Noch gibt es ja die SLS nicht, aber man kann sich ja schon Mal Gedanken machen, was man jenseits von Orionflügen damit anstellen kann. Auch die Nutzlast ist leider noch nicht bekannt. Die erste Version liegt im Bereich von 70 bis 100 t in einen LEO (ohne/mit Oberstufe), ein Ausbau soll die Nutzlast auf mindestens 130 t anheben. Aus Erfahrungswerten kann man dann eine Nutzlast für Mars- und Venusmissionen ableiten die etwa bei einem Drittel dieser Werte liegt, mit einer Oberstufe noch mehr. Eine Oberstufe steigert noch die Nutzlast und wäre für Hochenergiemissionen sinnvoll. Hier bietet sich die Verwendung schon existierender Oberstufen an. Für die erste Mission wird eine Delta IV Zweistufe verwendet die auch auch in den Beispielen zugrunde gelegt habe. Etwas höhere Nutzlasten erhält man beim Einsatz der Centaur, da sie ein geringeres Leergewicht aufweist. Außer für jupiter und Saturnmissionen ist das aber kaum relevant.
Fangen wir mal im LEO an. Da zieht ja die ISS ihre Kreise. Es gibt hier eine Reihe von Einsatzmöglichkeiten. Die offensichtlichste ist es neue Module zu starten oder bisherige zu ersetzen. Die Module sind voll ausgerüstet schwerer als jede heute verfügbare Nutzlastkapazität. Dazu brauchen sie noch einen Antrieb und ein Avionikmodul, dass sie in die Nähe der ISS bugsiert. In der Praxis wird man so ein Modul nur leer starten können und muss mit Transportern dann die Innen- und Außeneinrichtung nachliefern. Das ist nicht nur aufwendig, sondern auch teuer. Ein Außeneinsatz ist nicht gerade billig, ein Rack, das etwa 500 bis 1000 kg wiegt kostet im Transport mit den derzeitigen US-Transportern 87,5 bis 175 Millionen Dollar. 10 bis 13 dieser Racks gibt es pro Labor.
Die SLS könnte zwei fertige Module, mit installierten Außeneinrichtungen (die Nutzlasthülle ist dafür groß genug) starten und man bräuchte nur eine Antriebseinheit. Es entfielen zwei Starts von Atlas V 552 / Delta 4H und mindestens sieben Versorgungsflüge und das zweite Avioknikmodul. In der Summe wäre die Rakete deutlich billiger als die heutige Praxis.
Irgendwann hat die ISS auch ausgedient und man muss sie deorbitieren. Das ist wegen ihrer Masse nicht trivial. alleine durch die Masse braucht man viel Treibstoff, dazu einen starken Antrieb, denn wenn man mit den derzeitigen Transportern die Station abbremst, dann brauchen sie stunden dafür und während dieser Zeit sinkt die Station ab um schließlich Höhen zu erreichen bei denen die aerodynamischen Kräfte einen kontrollierten Wiedereintritt unmöglich machen. Um die Station von einer 420 km hohen Kreisbahn in eine 80 x 420 km Bahn zu bringen (in 80 km Höhe ist die Atmosphäre schon so dicht das sie desintegriert) braucht man „nur“ 123 m/s. Doch bei 420 t Gewicht entspricht dies einem Gesamtimpuls von 51,66 MN. Dies ist z.b. in 17,2 t lagerfähigem Treibstoff enthalten (spezifischer Impuls 3000 m/s). So viel kann kein heutiger Transporter befördern. Die einfachste Möglichkeit ist es eine unbemannte Orion hochzuschicken, mit vollbetanktem Servicemodul und mit deren leistungsfähigem Antrieb (diskutiert wird der Einsatz des Aestus oder des AJ-10, letzteres wäre wegen des höheren Schubs vorteilhafter) zum Deorbitieren zu nutzen. Die Orion soll ja anders als bisherige Us-Raumschiffe auch automatisch ankoppeln können.
Natürlich bringt die Trägerrakete am meisten bei Planetenmissionen. Seit Jahren plant die NASA einen Europa Orbiter, der ihr aber immer zu teuer ist. Das nun aktuelle Konzept sieht nur noch viele (45) Vorbeiflüge an Europa vor, aber der Orbiter bleibt in einer Umlaufbahn um Jupiter. Damit spart man Treibstoff ein und die Sonde wird leichter. Trotzdem muss die Sonde etliche swing-Bys im inneren Sonnensystem absolvieren bis sie bei bei Jupiter ankommt. hier spart die SLS Zeit und damit Geld und sie ermöglicht einen echten Europa Orbiter, denn mit der schon geplanten IPCS Stufe (eine Delta IV Oberstufe) kann die SLS Block I rund 7 t zu Jupiter befördern. Analog wäre damit auch ein Titanorbiter, eventuell sogar mit einem Lander möglich. Auch dies ist ein Programm, das seit langem von den Wissenschaftlern gewünscht wird. (Wenn ich die Wahl hätte, würde ich Titan sogar Europa vorziehen – er ist um einiges interessanter. es gibt dort Seen, Wetter, Veränderungen durch Erosion etc.).
Bei Planetenmissionen fällt natürlich dann auch noch die schon seit langem geplante Marsbodenprobengewinnung ein. Sie braucht eine schwere Sonde, weil der Landeteil (der ja auch nur einen Bruchteil der Nutzlast ausmacht) um vorm Mars zurück zur Erde zu kommen rund 6 km/s (im besten Falle) aufbringen muss, was die Nutzlast stark abgesenkt. Bedenkt man dass heute schon auf dem Mars nur ein Drittel der Startmasse landet so kann man sich ausrechnen, wie viel da noch bei einer herkömmlichen Rakete zurückkommt. Mit der SLS könnte man rund 20 t zum Mars entsenden. Das ist eine andere Dimension. Doch wird diese Mission auch mit der SLS nicht angegangen werden, sonst könnte ja ein Politiker auf die Idee kommen und fragen, warum man dann noch bemannt zum Mars aufbrechen will.
Dann würde die Nutzlastverkleidung von über 8 m Durchmesser auch ganz neue astronomische Satelliten erlauben. Das JWST wird teuer, teuer auch (wenn auch nicht nur) weil man den Spiegel aus zahllosen Segmenten baut und diese erst im All entfaltet. Das spart Gewicht und Platz, doch macht das Projekt teuer. Einfacher wäre es große, leichte Spiegel wie der von Herschel (aus Siliziumcarbid) einzusetzen. Dieser wiegt bei 3,5 m Durchmesser nur 415 kg, damit könnte man sicherlich ein Teleskop von 7,5 m Durchmesser in der Nutzlasthülle unterbringen. Das wäre größer als das JWST und die SLS könnte es trotzdem noch auf einen Kurs zu einem Librationspunkt bringen, denn dafür beträgt die Nutzlast rund 27 t mit Oberstufe. Das Militär könnte einen solchen Satelliten auch in den GEO-Orbit befördern, Dann gäbe die globale Überwachung ohne revisitzeit. Allerdings mit geringer Auflösung, sie läge bei 3 m am Äquator und würde beim 50 Breitengrad schon auf 7 Grad absinken. Drei dieser Satelliten und der ganze Globus ist beobachtbar. Wäre das nicht ein Traum für das informationshungrige US-Militär und die NRO?
Das sind nur einige Projekte die mir ohne viel Nachdenken einfallen, trotzdem (ohne ISS Module) fünf bis acht Missionen. Da die SLS nach derzeitigen Planungen nur alle 2 Jahre Fliegen sollte genug zu tun für zehn Jahre, aber vielleicht nutzt man sie ja mal intensiver wenn man sie erst mal hat.