Bernd Leitenbergers Blog

Konscht

Heute mal ein etwas vom Mainstream abweichender Blog. Es geht um Kunst. Ich bin drauf gebracht worden. Da gibt es derzeit bei uns in der Straßenbahn Werbeplakate über eine Ausstellung von Monet, Twombly und Turner mit provozierenden Zitaten, z.B. eines Kritikers von Monet über ein Bild, das selbst eine Tapete interessanter wäre. Dann gab es den Geburtstag von Gerhardt Richter einen Kommentar von Thomas Gottschalk, als er ein Bild aus lauter farbigen Linien hatte „Mit Buntstift und Lineal hätte ich das auch hinbekommen, aber ich versteh ja nichts davon“ und dann ist gerade Susan in den „Desperate Housewives“ in einem Kunstkurs und der Lehrer bestraft sie mit Missachtung weil sie zwar handwerklich perfekt arbeitet, aber ohne Gefühl, ohne Schmerz.

Zeit mal das Thema Kunst anzugehen, genauer gesagt moderne Kunst. Ich mag moderne Kunst nicht. Ich entdecke einfach in Farbklecksen auf der Leinwand oder Werken wie dieses von Twombly keine Kunst. Das sind für mich Streiche auf der Leinwand. Gab es nicht mal Elefanten die auch so mahlten oder waren das Affen?

Es ist natürlich leicht nun zu sagen: „Kunst kommt vom Können“, also Kennzeichen wäre ein sehr handwerkliche Arbeit, ja je perfekter diese ist desto besser ist die Kunst. Doch das ist zu einfach. Es ist sicher erkennbar, dass die Kunst im Laufe der Jahrhunderte zurst immer mehr in Richtung Perfektion strebte. Nicht nur in der immer natürlicheren Darstellung, sondern auch wie Licht und Schatten eingesetzt wurden, Stimmungen aufgebaut wurden.

Ich kann mich noch an einen Besuch in einem Berliner Museum erinnern, wo ich am interessantesten nicht die Rembrandt fand, sondern Stillleben, also Obstschalen. Was mich beeindruckt hat, war, dass diese so plastisch waren, als wären sie kein Gemälde, sondern echt. Ich halte es auch für keinen Zufall, dass die Kunst begann von dem Ideal der perfekten Wiedergabe der Natur abzurücken, als die Fotografie immer besser und perfekter wurde. In gewisser Sinne hat sie damit der Kunst ein Feld abgejagt, denn vieles was produziert wurden waren doch Portraits. Wenn man aber jemanden so abbilden kann wie er ist. Wozu braucht man noch einen Maler? Um jemanden so abzubilden wie er nicht ist! Also ich erwarte von einem Bild das es sich von einer Fotografie unterscheidet. Leute wie ich, wollen wohl ein Bild, auf dem sie besser aussehen als in Wirklichkeit, und sei es nur wenn das Gesicht in einem wohlgefälligen Licht getaucht ist oder die Augen besonders glitzern. Andere mögen auch ein Bild von sich das mehr eine Karikatur ist. Wenn jemand nur eine Fotografie nachmalt, dann ist das keine Kunst.

Wirklich ist oft nicht wichtig, was abgebildet ist, sondern wie es wirkt. Die Ausstellung hier zeigt ja auch drei sehr unterschiedliche Maler. Turner malte sehr viel stimmungsvolles, vor allem Seelandschaften. In Deutschland würden mit diesem Stil wohl die Romantik verbinden und David Kaspar Friedrich nennen. Ich mag auch die Bilder von Monet, wie allgemein den Impressionismus, weil man sich zwar von der Perfektion verabschiedet hat, aber die Bilder lassen die Dinge erkennen und sie reduzieren sie auf wichtige Dinge, ohne sich in den Details zu verlieren.

Was für mich keine Kunst ist, auch wenn man Millionen dafür zahlt ist „Kunst“ die man erklären muss. Da schwingt ja auch das was Gottschalk sagte mit „Davon versteh ich ja nichts“. In meinen Augen muss man Kunst nicht verstehen, nicht erklärt bekommen, nicht die Gefühle des Künstlers nachvollziehen (was will mir der Maler damit sagen?). Kunst, das kann ein Großteil der Bevölkerung erkennen, ohne erklärt zu bekommen, dass es Kunst sei. Es kann auch nicht anders sein, denn sonst könnten wir ja nur mit zeitgenössischer Kunst was anfangen. Was wissen wir von den Kommentaren von Boticelli zu seinen Bildern? Welche Erklärungen hat und Raffael hinterlassen? Kunst also solche zu erkennen funktioniert einfach bei den meisten. Es funktioniert mit den Malereien in Pharaonengräbern, obwohl diese extrem abstrakt sind. Es funktioniert mit realistischen Abbildungen wie der Venus von Milo, es funktioniert auch wenn das Schönheitsideal sich seit Rubens von beleibt auf magersüchtig gewandelt hat, und es im Mittelalter offensichtlich noch nicht die Entdeckung der Proportionen und Perspektive gab oder die Personen doch sehr unvorteilhaft dargestellt wurden.

Nein, Kunst muss nicht Gefühle des Malers oder seine Erlebnisse im Krieg ausdrücken. Sie ist sofort verständlich. Wenn sie das nicht ist, dann ist sie keine Kunst. Dann sind es eben nur Flecken oder geometrische Muster auf der Leinwand oder Sperrmüll, anders arrangiert. Besonders schlimm wird es ja wenn „Aktionskunst“ dauerhaft wird. Auch ein Event kann Kunst sein, und etwas zu verhüllen wie es Christo macht kann einen neuen Blickwinkel aufwerfen und auch Kunst sein, aber es ist dann eben auch etwas temporär. Wenn aber jemand aus einer Aktion um mehr zu verdienen was dauerhaftes macht wie im zum Beispiel Beuys, als er mal den Kudamm fegte und den Müll zu Kunst erklärte oder Butter in die Ecke eines Zimmers schmetterte und ebenfalls zu Kunst erklärte wird es albern. Vor allem wenn dann die Museen dieses Material am Verrotten hindern müssen und der Künstler eine Putzfrau verklagt weil sie eine dreckige Badewanne sauber scheuerte ….

Mich würde interessieren wer die ganzen modernen Künstler puscht. Irgendjemand muss doch bereit sein für Bilder die auch Kleinkinder malen können Tausende auszugeben. Meine Vermutung ist ja dass es so was ist wie die Hoffnung dass irgendwann noch mehr wert ist und wie immer wenn viele auf steigende Preise spekulieren, genereieren sie eine Nachfrage die dann tatsächlich die Preise ansteigen lässt.

Im Schwäbischen ist es sprachlich nur ein kleiner Schritt von „Konscht“ zu „Kruscht“. Auch das Sammeln von Kruscht, also wertlosen Sachen die die Betroffenen für wertvoll oder unentbehrlich halten, scheint bei uns sehr populär zu sein (ich kenne genug Schwaben die Kruscht sammeln). Daher mein Vorschlag: nennt das eine Kunst, das andere Kruscht.

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