Bernd Leitenbergers Blog

SpaceX – Update

Bedingt dadurch, dass seit der Blogveröffentlichung es einige Neuigkeiten gab, ein kleines Update.

Fehlerursache des Launch-Aborts war ein fehlerhaftes Turbopumpenventil, der zu hohe Brennkammerdruck war definitiv nicht nur eine kleine Anomalie, die (wie Musk zuerst etwas zu voreilig twitterte) durch ein Softwareupdate behebbar war. Wäre die Rakete gestartet, so wäre sie ein Fehlschlag geworden, so Gwen Shotwell in der Pressekonferenz. Das Ventil ist inzwischen ausgetauscht und man will am 22.sten neu starten.

Noch zum letzten Blog: Ich habe leider von  den vielen Seiten die ich beim schreiben offen hatte, auf die falsche verlinkt, finde nun aber die richtige nicht mehr. Ich habe zwar jede Menge SpaceX Links inzwischen angesammelt, doch immer noch zu wenige. So fand ich auch nicht mehr die Links über die erheblich höheren Lobbyaufwendungen von SpaceX gegenüber anderen Herstellern und lasse dieses Thema wegen fehlender Links mal außen vor (es gibt ja Leute die verwechseln noch immer meinen Blog, also meine Meinung mit einem Nachrichtenportal).

Neuigkeiten gibt es auch zu SpaceX: Weitere Daten aus folgendem Interview: SpaceX hat nun 1.800 Mitarbeiter und wächst weiter um 30% pro Jahr – allerdings korrespondiert dies nicht mit den Aufträgen, sodass man immer mehr Mitarbeiter bezahlen muss. Das Backlog soll 40 Starts umfassen, dies passt aber nicht zu dem Volumen (4 Milliarden Dollar – selbst mit den Bezahlungen für die Dragon (bei CRS) kommt man nur auf 3 Milliarden Dollar, aber vielleicht werden bald die Preise angehoben. Dieses Jahr (2012) gibt es zwei weitere Flüge zur ISS. Der sechste Flug wird dann mit der Falcon 9 v1.1 (vorher Block II oder III, je nach Quelle) sein mit Merlin 1D und 50% länger. Die Falcon Heavy soll nun Mitte 2013 starten und die Falcon 9 v1.1 von Vandenberg aus im Frühjahr 2013. SpaceX wird an die Börse gehen, wenn sie einen Start pro Monat durchführen können, das soll Ende 2013 der Fall sein. (so viele Starts  weist aber nicht mal das extrem optimistische Launchmanifest für 2013 aus).

Beim Suchen nach neuen Daten bin  ich dann auch wieder über Diskussionen über SpaceX gestoßen und dabei zum x-ten Mal über unpassende Vergleiche (darüber habe ich mich schon geäußert) wie auch Aussagen nach „Was die schon alles erreicht haben … da darf man nicht so streng sein“. Oder so ähnlich.

Ich sehe das anders. SpaceX ist keine Firma im Taka-Tuka Land. Es ist eine Firma in den USA. Dort gibt es zahlreiche andere Raumfahrtfirmen, von wo man Mitarbeiter anheuern kann (was SpaceX auch tut, wenn man die Lebensläufe der Personen anschaut die man auf ihrer Homepage findet – nur verlassen Leute mit Fachhintergrund wohl schneller die Firma als dieser lieb ist). Es gibt in den USA Universitäten die Space und Rocket Science lehren und es werden dort seit 60 Jahren Raketen und seit 50 Jahren Raumfahrzeuge entwickelt. Wenn’s hart auf hart kommt, kann SpaceX immer noch auf die NASA-Archive zugreifen die öffentlich zugänglich sind. Dort finden sich Baupläne für Raumkapseln und die Erfahrungen die mit den Saturn Trägerraketen gesammelt wurde – inklusive Konstruktionszeichnungen.

Daher lege ich an SpaceX die gleichen Maßstäbe an wie an andere Raumfahrtfirmen. Eher müsste man die Erstleistungen von ESA und JAXA loben – für beide Nationen sind HTV und ATV die  ersten Raumfahrzeuge. Für die JAXA auch die H-2B Trägerrakete. Beide brauchen nicht mehrere Testflüge bis zur ersten Versorgungsmission, sondern machten diese beim ersten Flug. Beim HTV wie schon gesagt mit doppelter Premiere (HTV und H-2B) und beim ATV wäre hervorzuheben, dass das Raumschiff aufgrund der vielen Frachtmittel und automatischen Ankopplung deutlich anspruchsvoller ist als das von SpaceX. wo bleiben hier die Kommentare, das wäre was ganz besonderes und man hätte so viel geleistet? Wäre man hier bei einem Fehler dann auch so milde mit dem Urteil gewesen?

Was ich sehe ist, das SpaceX versucht die Raumfahrt zu verbilligen (an und für sich ein erstrebenswerter Ansatz), aber aus Gründen die wohl nur SpaceX beantworten kann, dies nicht so richtig klappt. Weder mit den Terminen, noch der Zuverlässigkeit noch den Preisen. Die Falcon 9 ist nun schon doppelt so teuer wie geplant und die NASA rechnet inzwischen mit Kosten von 111 Millionen Dollar (für die NASA). Aber anstatt dass die Firma in sich geht, sagt „okay wir haben da wohl einiges falsch geplant, wir setzen uns dran das zu reparieren, das wird dann etwas teuer und es dauert noch eine Weile“, also eine ehrliche Aussage trifft die ihr niemand übel nehmen kann, verstrickt sie sich und vor allem ihr Chief Designer in immer größere Widersprüche. Es läuft immer gleich ab: die Pläne für die Zukunft werden immer utopischer, mit immer kürzeren Zeithorizonten und Versprechungen. Dagegen wird bei schon getroffenen Aussagen für naheliegende Projekte immer mehr von früheren Aussagen und Daten abgerückt.

Beispiele gefällig? Elon Musk beim letzten COTS Flug auf die Frage eines Reporters wann die Dragon bemannt fliegen könnte „in sechs Monaten“. Das war vor 18 Monaten. Nun steht der nächste Flug an, und es sei „nur ein Testflug“ und er wäre zu „40 bis 50 Prozent“ sicher, dass er klappe. Fällt nur mir die Diskrepanz in den Aussagen auf? Dann gibt es nachprüfbare falsche Nutzlastangaben die physikalisch unmöglich sind, oder die Aussage, die Falcon 9 verfüge in jeder Flugphase der ersten Stufe über die Engine-out cabability, was aufgrund des Schub/Gewichtsverhältnisses aber direkt nach dem Start nicht der Fall ist. Soll, wie bei der Saturn IB eine Mindestbeschleunigung von 1,25 g aufrecht erhalten bleiben so kann das zentrale Triebwerk nach 44 s ausfallen bei einem äußeren ist wegen der Schubasymmetrie (Abschaltung eines zweiten notwendig) dies erst nach 67 s gegeben.

Ich bezeichne Angaben, die nachprüfbar falsch sind als Lügen und wenn man versucht mich anzulügen dann bin ich verärgert. Da es aber noch zig andere gibt, die nicht das Fachwissen haben ist es an der Zeit diese aufzuklären, denn unabhängige Berichterstattung gibt es ja kaum noch. Gerade dies ist ja nun deutlich sichtbar bei der Berichterstattung zum SpaceX Start. In den einschlägigen Newsportalen findet man nur Wiedergabe der Presseinformationen von SpaceX oder eben Interviews mit Elon Musk. Das ist in meinen Augen keine Berichterstattung, das ist wie die in manchen Computerzeitschriften als Ankündigung getarnten Anzeigen für Produkte. Die NASA als Kunde scheint sich überhaupt nicht zuu SpaceX zu äußern, ja es gibt ja sogar Merkwürdigkeiten, wie das die NASA ihre eigenen Fotos vom COTS 1 Flug erst nach Monaten veröffentlichen dürfte, weil SpaceX keine Erlaubnisse gegeben hat (wo fand den der Start statt und wer hat die Fotos gemacht?). Also viel fehlt nicht mehr zu der Berichterstattung in totalitären Regimen, nur mit einem kleinen Unterschied: die behaupten nichts, was sie nicht halten können….

Die mobile Version verlassen