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Bernd Leitenbergers Blog

Warum tut man sich so schwer, auf etwas völlig Überflüssiges zu verzichten?

Gestern war erneut das „Klimakabinett“ aktiv. Sie haben den Ausbau der Ladeinfrastruktur und des Netzes an Wasserstoffnetzen beschlossen. Mal abgesehen davon das dies nicht in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung, sondern der Betreiber der entsprechenden Stationen fällt, ist das wieder ein Beispiel für Aktionismus. Genauso wie die nun erhöhte Elektroautoprämie.

Wer meinen Blog regelmäßig liest, weiß ich halte sehr wenig vom Auto. Ich sehe es heute eher als Hindernis denn Vorteil an. Hindernis, weil es so viele davon gibt und es in Städten schwer ist einen Parkplatz zu bekommen und man auf den Straßen nur langsam vorwärts kommt. Trotzdem hält die Politik eisern an dem Auto fest, wegen der 813.000 Arbeitsplätze, die in der Automobilindustrie samt Zulieferern sitzen. Das ist ein typischer Fall von Betriebsblindheit. Anfang des Jahres hat die Groko ein Paket beschlossen, das 40 Mrd. Euro kostet, um den Braunkohleausstieg zu finanzieren. Aber alleine im ersten Halbjahr fielen in der Windkraftbranche durch umständlicher Genehmigungsverfahren und größere Schutzabstände 26.000 Arbeitsplätze weg, weil der Ausbau dramatisch zurückging. Die Bundesregierung zahlt also viel Geld, um Arbeitsplätze langsam abzubauen, die sowieso keine Zukunft haben und behindert aktiv eine alternative Energieform die weitestgehend emissionsfrei ist und nimmt in Kauf das dort innerhalb eines Jahres mehr Arbeitsplätze verloren gehen als man mit 40 Mrd. Euro woanders abbaut. Analog sollte die Bundesregierung mal nachrechnen wie viele Arbeitsplätze im öffentlichen Nah- und Fernverkehr entstehen, wenn alle Autofahrer Bus und Bahn nutzen müssen. Alleine die DB hat 318.000 Mitarbeiter. Dazu kommen sicherlich noch mindestens genauso viele in zahllosen regionalen Verkehrsverbünden und wenn die 27,2 Millionen PKW-Besitzer (siehe unten) alle nicht mehr mit dem Auto fahren, wage ich zu prognostizieren, wird es in dem Sektor mehr neue Arbeitsplätze geben als es heute in der Automobilindustrie gibt.

Doch kommen wir zurück zum Auto. Das die Bundesregierung da ihre schützende Hand auf die Industrie hält, ist ja nicht gerade neu. Während in den USA VW & Co Milliardenstrafen zahlen müssen, müssen Verbraucher bei uns einzeln klagen, wenn sie auch nur den Wertverlust der Diesel ersetzt bekommen wollen, die nun nahezu unverkäuflich sind. Es wäre dann auch die Weigerung ein allgemeines Tempolimit einzuführen zu erwähnen, als wäre das was Unerhörtes und nicht etwas, was es in jedem anderen europäischen Land gibt.

Die Automobilindustrie ist auch nicht schlauer. Da (ich verrate mal ein Geheimnis, das sich in deren Managementetagen anscheinend noch nicht herumgesprochen hat) Akkus viel weniger Energie speichern als in Benzin oder Diesel steckt, sollte man als schlauer Konzern die Konstruktion des Wagens anpassen, wenn die Batterie nicht enorm schwer sein soll. Und eine schwere Batterie macht das Auto schwerer, erfordert mehr Masse auch bei den Restsystemen (die Struktur muss das Gewicht ja aushalten, das Fahrwerk ebenso etc. und steigert so durch den höheren Rollwiderstand wiederum den Verbrauch. Daher sollte man, als schlauer Automobilbauer versuchen, wieder Gewicht einzusparen. Zum Beispiel, indem man von Stahl als Hauptwerkstoff auf leichtere übergeht. Kohlefaserverbundwerkstoff ist wohl nicht finanzierbar aber der deutlich billigere Glasfaserverstärker Reinststoff und nach den Datenblättern 2,1 mal leichter bei der gleichen Zugfestigkeit ist. Flugzeugrümpfe werden schon seit Jahrzehnten aus dem Material gefertigt.

Daneben könnte man die Autos auch wieder kleiner bauen. Sie wurden nicht nur schwerer, sondern auch größer. Hier ein Vergleich vom ersten mit dem aktuellen Golf:

Golf 1

Golf 7

Länge:

3705 mm

4255-4799 mm

Breite:

1610 mm

1799 mm

Gewicht:

705 – 820 kg

1205 – 1610 kg

Motorisierung: (Ottomotor)

37 – 82 kW

63 – 285 kW

Wie man sieht, ist der Wagen doppelt so schwer geworden, die Motorisierung auch. Würde man ein Elektromobil nur mal so fertigen, dass es so viel wiegt wie der erste Golf, man hätte schon viel für die Reichweite getan.

Das zweite ist das die Modelle der größeren Automobilhersteller (Sparteehersteller wie e.Go sind da schlauer) ausgelegt ein normales Auto zu ersetzen – mit der großen Reichweite und Übermotorisierung für hohe Spitzengeschwindigkeiten. Beim Tesla Modell S wiegt die Batterie alleine 600 kg, die Motoren für 562+ PS weitere 158 kg und das macht auch den Rahmen 362 kg schwer. Zusammen sind dies 1120 von 2109 kg Gesamtgewicht. Nur mal angenommen, Motor und Batterie würden halb so viel wiegen (immer noch 281+ PS und 200+ km Reichweite), dann wäre auch der Rahmen leichter, wenn es hier ein Drittel weniger wäre, so wäre das Auto um ein Viertel leichter, was die Reichweite dann auch wieder um ein Viertel erhöhen würde. Dabei wird dieses von Musks Firma gefertigte Auto wenig innovativ genauso aus Edelstahl hergestellt wie woanders auch. (Ja die DDR hat es mit dem Trabi besser gemacht….).

Meine Meinung: Das Auto ist das ineffizienteste Verkehrsmittel, das es gibt. Selbst wenn man fliegt, braucht man pro Kilometer weniger Kerosin als ein Auto Sprit. In meiner Vorstellung setzt man für kurze Strecken wie zum Pendeln zur Arbeit ein Fahrrad, E-Bike oder für ganze Faule einen E-Roller ein. Die gibt es auch in Versionen mit 45 km/h Spitze (analog Moped/Mofa) für Führerscheininhaber und schneller kommt man eigentlich bei uns in den Städten eh nicht vorwärts.

Für längere Strecken nimmt man dann Bahn / Bus. Das setzt aber ein Umdenken in der Politik voraus, die zum einen den Teil fördern sollten, der noch öffentlich ist wie Bahn, aber auch viele Verkehrsbetriebe mit Buslinien. Zum anderen würde es ja reichen, wenn alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt wären. Das heißt z. B. Autos dürfen nicht auf öffentlichem Grund parken. Das dürfen Fahrräder ja auch nicht, das heißt auch Straßen werden zugunsten von Wegen für Fußgänger und Zweiradfahrer aufgegeben. (Gleicher Platz für andere Verkehrsteilnehmer) Dann würden auch bald die Autofahrer umsteigen.

Doch das ist alles nicht neu, solche Anmerkungen finden sich auf meinen Blogs schon an verschiedenen Stellen. Neu ist, dass ich mir mal den Gedanken gemacht, was so ein Auto kostet – ich habe ja noch nie eines besessen. Also habe ich eine Seite besucht, die garantiert nicht als „autokritisch“ verrufen ist, die des ADAC. Da kann man errechnen, was einen ein Auto mit allen Zusatzkosten und Abschreibung des Werts kostet. Bei einem VW Golf VII als „Volkswagen“ kommt die Webseite beim günstigsten Modell auf monatliche Kosten über die Lebenszeit von 577 Euro. Was dann Kosten von 47,2 ct/km entspricht. Die Abschreibung (Wertverlust) macht dabei den Löwenanteil von 357 Euro aus, das entspricht einer Nutzungsdauer von 80,5 Monaten. Ich halte das für etwas wenig, aber ich denke, das ist mit Verzinsung gerechnet. Laut Focus wird ein Auto bei uns im Durchschnitt 8 Jahre lang genutzt und hat eine Lebensdauer, begrenzt durch Verschleiß von 12 Jahren (ich nehme an bei durchschnittlicher Fahrleistung, denn wenn es in der Garage steht dürft es wesentlich länger halten).

Nun mal eine Gegenrechnung. Das Jahresticket für zwei Zonen kostet bei mir 865 Euro. Damit kommt man nach Esslingen, Stuttgart und alle Vororte von Stuttgart. Damit käme ich zu allen Orten in denen ich in meinem Leben gearbeitet oder studiert habe. Daneben kann man damit auch Einkäufe erledigen, Veranstaltungen besuchen etc. Nehmen wir an es gäbe dann noch 10 Fahrten über 200 km (jeweils hin und zurück) im Jahr und man schafft sich eine Bahncard 50 an, dann kommen nochmals 400 Euro drauf. Mit (nach oben gerundet) 1300 Euro jährlich = 110 Euro pro Monat, ist man ohne Auto mobil. Das Auto ist also ein teurer Luxus.

Ich habe mir mal gedacht „wenn man das über die Lebenszeit macht, kommt man ja auf enorme Summen“ und bin auf folgende Idee gekommen: Ein hypothetischer Automobilbesitzer muss ja auch wohnen. Was wäre, wenn er in dem Alter in dem er sein erstes Auto selbst finanziert auf die Idee kommt sich eine Eigentumswohnung anzuschaffen und auf das Auto zu verzichten? Er spart ja 470 Euro pro Monat ein und wenn er dann noch die Miete einspart, dann sind das – wenn es 600 Euro sind, darunter wird man zumindest hier nichts bekommen – über 1000 Euro im Monat die man zur Tilgung verwenden kann. Ich habe bei der Kreissparkasse einen Baufinanzierungs-Rechner gefunden und den voreingestellten Zinssatz von 2,5 % so gelassen wie er ist und bin von 25.000 Euro Eigenkapital (das Auto will ja auch abzahlt werden) ausgegangen. Bei insgesamt 1.070 Euro Gesamtbelastung im Monat und einem Immobilienwert von 144.000 € (entspricht ungefähr dem Preis einer Eigentumswohnung. die die 600 Euro Miete einbringt) ist man nach weniger als 11 Jahren Besitzer der Immobilie. Ab da zahlt man keine Miete mehr (sollte aber mit Instandhaltungskosten von etwa 1.500 Euro/Jahr rechnen). Das heißt ab da spart man nicht nur 460 Euro pro Monat, sondern auch noch die Miete – fast 950 Euro pro Monat. Im Laufe des Lebens – sagen wir mal 40 Jahre, (mit 18 wird man ja noch kein Auto mehr finanzieren können und hoffentlich hört man mit 75 auf zu fahren) könnte man sich also drei weitere Eigentumswohnungen dieser Preisklasse kaufen oder ein eigenes Haus mit Grundstück kaufen (340.000 € – da man bei steigendem Kredit immer mehr für Zinsen zahlt, würde der schlaue Nichtautofahrer erst sich eine kleine Eigentumswohnung kaufen, dann diese verkaufen und dann erst das Haus mit mehr Eigenkapital bauen).

Wir haben 47 Millionen PKW Besitzer – sicher nicht alle Besitzer von neuen Wagen, aber immerhin werden pro Jahr 3,4 Millionen Autos neu zugelassen und bei 8 Jahren durchschnittlicher Nutzungsdauer sind das 27,2 Millionen Automobilbesitzer die sich ein neues Auto kaufen. Das sind dann auch 27,2 Millionen Menschen, die sich eigentlich eine Eigentumswohnung leisten können wenn sie auf das Luxusgut Auto verzichten würden. Diese müssten sich nicht über steigende Mieten aufregen.

Ja Autos sind ein Luxus, das ist eine Binsenweisheit. Doch wie luxuriös sie sind, das man anstatt dessen sich im Leben drei Eigentumswohnungen kaufen könnte war auch mir nicht klar. Ab der zweiten Eigentumswohnung spart man ja nicht nur, sondern verdient, wenn man sie vermietet und bei der dritten (nach 36 Jahren, also zum Rentenalter) hat man dann 1200 Euro zusätzlich zur Rente (brutto, realistischerweise noch 800 Euro netto).

Man könnte das Geld auch ansparen, doch da es leider dafür keine Zinsen mehr gibt, ist das etwas hypothetisch. Immerhin. 470 Euro pro Monat angespart, würden bei nur 1 % Zinsen (netto, nach Abzug der Inflationsrate und Kapitalertragssteuer) nach 36 Jahren auch fast 245.000 Euro einbringen. Bei 2 % Zinssatz wären es schon 298.000 Euro. Man kann zwar in Aktien investieren und das ging die letzten Jahre auch gut, aber es ist eben keine langfristig sichere Anlage und sehr schwer eine Rechnung über Jahrzehnte zu machen.

Eines ist mir zumindest klar geworden – das ich nie ein Auto hatte, hat maßgeblich dazu beigetragen, das ich mich schon mit 45 weitestgehend aus dem Erwerbsleben zurückziehen konnte.

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