Bernd Leitenbergers Blog

Aktionismus, Multimedia anstatt solide Information

Nun ist Rosetta um einen ersten Quasi-Orbit eingeschwenkt und wir werden wieder das übliche ESA-.Procedere bei solchen Anlässen sehen. Das gab es schon bei der Landung von Opportunity kurz nach dem Erreichen des Marses durch Mars Express: Da veröffentlichte die ESA erste Ergebnisse, inklusive der „weltgrößten Postkarte“ einem Streifen der HRSC Kamera von Kasei Valles. So kann man die eigene Mission nochmals ins rechte Licht rücken. So werden wir auch erste Ergebnisse von Rosetta bald zu sehen bekommen und dann wieder für lange Zeit nichts. Dieser Aktionismus ist recht kennzeichnend für die ESA. Während man auf den NASA-Missionsseiten anfangs alle paar Tage, dann später im Wochenabstand Nachrichten findet, aufbereitet für die Allgemeinheit, hört man von den meisten ESA-Missionen nichts mehr nachdem sie einen Orbit erreicht haben ab und an einige wissenschaftliche Neuigkeit, eher gibt es noch Nachrichten über ingenieurstechnische Aspekte. So hat Venus Express nun eine Saison absolviert, in der sie tiefer in die Atmosphäre eingetaucht. Das wurde in Nachrichten genau erläutert. Aber etwas von den wissenschaftlichen Ergebnissen? Es war ja nicht die erste solche Kampagne.

Dabei ist das System, wie mit Instrumenten und den Daten verfahren wird, bei ESA und NASA nicht so verschieden. Jedes Instrument wird von einem Team entwickelt und dessen Leiter (PI: Principal Investigator) ist für es verantwortlich, bekommt aber auch die Daten exklusiv für üblicherweise 6 Monate. Dann landen sie in einem öffentlich zugänglichen Archiv. dort können sie andere Wissenschaftler herunterladen und auswerten. Nur ist das System nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Die will keine Rohdaten, die jenseits von Bildern auch sofort nicht aussagekräftig sind, die will eine verständliche Zusammenfassung was man festgestellt hat. Die NASA kommt dem nach. Dort gibt es Grafiken, Diagramme welche die Daten der Instrumente die keine Bilder generieren wie Teilcheninstrumenten oder Spektrometer sichtbar machen. Es wird erklärt. Das ist bei der ESA recht selten. Selbst mit den Bildern ist man sehr sparsam. Die einzige Ausnahme ist die HRSC von Mars Express. Zeitweise gab es einmal pro Woche ein Bild, nun einmal pro Monat, mit Erklärung was man sieht, so wie es sein soll. Vom zweiten abbildenden Instrument an Bord von Mars Express, OMEGA habe ich nur einmal ein Bild gesehen, von der Kamera VMC an Bord von Venus Express gibt es einmal im Jahr was, dabei hat die nun wirklich keine atemberaubende Bilder, sie wurde aus einer Navigationskamera heraus entwickelt. So ist es in allen Missionen. Nur wenn ein Ereignis ansteht wird dieses Schweigen durchbrochen.

Der Unterschied zwischen der NASA und ESA, die beide nur die Instrumente zum Ziel bringen, aber nicht für sie verantwortlich sind ist, dass die NASA genau regelt was des PI seine Verantwortlichkeiten für die Öffentlichkeit sind. Ich habe mal bei der Recherche ein Dokument über eine Ausschreibung gefunden und da findet man den Passus dass man eine webseite betreiben muss eine (oder mehrere) Personen) nur für Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich sind und ein Budget von xxx $ dafür zur Verfügung gestellt werden muss. So was scheint es bei der ESA nicht zu geben. Anders kann ich mir nicht vorstellen dass man von den meisten Instrumenten nichts mehr hört.

Auch jetzt zeigt sich das. Rosetta hat wie alle moderneren Sonden noch kleine Ingenieurskameras an Bord. Solche sollen filmen wie die Sonde von außen aussieht um Defekte zu sehen oder wie bei Rosetta als zusätzliches Navigationssystem genutzt werden. Nachdem das OSIRIS-Team schon keine Bilder bim Anflug mehr veröffentlichte wurden die Bilder der Navigationskamera ins Netz gestellt und nun beschwerte sich das OSIRIOS Team, die Kamera habe schon das gleiche Bildfeld wie die Weitwinkelkamera (wenn auch nur einen Bruchteil der Auflösung) und die Bilder sollten nicht veröffentlicht werden. Das hat man auch gemacht bis wohl jemand ein Machtwort gesprochen hat. Seitdem dürfen sie wieder veröffentlicht werden und ab und an gibt es auch ein Bild von OSIRIS.

Das zweite ist wo man Informationen findet. Auch hier läuft einiges schief. Die ESA Webseite ist mittlerweile multimedial umgestaltet worden. Ohne aktiviertes JavaScript ist sie nicht mehr benutzbar. Sie ist aber auch langsam und träge geworden. Beim mir stockt teilweise das ganze System wenn ich eine ESA Seite lade. Mir ist eine einfachere Form die auch übersichtlicher ist lieber. Das treibt ganz schlimme Blüten. So sind nun selbst Publikationen erst mal animierte Flashanwendungen. Erst wenn man explizit auf ein Icon mit einer Festplatte klickt kann man ein PDF herunterladen, das netterweise immer download.pdf heißt. Vor einigen Monaten konnte man nur ein Download.zip herunterladen – mit einer EXE der Flashanwendung ….

Noch schlimmer ist, das inzwischen wichtige Informationen nur im Blog zu finden ist, dort wurden auch die Navcam Aufnahmen von Rosetta veröffentlicht. Die ESA feiert die Zugriffszahlen des ATV Blogs selbst in der letzten Broschüre zum ATV. Er ist auch wichtig. Praktisch alles was es an aktuellen Informationen gibt findet sich dort und genau das ist der Fehler – ich will mich nicht durch zig Blog Posts durcharbeiten die nun auch andere Dinge beinhalten, sondern ich hätte gerne eine Zusammenfassung der Ereignisse bei der ESA. Das findet man aber nicht. Zudem sind die Blogs abhängig von der Motivation bei Venus Express ist es z.B. ein Blog pro Monat, beim ATV können es mehrere pro Tag sein.

Kontakt wünscht man nicht. Es gibt zwar auf jeder ESA-Seite einen „Contact us“ Link, doch landet man dann bei jemanden bei der P&R Abteilung der keine spezifischen Informationen hat (z.b. zu der Mission von der man auf „contact us“ klickte) noch scheint er in der Lage einen weiter zu vermitteln. Der direkte Kontakt scheint auch nicht erwünscht zu sein. Als ich mal den Leiter der Mars Express Ingenieurskamera kontaktierte, um zu erfahren wie die Codierung der Bayermaske ist (ich wollte diese entfernen) wunderte er sich wie ich an die Emailadressse kam. Nun ja hat man erst mal einige Mails von ESA Mitarbeitern bekommen, dann kennt man das Schema wie die Adresse erstellt wird. Als ich für meine Bücher recherchierte bekam ich auf jeden Fall wo ich „Contact us“ klickte, immer nur die Antwort es gäbe keine weiterführenden technischen Informationen als die auf der Webseite verfügbaren. Wenn man dann bei dem Blog eine Frage stellt, dann wird der Medienapparat aktiv. Bei mir war es eine auffällige Diskrepanz zwischen Treibstoffverbrauch für ISS Anhebungen und angegebenem Treibstoff. Da habe ich nachgefragt. Dann geht es schnell: jemand googelt nach dem Namen, stellt fest dass er wohl Bücher geschrieben hat und schaut wohl über Googlevolletxtsuche nach. Was würden sie dann erwarten macht so jemand von der Öffentlichkeitsarbeit (denn von dort kam die Mail, nicht von denen die den Blog betreuten)? Eine an guter Informationspolitik interessierte Raumfahrtagentur würde wohl fragen ob sie einen Unterstützen könnte, ob man eine neue Auflage plane. Was aber hat man mir gemailt: „Sie verwenden Fotos der ESA, sind denn diese auch genehmigt?“…

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