Bernd Leitenbergers Blog

Red Dragon

Bei der Routinerecherche der üblichen Raumfahrtnews bin ich über folgenden Vorschlag einer unbemannten Mission gestoßen, genannt „Red Dragon“. Der SpaceX Artikel hat leider keine Details was diese eigentlich forschen soll und was sie mitführen soll. Aber versuchen wir, es mal zu diskutieren.

Teil 1: Kann eine heutige Dragon (2) als Red Dragon auf dem Mars landen?

Klar Antwort: Nein! Sie ist ausgelegt für Erdorbit Missionen mit kurzer Dauer und einer Wasserung. Wenn sie als Red Dragon zum Mars fliegen soll, muss sie zum einen für eine viel längere Reisedauer qualifiziert sein, was ich jedoch voraussetze. Heute ist jeder Satellit für einen Betrieb über einige Jahre ausgelegt. Ich wüsste nicht was es an Gründen geben sollte, warum dies bei einer Dragon nicht so sein sollte. Das schwierigere ist, dass die Bedingungen andere sind. Die Dragon heute muss aus einem niedrigen Erdorbit entweder direkt oder über einen TDRSS Satelliten mit der Erde kommunizieren. Die Bestimmung der Position im Raum kann mittels GPS erfolgen, was auch verwendet wird, soweit ich informiert bin. Für Marsmissionen ist eine Hochgewinnantenne nötig, die der Erde nachgeführt wird. Es sind eigene Navigationseinrichtungen wie Starmapperkameras nötig. Die Lageregelung wird bestimmt nicht mehr durch Triebstoff geschehen, weil das über Monate einen enorm hohen Verbrauch bedeutet und die Solarzellen reichen für die Stromversorgung nicht mehr aus, denn beim Mars muss mehr geheizt werden und ihre Leistung sinkt auf weniger als die Hälfte durch den größeren Abstand von der Sonne ab.

Wenn die Landung ansteht kommen weitere Modifikationen hinzu. Der Eintritt selbst erfolgt noch ohne Probleme – die Dragon verwendet den gleichen Hitzeschutzschild wie die nächste Marsmission MSL, da er vom Ames Forschungszentrum der NASA stammt und nicht von SpaceX entwickelt wurde. Doch danach landet man auf einem Planeten mit nur 1/160 des Atmosphärendrucks am Boden. Das bedeutet bei dem derzeitigen Fallschirm (der auf dem Mars nur wenig bremst) entweder einen sehr hohen Treibstoffverbrauch oder ein neu konzipiertes Landesystem. Zar soll eine Dragon auch später mal auch auf der Erde auf Land niedergehen, aber dort braucht man nur wenig Treibstoff um die Position fein zu korrigieren und dann noch die letzten 5 m/s die es beim Fallschirmabstieg gibt, abzubremsen. Auf dem Mars muss der Fallschirm vorher abgeworfen werden (sonst legt er sich über die Kapsel) und dieses findet noch bei hoher Geschwindigkeit statt. Also wird mehr Treibstoff benötigt. Dazu kommt der Treibstoff für die Interplanetare Reise.

Damit ist klar, dass sie doch bedeutend umgebaut werden muss. Die Red Dragon zum Mars unterscheidet sich beträchtlich von der die in den Erdorbit fliegt. Sie wird deutlich schwerer sein und ist komplexer, teurer und erfordert Entwicklungsarbeiten. Doch gibt es sicher keinen Grund warum die nicht landen könnte. So wäre denkbar, dass man aus dem zylindrischen Frachtteil eine Art Cruise Stage macht so wie sie auch die US-Raumsonden einsetzen welche auf dem Mars landen. Dort befinden sich dann die Systeme die man auf der Reise zum Mars benötigt und die Kapsel selbst kommt dann mit relativ wenig Anpassungen aus.

Teil 2: Was soll die Red Dragon auf dem Mars?

Chris McKay sagt, man könnte dann immer noch „great Science“ machen. Doch frage ich mich – welche? Es nützt mir ja nichts einfach nur eine Kapsel auf dem Mars landet. Selbst wenn eine Lucke einbaut – wie bitte kommen dann Experimente auf den Mars? Wie kommunizieren sie mit der Erde, wie werden sie mit Strom versorgt? Selbst wenn ich nur an eine einfache, nicht mobile Station denke, dann muss diese irgendwie aus der Kapsel herausgebracht werden. Dort wartet je kein Team das die Luke öffnet und alles auslädt. Auf der Oberfläche benötigt sie die gleichen Systeme wie ein anderer Lander wie Phoenix. Es ist ja sogar problematischer als bei Phoenix, denn wie bitte soll er aus einer kleinen Luke rauskommen? Dieser konnte so groß sein, wie Platz in der Aeroshell ist. Wenn nicht ein ganzen Stück aus der Kapsel herausgetrennt wird muss der Lander daher viel kleiner sein und man benötigt einen Kran, da durch die Landebeine der Boden der Kapsel sicherlich etwa 1 m von der Oberfläche entfernt ist.

Teil 3: Was kostet das Unternehmen mit der Red Dragon?

Eine normale Dragon kann nicht von einer Falcon 9 zum Mars transportiert werden, dafür ist sie zu schwer. Mit einer Falcon Heavy geht es und dann ist auch noch genügend Gewicht für eine Nutzlast übrig. Damit fallen schon mal 120 Millionen Dollar für den Start an. Dann kommt noch die Dragon selbst. Sie wird mindestens weitere 80 Millionen Dollar kosten (Differenzberechnung aus CRS-Kontrakten – Falcon 9, durch die kostensteigernden Modifikationen eher teuerer). Es ist nicht zu erwarten, dass man den Umbau der Dragon für umsonst bekommt. Nach allen Erfahrungen wird ein Raumschiff, das für interplanetare Missionen geeignet ist, ein vielfaches teurer als eines für einen Erdorbit. Wenn nun schon die Dragon Entwicklung nur als Frachter für den Erdorbit mindestens 300 Millionen Dollar kostet, dann ist klar, dass von dem Budget eigentlich nichts mehr für die eigentliche Nutzlast übrig bleibt, selbst wenn SpaceX dies preiswert erledigt. Discovery Missionen haben ein Cost-Cap bei 400-425 Millionen Dollar.

Teil 4: Macht der Start der Red Dragon Sinn?

Nein! Warum soll ich nur um eine Aeroshell mit Hitzeschutzschild einzusparen, eine viel schwerere Kapsel landen, die ich erst aufwendig umbauen muss und die für einen anderen Zweck entworfen wurde. Selbst wenn es klappt, dann habe ich Probleme meine eigene Nutzlast an die Oberfläche zu bekommen, während diese sonst selbstständig landen könnte. Viel einfacher wäre es eine schon entwickelte Aeroshell z.B. für das MSL oder Phoenix zu nutzen um eine neue Nutzlast zu landen. Es wird keine neue Entwicklung benötigt, und ich kann viel mehr Nutzlast landen. Die Aeroshell beim MSL wiegt 1.950 kg, die Dragon für Erdorbitmissionen trocken 5.000 kg, dazu kommt noch der Treibstoff. De fakto wird es viel sinnvoller sein nur die Trägerrakete von SpaceX zu nutzen aber nicht ihre Kapsel in Form der Red Dragon. Das ist wie wenn sie zum Supermarkt einkaufen gehen. Da nehmen sie auch eine Einkaufstasche und keinen Koffer, der viel robuster und für einen anderen Zweck konzipiert wurde. Die Dragon ist nun mal dafür ausgelegt, dass Menschen sie betreten können um sie auf der ISS auszuladen und dass sie den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre übersteht. Auf dem Mars landet die Red Dragon mit kleinerer Geschwindigkeit (weniger kinetischer Energie) und es muss kein innendruck von 100 hpa in jedem Fall aufrecht erhalten werden. Genauso ist ein Koffer der eine Flugzeugreise und die Gepäcksortierung überleben soll robuster und schwerer als eine Einkaufstasche die nur von ALDI bis zu Ihnen halten muss.

Appendix Juli 2017

So verwundert es nicht, wenn der Vorschlag für die Red Dragon bei der letzten Runde bei Vorschlägen für Discovery Missionen durchfiel und ich rechne auch nicht viele Chancen für 2018 aus. Am 19.2.2017 verschob SpaceX den Start der Red Dragon von 2018 auf 2020, nachdem ein Jahr vorher das Projekt noch im Zeitplan war. Die Red Dragon wurde schließlich eingestellt als SpaceX bei der Dragon 2, der bemannten Dragon für ISS-Tansporte von der jahrelang favorisierten Landlandung auf die Seewasserung überging. Fünf Monate später stellte SpaceX das Projekt am 19.7.2017 ganz ein. Die Red Dragon reiht sich so in die lange Liste anderer SpaceX Projekte ein, die angekündigt wurden und wieder eingestellt wurden.

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