Bernd Leitenbergers Blog

DAB+ und UKW

Ich habe seit zwei Jahren neben einem alten UKW-Radio auch eines mit dem neuen digitalen Standard DAB+, genauer gesagt habe ich sogar mehrere: da ich jeden Tag mindestens eine Stunde draußen unterwegs bin habe ich seit 2016 Kombigeräte im Einsatz die MP3 und Radio spielen können. Mir war es irgendwann zu dumm den MP3-Player regelmäßig neu zu befüllen um immer wieder was neues zu hören. Die Mehrzahl („Geräte“) weil die Player nach Rückzug der Markenhersteller meist nicht lange halten. Das derzeitige ist seit 11 Monaten im Einsatz, was schon lange ist. Damit habe ich aber auch Erfahrungen mit dem Empfang von DAB+ unter widrigen Bedingungen.
Solange das Radio ortsfest ist, ist es kein Problem. Bei meinem Technisat-Gerät im Büro muss ich zwar die Antenne ausfahren (UKW-Empfang ist auch ohne ausgefahrene Antenne möglich). Beim mobilen Empfang ist es anders. Der Empfang ist generell schlechter. Zum einen haben die Geräte eine kleinere Antenne, oftmals wird der Draht zum Kopfhörer dazu missbraucht. Wahrscheinlich ist auch die Elektronik nicht so ausgefeilt.

Auf meiner Dauerstrecke kann man den Unterschied zwischen DAB+ und UKW recht gut machen. Jetzt im Winter gehe täglich einmal ins Neckartal runter – etwa 50 m von meinem Haus entfernt geht es schon bergab, bis ich in Weil etwa auf Neckarniveau angekommen bin, dann weder hoch, wobei ich im Nachbarstadtteil rauskomme und dann zurück, das sind nach Google Maps 5,9 km für die ich knapp eine Stunde brauche. Bedingt durch die Hanglage kann man den DAB+ Empfang dann vergessen. Beim ersten portablen DAB+ Radio gab es dauernd Unterbrechungen. Es war trotzdem vom Empfang her das beste Gerät das ich hatte. Leider kam nach wenigen Monaten über den Kopfhöhreranschluss kein Ton mehr raus. Beim derzeitigen, wohl nicht so guten ist der Empfang nach etwa der halben Höhe komplett weg. DAB+ reagiert auf schlechte Signalqualitäten anders als UKW. Während sich dort immer mehr Rauschen oder andere Störungen einschleichen, ist bei DAB+ der Empfang klar bis zu einer Schwelle und dann auf einmal weg. Je nach Situation für einen Sekundenbruchteil oder einige Sekunden – oder eben einige Minuten, wenn man dauerhaft im Schatten eines Hangs ist. Zuggebenserweise ist der Empfang im Normallfall mit demselben Radioim UKW-Band auf derselben Strecke schlecht und so verrauscht, dass ich dann MP3s abspiele. Das ist abhängig vom Radio, das erste Gerät das leider irgendwann mal einen Wackelkontakt beim Kopfhörer hatte, gab auf derselben Strecke UKW brauchbar ab, wenn auch immer wieder mit Rauschen.

So habe ich lange nur den UKW-Teil genutzt auch auf anderen Strecken, weil ich auch andere Nachteile von DAB+ entdeckte: Wenn man durch Straßen geht ist auch der Empfang weg, wenn die Häuserfronten zu nahe an der Straße sind, was bei den heute wegfallenden Vorgärten immer öfters der Fall ist, und das auch beim teureren Gerät.

Das ist jetzt kein Nachteil des DAB+ Standards, sondern liegt einfach am Frequenzband. UKW nutzt den Bereich von 88 bis 108 MHz, DAB+ zwischen 175 und 219 und 1453 bis 1490 MHz. Je höher die Frequenz ist, desto eher muss man eine Sichtlinie zwischen Sender und Empfänger haben, während UKW Wellen noch empfangen werden können, wenn das nicht der Fall ist und auch besser Hindernisse durchdringen können geht das beim höheren Frequenzband von DAB+ nicht so gut. UKW konnte ich als ich mal als Student in einem EMV-Labor arbeitete, also einem metallisch vollkommen abgeschirmten Raum trotzdem noch empfangen, auch wenn nur ein Sender gut ging und der hat die damals aktuellen Hits in Endlosschleife dauern abgespielt. Bis heute kann ich keine Lieder von Shania Twain hören die damals (Sommer 2003) gerade en Vogue war.

DAB+ habe ich daher mobil nicht genutzt bis letzten April. Da bin ich wieder ins Allgäu gefahren und mit UKW habe ich da keine Chance meinen Lieblingssender zu empfangen. Mit DAB+ kein Problem. Ein Scan, und er war wieder unter der Sendeliste. Dann fiel mir auf, dass ich dort ungestörten Empfang hatte – der Sendemast ist etwa 10 km entfernt auf einem Berg. Weg war der Empfang nur, wenn ich im Untergeschoss arbeitete oder im Ort eben an den Häuserfronten vorbeikam. Bei der Rückreise fiel mir dann auf, dass der Empfang relativ gut auch unter widrigen Bedingungen war, wie einer Lärmschutzwand neben dem Zug, sogar noch, als ich in Ulm im Tunnel war. Lediglich im ICE war nichts zu machen, übrigens auch nicht mit UKW. Ärgerlich fand ich nur, dass man eine lästige Eigenschaft von UKW beibehalten hat – als ich etwa bei Illertissen war, war der Empfang weg und ein neuer Scan ergab dann wieder Empfang, aber auf einer anderen Frequenz. Ist es unmöglich deutschlandweit einen Sender auf derselben Frequenz zu lassen?

Daheim war wieder alles wie vorher – UKW Empfang auf den Fildern (also der Ebene) gut bis sehr gut, DAB+ Empfang immer wieder mit Abbrüchen und wenn es ins Neckartal ging ganz weg. Bis diesen Herbst. Ich habe dann mal wieder DAB+ eingeschaltet, weil sie bei meinem Sender eine Werbung für die DAB+-Radios machten und ich mir schon diesen Blog vornahm (es dann aber wieder vergessen habe). Seit die Blätter von den Bäumen weg sind, ist auch bei DAB+ meine Stammstrecke ohne Einbrüche hörbar, oder nur mit kurzen. Daran sieht man: es ist ein Frequenzproblem.

Die Frage die ich mir stelle: wenn DAB+ im Prinzip die Chance hat ,vieles besser zu machen. Warum es immer noch nicht Standard ist. Als man DVB-T 2006 einführte, hat man die analogen Fernsehkanäle per Funk abgeschaltet und deren Frequenzen genutzt. Satelliten folgten bald und auch über Kabel gibt es längst keine analogen Kanäle mehr. Neben der besseren Qualität gibt es ja auch den Vorteil das man für eine bestimmte Qualität eine viel kleinere Bandbreite braucht, also mehr Kanäle übertragen kann. Warum stellt man UKW nicht komplett auf DAB+ um und macht dann gleich etwas besser?

Wichtig fände ich das man z.B. bundesweit einen Sender auf einer Frequenz hat und diese nicht beim Reisen wechseln muss.

Dem Grundproblem, das unterhalb einer bestimmten Schwelle der Empfang komplett weg ist, was meiner subjektiven Ansicht nach viel nerviger ist als ein schlechter Empfang, könnte man dadurch begegnen, dass man das Signal in dreierlei Bitraten z.B. 128 , 64, 32 kbit/s überträgt und die niedrigen Bitraten zeitlich etwas nach vorne versetzt. Mit etwas RAM, das heute jeder Mikrokontroller hat, kann dieser die Daten zwischenspeichern und bei schlechtem Empfang auf diesen Cache zugreifen (da es Datenpakete sind, ist ein sofortiger Wechsel meist nicht sinnvoll). Sicher hört man den Abfall an Qualität aber wer mal im Telefon die Situation hatte, dass er nichts hört, kennt, das – das ist viel schlimmer, als wenn man den anderen schlecht versteht. Wenn man etwas mehr RAM einbaut oder gar Flash, dann könnte das Radio sogar eine Musiksammlung aufbauen – die Daten, was gerade gesendet wird, und wann ein Lied beginnt und aufhört, sendet DAB+ ja mit und die werden vom Radio angezeigt. Das die Signale zeitversetzt sind ist nicht schlimm, denn DAB+ ist nicht zeitsynchron zu UKW. Es hinkt immer einige Sekunden hinterher. Das ist noch wenig, Fernsehsignale kommen, seit alles digital ist, noch später. Bei der Fussball-WM zeigte eine Übersicht der ct‘, das je nach Quelle digitale Signale bis zu 2 Minuten Verzögerung haben.

Wenn man die heutigen UKW-Frequenzen für DAB+ nutzt und 300 Khz pro Sender reserviert (200 KHz für eine Gesamtdatenrate von 192 kbit/s) und 100 KHz Sicherheitsabstand zum nächsten Frequenzband bekäme man bei den 20,5 MHz im UKW-Band rund 68 Sender unter – mein Vorschlag 30 öffentliche und 38 private. Von den 30 öffentlichen 20 die im ganzen Bundesgebiet gleich sind und 10 regionale. Denn natürlich gibt es mehr als 68 Sender in der ganzen BRD. Man hätte dann den besseren Empfang durch UKW mit der Vielfalt von DAB+ durch mehr Sender kombiniert. Die 200 KHz Bandbreite habe ich aufgrund der Kodierung 1 Bit/Hz gewählt. WLAN erreicht in etwa dieselbe Effizienz pro Hertz, mit einer Sende/Empfangsantenne auf Anwendungsebene. Die Bitraten von 128, 64, 32 kbit aufgrund der Erfahrung mit MP3. Allerdings verwendet DAB+ den effizienteren Kodec MPEG-4 (MP3: MPEG-2) und so sollte man mit 200 anstatt 224 KHz auskommen.

Ich glaube auf die Zahl von 68 Sendern kommt man alleine bei öffentlich-rechtlichen Sendern. Der SWR hat alleine fünf Sender und in Rheinland-Pfalz sind das wieder andere als in Baden Würrttemberg. Daher wird man auch regionale Sender haben. Es ist trotzdem noch mehr als heute. DAB+ hat bei mir 38 Sender und UKW 34 mit minimalem Abstand von 200 KHz zwischen den Sendern. DAB+ nutzt derzeit übrigens je nach Sender nur 48 bis 112 KBit/s.

Warum sich UKW noch so gut hält,anders als analoges Fernsehen? Ich denke das sind mehrere Faktoren. Das eine war, das die Umstellung damals zeitgleich erfolgte mit dem Preisverfall von großformatigen Flachbildschirmen. Diese digitalen Displays mit dem alten analogen Signal zu bestücken ging zwar, doch dann werden die Pixel so vergrößert, dass man es sieht. Zudem sehen analoge Signale, die auf einem Röhrenmonitor wiedergegeben werden, anders und meist besser aus als auf einem digitalen Display. Es gibt viel mehr scharfe Kanten. Das zweite war der offensichtliche Vorteil: Fernsehen braucht viel mehr Bandbreite und man konnte durch die Kompression bei den Kanälen drei anstatt einem Kanal pro Frequenzkanal unterbringen. Für Radio mit einem viel kleineren Frequenzband pro Sender fand man leicht noch Lücken im Frequenzspektrum für DAB+ und hat das daher zusätzlich zum UKW eingeführt.

Ich glaube aber in Zeiten, in denen viele anders als früher dauernd etwas machen müssen, vor allem Smartphones checken, denke ich haben die Sender die Befürchtung, dass sie massiv an Reichweite, sprich Hörern verlieren, wenn diese ein neues Gerät kaufen müssen. Dann wird sich der eine oder andere das überlegen. So in der Art „Wie oft höre ich noch Radio?“ oder „Höre ich bloß nebenher und ist mir das wichtig?“. Bei den vielen in Autos eingebauten ist das ja auch eine Kostenfrage. Ein UKW-Radio, das als Gerät für die Steckdose vielleicht 30 Euro kostet, ist als Autoradio ja gleich um ein vielfaches teurer.

Mein Vorschlag: es sollte eine Vereinbarung geben, dass auch die Industrie aktiv das neu Format fördert, z.B. indem es keine reinen UKW-Geräte mehr gibt, sondern nur noch Kombigeräte. Das gilt auch für die Radios, die in Smartphones verbaut sind, aber wahrscheinlich sind das schon Internetradios. (In meinem Billig-Phone ist es aber nur UKW). Das Grundproblem ist, das man Radio meist nebenher hört und die Geräte lange halten. Das UKW-Radio in meiner Küche ist 15 Jahre alt. Ein Fernseher hätte in der Zeit massiv an Bildqualität verloren und wäre wohl ersetzt worden. Aber anders wird man den Standard nicht durchsetzen können. In Deutschland ist seit 2004 DAB im Einsatz, seit 2010 auch der Nachfolgestandard DAB+. Das sind nun fast 15 Jahre. Deutschland soll mit 10 Millionen Empfängern zwar in der Spitzengruppe sein. Aber wenn ich mal von mindestens einem Empfänger pro Person ausgehe (bei mir sind es alle, auch nicht mehr benutzte, zusammengezählt fünf Empfänger, zwei Radios, zwei in Handy/Mobilgerät einer in der Stereoanlage) dann ist das immer noch wenig. Immerhin scheint in den Neuwagen nun vor allem DAB+ drin zu sein, da dank unserer Automobilindustrie mit Abwrackprämie für neue Diesel ein Auto nur noch einige Jahre hält, dürften so bald fast alle Autos DAB+ haben. Zeit für eine Abwrackprämie für UKW-Radios ….

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