

Kistler Die "Kistler K1" ist die wohl interessanteste Rakete in dieser Familie, obgleich noch nicht geflogen. Die zweistufige Rakete mit Massen von 217 bzw. 141 t soll Nutzlasten von 4500 kg in den Orbit befördern. Das Nutzlastverhältnis ist schlecht, aber dies hat einen Grund: Beide Stufen sollen geborgen werden und wieder verwendet werden - Bisher noch nicht bei Flüssigen Raketen versucht. Die Startkosten sollen dadurch nur bei 17 Mill. USD liegen, also etwa bei einem Drittel dessen was für eine Nutzlast dieser Größe üblich ist. Verwendet werden russische Triebwerke der "Hercules N1" Mondrakete - mithin haben die schon 25-30 Jahre auf dem Buckel, aber viel jünger sind die amerikanischen Gemini Raketen die nun gestartet werden auch nicht. Vermarktet wird diese Rakete von dem privaten amerikanischen Unternehmen Kistler, einen Newcomer in diesem Geschäft. Seit 1997 wurde ein Start angekündigt er steht auch 2004 noch aus.
Rokot Die Rockot besteht aus der umgebauten russischen Interkontinentalrakete SS-19. Wie zum Beginn der Raumfahrt profitieren auch hier diese russische Trägerrakete davon, das diese Interkontinentalrakete einen größeren Sprengkopf als ein amerikanisches Gegenstück tragen musste.

So ist eine Nutzlast von bis zu 1.85 t möglich. Der Preis von 10 Mill. USD pro Start ist im Vergleich zu westlichen Raketen sehr preisgünstig. So kostet die Taurus mit 1.3 t Nutzlast 20 Mill. USD.

Bisher erfolgtem 2 suborbitale Testflüge und vier orbitale Einsatze. Alle waren erfolgreich. Das Unternehmen Eurockot welches die Rockot vermarktet und bei dem auch die DASA beteiligt ist verfügt über 15 ausgediente und umgebaute SS-19 Trägerraketen. Dadurch hat auch diese Rakete einen Partner im Westen.

Die Oberstufe Briz soll auch in der Proton eingesetzt werden. Mit dieser Oberstufe kann die Rockot auch höhere Umlaufbahnen erreichen und ist sehr flexibel.

In den Jahren 2002 und 2003 wurde die Rakete 5 mal kommerziell eingesetzt. Weitere Starts sind gebucht, so dass die Rockot also gut im Markt platziert ist.

Dnepr Die größte der neuen russischen Trägerrakete ist die Dnepr. Es ist eine 200 t schwere Flüssigkeitsrakete, entwickelt aus der SS-18. Bis zu 4400 kg Nutzlast können mit dieser Rakete transportiert werden.

Bislang erfolgten zwei Starts. Von der Kapazität und dem geringen Startpreis von nur 10 Mill. USD ist diese Rakete sehr interessant, allerdings ist auch die interne Konkurrenz durch schon etablierte Raketen oder neuen mit Partnern aus dem Westen nicht zu unterschätzen.

Weitere russische Träger - auch kleinere - stehen zur Verfügung, sind bislang aber noch nicht gestartet.

vega.gif Die VEGA ist eine europäische Entwicklung. Ziel ist es neben der großen Ariane 5 auch einen Träger für kleine Nutzlasten zur Verfügung zu haben. Die Vega basiert auf schon entwickelnder oder in der Entwicklung sich befindender Hardware. Erste Stufe ist ein Segment der Ariane 5 Booster, die zweite Stufe basiert auf einem schon erprobten französischen Triebwerk, nur der Drittstufenantrieb muss noch entwickelt werden.

Die VEGA soll nach den bisherigen Planungen 2006/7 ihren Erstflug haben und 1200 kg in 1300 km SSO transportieren. Ein Startpreis von 20 Mill. USD, zirka 15 % geringer als bei Athena oder Taurus ist anvisiert.

Vega wird wie Ariane von Kourou aus starten, man denkt daran den alten Ariane 1.-3 Startplatz ELA 1 dazu umzubauen.

Conestoga 1620 Die Conestoga ist eine reine Feststoffrakete die von dem amerikanischen Unternehmen EER aus den Castor 4 B Boostern der Delta und den PAM Oberstufen der Delta und Titan entwickelt wurden.

Der erste und bisher einzige Start 1995 scheiterte, ein Auftrag für einen weiteren Start lag schon vor, dieser steht aber noch aus. Der Conestoga ist nicht der kommerzielle Erfolg gelungen den die Taurus oder Athena erreichen konnten.

Ob dies an dem primitiven Konzept oder dem Misstrauen gegenüber einem Newcomer liegt ist schwer zu entscheiden. Alleine durch die Erfahrung dürften aber OSC mit der Taurus und Lockheed mit der Athena ein größeres Vertrauen genießen.

Langer Marsch 2C Bei den chinesischen Raketen des Typs "Langer Marsch" handelt es sich um eine Reihe von sehr unterschiedlichen Trägerraketen, die unter einem gemeinsamen Namen geführt werden.

Die hier abgebildete "Langer Marsch 2C" transportierte schon westliche Nutzlasten wie die Iridium Satelliten.

Von 21 Starts scheiterte keiner, was innerhalb des chinesischen Programms einmalig ist. Trotzdem waren für die Qualifizierung einer für das Iridium Programm modifizierten Version 3 Erprobungsflüge nötig. Dies liegt an dem Hauptproblem der chinesischen Trägerrakete - ihrer mangelnden Zuverlässigkeit, gepaart mit enormen Leichtsinn. Die Startanlage liegt in einem Tal mitten in landwirtschaftlichem Gebiet. Bei zwei Fehlstarts 1995 und 1997 soll es über 20 Tote in einem wenige Kilometer entfernten Dorf gegeben haben, als die Raketen explodierten. Dies und die Exportbeschränkungen führten dazu dass diese Rakete in den letzten Jahren keinen neuen Startauftrag ergattern konnte.

Der Preis für eine Lange Marsch 2C wird zwischen 20-24 Millionen USD angegeben, bei 3200 kg Nutzlast in den LEO Orbit.

Träger Kosten (Mill. USD) Nutzlast (kg)
Langer Marsch 2C 24 3500
Langer Marsch 3 39 5000
My V 45-47 1950
Sojus 18-30 7000
Zyklon 12 4000
Zenit 77-82 13740
Conestoga 1620 18-19 1179
Conestoga 1669 15-16 1361
Conestoga 1679 21-22 1497
Conestoga 3632 21-22 2141
Taurus 21-26 1420
Taurus XL 23-26 1565
Taurus XL/S 23-26 1980
Delta 2 7325 55-60 2760
Delta 2 7920 49-60 5045
Vega 20 1100
Athena 2 21 1900
Dnepr 10 4400

Raketen für unter 1 t LEO Nutzlast

Noch mehr potentielle Anbieter tummeln sich in dem Marktsegment unter 1 t Nutzlast. Der Grund dürfte in den hohen Entwicklungskosten für eine neue große Raketen liegen, die eine Neuentwicklung für eine private Firma unwirtschaftlich machen. Eine kleine Rakete ist dagegen noch finanzierbar oder kann sogar aus existierenden Bauteilen wie Startboostern und Satellitenmotoren "zusammengeschustert" werden. In diesem Marktsegment erfolgreich ist schon die Pegasus die als erste Rakete nach den sechziger Jahren von den Amerikanern neu entwickelt wurde und seit Jahren erfolgreich ist, mit steigendem Startvolumen.

Vor allem in Russland werden viele ausgemusterte Interkontinentalraketen und U-Boot gestützte Raketen angeboten, von denen aber bisher nur 2 einen Start verbuchen konnten. Die ausgemusterten Minuteman Raketen der US Air Force werden dagegen als Minotaur Raketen nur für DoD Nutzlasten eingesetzt und sind nicht frei verfügbar.

Shtil Die Shtil ist eine Ausnahme unter allen Trägerraketen: Es handelt sich um eine zweistufige russische Rakete die unter Wasser von einem U-Boot aus gestartet wird. Die Nutzlast ist mit 270-430 kg sehr klein. Die Rakete hat aber neben einigen suborbitalen Starts auch schon kommerzielle Starts in den Auftragsbüchern. So ist für die Weltausstellung 2001 der School Sat geplant, der mit Start nur 2 Mill. USD kosten soll.

Der erste Start fand 1999 mit dem deutschen TUBSAT N statt und war erfolgreich. Von der Shtil gibt es 4 Varianten, die zwischen 70 und 930 kg Nutzlast liegen und teilweise auch wie die Pegasus aus der Luft gestartet werden.

pegasus Die Pegasus war die erste und lange Zeit einzige Rakete im Segment unter 1000 kg. Ursprünglich konzipiert für militärische Nutzlasten, die zu schwer für die Scout waren, löste sie diese bald als Standardrakete für kleine Satelliten ab. Sie ist preiswerter (11 Mill. USD anstatt 12 Mill. USD) und hat eine höhere Nutzlast (375 kg anstatt 216 kg, in der XL Version 460 kg). Die Rakete ist dreistufig und wird von einem Flugzeug in 13 km Höhe abgeworfen. Das spart zum einen den Startturm, macht zum anderen die Rakete mobil (Start von jedem Flugplatz aus möglich) und zuletzt erhöht es die Nutzlast, da etwa 600 m/s Geschwindigkeit eingespart werden. Die Pegasus ist inzwischen relativ zuverlässig geworden, litt jedoch lange Zeit unter Fehlstarts und Startverzögerungen. Bisher erfolgten 25 Starts, davon 3 Fehlstarts und 2 Einschüsse auf unbrauchbare Bahnen.
Start 1 Die Start wurde aus der russischen Interkontinentalrakete RS-12 (SS-25) entwickelt und hat bei 4 Starts zwar einen Fehlstart zu verzeichnen, aber auch schon eine kommerzielle westliche Nutzlast erfolgreich gestartet. Die Rakete wird in zwei Versionen gefertigt und ist für kleine Nutzlasten bis 550 kg (850 kg) Gewicht geeignet. Erste kommerzielle Starts sind schon erfolgt, so Ende 1997 die des privaten Aufklärungssatelliten Early Bird 1.

Die Zukunft

Wie wird das Rennen ausgehen? Nun als sicher dürfte gelten das sich der Anbietermarkt in den nächsten Jahren verkleinern wird.

Für den Satellitenmarkt von unter 1000 kg LEO Nutzlast sieht es sehr schlecht aus. Zum einen tummeln sich hier die meisten neuen Anbieter, zum anderen sind die Nutzlasten die zur Verfügung stehen begrenzt. Es sind vor allem kleinere wissenschaftliche Satelliten, die nicht sehr häufig gestartet werden. Die amerikanischen Satelliten von NASA und der Air Force die den größten Teil ausmachen, dürften auch nur von amerikanischen Trägern gestartet werden, wodurch die russischen Anbieter sich ein kleines Marktsegment teilen müssen.

Sehr gut dürfte es dagegen für Starts in den SSO Orbit und LEO Orbit mit mehr als 1 t Nutzlast aussehen. Die Anbieter von Trägern für diesen Sektor profitieren von dem aufkommenden Mobilfunk- und Datenübertragungsmarkt für Niedrigfliegende Satelliten. 1 t Nutzlast in den LEO Orbit sind erforderlich um mindestens einen Satelliten zu starten. Die Netzbetreiber haben aber sicher Interesse die Zahl der Starts und damit auch das logistische Problem der Netzinstallation gering zu halten und so sind Anbieter mit höheren Nutzlasten von 3-5 t in den SSO Orbit hier in einer besseren Position. Andererseits sind hier auch viele potentielle Anbieter vertreten: Allein bei den russischen Raketen bemühen sich neben den alten Trägern Kosmos, Sojus, Proton, Zenit und Zyklon auch neue wie die Rockot sowie andere die noch keine Starts hatten und daher in diesem Bereich noch unerwähnt sind. Gerade bei den russischen Trägern ist zu sehen wie auch Jahre nach der Bemühung um kommerzielle Kunden dies nur der Proton und der Zenit - beide in amerikanisch / russischen Betriebergesellschaften gelungen ist größere Startaufträge zu ergattern.

Bei dem geostationären Satellitenmarkt ist dagegen die Konkurrenzsituation groß. 3 Amerikanische, eine europäische und japanische, je 2 russische und chinesische Raketen wollen einen Anteil an einem Markt von max. 30 Satelliten pro Jahr. Ariane 5 steht hier in einer guten Startposition, da sie preisgünstig ist und auch zwei große Satelliten in Doppelstarts transportieren kann. Voraussetzung ist das die Ariane 5 auch zukünftige große Satelliten noch in Doppelstarts transportieren kann. Lesen darüber in dem Bericht über die Ariane 5 Evolution mehr.

Auch die amerikanischen Träger stehen recht gut da. Zum einen verfügen sowohl Boeing (Delta) wie auch Lockheed (Atlas, Titan) über Kooperationsverträge mit den Herstellern der Proton und Zenit. Dadurch können Nutzlasten gestartet werden die zu schwer für die Atlas oder Delta sind. Zum anderen sind die amerikanischen Betreiber nicht so abhängig von kommerziellen Aufträgen wie Arianespace: Alle Satelliten der NASA und des Verteidigungsministeriums werden nur von amerikanischen Raketen gestartet. Bei der Delta 2 machten diese bisher 2/3 und bei der Atlas die Hälfte aller Starts aus. Die Titan 3 hat seit 1991 keinen einzigen kommerziellen Einsatz mehr durchgeführt.

Weiterhin werden auch die amerikanischen Raketen erweitert: Die neue Delta 3 und die Atlas IIAR (Atlas III) zeigen dies. Die Verwendung von russischen Triebwerken z.B. der NK-33 der Mondrakete für die Delta wurde ebenfalls erwogen. Dadurch dürften die US Träger auch weiterhin an diesem Markt mitmischen. Für das neue Jahrtausend werden sogar Raketen mit mehr als 10 t GTO Nutzlast zur Verfügung stehen.

Wie die russischen Träger sich entwickeln werden ist am schwersten vorherzusagen. Nach einem Einbruch in den Markt haben sie die Anzahl der Starts normalisiert. Es scheint ein Gleichgewicht zu geben.

Fehlstarts und Vertrauen

Fehlstarts werden gerne im Fernsehen gezeigt, während die normalen Starts nicht der Rede wert sind. Doch wie bedeutend sind Fehlstarts für einen Satellitenbetreiber. Im wesentlichen geht es um zwei Dinge bei einem Träger, die durch einen Fehlstart beeinflusst werden: Die Zuverlässigkeit und die Verfügbarkeit. In beiden Punkten sind etablierte Systeme von Vorteil. Ein neuer Träger durchläuft erst eine "Lernkurve", d.h. in den ersten Flügen ist das Risiko eines Fehlstarts erheblich größer. Das zeigen auch aktuelle Beispiele wie Ariane 5, Delta 3, Athena und Conestoga. Dadurch muss ein Träger "nachgebessert" werden und dies verringert die Verfügbarkeit, d.h. Kunden müssen warten. Gleichzeitig gehen die Versicherungsprämien herauf, denn die orientieren sich danach, wie die Versicherungen rechnen einen Schaden zu begleichen.

Schlimm wirkt sich also ein Fehlstart auf einen neuen Träger aus, so z.B. bei der Delta 3. Bei einem eingeführten Träger ist zwar auch immer wieder damit zu rechnen, aber im wesentlichen kommt es zu keiner Verschiebung des Startplanes. Schlussendlich muss man immer wieder mit einem Fehlstart rechnen. Auch senkt hier ein Fehlstart kaum die bisherige Erfolgsbilanz.

Anders sieht es aus, wenn sich Fehlstart häufen so z.B. bei der Proton die innerhalb von 4 Starts 1999 2 Fehlstarts hatte. Dies lässt auf eine sich rapide verschlechternde Qualität schließen. Auch wie ein Anbieter mit einem Fehlstart handhabt, hat damit zu tun. In westlichen Kreisen ist eine Revision des Trägers üblich, bei den chinesischen Trägern wurde die Fernsehübertragung bei einem Fehlstart, der Tote verursachte, abgebrochen und bei einem zweiten bei dem die Nutzlasthülle kollabierte die Schuld auf den Satelliten geschoben. Dies fördert natürlich nicht gerade das Vertrauen zu dem Partner - auch ein Grund warum Starts auf chinesischen Raketen nicht versichert werden.

Der Service

Wie in anderen Bereichen auch zählt nicht nur der Preis und die Zuverlässigkeit des Trägers. Es sind zwar die wichtigsten Punkte die für oder gegen einen Anbieter sprechen, doch wichtig sind auch das was man sonst als Service bezeichnet.

Flexibilität

Die meisten Starts werden 1-2 Jahre vor dem geplanten Termin gebucht, wenn der Satellit gebaut wird. Raketen haben Produktionsdauern von 12-14 Monaten. Wenn ein Träger aber nicht starten kann, weil es Probleme gibt (Verzögerte Indienststellung der Delta 3) oder das Vertrauen fehlt (nach dem Fehlstart von INTELSAT 708 auf einer chinesischen Rakete) oder ein Satellit im Orbit ausfällt, dann ist es von Vorteil wenn ein Anbieter kurzfristig einen Start durchführen kann. Dies ist bislang nur bei Sea Launch und Arianespace möglich, die beide einen Satelliten innerhalb von 3-4 Monaten starten können. Die meisten anderen Anbieter brauchen Vorlaufzeiten von einem Jahr und mehr. Arianespace hat auch gezeigt, das sie ohne Probleme bei Verzögerungen wie es sie in den letzten Jahren gab (durch nicht rechtzeitig bereitgestellte Nutzlasten) die Startrate hochfahren können von einem Start auf 3 Starts pro Monat. So das eine Verzögerung aufgefangen werden kann.

Standort

Geostationäre Satelliten müssen über dem Äquator positioniert werden. Die Anfangsbahn des Satelliten kann jedoch nie kleiner als die geographische Breite des Startortes sein. Eine Rakete welche nahe des Äquators startet erlaubt es dem Satelliten, somit Treibstoff zu sparen, denn er muss die anfängliche Inklination abbauen. So kann ein Satellit beim Start von Kourou oder der schwimmenden See Launch Plattform aus etwa ein halbes Jahr länger betrieben werden als beim Start von Cape Canaveral aus. Beim Start von Baikonur aus benötigt man noch mehr Treibstoff. Bei den heutigen Kosten eines Satelliten sind ein halbes Jahr Betrieb etwa gleichbedeutend mit einem Gewinn von 20 Mill. USD.

Rundum-Sorglos Pakete

Arianespace ist nicht nur der führende Anbieter beim Start in den geostationäre Orbit. Sie versuchen auch Kunden über zusätzliche Leistungen zu werben:

Die Versicherungsprämien für einen Arianestart liegen bei etwa 12-14 %, nur unwesentlich unter denen für eine Proton mit 18-19 %, obgleich die Ariane 4 70 Flüge ohne Fehlstarts hat, während die Zuverlässigkeit der Proton sehr schlecht ist. Der Grund dafür liegt, das Versicherungen eine Mischkalkulation haben. Eine eigene Rückversicherung für Ariane 4 kann hier erheblich günstiger sein. Bei Ariane 5 muss nur der Satellit versichert werden, im Falle eines Fehlstarts ist ein Ersatzstart sogar kostenlos.

Wichtig für Länder der dritten Welt - ein großer Kundenkreis für Arianespace - ist auch das ein Start auf Kredit möglich ist, ebenfalls finanziert von einer eigenen Bank.

Ergänzung 2005

Der Artikel wurde von mir im  Jahre 1999 verfasst. Nach 6 Jahren ist es an der Zeit ein Resümee zu schließen. In dieser Zeit haben sich Märkte verschoben. Die große Flut von erdnahen Kommunikationssatelliten ist ausgeblieben. Sowohl Iridium wie auch Globalstar mussten Konkurs anmelden. Auch die Politik der Raumfahrtbehörden hat sich geändert. Galten vor 10 Jahren noch kleine wissenschaftliche Satelliten als eine Lösung die Kosten zu begrenzen so ist man nun wieder zurück gekommen auf größere Satelliten.

Bei den kleinen Trägern ist es so, dass amerikanische Träger von den wenigen Starts der NASA und des DoD leben. Ihre Zahl hat sich aber deutlich verringert. Europäische Nutzlasten und Starts dritter Länder erfolgen meist mit russischen Trägern.

Bei den größeren Trägern hat sich die Sojus behauptet und dürfte wegen des Umzugs nach Kourou noch attraktiver werden, da die Nutzlast für den GTO Orbit dann höher ist. Die Delta 2 hat ebenfalls ein solides Auftragspolster durch Starts von US Planetensonden und Forschungssatelliten und GPS Navigationssatelliten.

Chinesische Träger spielen heute keine Rolle mehr im Markt. Dasselbe gilt für japanische Trägerraketen.



© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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