Bernd Leitenbergers Blog

Talfest, das letzte Buch im Jahr, Häppchenwissen und der DAV

Als ich noch Chemie studierte, gab es bei den richtig anstrengenden Praktika immer ein „Bergfest“, wenn man die Hälfte hinter sich hat. So beim Organikgrundpraktikum, das drei Monate lang von 8 bis 18 Uhr lief, man konnte nichts nebenher machen und es gab in der Zeit auch noch fünf Klausuren, erreichte man bei einer weniger als 12,5 von 20 Punkten flog man raus. Das führte schon dazu, dass beim Bergfest nur noch drei Viertel der Studenten vom Anfang da waren.

Für mich gibt es jedes Jahr ein „Talfest“, und das ist heute. Heute ist der kürzeste Tag. Von jetzt an wird es morgens wieder früher heller und in ein paar Wochen auch wärmer und noch ein paar Wochen später wird es auch wieder grün. Ich leide ja immer unter einer Winterdepression, die meistens bis zum 21.12. abgeklungen ist und am stärksten vorher ist und daher ist dieser Termin für mich immer der Wendepunkt im Jahr. Zumindest kann ich im Winter immer sehr gut verstehen, warum unsere germanischen Vorfahren bei der Völkerwanderung nach Italien, Spanien und Nordafrika strebten.

Dann ist mein Buch erschienen, ich denke vier Korrektoren haben dem Buch gut getan. Ich habe aber auch auch bei den Bemerkungen gemerkt wie weit auseinander doch die Erwartungen und Vorbildung sind. Fabienne, die wie ich Chemie studiert hat, bemängelte schon bei der Probekorrektur, die jeder Korrektor mal durchlaufen muss, das es nicht chemisch korrekt ist, so spreche ich von Nitrat und nicht Nitration. Ich habe ihr dann erklärt, an wen sich das Buch richten soll und was ich an Vorbildung erwarte. Auf der anderen Seite fanden andere Korrektoren es stellenweise als zu anspruchsvoll. Arne meinte es würden wohl „dass zuviele Leser die Tiefe und Reichhaltigkeit der Informationen nicht zu schätzen wissen. „. Trotzdem erhoffe ich mir vom Buch viel, denn der Kreis der potenziellen Leser ist der größte aller bisher erschienen Bücher.

Aber Arne hat recht. Ich glaube heute will jeder nur noch Häppchenwissen, oberflächliche Betrachtungen, genauer wissen möchten die wenigsten etwas. Man sieht dies bei vielem. so kam am Montag ein Beitrag bei WISO. Es ging um Fructose in Lebensmitteln und der Beitrag suggerierte, dass man nicht feststellen kann, ob Fructose in einem Lebensmittel vorhanden ist. Aufhänger war die 10-jährige Saskia die an Frcutoseunverträglichkeit leidet. Es kam ein Verbraucherschützer der sagte, das man Fructose wegen des Images nimmt (klingt natürlich, nach Früchten, soll sogar einen Bezug zu Sport haben), ein Berater der US-Industrie, die auf Fructosesirup aus Preisgründen (ist günstiger als Zucker) umstellte und zuletzt noch ein Vertreter der Lebensmittelindustrie (BLL), der sagte, dass wer die Information haben will, feststellen kann, das Fructose im Lebensmittel ist, diese auch bekommt. Er hat übrigens auch recht. Der Schluss des Beitrags war aber ein anderer „Die „de Langes“ können es nicht (feststellen ob Fructose in einem Lebensmittel enthalten ist), weil Fructose auch in anderen Zuckerarten versteckt ist, sind sie weiter aufgeschmissen. Was Saskia verträgt und was nicht, nur mit den Packungsangaben kann sie es nicht herausfinden“. Das wurde dann von einem Statement der 10-jährigen Saskia, wie sie bei einem Kindergeburtstag keines der angebotenen Getränke nehmen konnte beendet.

Man kann dieses Resümee nun unter zwei Aspekten sehen. Das eine ist eine tendenziöse Berichterstattung. Denn was als Resümee gebracht wird, ist schlichtweg falsch. Im Zutatenverzeichnis stehen alle Zuckerarten drin und wer eine Unverträglichkeit hat, muss nur auf vier Worte achten:

Das sind genau vier Wörter. Das ist wenig, wer Gicht hat oder Diabetes der muss sich eine Reihe mehr Lebensmittel merken. Kann man von jemanden der eine Lebensmittelunverträglichkeit hat nicht erwarten sich vier Begriffe zu merken? Saskia wurde auch gezeigt wo sie bei Obst (dort ist der Fructosegehalt natürlich nicht deklariert) auf eienr Liste nachschaut, aber ihrer Mutter ist beim einkaufen das Achten auf vier Wörter nicht zumutbar?

Die zweite Möglichkeit ist die, dass nun die DAV-Erwartung (dümmster anzunehmender Verbraucher) der Familie de Lange als Norm angesehen wird. So nach dem Motto: „ich bin zu dämlich mir vier Begriffe zu merken, es muss überall explizit drauf stehen „enthält Fructose“. Ja und morgen kommt dann noch die Aufschrift „enthält Cholesterin“, Enthält Salz“, „enthält Alkohol“, „enthält Fett“, „enthält Kalorien“, „Vorsicht kann bei übermäßigen Verzehr dick machen“ oder bei Wasser „Nicht mehr als 6 l in 2 Stunden trinken, nicht mehr als 12 l pro Tag, sonst droht eine Wasservergiftung“.

Kurzum: die Leute werden immer dümmer, und das Bildungsniveau sinkt. Vielleicht eine Folge des Internets. Wann immer man eine Frage hat – kurz bei Google eingetippt und man hat die Antwort. Aber man braucht sich kein Wissen mehr aneignen. Und wenn das eine ganze Generation betrifft, dann kommen eben solche Schicksale heraus wie die Familie „de Lange“. Übrigen,s dasselbe gab es auch bei der Familie über die ich gestern berichtete. Die älteste Tochter Angelique, hat eine Lactoseunverträglichkeit, was nach dem Beitrag in 50 Euro Medikamentenkosten und 50 Euro für teurere Lebensmittelkosten pro Monat niederschlägt. Nun ist da die Sachlage komplizierter, als bei der Fructoseunverträglichkeit, weil Laktose als billige Zutat, die Wasser bindet, vielen Lebensmittel zugesetzt wird. Allerdings bekam die Tochter Beschwerden, weil die Mutter Rahm in den Spinat tat. Antwort der Mutter „Aber ich habe doch keine Milch genommen, sondern Rahm“… Die DAV vermehren sich wie die Karnickel.

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