Bernd Leitenbergers Blog

Ein „vernünftiges“, bemanntes Mondprogramm, Teil 1

Heute mal weider ein Gastblog von Thomas. Ich wünsche ihm möglichst viele Kommentare (Obwohl die neuen Buzz-Words“Ares“ und „DIRECT“ etwas unterrepräsentiert sind).
Bernds Artikel über eine Alternative zu Bushs Mondprogramm hat mich dazu gebracht, diesen Blogeintrag als Gastautor zu erstellen.
Die von Bernd geschilderte Alternative ermöglicht es zwar, mit verhältnismäßig bescheidenen Mitteln vergleichbare wissenschaftliche Resultate zu erzielen, aber sie unterscheidet sich von vergleichbaren Programmen wie Apollo, Space Exploration Initiative und Constellation dadurch, dass der Mensch den Mond nicht mehr betritt.
Die folgenden Ziele werden mit Bernds Vorschlag erreicht (zu einem Bruchteil der Kosten der amerikanischen Programme ! ):

Ich bringe nun aber ein weiteres Ziel in die Diskussion ein: Die Ressourcen des Mondes sollten genutzt werden. Das geht nun nicht mehr robotisch; Zu diesem Zweck ist es von Vorteil, dass Menschen auf dem Mond von einer permanenten Basis aus agieren und den Robotern „über die Schultern schauen“.
Da der Fokus in diesem Blogeintrag nicht in der Sinnfrage liegt, will ich hier nur kurz die folgende Auflistung von interessanten Mondressourcen machen, ohne näher darauf einzugehen:
Die Besatzung der Mondbasis wäre also dafür zuständig, Mondressourcen zu „ernten“ und anzuwenden, und sie könnte bei dieser Gelegenheit als ein „Nebenprodukt“ noch weitere Aktivitäten verfolgen:
==> Es gäbe also weiß Gott genug zu tun da oben ! 😉
Wie packen wir die Sache also an ? Meiner Meinung ist heutzutage höchstens noch ein bemanntes Minimalprogramm politisch durchsetzbar (wenn überhaupt ! ). Die folgenden Leitsätze sind in diesem Zusammenhang zwingend einzuhalten.
Orientierung aufs Minimum
Die minimale Besatzungsstärke der Mondbasis beträgt 2 Personen (Redundanz). Eine vernünftige – wenn auch ambitiöse – Verweildauer einer 2 Personen-Besatzung beträgt ein Jahr. (Man würde sich schrittweise an diese Dauer heran tasten.) Somit könnte eine permanent bemannte Mondbasis mit einem einzigen bemannten Flug einer 2 Personen-Besatzung pro Jahr betrieben werden.
Die Rolle der Roboter
Die Mondexploration inklusive der Selektion des Standorts der Mondbasis wird, wie Bernd das beschrieben hat, robotisch durchgeführt.
Beim Bau der Mondbasis werden auch soviele Arbeiten wie möglich unbemannt von Robotern durchgeführt.
Auch alle späteren, ständig wiederkehrenden Arbeiten, welche robotisch erledigt werden können, sollen aus Kostengründen robotisch erledigt werden.
Die Steuerung der Roboter erfolgt von Kontrollzentren auf der Erde aus.
Am Beispiel der Sauerstoffproduktion würde dies folgendermaßen aussehen: Ferngelenkte Rovers bauen geeignetes Mondgestein ab (englisch „Mining“) und transportieren es zu automatischen Fabrikmodulen, welche ihm den Sauerstoff entziehen. Dieser wird in Tanks zur späteren Verwendung gesammelt.
Die Besatzung der Mondbasis greift nur dort ein, wo dies zwingend nötig ist.
Nutzung lunarer Ressourcen / Selbstversorgung
Um den Nachschubbedarf der Besatzung auf ein Minimum zu beschränken, werden von Beginn weg lunare Ressourcen im maximalen Ausmaß angewendet. Damit ist z.B. gemeint, dass der Bedarf der Besatzung an Luft, Nahrungsmitteln, Wasser, Stromkabeln usw. mittels lunarer Ressourcen abgedeckt wird, soweit dies möglich ist.
Im weiteren wird auch so früh wie möglich der Treibstoffbedarf der Mondlander aus lunaren Ressourcen bestritten, mindestens soweit dies möglich ist (==> Sauerstoff).
Nachhaltigkeit
Eiserner Grundsatz: Es wird nichts weggeworfen !
Nicht wiederverwendbare Komponenten wie z.B. Landestufen von Mondlandern, defekte Rovers usw. sind auf Rezyklierbarkeit ausgelegt. Nicht genutzte Treibstoffreserven von Landestufen werden gesammelt. Menschliche Exkremente werden gesammelt und kompostiert.
Das bemannte Mondprogramm wird Open End betrieben. (Motto: „Steter Tropfen höhlt den Stein.“)
Damit dies möglich wird, muss es in internationaler, vertraglich abgesicherter Zusammenarbeit betrieben werden.
Keine neuen Grossraketen
Aus Kostengründen wird auf die Entwicklung neuer Grossraketen verzichtet. Es werden ausschließlich Raketen angewendet, welche auch für andere Zwecke als das Mondprogramm gebraucht werden können (==> Kosten-Sharing, Synergien, Möglichkeit für Wettbewerb mehrerer Anbieter).
Auf die Verhältnisse in den USA übersetzt, würde das bedeuten, dass auf die Entwicklung der Ares V verzichtet würde. Die Trägerdienstleistungen für unbemannte Nachschubmissionen würden analog zum COTS-Programm ausgeschrieben. Es gäbe die folgenden Wettbewerber: Boeing (Delta 4 Heavy), Lockheed (Atlas V551 und V552) und höchstwahrscheinlich SpaceX (Falcon 9 Heavy).
Nutzung neuer Technologien
Wo dies einen kostenmässigen Vorteil bringt, werden neue Technologien angewendet. Das sind aus heutiger Sicht konkret z.B.: Oberstufen mit Ionentriebwerken, eventuell Sonnensegel und aufblasbare, faltbare Habitate
Wiederverwendbarkeit
Mindestens beim bemannten Mondlander ist ein Potenzial für Wiederverwendbarkeit vorhanden.
Die kostenmäßige Einsparung liegt natürlich weniger bei den Produktionskosten; Hier fallen die Kosten für den Transport des Mondlanders in den Mondorbit natürlich stärker ins Gewicht.
Bei einem zweistufigen Mondlander (Apollo-Design) ist die Aufstiegsstufe ein Kandidat für die Wiederverwendung, bei einem einstufigen sogar das gesamte Vehikel.
Allerdings muss der Sicherheitsaspekt in diesem Zusammenhang stärker gewichtet werden als derjenige der Kosten.
Internationale Zusammenarbeit
Eine vertraglich abgesicherte, internationale Zusammenarbeit gewährleistet das für ein langfristiges Programm nötige, politische „Stehvermögen“.
Im weiteren ermöglicht eine solche Zusammenarbeit auch eine Aufteilung der Kosten und eine Zusammenfassung der Fähigkeiten.
Wenn z.B. die ISS-Partner plus China, Indien und die Ukraine das Programm gemeinschaftlich durchführen würden und jeder Partner pro Jahr 1 Start mit seinem „dicksten Brummer“ durchführen würde, ergäbe das die folgende Nutzlast in einen niedrigen Erdorbit:

Partner

Trägersystem

ca. Nutzlast in t

USA Delta 4 Heavy 23
Europa Ariane 5 > 21
Russland Angara 5E > 28
Japan H2B > 16
China CZ5 25
Indien GSLV 10
Ukraine Zenit 3SL 15
…gibt laut Adam Riese zusammen 138 t pro Jahr (wie die Saturn V) !
Obwohl klar ist, dass die Gattung Mensch in ihrer unendlichen Zerstrittenheit diese Zusammenarbeit nie zustande bringen wird, will ich in meinem nächsten Beitrag zeigen, was man mit dieser jährlichen Nutzlast zustande bringen könnte. 😉
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