Bernd Leitenbergers Blog

Wie verlaufen technische Entwicklungen?

Als kurzweilige Unterhaltung ein kleiner Einschub, nämlich wie meiner Ansicht nach Technikentwicklungen verlaufen. Es gibt vier Phasen die Nacheinander folgen

Als Beispiel, weil er den meisten geläufig ist, nehme ich mal den PC.

In der ersten Phase wird etwas erfunden, das neue Produkt ist aber meist noch zu neu, zu teuer zu störanfällig und unausgereift. In dieser Phase ist es ein Nischenprodukt, vielleicht gekauft von Technikaffinen oder den typischen „Early Adaptors“. Typisch in dieser Phase ist auch das es Entwicklungen gibt, die sich nicht durchsetzen und nach kurzer Zeit vom Markt wieder verschwinden.

Die erste Phase des PC begann mit dessen Erfindung. Der Altair 8800 hatte keinerlei Ähnlichkeit mit einem heutigen PC. Angeschlossen wurden zuerst Fernschreiber und Papierstreifenleser. Monitor und Disklaufwerke kamen erst später. Verkauft wurde nur die CPU mit Speicher als Kit. Innerhalb weniger Jahre gab es mit dem Sol das erste Gerät mit eingebauter Videoansteuerung und Keyboard (allerdings immer noch ohne Speicher).

In den nächsten Jahren entwickelte sich das Gerät rapide weiter. Mit dem Apple II gab es das erste Gerät mit Speicher und Keyboard in der Konsole sowie Standardanschlüssen. Vorher musste man das über Steckkarten erweitern. Beim IBM PC waren auch die Diskettenlaufwerke Bestandteil der Zentraleinheit und die Tastatur separat und damit ergonomischer.

Entwicklungen die sich nicht durchsetzten sind die so beliebten Rechner mit BASIC Interpreter. Sie ermöglichten zwar ein startbereites Gerät mit wenig Aufwand zu produzieren, aber sprachen nur einen Teil der Bevölkerung an, nämlich die die programmieren wollten. Wäre es nicht möglich gewesen sie als Spielkonsole zweckentfremden, so wären sie sicherlich nicht so populär geworden. Langfristig setzte sich das Laden des Betriebssystem von einer Disk/Festplatte durch. Das gleiche gilt für den Kassettenrecorder als Speichermedium.

Die zweite Phase ist geprägt von innovativen Entwicklungen mit denen das Gerät zum Massenprodukt wird. Phase 1 und 2 überlappen sich oft. Beim PC ist diese Phase schwerer zu definieren, weil vieles nicht neu erfunden wurde, sondern nur Dinge Einzug hielten, die es schon bei größeren Computern gab. Man kann es aber an der Usability festmachen. Zum Ende von Phase 1 begann der Computer zum Massenprodukt zu werden. Festmachen kann man es an dem Nutzen. Mit dem Einzug von Anwendungsprogrammen wie Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Datenbanken, aber auch Spielen begann der Computer nützlich zu werden und alle anzusprechen die nicht programmieren wollten, was nur eine kleine Minderheit war. am Ende der Phase 2 steht beim Computer die Einführung der grafischen Benutzeroberfläche.

In Phase 3 wird das Gerät nur noch inkrementell verbessert. Es gibt noch Innovationen, doch selten verändern sie etwas fundamental. Das gerät erreicht in dieser Phase nahezu Marktsättigung, das bedeutet zum Ende der Phase hat fast jeder potenzielle Käufer das Produkt. Es verändert sich aber kaum noch. Vergleicht man einen heutigen PC mit dem Urmac der gerade Dreißig wurde, so ist er schneller, das Design schicker, aber es gibt keine fundamentalen Unterscheide mehr. Man kann sowohl das gleiche machen wie auch die Zubehörgeräte haben sich nicht verändert. Nur die Oberfläche ist schicker geworden.

Die letzte Phase scheint der PC nun zu erreichen, das ist die Modephase. Innovationen gibt es nun nur noch selten. Stattdessen wechselt das Design, die Oberfläche, während die Funktionalität gleich bleibt. Ich habe das bewusst Modephase genannt, weil die Bekleidungsindustrie diese Phase schon vor Jahrhunderten erreicht hat. Die wesentlichen Kleidungsstücke wie Hemd, Hose, Rock wurden schon vor Jahrhunderten bis Jahrtausenden erfunden. Das gilt auch für Stoffarten und Verschlussarten (Knöpfe, Schnüre). Seitdem wechseln nur noch Schnitte, Farben eben Moden. Es kann durchaus noch Neuerungen geben (bei der Mode z.B. den Reisverschluss oder die Kunstfasern) doch sie verändern nichts mehr groß. So gibt es für den PC seit einigen Jahren Solid State Disks, doch sie machen in der Usability keinen Unterschied. Die Moden im Design von Windows 8 aber auch modernen Linux Desktops zeigen, dass der PC gerade in diese Phase übergeht, wenn er nicht schon da angekommen ist.

Ein zweites Beispiel: Das Fahrrad.

Das Fahrrad wurde als Draisine 1817 erfunden. Mit dem heutigen Fahrrad hat es noch wenig Ähnlichkeit. Der Lenker ist noch kurz und schmal, man hat sich mit den Füßen von dem Boden abgestoßen und es war ein Laufrad.

In der ersten Phase kamen daher die wichtigen Erfindungen die ein heutiges Fahrrad ausmachen wie zuerst der Pedalantrieb und dann der Kettenantrieb. Als Nebenentwicklungen, die sich nicht durchsetzen können seien die Hochräder genannt, da man ohne Kettenantrieb schneller vorwärts kam wenn das vom Pedal angetriebene groß war, wurden Fahrräder mit enorm großen Vorderrädern gebaut. Der Kettenantrieb machte diese sturzgefährlichen Räder überflüssig,

In der innovativen Phase ab 1900 wurde das Fahrrad zum Alltagsverkehrsmittel. Es wurden Schaltung, Rücktritt und Felgenbremsen erfunden.

Die inkrementelle Verbesserung führt zu mehr Gängen, Gelsätteln, Halogen und LCD Beleuchtung, Aluminiumrahmen anstatt Stahl.

Beim Fahrrad kann man diskutieren ob es auch schon in der Modephase angekommen ist. Auf der einen Seite verändert sich die Zahl der Gänge kaum noch und wer schon ein 5-Gang Fahrrad hat wird nicht viel Unterschied bei einem 8-Gang Fahrrad feststellen. Andrerseits gibt es Carbonfaserrahmen die dann doch das Rad leichter machen oder das Elektrofahrad, nur könnte man das schon als eine neue Erfindung ansehen.

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