Dieter Huzel? Wer ist das? So denke ich mal wird die erste Reaktion sein, wenn ihr obige Titelzeile lest (ich mache mal bei Buchkritiken eine Ausnahme von den Titelzeilen aus Songs). Auch mir sagte der Name nichts. Er ist einer der Peenemünder. Doch war er mir namentlich nicht bekannt, na ja zumindest nicht im Gedächtnis. Denn beim Nachschauen in meinen eigenen Büchern (US-Trägerraketen S.66) taucht er natürlich auf. Man sieht: ich schriebe die Bücher auch für mich selbst. Ich selbst bin auch ein bisschen reingefallen, denn bei Amazon stand auch als Autor Wernher von Braun und er ist auch auf dem Titelbild abgebildet, er hat aber nur ein Vorwort verfasst.
Warum kennt man heute nicht mehr Dieter Huzel? Nun er ging nicht mit Wernher von Braun zuerst zur US-Army und dann zur NASA, sondern nach der Internierung in Fort Blizz zu North American, wo er später Chef der ausgegliederten Abteilung für Raketentriebwerke, wurde, die man Rocketdyne taufte. Da in den Medien eigentlich nur die Peenemünder auftauchen, die prominent bei der NASA auftauchten wie Ernst Stuhlinger, Kurt Debus oder Wernher von Braun verwundert es nicht, dass man ihn ein bisschen vergessen hat.
Dieter Huzel war (er ist 1998 verstorben) Leiter des Prüfstands P-7, des wichtigsten für die A-4 Erprobung. Hier fanden die meisten Triebwerk Tests und Abschüsse in Peenemünde statt. Ende 1944 wurde er rechte Hand von von Braun, als Magnus von Braun der bisher den Posten inne hatte, nach Mittelbau Dora ging, um die Qualitätsprobleme bei den Gyroskopen zu untersuchen und zu beseitigen. Sein Nachfolger auf dem Prüfstand P-7 wurde dann Kurt Debus. (In der Wikipedia steht das etwas anders, doch vermute ich mal das Huzel wohl besser Bescheid weis über sein Leben als die Wikipedia) Man kann also ihm schon eine Spitzenstellung im technischen Stab zusprechen. Magnus von Braun ist übrigens auch so eine Person, die oft unterschätzt wird. Auch er ging in die Privatwirtschaft. Eine Dokumentation schrieb sogar, das Wernher von Braun seinen Bruder zu den Amis vorschickte um zu kapitulieren, weil er „ein entbehrliches Opfer“ wäre. Seinen eigenen Bruder? Tatsache war, das die Deutschen trotz Hochschulbildung meist nur schlecht englisch sprachen (in Interviews merkt man das noch Jahrzehnte später) und Magnus von Braun der einzige war, der fließend englisch sprach und daher den Kontakt herstellte.
Im Allgäu angekommen rücken bald die Amerikaner näher und die Gruppe von Braun ergibt sich. Auf den Fotos dieser Zeit ist übrigens Huzel mit abgebildet. Das Buch schließt dann mit der Zeit als „Gefangener“ in Landhut und dann der Reise zu Fort Blizz. Wie schon gesagt ist es eine Autobiografie, kein Buch über die V-Waffenentwicklung. Man bekommt aber einmalige Einsichten in die Zeit und den Arbeitsalltag. Was man leider nicht bekommt ist viel über die anderen Peenemünder zu erfahren. Viele sieht Huzel nur bei Besprechungen (er war schließlich nur für die Tests zuständig, es gab noch andere Abteilungen für Steuerung, Triebwerksbau etc…) und mit von Braun scheint er nicht viel privates gesprochen zu haben. Ich hatte lange Zeit den Eindruck das von Braun recht distanziert wäre und Huzel so der zuverlässige Idiot für ihn war, der immer erst zuletzt abrücken darf. Vor der Unterzeichnung der Arbeitsverträge mit der US-Armee bekommt er aber von von Braun noch einen Tipp: Der Vertrag erlaubt später den Nachzug von Angehörigen, nicht aber von Freundinnen und Verlobten. Er heiratet Irmel (von der er das ganze Buch über schwärmt) am 3.11.1945 und sie kann so etwa eineinhalb Jahre später in die USA kommen, sondern wird als Angehörige bis dahin auch von der US-Armee mit 2.300 Kalorien versorgt. In dem Hungerwinter 1946/47 der mehreren Hunderttausend Deutschen das Leben kostete ist das sicher wertvoller als der Nachzug gewesen.
Man sieht an den langen Ausführungen. Es ist ein spannendes Buch, das heute leider nur noch im Antiquariat erhältlich ist, dafür aber recht günstig. Am Schluss blieb für mich nur eine Frage offen. Im Vorwort schreibt Wernher von braun, dass er nicht alle Ausführungen von Huzel teilt, aber alles akkurat beschrieben ist. Da fragt man sich schon auf was sich von Braun bezieht, denn Huzel gibt nicht so viel Meinung von sich und die ist weitgehend verständlich wie über das Gräuel des Krieges, das er schon im Juli 1943 verloren ist etc. man könnte nur anderer Meinung sein über die Ausführungen des recht sinnlosen Dienst im Militär, den er hatte, bevor er zu Peenemünde abkommandiert wurde oder seinen Ausführungen über die Bürokratie. Was von braun meint ist für mich offen, denn das Buch ist nicht das eines Raumfahrtidealisten oder eines unbelehrbaren Nazis, sondern einem der zwar immer schon von Raketen träumt, vor allem aber froh ist nicht die Materialbeschaffung der Wehrmacht organisieren zu müssen sondern an einer Rakete arbeiten zu können, also eine sehr sehr realitätsbezogene Einstellung.