Eigentlich habe ich, nachdem ich in wenigen Wochen drei Dokumentationen über Hanf / Cannabis (zuletzt am Dienstag in Quarks & Caspars) gesehen, habe mal vor was über das Thema zu schreiben, aber beim Suchen nach der Zahl der Konsumenten und des Umsatzes bin ich auf offizielles Dokument der Bundesregierung gestoßen. Dabei fiel mir ein Absatz über die Gewinnmöglichkeiten durch Marihuana Verkauf auf.
Gewinn durch den Verkauf von Marihuana
Nach Erkenntnissen des Kriminaltechnischen Institutes beim Landeskriminalamt Nordrhein-
Westfalen in Düsseldorf können bei sachgerechter Zucht aus einer ausgewachsenen
Cannabispflanze mindestens 25 g konsumfähiges Marihuana gewonnen werden. Der
Durchschnittswert aus etwa 50 Cannabisplantagen mit erntereifen bzw. geernteten Pflanzen
liegt seit etwa fünf Jahren in Nordrhein-Westfalen bei etwas über 40 g an konsumfähigem
getrocknetem Marihuana. Bei professionellen Anlagen werden auch über 50 g erreicht. Der
für die Ertragserrechnung angenommene Durchschnittswert ist auf 40 g abgerundet. Bei den
Berechnungen zum Ertrag einer Cannabisindoorplantage wird der Mindest- und der
Durchschnittswert ermittelt, indem die Anzahl der Pflanzen mit der Mindest- (25 g) bzw. der
Durchschnittsmenge (40 g) an möglichem konsumfähigen Marihuana multipliziert werden.
Das errechnete Gewicht wird dann mit dem aktuellen Straßenverkaufspreis (2012: 9,10 €/g)
bzw. mit dem Großhandelspreis (2012: 3.500 €/kg) multipliziert. Von diesen Werten werden
dann die Kosten für die Pflanze (ein Steckling kostet z. B. in den Niederlanden 2,50 €) und
anteilig für das eingesetzte, wieder verwendbare technische Equipment in Höhe von
insgesamt 10 € pro Pflanze abgerechnet. Kosten für die Energieversorgung werden hier
nicht angeführt, da in der überwiegenden Zahl der Fälle von sichergestellten
Cannabisindoorplantagen der für den Betrieb erforderliche Strom illegal abgezweigt wurde.
Im Ergebnis können mit 1.000 Cannabispflanzen Gewinne beim Straßenverkauf zwischen
217.500 € und 354.000 €, beim Großhandel zwischen 77.500 € und 130.000 € erzielt
werden.
Für das Jahr 2012 bedeutet das bei 97.829 sichergestellten Pflanzen einen nicht erzielten
Profit von 7,6 Mio. € bis 12,7 Mio. € im Großhandel und zwischen 21,3 Mio. € und
34,6 Mio. € im Straßenhandel (Bundeskriminalamt, SO 22, und eigene Berechnungen).
Quelle Retox Report 2013 Deutschland
Na ja wenn ich das hochprofitabel rechnen will, dann kann ich das so machen. Nur hat das nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Da kommen erst mal, da man nur weibliche Pflanzen für die Gewinnung nimmt, nochmal 2,50 Euro für die männlichen Stecklinge drauf die es rein statistisch auch geben muss. Sicherer wäre es, da jede männliche Pflanze weitere Kosten verursacht, rein weibliche Samen zu kaufen. Die gibt es, das erreicht man durch eine chemische Behandlung der Pflanzen. Nur kosten die meist ab 5 Euro aufwärts. Dazu kommen die Kosten für Gartenerde und Dünger, die kann man auch bei 3 Euro pro Pflanze ansetzen.
Dann muss man die Pflänzchen gießen. 5 l pro Tag über 100 Tage Vegetationszeit sind zwar nur ein halber Kubikmeter, der kostet bei uns aber auch schon 2 Euro. Ob man mit 10 Euro Abschreibung für das Equipment hinkommt wage ich auch zu bezweifeln. Eine Growbox kostet um die 240 Euro, zumindest die Filter werden erneuert werden müssen und ob man damit 24 Ernten hat, bis eine Lampe ausfällt oder der Kunststoff alter? Der Filter auf jeden Fall kostet schon mal 40 Euro. Daher würde ich 40 Euro (Filterwechsel alle zwei Ernten und Verschleiß) als Minimum an Equipmentkosten ansetzen.
Das der Strom nur illegal beschafft wurde wage ich zu bezweifeln. Also eine GrowBox hat eine Anschlussleistung von 250 W, während der Aufzucht Phase läuft die 18 Stunden am Tag, das sind 4,5 KWh pro Tag, eine Summe die bald auffällt, erst recht wenn wie oben davon ausgegangen wird, dass man 1000 Cannabispflanzen so aufziehen kann, ohne das jemand merkt, das 250 KW Leistung dauernd fehlen. Ich vermute die meisten werden, schon um nicht aufzufallen und neugierige Prüfer vom Stromversorger im Haus zu haben, fein den Strom bezahlen.
Nach dieser Webseite braucht man mindestens 1 Monat (besser länger) 18 h lang Licht, dann 8 Wochen 12 Stunden. Nehmen wir mal 6 Wochen Vorblütezeit um auf die hohe Ernte von 40 g zu kommen, dann sind das 18 x 7 x 6 x 0,25 + 8 x 7 x 12 x 0,25 = 357 KWh, beim aktuellen Strompreis von 0,3 €/KWh sind das Stromkosten von 107,10 Euro.
Doch das wichtigste hat man vergessen: Macht sich das alles von alleine? Schön wäre es wenn man nur einen Sack Getreide kaufen würde, denn lässt man dann neben dem Acker und einem Sack Dünger liegen und 4 Monate später hat man dann einen Riesenberg Weizenkörner. Ja genau so ist das oben vorgerechnet. Die Pflanzen müssen mindestens einmal, eher zweimal umgetopft werden (ca. 30 Minuten pro Pflanze), an den rund 100 Tagen Wachstumszeit muss man sie düngen, gießen, auf Pflanzenschädlinge, Hitzeschäden etc. kontrollieren und etwas dagegen tun, wenn das nur 1 Minute pro Tag und Pflanze sind, dann kommt man so auf weitere 100 Minuten.
Das zeitaufwendigste scheint nach dem anschauen einiger Videos bei Youtube aber die Ernte selbst zu sein. Die Blütenstände sind nicht wie bei einer Rose abstehende Blüten, sondern mitten in den Blättern angelegt, da muss man erst große Blätter mit einer Gartenschere entfernen, dann viele kleine Blätter sehr sauber von Hand mit einer Bastelschere abschneiden oder auszupfen. In Foren liest man öfters von Krämpfen in den Fingern, das scheint also längere Zeit zu dauern. Es soll auch einen elektrischen „Bartschneider“ als Zubehör für einen Staubsauger geben, trotzdem würde ich bei der Methode den Zeitaufwand für die Ernte pro Pflanze auf 90 Minuten schätzen.
Damit haben wir folgende Rechnung:
5 Euro Pflanzen
3 Euro Erde + Dünger
2 Euro Wasser
40 Euro Abschreibung Equipment
107,10 Euro Stromkosten
220 Minuten Arbeitszeit
Ja illegale Leute verlangen nichts für ihre Arbeitszeit, auch alle die ihnen helfen arbeiten für umsonst (bei 1 Minuten Minimum nur das Durchsehen und Gießen, kann man leicht ausrechnen dass bei der oben angegeben Plantage von 1000 Pflanzen der Tag nicht ausreicht um nur die Pflanzen zu gießen und zu überprüfen, von der Ernte oder Umtopfen unter Zeitdruck mal ganz zu schweigen).
Wenn er das alleine macht kann er nicht arbeiten gehen, hat also einen Verdienstausfall, Sonst muss er Leute bezahlen (bei 1000 Pflanzen unumgänglich) so wird das auch nicht billig, denn die begehen ja auch ein Verbrechen und werden sicher einen kräftigen Aufschlag zu einem normalen Stundenlohn nehmen. Sagen wir mal 25 Euro pro Stunde, dann kommen noch 91,66 Lohnkosten drauf.
Dann sind wir bei Kosten von 247,76 Euro und einnahmen von 40 x 9,10 Euro = 364 Euro, bleibt ein Gewinn von 116,24 Euro beim Straßenverkauf – wenn man es selbst verkauft, ansonsten wird der Dealer auch was haben wollen. Das zeigt auch der Großhandelspreis von 3,5 Euro pro Gramm. Bei dem Preis würde man sogar Verluste machen.
Bei der obigen Plantage mit 1000 Pflanzen wird sicher auch eine Menge Platz benötigt, zudem hat man ein kleines Kühlungsproblem, denn wenn man sagen wir mal 200 m² Fläche nimmt (5 Pflanzen pro m², dann noch Gänge zum Laufen), die dann mit 1,25 KW/m² beheizt wird es sehr warm, das ist die Sonneneinstrahlung in der Sahara, zumindest im Sommer fast unmöglich durchzuführen. Auf jeden Fall bedeutet das neue Kosten und das Gebäude kostet ja auch was und wenn es nur ein Mietausfall von zwei bis drei Wohnungen ist. Auch das fehlt in der Rechnung.
Lohnt es sich? Klar, wenn ich Konsument bin und die Zeit nebenher habe, denn meine Arbeitszeit kostet nichts und wenige Pflanzen wachsen auch sehr gut im Zimmer erst auf der Fensterbank, dann dahinter. Dann stehen wirklich nur 10 Euro Kosten pro Pflanze eingesparten Ausgaben in Höhe von 364 Euro entgegen, selbst wenn man selbst indoor anbaut und dann das mit Beleuchtung macht kommt man auf weniger als die Hälfte der Kosten für gekauftes Gras.
Aber der enorme Umsatz und Gewinn dürfte ein Märchen sein, zumindest beim illegalen Anbau in Deutschland. Wenn man das im Freiland in Marokko oder Afghanistan tun kann, kaum gießen muss und es dort billige Arbeitskräfte gibt, dann kommt man auf die Verdienste. Das dürfte aber auch ein Grund sein, warum der Großhandelspreis um den Faktor 3 niedriger ist.
Für die hohen Kosten spricht auch, dass in Colorado wo der Cannabiskonsum nun legalisiert ist, die Preise gleich blieben. Im Normalfall müsste bei einem legalen Anbau durch viel mehr Leute die das betreiben (es ist ja nun ungefährlich) und sinkende Lohnkosten (kein Aufschlag für illegale Arbeit) die Preise sinken. Zudem würde es mehr Abnehmer geben (ist nicht illegal, Cannabistourismus aus anderen Bundesstaaten) durch mehr Konsumenten eine höhere Nachfrage und damit effizientere Produktion = niedrigere Preise geben. Eine Unze kostet mit 400 Dollar in Colorado sogar noch mehr als die obigen 9,10 Euro pro Gramm (entsprechen 305,5 Dollar pro Unze). Würde man so enorm viel dran verdienen, also praktisch 12500 Euro Investitionen für 1000 Pflanzen über das zwanzigfache verdienen, dann wäre ein Rabatt leicht möglich.
Was bleibt ist ein ungutes Gefühl. Ich erwarte von einem offiziellen Bericht eine wertneutrale Darstellung der Situation. Hier werden die Verdienstmöglichkeiten künstlich übertrieben um aus kleinen Dealern gleich enorm reiche Cannabisbarone zu machen. Wenn man diesem Dokument glauben soll, dann würden bei 4 Ernte zu je 40 g pro Jahr 35 Pflanzen reichen um 50.000 Euro im Jahr netto zu verdienen. Dann muss man nicht mehr arbeiten gehen, hat trotzdem das doppelte Nettogehalt, an den meisten Tagen nicht mal eine Stunde Arbeit. Bei nur 35 Pflanzen kann man bei den Abmessungen einer Growbox in einem kleinen Zimmer auf diesen Umsatz kommen. Glaubt das wirklich der Autor der Studie? Schade. so nimmt sich die Bundesregierung selbst die Glaubwürdigkeit weg.