SpaceX Vergleiche: Die Red Dragon und das Lunar Starship

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Im ersten Teil der beiden SpaceX Vergleiche ging es um den Vergleich des Starships und der N-1.Ich erwähne, dass die Raumfahrt heutzutage kein Wettbewerb mehr ist, bei dem es darum geht, „der Erste“ zu sein. Stattdessen arbeiten die Nationen in der Raumfahrt zunehmend zusammen, wie es bei der Internationalen Raumstation (ISS) der Fall ist.

Anders ist es bei Vergleichen, die vor allem von SpaceX-Fans gemacht werden. Ich schrieb, dass SpaceX nicht mit anderen Unternehmen zusammenarbeitet und habe daher, selbst einige Vergleiche angestellt. Dabei kommen mir zwei Vergleiche in den Sinn: Zum einen der Vergleich zwischen der sowjetischen Mondrakete N-1 und der SpaceX-Rakete, die ich als „SpassX N-1“ bezeichne. Zum anderen das Vorgehen von SpaceX bei den Projekten Red Dragon und Lunar Starship, bei dem es um eine firmeninterne Vergleichsanalyse geht (dieser Teil).

Ich stelle fest, dass die sowjetische N-1-Rakete grandios scheiterte und bei ihren Testflügen nie erfolgreich war. Es gab Probleme mit den Triebwerken, und mehrere Starts endeten in Katastrophen, bei denen die Rakete explodierte oder nicht kontrollierbar war. Ich ziehe Parallelen zur „SpassX N-1“, die ebenfalls mit Triebwerksausfällen und Kontrollverlust zu kämpfen hatte.

Weiterhin diskutierte ich Gemeinsamkeiten im Bereich der Triebwerke. Sowohl die N-1 als auch die „SpassX N-1“ setzten auf eine große Anzahl von Triebwerken und hatten hohe Schubüberschüsse, um Ausfälle abzufangen. Ich stellt fest, dass die Tests und die Zuverlässigkeit der Triebwerke bei beiden Projekten vernachlässigt wurden. Zudem erwähne ich als Gemeinsamkeit verschiedene Generationen der Triebwerke und deren mangelnde Verlässlichkeit.

Zuletzt gehe auch auf die finanziellen Aspekte ein. Ich vergleiche die Kosten der N-1 mit dem Nachfolgeprojekt Buran und stelle fest, dass Buran deutlich teurer war. Bei der „SpassX N-1“ wurden bisher rund 3 Milliarden Dollar in die Entwicklung investiert wurden und weitere 2 Milliarden für Testflüge erwartet werden. Ich betone, dass noch viel Arbeit vor SpaceX liegt, um die Wiederverwendung zu ermöglichen und das System für bemannte Flüge zu qualifizieren.

Nun müssst ihr einen geistigen Sprung machen. Denn beim firmeneigenen Vergleich geht es nicht um die Technik, sondern einer Vorgehensweise. Da das schon eine Weile her ist, will ich das ganze noch mal rekapitulieren. Das Projekt „Red Dragon“ fing an, mit einer Ankündigung des großen Vorsitzenden am 27.4.2016:

„Dragon 2 is designed to be able to land anywhere in the solar system. Red Dragon Mars mission is the first test flight.“

Er schob dann noch nach:

„But wouldn’t recommend transporting astronauts beyond Earth-moon region. Wouldn’t be fun for longer journeys. Internal volume ~size of SUV.“.

Mit der Aussage der Landung überall im Sonnensystem habe ich mich schon damals in einem Blog beschäftigt. Musk erwähnte aber zum ersten Mal eine Red Dragon welche SpaceX entwickeln soll. Die im Tweet erwähnte „Dragon 2“ ist die heutige Crewed Dragon, also die Erweiterung der Frachtdragon, die damals schon seit einigen Jahren flog aber noch Jahre vor dem Erstflug entfernt.

Normalerweise wäre damit ja eigentlich das Kapitel „Red Dragon“ – die Farbe kommt von dem roten Planeten, also Mars, beendet denn wenn schon Musk meint, man sollte die Reisen auf das Erde-Mond System beschränken, dann sagt das alles aus, doch SpaceX kündete an tatsächlich eine Red Dragon zu bauen. Nur sollte die eben zuerst mal unbemannt starten.

Eine Einladung ging an die NASA, die könnte sich doch beteiligen. Mit der Red Dragon könne man viel mehr und größervolumige Experimente zum Mars befördern als mit einer Raumsonde und billiger wäre es obendrein. Wer sich mit Experimenten an Bord von Raumsonden auskennt, weiß aber das dies eine Schnapsidee ist, denn Experimente sollen ja den Mars erforschen und das können sie vom Inneren einer Kapsel aus nur bedingt. Kameras können durch ein Fenster nach außen schauen. Schon IR-Spektrometer scheiden wegen der IR-Undurchlässigkeit von Glas aus, wobei nicht mal gesagt ist ob sich nicht auf dem Fenster Ruß vom Hitzeschutzschild niederschlägt und die Sicht blockiert.

Die NASA lehnte erst mal dankbar ab. Offizielle Begründung war, das SpaceX geplanter Starttermin (2018) nicht ausreichen würde Experimente zu entwickeln, aber natürlich auch man keine Finanzmittel hätte. Solche Missionen müssen ja genehmigt werden und ein Budget haben. Schon Jahre vorher hatte SpaceX eine Dragon (noch auf Basis der Fracht Dragon) im Rahmen der Discovery Missionen angepriesen, unterlag aber in den Auswahlrunden. Die Kosten sollten, obwohl es ja nur eine wiederverwendbare Frachtkapsel gestartet auf einer wiederverwendbaren Rakete waren bei 400 Millionen Dollar plus 150 bis 190 Millionen Dollar für den Start auf einer Falcon Heavy liegen. Später untersuchte man das Projekt mit geringen Finanzmitteln und kam auf einige einfache Experimente die den Wiedereintritt überwachen und dabei Messwerte für zukünftige EDL -Systeme (Entry Decent and Landing) gewinnen könnte. Aber es gab keine Finanzierung der eigentlichen Red Dragon.

Nachdem die NASA abgelehnt hatte, wurde dann das Projekt 2017 ganz schnell wieder eingestellt. Aber nur um es nun erneut als „Grey Dragon“ aus der Taufe zu heben. Nun sollte eine Dragon nicht landen sondern nur einen Mondumflug (das Passieren des Mondes ohne in eine Umlaufbahn einzutreten) durchführen. Das sollte mit der Dragon für Erdorbitmissionen geschehen.- Das Konzept ist nicht neu, schon um 2000 offerierte Roskosmos so was mit Sojus Raumschiffen die mit einer Proton gestartet worden wären. Anders als die Red Dragon hatte diese Grey Dragon echte Chancen zur Umsetzung, denn man musste sie nicht groß umbauen, die brauchte nur einen stärkeren Hitzeschutzschild. Es war denn auch schnell mit Yusaku Maezawa jemand gefunden der das bezahlte und erneut sollte es schon 2018, also weniger als zwei Jahre nach der Ankündigung am 27.2.2017 losgehen. Aber auch hier wurde nichts draus. Nun soll Yusaku Maezawa die Mission an Bord eines Starships absolvieren, angeblich 2023, er war inzwischen schon im All aber mit den Russen und einer Sojus. Warum diesmal nichts draus wurde, es gab ja jemand der das „dearMoon“ Projekt finanzierte ist offen, meine persönlich Meinung ist das die Dragon schlicht und einfach zu schwer wurde. Sie wiegt nach NASA Angaben, wenn sie die ISS verlässt noch 12,5 t, beim Start daher noch etwas mehr und dieses Gewicht dürfte eine Falcon Heavy nicht mehr wuppen, mit der ursprünglich geplanten Fracht-Dragon mit nur 6,5 t Masse wäre das anders gewesen.

Nun ein Sprung: 2021 bewirbt sich SpaceX um den Human Landing System (HLS). Ihr Vorschlag: Das Starship soll auf dem Mond landen. Und sie gewinnen den Vertrag, weil sie der billigste Anbieter waren, schließlich so argumentiert SpaceX würde das startfähig ja sowieso entwickelt und müsse nur modifiziert werden.

Die Parallelen zur Red Dragon sind frappierend:

  • Beide Systeme sind für den Zweck nicht entworfen worden. Die Dragon nicht für den Transport von Experimenten auf den Mars, das Starship nicht auf eine Landung auf dem Mond.
  • Beide Systeme sind für den Zweck völlig überdimensioniert: eine 6,5 t schwere Red Dragon soll einen vielleicht 0,5 t schweren Lander (keinen Rover) ersetzen. Das 120 t schwere Lunar Starship soll einen viel kleineren Mondlander (der Teil der bei Apollo noch zurückkehrte wog 2,3 t)
  • Die falsche Auslegung bringt keine Vorteile, sondern Nachteile. Bei der Red Dragon sind die Experimente in einer Kapsel und haben keinen Kontrakt zur Außenwelt. Die Astronauten beim Lunar Starship brauchen einen Aufzug um sich 50 m auf die Oberfläche herabzulassen, und ob dieses sehr hohe Gefährt nicht umkippt muss sich auch noch zeigen.

Aber es wird eben argumentiert dass es billiger wäre. Und bei einer NASA die Probleme mit ihrem Artemis Budget hat zählt nur dies. Wobei man nachdem die damals für die Auftragsvergabe verantwortliche Kathy Lueders wenige Wochen nach verlassen der NASA bei SpaceX anheuert, auch andere Gründe annehmen kann.

Ob es wirklich preiswerter wird ist auch offen. Beim CRS Kontrakt war SpaceX auch mal im Upmass-Kontrakt der billigste Anbieter, inzwischen ist er der teuerste. Dazu kommt noch der sperate Downmass-Kontrakt mit dem weiteres Geld verdient wird. Auch beim HLS ist die Kontraktsumme schon von 2,89 Milliarden Dollar um weitere 1,15 Milliarden Dollar gestiegen, weil SpaceX eine weitere Demomission bei Artemis 4 braucht. Die erste Mission wird nun nur ein „Skelett“ eines Mondlanders umfassen. Man lockt also mit einem billigen Vertrag, obwohl jeder Experte schon vorher sagt das das Konzept ein schlechtes ist. Denn während die Konkurrenten „nur“ einen Mondlander entwickeln müssen, muss SpaceX eine Trägerrakete entwickeln die beim ersten Testflug krachend scheiterte, diese muss dann für bemannte Einsätze qualifiziert sein, nicht nur wie bei den Konkurrenten der Lander, dann benötigt man die Betankungstechnologie, anders kommt das Starship nicht zum Mond, die wiederum setzt die Wiederverwendung und eine schnelle Startfolge voraus, anders bekommt man die Treibstoffe nicht zeitnah in den Orbit und zuletzt muss man noch das entwickeln was auch die Konkurrenz entwickeln muss, den Mondlander.

Die Taktik ist: man hat kein einsatzbereites System, offeriert das aber an die NASA mit der Argumentation, „wir müssen es nur leicht anpassen“. Aber sobald SpaceX den Vertrag hat hat der Vertragspartner (NASA) keine Alternative und muss eben immer mehr zuschießen, wie schon beim HLS Kontrakt geschehen. Dann stellt sich plötzlich heraus, das die NASA die Entwicklung des Gefährtes das gar nicht existiert anders als angekündigt in größerem Maße mitbezahlen soll. Wie man inzwischen weiß, stammen ja schon ein Drittel der gesamten Aufwendungen von SpaceX für das Starship von der NASA, obwohl der Vertrag noch keine zwei Jahre alt ist und das System von SpaceX seit einem Jahrzehnt entwickelt wird. So gesehen ist der nun abgeschlossene Vertrag mit dem „National Team“ positiv zu sehen, denn dann kann die NASA auch aus dem Projekt bei SpaceX aussteigen, so bleibt nur Resignation: “But, the fact is, if they’re not flying on the time they’ve said, it does us no good to have a firm fixed price contract other than we’re not paying more.”. Bei Artemis mit seinen hohen Fixkosten sind die Folgen gravierend, denn da das Starship weit von einer Einsatzreife entfernt ist, verschiebst sich die Artemis 3 Mission immer weiter in die Zukunft und das Programm kostet so Milliarden Dollar mehr als der nominell teurere Kontrakt mit den beiden Mitbewerbern um das HLS.

Mal sehen, was als nächstes kommt, es gibt ja noch genügend Potenzial. Starlink Satelliten könnten sicher nach SpaceX Meinung NASA, DoD oder NOAA Satelliten ersetzen. Starships könnten die ISS erweitern, ich bin mir sicher, das SpaceX hier noch etliche Einsatzmöglichkeiten ihrer Systeme für völlig andere Zwecke einfallen.

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