Bernd Leitenbergers Blog

Wie kann ich den LDL-Spiegel senken?

So nun der dritte und letzte Teil der Fragestunde rund ums Cholesterin.

Das Naheliegendste ist eine cholesterinarme Diät. Die Reduktion des Cholesterins in der Nahrung alleine ist dabei nicht so wirksam, wie man denkt. Das ergibt sich daraus, dass der Körper auch selbst Cholesterin bildet. Beim Gesunden, das wurde gezeigt wird ein Spiegel von etwa 210 mg/dl Gesamtcholesterin aufrechterhalten, egal ob die Personen 200 oder 800 mg Cholesterin pro Tag zu sich nahmen. Allerdings ist bei Personen mit einer Hyperlipoproteinämie die Regelung gestört und eine Senkung der Cholesterinaufnahme senkt in der Tat den Blutcholesterinspigel, nur eben aufgrund der endogenen Produktion nicht sehr drastisch.

Wichtiger ist es die Konzentration des LDL, das Cholesterin zu den Zellen transportiert, („dem bösen Lipoprotein“) zu senken und die des HDL, das Cholesterin zum Abbau in die Leber transportiert, (dem „guten“ Lipoprotein) zu steigern. Das HDL ist auch beteiligt bei dem Abtransport von Cholesterin aus den Plaques und wirkt so Arteriosklerose entgegen. Als Richtwert gilt heute ein Wert von 200 mg Gesamtcholesterin/dl Blut, davon maximal 160 mg als LDL und 40 mg als HDL. Der Teiler LDL/HDL sollte 3,5 betragen oder kleiner sein. Der LDL-Spiegel hängt nicht nur von der Cholesterinmenge in der Nahrung ab, sondern auch anderen Nahrungsbestandteilen.

Will man durch die Ernährung Einfluss nehmen, so geschieht dies primär durch die Wahl des Fettes. Pflanzliche Fette enthalten kein Cholesterin. Zudem konkurrieren Cholesterin und mehrfach ungesättigte Fettsäuren um den Transport im Blut. So können mehrfach ungesättigte Fettsäuren den Blutcholesterinspiegel senken. Sie senken aber die HDL wie LDL Konzentration. Das ist ein Manko. Weiterhin sind die am häufigsten vorkommenden ungesättigten Fettsäuren, der Omega 6 Reihe auch Vorläufer für Verbindungen die für Oxidationen von Fett verantwortlich sind, die auch in den Plaques ablaufen. Daher sprechen sich neuere Empfehlungen mehr für einen erhöhten Gehalt an einfach ungesättigten Fettsäuren aus, wie der Ölsäure, die z.B. in Olivenöl reichlich vorkommt. Sie verändert weder den LDL noch den HDL-Spiegel. Kurzkettige Fettsäuren, wie sie im Milchfett vorkommen, senken den LDL-Spiegel. Das Gleiche gilt für die Omega-3 Fettsäuren. Umgekehrt steigern gesättigte Fettsäuren, die vor allem in tierischem Fett aber auch manchen pflanzlichen Fetten vorkommen die LDL-Konzentration.

Einige Ballaststoffe werden im Dickdarm von Bakterien zu kurzkettigen Fettsäuren abgebaut und diese senken den LDL-Spiegel. Ballaststoffe binden auch Cholesterin, wie auch den aus Cholesterin gebildeten Gallensäuren. Sie entziehen so Cholesterin dem Kreislauf. Besonders wirksam ist dabei das Lignin, das aber sehr selten in unserer Nahrung vorkommt und das Pektin, das man reichlich in Obst findet.

Pflanzen enthalten zudem Fettbegleitstoffe, die ähnlich wie Cholesterin aufgebaut sind. Diese Phytosterine werden wie Cholesterin transportiert. Enthält die Nahrung zahlreiche Phytosterine, so muss zwangläufig der Anteil des Cholesterins sinken. Pflanzliche Öle enthalten etwa 1-2% Phytosterine, sie finden sich aber auch in grünem Gemüse. Der Effekt der Cholesterinsenkung ist bei hohen Dosen (so viel wie in mehreren Kilogramm Gemüse enthalten) ist gesichert und entsprechende Produkte, denen Phytosterine zugesetzt wurden, wie die Margarine Beccel sind auf dem Markt. Doch um die 5-10% Senkung zu erreichen, die damit möglich sind, wurden dieser so viele Phytosterine zugesetzt, wie in rund 4 kg Brokkoli enthalten sind.

Nimmt man alle Empfehlungen zusammen, so ist die optimale Diät bei zu hohem LDL-Spiegel eine ballaststoffreiche Ernährung (wegen der Ballaststoffe und der in Gemüse enthaltenen Omega-3 Fettsäuren), mit vornehmlich pflanzlichem Fett (wegen der Phytosterine und der einfach ungesättigten Fettsäuren). Da Cholesterin nur in tierischem Fett enthalten ist, ist diese Ernährung zugleich auch cholesterinarm.

Es gibt noch zahlreiche andere Faktoren, die in irgendeiner Weise auf den LDL-Spiegel wirken, so Antioxidantien (senken ihn), Kaffee (ungefilterter Kaffee steigert ihn, Filterkaffee ist ohne Einfluss) und sogar Mineralstoffe.

Ich habe einen erhöhten Cholesterinspiegel, muss ich nun dauernd Diät halten?

Neuere Untersuchungen zeigten, dass es bei Menschen ohne Vorerkrankung (Krankheiten an Herz-/Kreislaufsystem, Arteriosklerose) keinerlei Zusammenhang zwischen Cholesterinaufnahme und Neigung zu diesen Krankheiten gibt. Eine Hyperlipoproteinämie ist ein Risikofaktor für Arteriosklerose, aber nicht jeder der eine hat bekommt Arteriosklerose. Ist eine Vorerkrankung gegeben, oder gibt es andere ernährungsbedingte Krankheiten oder Risikofaktoren (Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck, Rauchen, Stress, Bewegungsmangel) so sollte der LDL-Cholesterinspiegel nach derzeitiger Lehrmeinung jedoch gesenkt werden. Gravierende Reduktionen des Gesamtcholesterins (weit unter 200 mg/dl) sind wegen der endogenen Bildung nur medikamentös zu erreichen.

Weitere Empfehlungen sind eine Gewichtsreduktion und körperliche Betätigung. Zum einen weisen viele an der häufigsten Form der Hyperlipoproteinämie Erkrankte auch Übergewicht auf, zum anderen senkt Sport nicht nur das Gewicht, sondern verringert auch die Entzündungsbildung an den Herzkrankgefäßen und steigert die HDL-Konzentration. Alle Maßnahmen sollten aber nicht überbewertet werden.

Hierzu mein eigenes Beispiel. 2004 hatte ich einen Gesamtcholesterinspiegel von 203 mg/dl, wog 106 kg machte kaum Sport. 2010 waren es 222 mg/l, ich wog 74 kg und ging viermal in der Woche Schwimmen und machte in diesem Jahr den zweiten Platz im 24-Stunden-Schwimmen in dem Verein, in dem ich Mitglied bin. Ich mochte nie Eier, ernähre mich eher noch fettärmer als früher und trotzdem ist der Cholesterinspiegel angestiegen. Das zeigt, dass die Ernährung, aber auch die Lebensweise, nur begrenzten Einfluss hat. Als deutlich erhöht und Schwelle, ab der man von einem Risikofaktor spricht, gelten heute 260 mg/dl. Der frühere Normwert von 200 mg/dl ist heute umstritten, weil ein sehr großer Teil der Bevölkerung (je nach Schätzung bis zu 80%) ihn überschreitet und dies praktisch bedeuten würde, dass jeder auf eine cholesterinarme Diät gesetzt werden müsste, was offensichtlich unsinnig ist. In England ist man anderer Meinung. Dort wurde der Wert, ab dem man von einem „Risikofaktor“ sprach, immer schon bei 260 mg/dl angesetzt. In den USA gilt immer noch ein Wert von 200 als erwünscht. Bis 240 mg/l werden als „kontrollbedürftig“ eingestuft und ab 240 mg spricht man dort von einem hohen Risiko.

Immerhin überschreiten nach DGE Empfehlungen noch ein Drittel der Erwachsenen einen Wert von 250 mg/dl. Die Situation muss jedoch genau betrachtet werden, denn nur bei der Hälfte der Betroffenen ist der LDL-Spiegel erhöht und der LDL/HDL Quotient hoch. Die andere Hälfte weist einen nur gering erhöhten LDL-Spiegel auf und Cholesterin befindet sich im HDL und anderen Transportverbindungen. So auch beim Autor: Der LDL-Spiegel betrug 2010 142 mg/dl, der HDL 61 mg/dl, was einen sehr guten LDL/HDL Quotienten von 2,3 (empfohlen: <4) ergibt.

Cholesterin findet sich nur in tierischem Fett. Besonders viel Cholesterin enthalten Eier (314 mg/Ei), dort übrigens nur im Eidotter, Innereien, vor allem Gehirn (2.000 mg/100 g) sowie Schalen- und Krustentiere enthalten ebenfalls viel Cholesterin. Hier eine kleine Übersicht:

Lebensmittel

mg/100 g

Lebensmittel

mg/100 g

Eier (1 Ei: 400 mg)

604

Butter

240

Milch, Joghurt

11

Hering

85

Schlagsahne

109

Kabeljau

30

Emmentaler, Edamer

92

Austern

250

Camembert

71

Garnelen

138

Frischkäse

109

Miesmuscheln

150

Quark 40%

37

Kalbsfleisch, Filet

70

Feta-Käse

45

Kalbsfleisch, Schnitzel

90

Schweinefleisch: Kotelett, Hals, Kamm

70

Rindfleisch Filet

90

Schweinerückenspeck

120

Rindfleisch, Roastbeef

120

Frankfurter Würstchen

65

Fleischwurst, Leberwurst, Salami

85

Weißwurst

110

Bratwurst

100

 

Es wird recht deutlich, dass der Cholesteringehalt nicht unbedingt mit dem Fettgehalt korreliert, so enthält Schweinefleisch nicht mehr Cholesterin als das magere Rindfleisch und auch Käse ist gemessen an seinem Energiegehalt relativ cholesterinarm.

Die Empfehlungen der DGE vertreten den Standpunkt, dass ein Gesamtcholesterinspiegel von <200 mg/dl wünschenswert ist, und einer mit 200 bis 250 mg schon „kontrollbedürftig“ sei. Um dies zu erreichen, sollten nicht mehr als 300 mg Cholesterin mit der Nahrung pro Tag aufgenommen werden.

Die Realität sieht dagegen so aus, dass die meisten von uns zwischen 500 und 750 mg aufnehmen und daher über 80% der Bevölkerung einen „kontrollbedürftigen“ Spiegel haben. Das führt dann zu einer Diät, die nach DGE Empfehlungen z.B. maximal ein bis zwei Eier pro Woche enthalten darf. Die Pharmazeutische Zeitung, Zentralblatt des deutschen Apothekerverbands, hält dagegen einen Gesamtgehalt von <250 mg/dl als normal. Dies reduziert immerhin die Anzahl der „potenziellen Kranken“ von 80 auf 40% der Gesamtbevölkerung.

Neben dem Krankheitsbild der Arteriosklerose alleine gibt es einen erhöhten LDL-Spiegel auch bei Übergewicht. Da dort auch andere Risikofaktoren vorliegen wie geringer HDL-Spiegel durch geringe sportliche Betätigung und hoher Bluthochdruck vorliegen, ist hier die erste Maßnahme abzunehmen. Hier bringt die Gewichtsreduktion messbare Effekte. Nach einer Studie konnten Teilnehmer die ihr Gewicht um 10% senkten ihren LDL-Spiegel um 30% senken – so viel ist nur mit der Ernährungsumstellung sonst kaum erreichbar.

Bringen dann wenigstens Medikamente etwas?

Bei Risikogruppen oder Patienten mit Vorerkrankungen, also Personen die schon Arteriosklerose haben, oder einen Herzinfarkt durchlebt haben, wird heute eine Reduktion des Gesamtcholesterins im Blut je nach Anzahl der Risikofaktoren auf 160, 130 mg/dl bzw. 100 mg/dl angestrebt. Diese Werte sind nur mit Medikamenten zu erreichen. Der körpereigene Mechanismus lässt keine Senkung weit unter 200 mg/dl zu.

Doch auch an der medikamentösen Therapie gab es Kritik. Zum einen ergaben Untersuchungen der früheren Studien deutliche Mängel in der Durchführung. Langzeitstudien konnten nicht nachweisen, dass bei Personen die medikamentös ihren Cholesterinspiegel drastisch senkten, die Lebenserwartung anstieg. Die Leute starben dann nur an anderen Krankheiten. Zahlreiche Kritiker werfen auch eine starke Verflechtung mit den Interessen der Pharmaindustrie vor. Vor allem in den USA sind Cholesterinsenker die umsatzstärksten Medikamente. Auch bei uns wird damit viel Geld verdient. Die positive Wirkung der Statine, der verbreitetsten Medikamentengruppe, beruhe wahrscheinlich nicht primär auf der Senkung des Cholesterinspiegels, sondern anderer Effekte.

Sollte man als Gesunder nun auf seinen Cholesterinspeigel achten?

Wie schon geschrieben wurde in den letzten Jahren viel umgedacht. Bei der medikamentösen Therapie ist die Faktenlage recht eindeutig. Wer keine Vorerkrankung hat, und präventiv seinen Cholesterinspiegel senkt, der hat mehr Nachteile als Vorteile. Man rechnet bei dieser Personengruppe damit, dass pro 100 Patienten man einen bis zwei Todesfälle durch Herzinfarkt verhindert. Demgegenüber werden bis zu 5 Personen Krankheiten erhalten, die bedenklich sind wie Diabetes und bis zu 30 unter leichteren Nebenwirkungen wir Brustschmerzen leiden. Der Nutzen ist also nicht gegeben.

Schwerer tun sich die Ernährungswissenschaftler, ihre alten Empfehlungen zu revidieren. Wahrscheinlich aus der Überlegung heraus „wenn man den Cholesterinspiegel senkt und dies nur durch Diät erreicht, dann kann das ja nichts Schlechtes sein“. Sie verweisen auch darauf, dass eine cholesterinarme Diät (arm an Ei und an Fleisch) auch gesund sei. Doch natürlich wirkt es sich aus, wenn man etwas gerne essen würde, aber nicht darf. Ob dieser physiologische Effekt nicht mehr schadet als der vermeintliche Nutzen eines niedrigeren Cholesterinspiegels, der ja wie oben geschrieben beim gesunden minimal ist? So wird es noch einige Zeit dauern, bis auch bei uns die offiziellen Empfehlungen an den aktuellen Stand der Wissenschaft angepasst werden.

[Edit 2019]

Während meine Betrachtung als Lebensmittelchemiker auf Experimenten und biochemischen Grundlagen beruht, arbeitet die Medizin mit Evidenz, das heißt Ergebnissen aus Studien die durch Statistik untermauert sind. Das Cholesterin nicht bei jedem reguliert werden muss wusste die Lebensmittelchemie schon als ich studierte Anfang der Neunziger, einfach weil 80 bis 90 % des im Darm aufgenommenen Cholesterins selbst produziert wurde, da machen die 10 bis 20 % in der Nahrung nicht mehr viel aus. Ich habe das oben auch kritisiert. Nun endlich hat nach zahlreichen anderen nationalen Gremien die bisher beharrlichste und einflussreichste Organisation die FDA die Warnung vor Cholesterin gestrichen. Damit müssen nur noch Personen auf ihren Cholesterinspiegel achten die schon eine Herzkranzgefäßvorerkrankung haben.

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