Bernd Leitenbergers Blog

Jahresrückblick SpaceX

Das Jahr soll nicht enden ohne das ich meiner Lieblingsfirma nicht noch einen Blog widme. Ich beschränke mich auf SpaceX, auch wenn es von Musk ansonsten genug Neuigkeiten gab. Probleme bei Tesla, mit der Börsenaufsicht, nachdem er versucht hat, den Aktienkurs zu pushen und mit Drogen. Doch ich verfolge die „Nicht-SpaceX“- Aktivitäten von Musk nicht und entsprechende Links posten schon andere hier in den Kommentaren.

Fangen wir mal an mit einer kleinen Zusammenfassung an. Space hat zu Jahresanfang angekündigt, 24 bis 27 mal zu starten. Geworden sind es 21 Starts, immerhin die größte Annäherung an eine Vorhersage bisher.

Ebenfalls fand sieben Jahren nach Ankündigung und fünf Jahre nach prognostiziertem Erststart der Jungfernflug der Falcon Heavy statt. Mindestens 20 der 21 Starts glückten auch. „Mindestens“ weil es seitens der US-Verteidigungsministeriums keinem Kommentar zur Zuma-Mission gibt, die wenige Stunden nach dem Start zusammen mit der Stufe deorbitiert wurde. Da der Start nicht versichert war, wird es da auch keine Aufklärung geben. Es gibt ja nicht mal eine offizielle Aussage, ob die Mission gescheitert ist oder nicht. Pikant ist auch das keiner zuständig sein will. Da der Adapter zur Oberstufe von Grumman stammt, sieht SpaceX den Start als erfolgreich an, die Oberstufe hat schließlich den Orbit erreicht. Ich sehe es etwas anders. Es muss ja Sensoren geben die anzeigen, ob sich die Nutzlast wirklich gelöst hat und wenn das Computerprogramm dies nicht mal prüft und einfach so die Nutzlast versenkt, dann mag zwar Grumman die Hauptschuld treffen, aber nicht die ganze. Denn für den Kunden wäre es sicher besser gewesen, eine Nutzlast wenn auch mit einem Klotz am Bein zu haben die dann wahrscheinlich nur einen Bruchteil der Operationszeit hat (der Lagerelungstreibstoff muss ja mehr Masse bewegen) als gar keinen Satelliten. Interessanterweise gab es ja wenige Wochen später eine „Anomalie“ wie es in Fachkreisen o heißt bei Ariane 5. Da hat jemand da dies der erste subsynchrone Start für Ariane 5 war den Bordcomputer falsch programmiert und es resultierte eine falsch geneigte Bahn. Anders als bei SpaceX hat der Computer trotz falschem Orbit aber alles getan um diesen zu erreichen, bis der ESC-A der Treibstoff ausging. So sind trotzdem beide Satellitenbetreiber zufrieden und haben keinen Versicherungsfall gemeldet und beide Starts stehen nun als erfolgreich in den Startlisten.

Dann konnte SpaceX ihr Launchmanifest abbauen. Am 3.1.2018 verzeichnet ihre Webseite 52 Starts im Launch Manifest, heute (26.12.2018) sind es noch 40. Es sind also 12 Starts weniger oder anders ausgedrückt. Die Firma hat nur 8 neue Starts hinzugewonnen. Schon letztes Jahr hat sie von den kommerziell frei ausgeschriebenen Starts nur sechs erhalten, neun dagegen Arianespace. Dazu kommen aber noch etliche nicht frei ausgeschriebene und vor allem Starts der US-Regierung für die sich nur US-Anbieter bewerben dürfen. Vergleicht man die Liste, so fallen vor allem mehr Regierungsstarts auf. Kommerzielle Starts, die ja von der europäischen Raumfahrtindustrie als Begründung für die Ariane 6 angeführt wurde, gab es dagegen wenige neue.

Das ist eine gute Nachricht. Denn damit ist SpaceX endlich ein „normaler“ Launch Service Provider geworden. Einer bei dem Kunden nicht jahrelang warten müssen, bis der Start erfolgt. So erfolgten dieses Jahr auch etliche Starts, die seit Jahren in den Büchern steht wie Coronae und für Iridium. Vor allem aber hat damit SpaceX Kapazitäten frei. Kapazitäten, die sie für Star Link Netzwerk braucht, das nun eine zweite Ausbaustufe bekommen hat – anstatt 4.425 Satelliten ist nun von 12.000 die Rede. Zwei Testsatelliten hat die Firma schon gestartet. Das war notwendig, sonst wäre eine Frequenzreservierung verfallen. Ansonsten scheint es aber keine gute Neuigkeiten von dem Projekt zu geben. Musk hat die Verantwortlichen für das Projekt gefeuert. Es ginge zu langsam und die Satelliten seien zu schwer – die beiden Testsatelliten sollen um die 500 kg wiegen. OneWebs Satelliten werden zwar auch schwerer als geplant, liegen aber nicht unter 200 kg. Dabei sollten doch Startkosten bei SpaceX keine Rolle spielen. Hat man doch nun die Block 5, zehnmal startbar ohne Überholung, hundertmal insgesamt. Die würde ja, wenn es diese vielen Satelliten nicht gäbe kaum gebraucht. Aber 12.000 Satelliten zu je 500 kg sind rund 6 Millionen kg Masse, oder rund 400 Starts wenn jeder 15 t transportiert (Verluste durch Bergung und höhere Bahnneigung schon mit eingerechnet). Die müsste SpaceX mit nur vier Block 5 Erststufen abwickeln können. Mit der Falcon Heavy braucht man dreimal weniger Starts und weil es drei geborgene Erststufen anstatt einer gibt, wird es sogar noch billiger.

Ja wenn man dem den glaubt. Denn was zählt ist, was hinten rauskommt und nach Website hat die Wiederverwendung nichts am Preis geändert. Nicht nur dort. Nach dem letzten Report, der OIG, dem Gegenstück zu unserem Bundesrechnungshofes ist, SpaceX inzwischen im CRS-Programm der teuerste Anbieter obwohl die Firma als einzige der Anbieter Raumschiff und den größten Teil der Trägerrakete wiederverwendet. Wie beim Space Shuttle! Wiederverwenundung ist teurer als Wegwerfen. Verwunderlich auch, dai Sierra Nevada wohl mehr verlangen müssen als Orbital und SpaceX, denn sie haben nicht wie diese Firmen Subventionen durch das COTS-Programm erhalten und kein Geld in Runde 1 von CRS verdient, müssen diese Mehrkosten für die Entwicklung also auf die CRS-2 Flüge umlegen.

Wunderlich ist auch das Statement von SpaceX. Im März gab die FCC bekannt, das SpaceX die Hälfte des ersten Batches, also 2213 von 4425 Satelliten innerhalb von sechs Jahren starten muss. Das wäre nach SpaceX Angaben unmöglich. In sechs Jahren würde man ein Drittel starten. Komisch, hat die Firma nicht angekündigt enorm viele Starts durchzuführen, zu einem Hundertstel des derzeitigen Preises, was wohl auch hundertmal mehr Starts pro Jahr entspricht? Nun stellen rund 200 Starts in sechs Jahren, also nur etwas mehr als 30 Falcon 9 oder 10 Falcon Heavy pro Jahr die Firma vor unüberwindliche Probleme? Hat die firma nicht schon 2011 angekündigt 40 Cores pro Jahr zu produzieren – die würden locker reichen um die Satelliten zu starten und man könnte noch 10 andere Starts durchführen. Erst im Mai hat der große Vorsitzende das noch mal auf Twitter wiederholt.

Wie immer passen Aussagen und Wirklichkeit nicht zusammen. Würde man wirklich Starlink angehen dann müssten zum einen wesentlich mehr Leute in der Redmondabteilung für das Projekt arbeiten, die derzeit nur einige Hundert Beschäftigte hat. Dann gäbe es auch mehr offene Stellen ausgeschrieben. Dann würde die Firma auch ihren neuen Weltraumbahnhof, von dem man auch nichts mehr hört, zügig ausbauen, denn dank Wiederverwendung ist nun ja nicht die Produktion das Haupthindernis, sondern die Startvorbereitungen.

Nichts mehr hört man auch von der Falcon Heavy. Nach einem erfolgreichen Jungfernflug sollten doch nun die Kunden kommen. Nur sie kann auch die meisten Anforderungen des DoD erfüllen – die meisten Satelliten des DoD in den GEO haben keinen eigenen Antrieb. So gelangt neben dem Satelliten auch die dritte Stufe in den Orbit, und da diese bei der Falcon mindestens 4, eher bis 5 t wiegt dürfte die Performance sonst zu klein sein. Eine Centaur wiegt eben nur 2,3 t, das ist schon ein Unterschied. Inoffiziell ist sie schon abgekündigt. Die meisten Kunden für die Falcon Heavy haben gewechselt und von den 40 Starts im Manifest sind nur vier für die Falcon heavy.

Abgekündigt wurde auch die „Gray Dragon“, die ja eigentlich vor Jahresende noch starten soll. Der japanische Gast wird dafür mit der BFR starten, die ja dann alles richten wird. Wir immer. Die Zukunft ist rosig und in der Gegenwart gibt es keine Fortschritte.

Nun ja, mit den Einkommen über Starts wird er die BFR mit geschätzten Kosten von 5 bis 10 Mrd. Dollar nicht finanzieren können, erst recht nicht bei sinkendem Launchmanifest. Dafür braucht er Starlink, wobei SpaceX auch da hinterherhinkt und selbst wenn, dann glaube ich nicht das dieses Geschäftsmodell aufgeht. Es war schon immer teurer über Satellit Internet zu haben. So viele Kunden wird es also nicht geben. Vor allem sitzen die in den Industrieländern und dort ist ja das irdische Netz gut ausgebaut. Dort wo der Nutzen am höchsten ist – in dünn besiedelten Regionen oder bei schlechter Infrastruktur, gibt es aber zu wenig zahlungskräftige Kunden. Diese Kritik gilt nicht nur Starlink, sondern auch Oneweb. Dass ist ja auch nicht neu. Schon bei Iridium hat man angenommen es gäbe viel mehr Kunden als es dann waren. Und Iridium ist vergleichen mit Starlink preiswert. Für die zweite Generation werden Gesamtkosten von 3 Mrd. Dollar genannt. Selbst wenn es SpaceX gelingt, die Satelliten für 1 Million Dollar/Stück zu bauen (so viel Kosten anscheinend die von OneWeb) und man dann 400 Starts mit der Falcon 9 braucht, dann ist man bei 7 Mrd. Dollar für die erste Phase. Und die muss man erst mal vorschießen. Ich glaube auch das man sie nicht so schnell wieder hereinbekommt, wenn überhaupt. Vor allem kann man mit Starlink keine BFR finanzieren, wenn die firma nach eigenen Angaben in sechs Jahren nicht mal ein Drittel der Satelliten starten will, die BFR aber schon in vier Jahren starten soll.

Nach wie vor verblüfft die Firma mit ihren Starts – und ich meine das nicht positiv. Der letzte Start in diesem Jahr war der eines GPS-Satelliten. Er wiegt 4,4 t. Schon vorher hat sich die Air Force über die mangelnde Performance beschwert. Vor dem Start wurde dann bekannt, das der 4,4 t schwere Satellit eine Landung der Erststufe nicht erlaubt.

Ich habe ja vor Jahren schon gesagt, das die SpaceX Angaben auf der Website nicht stimmen und zum Jahresausklang hat dies SpaceX auch endlich mal bestätigt:

„On a launch due east from Cape Canaveral into a geostationary transfer orbit stretching more than 22,000 miles above Earth, the Falcon 9 Block 5 rocket — which introduced an uptick in performance in addition to reusability improvements — can loft a payload of more than 14,330 pounds (6,500 kilograms) if SpaceX bypasses a landing opportunity and devotes all of the launcher’s propellant to the payload, Koenigsmann said during an October presentation at the International Astronautical Congress in Bremen, Germany.

Committing some of the Falcon 9’s propellants to landing the first stage on a drone ship in the Atlantic Ocean reduces the rocket’s capacity to the same orbit to roughly 12,125 pounds (5,500 kilograms), Koenigsmann said. The maneuvers required to return the first stage to landing back at Cape Canaveral trim the Falcon 9’s geostationary transfer orbit lift capability to around 7,716 pounds (3,500 kilograms), he said.“

Also ohne Wiederverwendung 6,5 t und nicht 8,3 t wie auf der Webseite ausgelobt in den GTO. Ich habe mir schon das gedacht, weil alle bisher gelandeten Stufen entweder eine deutlich leichtere Nutzlast, als die 5,5 t für die ein Preis angegeben ist, (es ist anzunehmen, dass dies der Preis für die Wiederverwendung ist, sonst macht es keinen Sinn 8,3 t Nutzlast anzugeben) der, wenn es tatsächlich mal 5,5 t Nutzlast waren nur ein subsynchroner GTO erreicht wird. Wieder eine Wette gewonnen, wieder mal SpaceX der Lüge überführt!

Für Musk ist das egal, denn es geht nicht um Starts oder die BFR oder den Mars, denn wenn es wirklich um Marspläne ginge, hätte er längst seine Red Dragon umgesetzt, um zumindest einen Schritt dahin zu tun. Stattdessen schickt er seinen abgetakelten Tesla mit der Falcon Heavy auf die Reise. Es geht darum, Geld einzunehmen. Das geht bei SpaceX mit Investorenrunden. Es gab im Oktober wieder eine Investorenrunde, die dritte dieses Jahr mit fast 1 Milliarde Dollar Einnahmen. Dafür gibt Musk Anteile ab, nach der ersten Runde im Februar hielt er noch 54 Prozent des Unternehmens. Nach der zweiten Runde war das Unternehmen schon 24 Milliarden Wert. Daran orientiert sich auch, wie viel die Investoren vom Unternehmen bekommen, also bei 24 Milliarden Unternehmenswert und 500 Millionen bei der letzten Runde sind das 2,08 Prozent. Irgendwann platz die Blase. Spätestens, wenn die Investoren Geld sehen wollen, oder gar ihre Anteile verkaufen. Denn ansonsten passt dieser Unternehmenswert nicht zu den anderen Zahlen. Bei deutschen Aktienunternehmen, deren Wert, ja leicht durch die Börsennotierung überprüft werden kann, haben bei etwa gleichem Wert viel mehr Angestellte. SpaceX war vor der vorletzten Runde in etwa so wertvoll wie Eon, nur beschäftigt Eon 43.000 und nicht 6.000 Angestellte und noch wertvoller als die deutsche Bank mit 97.000 Mitarbeitern. Es passt auch nicht zum Umsatz. Nehmen wir an es, sollen nur 3 % Rendite erwirtschaftet werden – das ist der Durchschnitt der DAX-Unternehmen vor Steuern, Technologiefirmen liegen oft höher – dann müssten das bei 24 Mrd. Dollar Unternehmenswert rund 720 Millionen Dollar Gewinn pro Jahr sein. Bei 20 Starts im letzten Jahr also 36 Millionen Dollar Nettogewinn bei 62 Millionen Dollar Umsatz pro Start? Klar, ein SpaceX Fan glaubt das, doch sonst keiner. Nicht mal Apple macht einen so hohen Nettogewinn und die verkaufen ihre Smartphones teurer und nicht billiger als die Konkurrenz. Vor allem muss mit dem Gewinn einiges finanziert werden: die BFR, der Aufbau des Startplatzes in Brownsville (SpaceX Pendant zum BER), die Starlink Satelliten die ja auch erst mal Kosten verschlingen, bis sie vielleicht einmal einnahmen einbringen.

Das es Musk vor allem um steigende Kurse geht zeigte ja auch sein Tweed, mit dem er die Kurse von Tesla pushen wollte. Nur ging der nach hinten los.

Kommt noch eine Voraussage für nächstes Jahr. Eigentlich muss man kein Prophet sein. Da das Launchmanifest schmilzt, wird man wohl genügend Träger haben (es reicht ja bei 20 Starts pro Jahr eine Block 5 Erststufe reicht dann für fünf Jahre…) um an den Aufbau von Starlink zu gehen. Die ersten Satelliten sollen ja schon Mitte des Jahres starten. Angesichts gefeuerter Mitarbeiter und Neukonzeption würde ich mich Wundern, wenn sie es bis Jahresende schaffen. Musk hat ja schon bei etlichen Ankündigungen gezeigt, das er keinen Bezug zur Realität hat und meiner Erfahrung nach erreicht man mit dem Umkonstruieren von Satelliten und das Feuern von Mitarbeitern nicht das man schneller vorwärtskommt. Das Regierungsgeschäft läuft gut. Die meisten neuen Aufträge kamen von der Regierung. Davon stammen auch die einzigen veröffentlichten Startpreise, die Zahl von 62 Millionen für eine Falcon 9 steht zwar auf der Website, aber es gibt wohl keinen Kunden, der auch diese bezahlt. Der Start dieses GPS 3 kostete 82,3 Millionen Dollar. Die nächsten vier GPS sind noch teurer: 97 Millionen Dollar pro Stück. Das ist dann nicht mehr billiger als eine Proton. Wie anders kann man sonst erklären, das jetzt, wo die Falcon 9 zuverlässig fliegt, die kommerziellen Aufträge zurückgehen. Zum Glück für SpaceX ist die amerikanische Regierung aber patriotischer, als Unsere, die immer nach dem billigten Starts sucht. Und ist SpaceX erst mal wichtig genug, dann gibt es auch Stützmaßnahmen seitens der Regierung, wie für ULA als Anfang des Jahrtausends es keine kommerziellen Aufträge für Delta und Atlas gab. Einen Strich durch die Rechnung könnten nur die anderen Firmen machen – die USAF fördert derzeit Lockheed, Grumman/ATK und Blue Origins Trägerraketen und wird zwei der drei Modelle auch übernehmen. Dann gibt es genügend Alternativen zur Falcon.

Die mobile Version verlassen