Wie immer vor der Bundestagswahl geht der Wahl-O-Mat an den Start. Man kann seine Einstellung zu 32 Fragen angeben und das Programm vergleicht das dann mit den Angaben der Parteien. Was mir schon in den letzten Ausgaben auffiel, ist das die Fragen oft speziell sind, manche kann man fast direkt einer oder mehreren Parteien zuordnen, wie die Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge und die nach einem bedingungslosen Grundeinkommen. Einige finde ich ziemlich unnötig und viel zu speziell, wie die wie ich zu einer Denkkultur an den Holocaust stehe oder ob der Gottbezug im Grundgesetz stehen soll. Die wirklich wichtigen Fragen kann man nicht in „Stimme zu / stimme nicht zu“ aufmachen, wie die wie wir die Rente sichern, den Anstieg der Gesundheitskosten begrenzen oder die Staatsverschuldung mal auch wirklich senken. Solche Fragen fehlen daher komplett. Es gibt daher eine Frage zur Videoüberwachung, aber nicht zum Datensammeln des States, das ja nun schon zweimal von Gerichten kassiert wurde.
Die Wahl ist ja schon weitestgehend gelaufen. Die CDU ist uneinholbar vorne. Es geht nun nur noch zu verhindern das es wieder Schwarz-Gelb wird. Aber es erscheint fast unmöglich, dass es noch mathematisch zu Rot-Rot-Grün reicht, geschweige denn das die Parteien auch dann zusammenfinden. Dabei fing doch alles im Januar so gut an: Schulz mit 100% von der SPD zu Kanzlerkandidaten gewählt, überholt Merkel in den Umfragen. Dann kamen die verlorenen Wahlen im Saarland, Schleswig-Holstein und NRW und seitdem geht es bergab.
Ja liebe SPD. Ihr habt drei Dinge falsch gemacht und die sind meiner Ansicht nach folgende:
- Zuerst das Wahlprogramm, dann der Kanzlerkandidat.
- Der Kanzlerkandidat sollte vorgestellt werden, wenn der Wahlkampf beginnt, nicht Monate vorher.
- Wer eigenständige Politik vertreten will, sollte sich nicht in der Koalition die Butter vom Brot nehmen lassen.
1: Zuerst das Wahlprogramm, dann der Kanzlerkandidat.
Als Schulz kam, war die Begeisterung groß. Schulz hatte einen Vorteil: Er war zwar bekannt als Europaparlamentarier und zuletzt Präsident des EU-Parlaments, jedoch nicht als Bundespolitiker. Er war ein unbeschriebenes Blatt und er konnte so unbelastet Kanzlerkandidat werden. Doch dann kamen auch die Fragen auf: Wofür steht er in der Bundespolitik? Als EU-Parlamentarier kann ich mir seine Positionen zu Europa vorstellen, doch das ist ja nur ein Aspekt der Bundespolitik. Diese Positionen wurden erst nach Monaten bekannt und das Wahlprogramm noch später. Bis dahin war Schulz schon nicht mehr der neue Frische, sondern der gerupfte Gockel. Wenn er nach den Landtagswahlen aufgestellt worden wäre, dann wäre er auch unbelasteter Kandidat gewesen. Man sollte zuerst ein Wahlprogramm ausarbeiten, das kann ja zusammen mit Schulz geschehen, aber den Kandidaten erst dann küren, denn dann weiß man auch, wofür er steht.
2: Der Kanzlerkandidat sollte vorgestellt werden, wenn der Wahlkampf beginnt, nicht Monate vorher.
Es ist klar, dass die Begeisterung für einen neuen Kandidaten im Laufe der Zeit abnimmt. Er ist dann nicht mehr neu. Das hätte die SPD auch vorher wissen können. Der Wahlkampf beginnt mit der Sommerpause des Parlaments, das ist etwa Mitte Juli, also etwa 2 Monate vor der Wahl. Das ist lange genug. Was hat die SPD geritten, lange bevor der Wahlkampf beginnt, schon den Kanzlerkandidaten zu küren? Selbst Merkel, von der jeder zu 99,9% wusste, das sie es noch mal macht hat sich erheblich später festgelegt. So verschleißt man einen Kandidaten.
3: Wer eigenständige Politik vertreten will, sollte sich nicht in der Koalition die Butter vom Brot nehmen lassen.
Merkels Wahlprogramm ist einfach: „Sie kennen mich“. Dasselbe Programm wie 2009 und 2013. Merkels Wahlprogramm hat so viele eigene Akzente wie das Wasser Geschmack. Oder wie es Oliver Kalkhofe ausdrückt: „Gegen Merkel wirkt Buddha wie ein Adipöser mit ADHS“. Sie bewegt sich nicht, tut nichts und wahrscheinlich würde man es nicht mal merken, wenn sie einen Monat nicht im Kanzleramt wäre. Sie setzt ja nicht mal ihre Wahlversprsechungen um: 2005: Abschaffung der Agenda 2010, 2 % Mehrwertsteuererhöhung. Es wurden 3%, nicht 2% und selbst als sie 2009 mit der FDP die ja auch gegen die Agenda 2020 war diese hätte abschaffen hätte können, tat sie es nicht. Sie hat auch nicht die Ökoumlage abgeschafft, gegen die sie war. Dafür aber Lobbypolitik betrieben: Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke und staatliche Übernahme des Atommülls und damit die Verantwortung für die Entsorgung. Das wäre wohl auch so geblieben, wäre nicht ein Atomkraftwerk in die Luft geflogen.
In dem TV-Duell konnte Schulz drauf verweisen, das alles, was die Kollation in den letzten 4 Jahren an größeren positiven Projekten vorweisen kann, letztendlich SPD-Forderungen sind, vielleicht mit Ausnahme der einzigen Bewegung von Merkel für die Aufnahme der Flüchtlinge. Immerhin es wurde etwas bewegt, anders als bei der schwarz-gelben Koalition, wo es auch Null-Output der CDU gab, aber man auch nicht die Lobbypolitik der FDP durchsetzen wollte. (Immerhin einige Punkte wie Abschaffung der Praxisgebühr, Forderung von Rössler, von Beruf Arzt oder die Steuervergünstigungen für Hoteliers hat sie durchgesetzt).
Merkel dreht gerne ihr Fähnchen nach dem Wind. Die Wende ind er Atompolitik habe ich schon erwähnt. Zuletzt hatten wir erst einen Automobilgipfel, in dem sie sich hat, wieder von der Industrie einseifen lassen. Das wurde als Erfolg verkauft – hielt aber nur wenige Tage bis zahlreiche Städte verweisen, das die Softwareupdates nicht ausreichen die Grenzwerte zu erfüllen und dann muss man nach EU-Recht eben zu den bei der Bevölkerung so unbeliebten Fahrverboten greifen. Dann kann sich Merkel plötzlich bewegen und findet dann das Ergebnis des Gipfels doch nicht so toll. Das ist nicht dass, was ich mir von dem höchsten Amt in unserem Staate erwarte.
Zuletzt hat Merkel ja noch die Forderung nach Gleichstellung Homosexueller zur „Gewissensabstimmung“ erklärt. Schlimm das man so was extra erwähnen muss. Eigentlich sollte man annehmen, dass die Abgeordneten immer nach Gewissen abstimmen. Gut das ist weltfremd, sie sind schließlich meist nur im Parlament, weil sie Mitglied einer Partei sind, aber ich meine das man Abgeordneten zumindest bei gesellschaftlichen Themen, wie diesem oder die Legalisierung von Cannabis oder den Datenschutz, die alle angehen gestatten, sollte nach dem Gewissen abzustimmen, ansonsten kann man sie ja auch durch Abstimmungsroboter ersetzen, denen man das Wahlprogramm als Grundlage eingegeben hat oder noch einfacher: Alle Abstimmungsergebnisse einer Partei entsprechen dem des Faktionsvorsitzenden. Dann kann man sich auch Debatten ersparen, die ja am Ergebnis eh nichts ändern.
Aber zurück zum Thema. Es ist meiner Ansicht nach sehr schwer dem Wähler zu vermitteln, das die SPD für eine andere Politik als die Bundesregierung steht, wenn alle wichtigen Beschlüsse der Bundesregierung von der SPD kommen. Warum soll ich dann nicht gleich Mutti wählen, die dann die Positionen so übernimmt wie mein Banknachbar meine Ergebnisse in der Matheklausur? Wenn man schon Schulz im Januar kürt, dann hätte man konsequent dann die Kollation aufkündigen müssen. Dann hat man auch die Freiheit die CDU wirklich anzugreifen, das kann man nur begrenzt, wenn man mit ihr koaliert. Daher auch mein Vorschlag den Kandidaten im Juli zu wählen und dann gleich die Koalition aufzukündigen. Die zwei Monate müsste dann Merkel mit einer Minderheitenregierung reagieren. Am Wahltermin ändert das nichts und die CDU könnte sich nun endlich profilieren. Z. B. die schönen netten CSU-Gesetzvorschläge umsetzen, wie Prämien für Dieselfahrzeuge, Maut II, Flüchtlingsobergrenze, Fußfesseln für Terrorismusverdächtige oder Abschaffung der Biersteuer. Dann hätten die Wähler auch eine Ahnung was sie bei der nächsten Regierung mit der CDU erwartet.
So steht das Ergebnis der Wahl schon jetzt weitestgehend fest: Merkel wird es wieder werden. Was man noch verhindern kann, ist das wieder die FDP ans Ruder kommt. Wieder 4 Jahre in denen nichts passiert. Also bitte wählt, egal welche Partei (außer FDP und AFD – das sind übrigens die einzigen Parteien die Türken nach Erdogan wählen dürfen, was tief blicken lässt …). Ich werde diesmal mit beiden Stimmen Grün wählen. Die letzten Wahlen habe ich immer mit der Erststimme SPD gewählt. Wie ich noch von der Schule weiß, bestimmt nur die Zweitstimme die Zusammensetzung des Parlaments. Mit der Erststimme dagegen den Direktkandidaten und hat Grün auch im Schwabenland kaum Chancen diesen Sitz zu holen. Auf der anderen Seite habe ich so zu 50% die Regierung gewählt, von der ich gar nichts halte. Das habe ich nicht noch einmal vor.